DER PHARMACIE. Eine Zeitschrift des allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins. SUrtjffilnng Änrähntsttjlanii. Herausgegeben von li. Blej und JHl. Xiuclwig. -*•* ^ <- > £* ;•*• XIII. JF alirgang. HANNOVER. Ln Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 186 3. DER PHARMACIE. Zweite Reihe. CXV. Band. Der ganzen Folge CLXV. Band. Unter Mitwirkung der Herren v. Albert, G. Bley, Geiseler, Göppert, Hadelich, Husemann, Kern- per, Körner, Löhr, Mearer, Peckolt, Rammeisberg, Wigand, Will, Wittstein herausgegeben von II. .Ludwig:. Walz'sclies Vereinsjaltr« HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 186 3. ■ .1 „ ^ ;• :< v> a r <* * Inhaltsanzeige, Erstes Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Seite Die Soolquelle bei Heldrungen in der goldenen Aue in Thü- ringen: von Dr. L. F. Bley und Gustav Bley 1 Ueber die Schwefelungsstufen des Eisens und das Schwefel- eisen der Meteoriten; von C. Rammeisberg 11 Ueber den angeblichen Stickstoffgehalt des Roheisens; von Demselben 23 Versuche zur Auffindung eines leichten, sichern und schnellen Verfahrens, die thierische Milch auf ihren Handelswerth zu prüfen; von Dr. G. C. Wittstein (Schluss) 26 Ueber die Löslichkeit des gewöhnlichen krystallisirten phos- phorsauren Natrons in Wasser; von G. C. Wittstein... 43 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Vorkommen von Kohlenkalk-Petrefacten in Oberschlesien ; von Carl v. Albert aus Bernburg, d. Z. in Berlin 46 Bemerkung über die warzenförmige Oberflächenform des Co- pals; von Prof. Dr. H. R. Göppert in Breslau 53 III. Monatsbericht. Dicyandiamid S. 55. — Allophansäure 56. — Selbstzersetzung der wasserfreien Blausäure 57. — Pfirsichblattwasser statt _ Kirschlorbeerwasser 57. — Kalium- Eisen-Kupfercyanür 58. ^ — Metbionsäure 58. — Ueber den Salpetrigsäure- Aether 58. ~E — Bereitung des Salpetersäureäthers 59. — Ueberchlorsäure- ^2 Aether 60. — Sulfokohlensäure- Aetbyläther und Sulfokoh- *q lensaure-Aethylglycoläther 60. — Zersetzung des Essigäthers . u.s.w. durch wasserfreie Alkalien 61. — Sulfide der Alko- <£ holradicale 62. — Doppelsulfide der Alkoholradicale 62. — £E Verbindungen der Doppelsulfide der Alkoholradicale mit Jodiden 62. — Xanthinsäureverbindungen 63. — Triäthyl- phosphinoxyd 63. — Einwirkung des Phosphoroxychlorids vi InkaUsanzeige. Seite auf die trocknen Salze organischer einbasischer Sauren 64. — Pinacolin 64. — Zersetzung der Oxalsäure durch das Sonnenlicht 65. — Oxaminsäure 65. — Glycolamid 66. — — Diglycolamidsäure und Triglycolamidsäure Q6. — Jod- propionsäure 67. — Umwandlung der Glycerinsaure in Acryl- säure 67. — Butylchlorür 67. — Verbindungen des Vale- rals mit Sauren 68. — Cimicinsäure 69. — Umwandlung der Citronen-, Butter- und Baldriansäure, mit Rücksicht auf die künstliche Bildung von Bernsteinsäure 70. — Uvi- tinsäure 71. — Ueber die Verfälschungen der ätherischen Oele 71. — Ueber einige Kohlenwasserstoffe aus Stein- kohlentheer 73. — Umwandlung des Anilins in Benzoe- säure 74. — Umwandlung von Nitrobenzol in Benzol und Ammoniak 75. — Zur Kenntniss der Pikrinsäure 75. — Rother Farbstoff aus dem Kreosot 76. — Nitronaphtalin, Naphtylamin und deren gefärbte Derivate 76. — Künstli- ches Alizarin 78. — Darstellung von Farben aus Dinitro- naphtalin 78. — Bereitung eines violetten Farbstoffs aus Naphtylamin 79. — Morin und Moringerbsäure 80. — Manna des Sinai 81. — Manna von Kurdistan 81. IV. Literatur und Kritik 82 Anzeige einer Bezugsquelle von reinem kohlensauren Kali 96 Zweites Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Ansichten über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica; von Dr. L. F. Bley und Dr. Th. Geiseler 97 Ueber die Bestandtheile des Guajakharzes; von W. Hadelich 107 Zur Kenntniss der Bildung des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs ; von H. Will und W. Körner 132 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Brasilianische Industrie- Ausstellung 145 III. Monatsbericht. Quantitative Bestimmung der Stärke S. 159. — Stärke in un- . reifen Früchten 160. — Ueber den in den sauren Früch- ten enthaltenen Zucker 162. — Caramelan 164. — Um- Inhaltsanzeige. VII Seite Wandlung des Zuckers in Manuit 165. — Identität von Melampyrin und Dulcit 165. — Aepfelsaure Magnesia 165. — Vorkommen von Salzen und krystallinischen Stoffen in den Extracten 166. — Ueberführung des Cinchonins in eine dem Chinin isomere Base 169. — Anisöl- Chinin 169. — Berberin 170. — Theingehalt des Paraguay-Thees 170. — — Zersetzung des Caffeins 171. — Solanicin 171. — Cerato- phyllin 172. — Kreatinin 173. — Sarkosin 174. — Cholin 174. — Künstliche Bildung des Taurins 174. — Choleste- rin, im Pflanzenreiche aufgefunden 175. — Analyse einer verfälschten Butter 176. — Einwirkung des Chlorzinks auf die Seide 177. — Löslichkeit der Seide im Kupferoxyd- Ammoniak 177. — Das Mikroskop zur Erkennung des menschlichen Blutes bei gerichtlichen Untersuchungen 178. — Verhalten des Blutfarbstoffes im Spectrum des Son- nenlichtes 179. — Beobachtungen über die Blutkrystalle 183. IV. Literatur und Kritik 190 Drittes Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Analysen von Fluss- und Quellwässern Thüringens; mitgetheilt von Prof. Dr. H. Ludwig in Jena 193 Zur Kenntniss der Bildung des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs; von H. Will und W. Körner (Fort- setzung und S»hluss) 214 Ueber den Sitz derAlkaloide in der Chinarinde; von Professor A. Wigand 225 Chiningehalt ostindischer China-Rinden und -Blätter 249 Reduction der Kupferlösung durch Dextrin; von Dr. R. Kern per 250 Notiz über Entfärbung des Jodamylums; von Demselben 252 IL Monatsbericht. Mehratomige Harnstoffe S. 255. — Harnsaures Natron 256. — Darstellung des Murexids 256. — Oxydation durch Allo- xan 257. — Hydantoin 257. — Gehalt des Harns an Hip- pur- und Harnsäure 258. — Alkapton 258. — Vorkommen des Ammoniaknitrats in thierischen Flüssigkeiten 259. — Krystallisirter phosphorsaurer Kalk 260. — Ueber die scharfe Flüssigkeit in den Drüsen der Kröte 260. — Ueber die sog. Haarballen aus den Gedärmen der Wiederkäuer 260. — Viii Inhaltsanzeige. Seite Ueber die Bestimmung des Gehaltes an Leimsubstanz in den Leimsorten von Risler-Beunat 261. — Verhalten des Kaliumplatincyanürs zum thierisehen Organismus 262. — Ueber die in Nordamerika gebräuchlichen Heilmittel gegen den Schlangenbiss 262. — Vergiftungsfall mit den Beeren des Solanum pseudo-capsicum 264. — Auffindung des Strych- nins bei Vergiftungen und den Einfluss des Morphiums in Verdeckung der Farbenreaction 264. — Zur Erkennung des Strychnins 265. — Ueber Einrichtung von Behältern, welche durch die meisten sauren und alkalischen Flüssig- keiten nicht angegriffen werden 265. — Verfahren der Fabrikation von Salpeter, Seignettesalz, chemisch reinem Weinstein, Weinsäure, schwefelsaurem Kali und Natron in Einer Folge 266. — Bereitung von Aetznatron aus Chilisalpeter 268. — Darstellung des Natrum carbonic. pur. aus käuflicher Soda 268. — Verfahren der Gewinnung von reinem Kochsalz und von Chlorkalium aus den Salzmut- terlaugen 269.— Salpeterprobe 270.— Neuer Cement 271. III. Literatur und Kritik 272 Bibliographischer Anzeiger 277 ARCHIV DER PHARMUE. CLXV. Bandes erstes Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Die Soolquelle bei Heldrungen in der goldenen Aue in Thüringen; von Dr. L. F. Bley und Gustav Bley*). In der Preussischen Provinz Sachsen im ehemaligen Fürstenthum Querfurt, welches aus den Aemtern Quer- furt ; Jüterbogk, Dahme, Heldrungen und Burg bestand, welche zum Erzstifte Magdeburg gehörten, im Prager Frieden aber als Fürstenthum an Sachsen, 1815 aber an Preussen fielen, liegt der Ort Heldrungen an der Schmücke, mit einem alten Schlosse, in welchem einst Thomas Münzer gefangen gehalten wurde. In der Nähe von Heldrungen findet sich die Soolquelle, welche Gegenstand der chemischen Untersuchung geworden ist. Diese Soolquelle steht sicher im Zusammenhange mit den übrigen Soolquellen in Thüringen, welche Aus- flüsse sind von grossen Steinsalzlagern, die nach Kar- sten**) der südöstlichen Hälfte des grossen norddeutschen *) Im Herbste 1862 wurde der Erstgenannte von dem Besitzer der Soolquelle in Heldrungen, Herrn Walt her in Braun- schweig, ersucht, eine chemische Analyse dieses Wassers vor- zunehmen, welchem Gesuche derselbe in der Art entsprochen hat, dass diese chemische Untersuchung mit dem ihm in ver- korkten Flaschen übersandten Wasser in seinem Laboratorium unter seiner Aufsicht von seinem Sohne, dem Apotheker Gu- stav Bley, ausgeführt ward. **) Karstens Archiv für Mineralogie, Geognosie uud Bergbau 1842, Bd. 16, S. 541. lieber die Auffindung des Steinsalzes in den niedersächsich -thüringischen Provinzen. Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 1. Hft. 1 2 L. F. Bley und Gustav Bley, Beckens angehören, welches nach Westphalen hin noch nicht genau in der Begrenzung bekannt, aber, nach Veit heim, durch den Harz in zwei Hälften gespalten wird, den Magdeburg-Halberstädtischen und den Thürin- gischen Antheil. Das letztere Becken wird durch den Kyffhäuser in mehrere Theile geschieden, als in das südthüringische Becken, wohin Artern, Frankenhausen, Rossleben, Wendelstein und also auch Heldrungen ge- hören. Man unterscheidet hier wieder eine nördliche und eine südliche Mulde. Bei Stotternheim, zwei Stunden von Erfurt, ist das Steinsalzlager 1174 Fuss unter Tage oder 635 Fuss unter dem Ostseespiegel erbohrt worden, während es in BufHeben 677,5 Fuss unter Tage steht, unter Muschelkalk und Gyps, wie bei Stotternheim. Das Nordthüringer Becken oder das Mannsfeldisch - Säch- sische, in welchem bei Seeburg der süsse und salzige See zum Vorschein kommen, kann als in zwei Theile gespaltet betrachtet und Halle und wohl auch Dürren- berg der südlichen Mulde zugerechnet werden. In dem Magdeburg- Halberstädtischen Becken liegt nun Stassfurth, dessen Boden schon seit langer Zeit als ein grosser Salzmagazin bekannt, welches durch seine reiche Soole von 17,75 Proc. ausgezeichnet, Gegenstand neuer Forschungen geworden ist. Im April 1839 wur- den die Bohrversuche begonnen, welche bei einer Tiefe von 790 Fuss die ersten Spuren von Steinsalz nachwie- sen und bei 1851 Fuss Tiefe ein Salzlager aufschlössen, dessen Mächtigkeit bis zu 1024 Fuss 8 J / 2 Zoll ermittelt ist, ohne dass die Grenze erreicht wurde, indem die Bohrversuche nicht weiter fortgesetzt worden sind. Ganz in der Nähe von Stassfurth ist im Herzogthum Anhalt ebenfalls ein Steinsalzlager erforscht und zwar in einer Tiefe von 454 Fuss, so mit 372 x / 2 Fuss weniger tief, als bei Stassfurth*). — *) Dr. E. Reich ardt: Das Steinsalzbergwerk Stassfurth bei Magdeburg und Acten der K. Leopoldinisch - Carolinischen Akademie der Naturforscher, 1860. Soolquelle bei Heldrungen. 3 Die Heldrunger Quelle gehört unstreitig in das Ge- biet, des südthüringischen Beckens. Was uns über die Quelle selbst mitgetheilt worden ist, besteht in folgenden Notizen: Dieselbe liegt 1 / 4 Stunde von Schloss Heldrun- gen, sie entspringt im Waldreviere in einem kleinen flachen Thale, welches von drei Seiten geschützt ist und in der Richtung nach Nordost mündet. Auf einem der Bergrücken sieht man bei heiterem Himmel Erfurt mit seinen Festungswerken. Nach Nordwest breitet sich das fruchtbare Unstrutthal aus. Etwa eine halbe Stunde entfernt erheben sich die Reste der ehemaligen Sachsen- burg, etwas weiter nach Norden ragen die Thürme der Rothenburg und des KyfFhäuser über die bewaldeten Hö- hen hinweg. Nach Ost und Südost schliessen dieses Panorama bewaldete Bergketten. Der Grund der Quelle ist 52 Fuss rheinisch tief ab- gebohrt, das Wasser tritt in einem Standrohre zu Tage und läuft aus. Der Zuflusss liefert in einer Minute 7 Quart preussisch. Die Temperatur des Wassers war bei 10° R. Luft- temperatur nur -\- 9° R. Ueber die medicinische Wirksamkeit sind folgende Fälle mitgetheilt: 1) Bei einer Frau von 73 Jahren, welche 7 Jahre lang an einem hartnäckigen Augenübel gelitten und in den beiden letzten Jahren nahezu erblindet gewesen, hat der innerliche Gebrauch der Quelle, nach ärztlichem Rathe, täglich zu l j 3 Quart von Ende Sommers bis Mitte December so günstig gewirkt, dass das Augenübel voll- ständig gewichen ist, ohne ungünstige Zufälle herbeizu- führen. 2) Bei einem 4jährigen Knaben, der durch Erb- schaft von seiner Mutter an einem Flechtenübel litt, so dass der ganze Körper davon bedeckt war, wozu sich noch Verdunkelung eines Auges gesellte, ist nach dem Verbrauche von 18 Flaschen dieses Wassers diese trau- rige Krankheit vollkommen verschwunden. 1* 4 L. F. Bley und Gustav Bley, 3) Zwei Kinder von 8 bis 10 Jahren, welche mit scrophulöser Augenentzündung behaftet waren, sind nach dem Gebrauche von diesem Augenleiden befreit worden. 4) Eine Frau, welche in Folge einer Entbindung an einem offenen Beinschaden leidend war, sähe dieses Uebel mehr und mehr sich mindern und hofft baldige vollständige Genesung. Chemische Analyse. Das zur Untersuchung bestimmte Wasser, welches in gut verstopften Glasflaschen uns übersandt war, zeigte sich bis auf einen ocherigen Absatz klar und geruchlos. Es wurde im Wasserbade, in vorher gewogener Menge, eingedampft, das Salz getrocknet und so die festen Be- standteile des Brunnens bestimmt. Nachdem die quali- tative Analyse die Anwesenheit von Natron, Kalk, Eisen- oxyd, Talkerde, Lithion, Strontian, Schwefelsäure, Kohlen- säure, Chlor und Brom (letzteres, wie Lithion und Stron- tian, in einer grossen Menge Salz) dargethan, wurde die quantitative Analyse nach dem gewöhnlichen Gange aus- geführt. In einer bestimmten Menge wurde in filtrirter Lösung durch oxalsaures Kali der Kalk gefällt, der Niederschlag ausgewaschen, schwach geglüht und als kohlensaurer Kalk in Rechnung gebracht, im Filtrate die Magnesia als phosphorsaure Ammoniak -Talkerde gefällt, mit ammoniakalischem Wasser ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. Die Bestimmung der Schwefel- säure geschah als schwefelsaurer Baryt. Das Chlor wurde als Chlorsilber bestimmt. Das Eisenoxyd hatte sich, da das Wasser längere Zeit auf Flaschen gelagert hatte, in Form von Hydrat abgeschieden, wurde durch Filtriren getrennt, ausgewaschen, getrocknet und geglüht, es zeigte sich vollständig rein. Der Natrongehalt des Wassers wurde ermittelt nach Lieb ig, indem dasselbe durch Verdampfen concentrirt, mit Barytwasser alkalisch gemacht und zur Trockne eingedampft wurde. Der Rückstand ward geglüht, in Wasser gelöst, die Lösung Soolquelle bei Heldi*ungen. 5 filtrirt, aus derselben durch kohlensaures und kaustisches Ammoniak der Barytüberschuss entfernt, das Filtrat ein- gedampft, der Rückstand geglüht und gewogen. Die Be- stimmung der Kohlensäure geschah in Form von kohlen- saurem Baryt, welcher vom erhaltenen schwefelsauren Baryt durch Salpetersäure getrennt wurde. Zur Auffin- dung des Broms wurde eine grosse Menge concentrirten Mineralwassers durch Auskrystallisiren so viel als mög- lich vom Kochsalz befreit, die gewonnene Mutterlauge mit Chlorwasser und Aether versetzt und durch Verglei- chung der Farbe der so erhaltenen ätherischen Bromlö- sung mit einer Lösung von Brom in Aether von bestimm- tem Gehalt festgestellt. Zur Bestimmung des Lithions wurde die mit Aether behandelte Lösung von der Brombestimmung verwendet. Dieselbe wurde so viel als möglich eingedampft, das sich ausscheidende Salz entfernt und der Rest schliesslich eingetrocknet. Das trockne Salz wurde mit einem aus gleichen Theilen wasserfreien Aethers und Alkohols beste- henden Gemisch behandelt, welches nach dem Verdampfen das Chlorlithion gab, das schwach geglüht und gewo- gen wurde. Das so erhaltene Chlorlithion wurde mit Alkohol übergössen und die Lösung angezündet, wobei die rothe Lithionflamme sehr deutlich erkennbar war. Versuche zur Auffindung von Strontian wurden an- gestellt mit dem bei der Bestimmung des Broms erhaltenen Salze. Dieses wurde in Wasser gelöst und heiss mit kohlensaurem Natron gefällt und das Präcipitat in Sal- petersäure zur Lösung gebracht, die Lösung eingedampft und der trockne Rückstand mit absolutem Alkohol be- handelt. Die nun zurückbleibende höchst geringe Menge Salz wurde mit Alkohol übergössen, angezündet und während des Brennens umgerührt, wobei die Strontian- flamme deutlich hervortrat. L. F. Bley und Gustav Bley, Das Wasser enthält in 1 Pfunde von 7680 Gran: Chlornatrium 77,400 Schwefelsauren Kalk .... 2,503 Chlorcalcium 3,543 Chlorlithium 0,008 Eisenoxyd 0,172 Chlormagnium 1,435 Brommagnium 0,009 Kohlensauren Kalk 0,567 Schwefels. Strontian Spur 85,638. Spec. Gewicht == 1,007. Gehalt des Soolbrunnens zu Schloss-Heldrungen: In 10,000 Gran: Chlornatrium 100,781 Gran Schwefelsauren Kalk... 3,259 „ Chlorcalcium 4,613 „ Chlorlithium 0,010 „ Eisenoxyd 0,224 „ Chlormagnium / 1,869 „ Brommagnium 0,011 „ Kohlensauren Kalk 0,736 „ Schwefels. Strontian .... Spuren 111,503. Zum Vergleiche der Soolquellen in Thüringen, der Provinz Sachsen und in Anhalt sind die Resultate über deren chemischen Gehalt in den beigegebenen Tabellen zusammengestellt. Soolquellen in Thüringen etc. 60 — . A 2 8 a u rH OS °i CO o CO © ©"•<* t- os © 1 1 CO 1 1 «T CO CM iO o CO rH rH CM • »-* HB T* t- tH iO OS ej O CO CM. ■t-^ ^ . 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Soole IL nach Heine 274,1 495,8 3,0 14,1 7,6 33,4 2,1 0,1 334,4 Mutterlauge 1563,2 648,2 361,4 475,9 11,3 3060,0. Frankenhausen in 10000 Theilen nach Kromayer 1862 Chlonatrium 2496,0 Chlormagnium 34,6 Chlorcalcium Chlorlithium.. . Chloraluminium Eisenoxvdul 0,1 0,1 0,9 Schwefels. Kalk 41,8 Kali 12,6 „ Natron 6,7 „ Strontian 0,3 Phosphorsäure Spur Kohlensäure 7,2 Brommagnium 0,1 Kohlensaures Natron — Halle Mutterlauge A. in 10000 Theilen nach Heine Chlornatrium 649,4 Chlorkalium 491,4 Chlormagnium 1269,5 Chlorcalcium 535,0 Chloraluminium . . . 4,2 Schwefels. Kalk ... 9,6 Kohlens. Kalk — Eisenoxyd — Bromkalium 127,0 Brommagnium — Bromaluminium ... — Jodaluminium — Kieselerde 0,8 Organische Stoße.. — Humins. Kali — Kalk — 3087 2600,4. Mutterlauge Mutterlauge B. nach nach Heine Heintz 691,6 430,5 1285,6 585,1 4,2 5,3 bis 131,0 1,8 3135 1851,5 578,2 4864,0 2295,8 29,3 3,6 24,8 148,10 6,16 4,54 7,2 16,8 36,8 9967 Badesalz nach Baer 183,0 369,5 3114,0 1531,3 18,6 2,3 15,8 79,92 13,57 2,51 4,6 10,7 23,49 _ 6369 Soolquellen in Thüringen etc. a 15 o es a 73 B 43 ü C5 CO X ■3« * *■ H O » 'J tfl 05 (N ^ H (M CO 5^ ^ggS^odd ©* $ U 43 Ä rj a fl S >-H c e s - 43 CJ 44 cö öS 73 a 15 73 a 4* CO ^D tD CM co r? 2 2 co ~ CO CD o cd"* OS CO ao « i £ > o 2 & 73 Jö a s =» 43 ü S 43 o o3 .5 'S CD > ^f ^i_> r— j£ H ^f H oo CM 3 3g ^ ^T 1 C5 Q t>T co" .« t~ 4S » ~ «D T* •43 &iSö M 's« !sr - s 53 O CM S 2 *-* © ö fco kl 43 fl CO CO o CO 23 "4? co co co t>»~ ccT CG 73 £ fco # fl OJ 'S o a c3 kl 42 .2 o 1-1 O tH CD O o o 1 | | ■4-3 5 73 öS ca 'S CG CO T— 1 73 JS fco .s *© kl t- i- 1 •>- CM IS o 03 44 43 o 03 43 o S 1 ifl O t» co* ^o" aT r-t cT 1 | | •t- .£ fl "S o ' £ cg CO 4^ ■fl T3 O fl V 42* fl "S 43 1 £ c 44 'S £ = 73 fl m m o © o 15 S CS E ) 'c 1 c a> fl CS 0? «3 5 ; ns o i— l c 4* - £ kl s s s £ £ «i .5 _c C ^ J2 "~J 43 O so 5 2 4= 1c X 43 "o ■~ <ö w ü ü U GQ w ^ 5 CM CO CM^ t4" co CO co" CM co CO o CO co '2 s bO * •-5 C/2 43 O CO * * * CM CO 10 L. F. Bley u. G. Bley } Soolquellen in Thüringen etc. Hubertusbrunnen Beringerbad b. Suderode bei Thale im Harze in 10000 Theilen nach Bley und Bauer nach Bley 1845 Chlornatrium 167,71 113,27 Chlorkalium 0,69 0,344 Chlormagnium 0,2 4,15 Chlorcalcium 124,51 101,56 Chlorammonium j 0,168 3,12 Chlorlithium / nach 0,111 Spur Chlorstrontium \ Bauer 0,726 — Chlorbaryum l 0,25 — Chloraluminium / 0,415 — Schwefelsauren Kalk 0,34 — Kohlensauren Kalk Spur 0,12 Kohlensaures Eisenoxydul . 0,006 0,825 Manganoxyd Spur Spur Salpetersauren Kalk 3,33 — Phosphorsauren Kalk 0,01 — Jodmagnium 0,018i Brommagium 0,021 \ °' 06 Kieselerde 0,332| Organische Substanz Spur) pur ~ 198,828 223,449. Einten bei Gr. Salze und Schönebeck in 10000 Theilen nach Heine Chlornatrium 1040,4 444,4 Chlormagnium 7,3 2,9 Schwefels. Kali 14,8 10,9 „ Magnesia 13,6 7,2 „ Kalk 27,8 14,9 Kohlens. Kalk 3,9 3,7 „ Eisenoxydul 0,3 0,2 Kieselerde 0,2 0,2 1108,0 484,0. Rammeisberg, über die Schicefehingsstufen des Eisens etc. 11 Deber die Schwefelungsstufen des Eisens und das Schwefeleisen der Meteoriten; von C. Ram melsberg *). Eine Untersuchung meteorischen Schwefeleisens gab mir Veranlassung, gewisse ältere Angaben über die Ver- bindungen beider Körper zu revidiren. Es hat dieser Gegenstand in neuerer Zeit keinen Bearbeiter gefunden, weil die Resultate der früheren Versuche von Strom ey er und Berzelius, worauf fast allein unsere Kenntniss von den Sulfureten des Eisens beruht, im Ganzen einfach und erschöpfend zu sein scheinen. 1. Verhalten des Eisens zum Schwefel in höherer Temperatur. Durch Erhitzen von Eisenfeile und Schwefel erhielt Proust ein Schwefeleisen mit 37,5 Proc. Schwefel, d.h. eine Verbindung, welche auf 28 Eisen 16,8 Schwefel ent- hält. Da die Zahlen 28 und 16 die Aequivalente des Eisens und des Schwefels sind, so hat Proust ein Schwefel- eisen erhalten, welches aus je 1 At. beider bestehend, also Eisensulfuret = FeS, nur mit einem geringen Ueberschuss an Schwefel war. Man beruft sich heut zu Tage auf Stromey er, der behauptet habe, das künstliche Schwefeleisen besitze die Zusammensetzung des Magnetkieses, d. h. etwa 40 Proc. Schwefel, oder auf 28 Eisen 18 r 3 Schwefel, oder 7 gegen 8At.(Fe 7 S s ). Allein das ist ein Irrthum. Stromey er sagt nur, das künstliche Schwefeleisen enthalte stets unver- bundenes Eisen beigemengt und entwickele deshalb mit Säuren etwas Wasserstoff; das künstliche Schwefeleisen, welches nach ihm gleich dem Magnetkies zusammenge- setzt ist, hat er gar nicht aus Schwefel und Eisen darge- stellt, sondern er hat theils Eisenoxyd mit Schwefel *) Vom Herrn Verfasser im Separatabdruck eingesandt. 12 Rammelsberg, erhitzt, theils Strahlkies destillirt. Von den Producten, die auf diese Art entstehen, wird weiterhin die Rede sein. Indem aber Strom eye r in einer und derselben Ab- handlung eine neue und richtige Beobachtung mit einer ganz falschen Erklärung verknüpfte, hat er ein eigen- thümliches Missverständniss in der Wissenschaft hervor- gerufen. Er hatte gefunden, dass der Magnetkies und das von ihm künstlich dargestellte Schwefeleisen beim Behandeln mit Chlorwasserstoffsäure eine Abscheidung von Schwefel geben und dessen ungeachtet sah er diese Körper als Schwefeleisen im Minimo des Schwefels an. Berzelius machte sofort darauf aufmerksam, dass dies nicht der Fall sein könne, und indem er zu glauben schien, Stromeyer habe sein künstliches Schwefeleisen direct aus den Bestandtheilen dargestellt, erklärte er, dass auf diesem Wege nur dann das wahre Schwefeleisen im Minimo, d. h. das dem Oxydul entsprechende, 1 At. Schwefel enthaltende Eisensulfuret FeS, sich erhalten lasse, wenn die Masse nicht zum Schmelzen komme, denn im anderen Fall löse sie Schwefel auf, und es entstehe die Magnetkiesmischung, die er als Verbindung von Sulfuret und Sesquisulfuret betrachtete. Berzelius' Vorschrift zur Darstellung des reinen Eisensulfurets leidet indess an einem inneren Widerspruch, und beweist im Grunde, dass auch bei Anwendung von überschüssigem Schwefel das Eisensulfuret in hoher Temperatur nichts davon zu- rückhält. Eine sichere Methode, reines Eisensulfuret darzu- stellen, verdanken wir seit langer Zeit H. Rose, wel- cher gezeigt hat, dass die höheren Schwefelungsstufen des Eisens, z. B. der Schwefelkies, sich durch Erhitzen in Wasserstoffgas leicht in Sulfuret verwandeln. Nach dem Angeführten scheint mir, als habe nach Proust Niemand die Zusammensetzung des gewöhnlichen aus Schwefel und Eisen dargestellten Schwefeleisens unter- sucht; ich wüsste nicht, dass Proust's Angabe factisch widerlegt worden wäre, denn dass das Präparat die Zu- über die Schwefelung sstufen des Eisens etc. 13 samrnensetzung des Magnetkieses habe, ist, wie eben ge- zeigt, eine nur irrthümlich Stromeyer zugeschriebene Behauptung. Ich habe reines Eisen, aus Eisenoxyd durch Wasser- stoff reducirt, mit einem Ueberschuss von Schwefel bei verschiedenen Temperaturen zusammengeschmolzen. Stieg die Temperatur nicht bis zum Glühen, so wurde Eisen- bisulfuret FeS 2 erhalten; erhitzte ich, so weit Glasgefässe dies erlaubten, so bekam ich Eisensesquisulfuret Fe 2 S 3 , was auch mit älteren Angaben von Proust, Bucholz und Gehlen im Einklang steht; Hess ich endlich die Masse in starker Glühhitze (im Windofen) zum Schmelzen kommen, so erhielt ich Eisensul füret FeS, d. h. ein Schwe- feleisen, welches weder mit Säuren noch in Wasserstoff freien Schwefel liefert. Hierdurch bestätigt sich mithin die alte Angabe von Proust. Obgleich das gewöhnliche käufliche Schwefeleisen wohl niemals aus reinen Materialien dargestellt wird, so so habe ich es doch untersucht, da es mir schon längst aufgefallen war, dass es bei seiner Verwendung zur Darstellung von Schwefelwasserstoff nie einen sichtlichen Absatz von Schwefel gegeben hatte, wie dies beim Mag- netkies der Fall ist. Ich benutzte ein wohlgeschmolze- nes, krystallinisches Präparat von Magnetkies ähnlicher Farbe, ganz homogen in der mit Blasenräumen erfüllten Masse, dessen spec. Gew. = 5,067 war. Beim Pulvern waren wenigstens gröbere Theile von Eisen nicht zu be- merken; das Pulver war wenig magnetisch, und ich be- durfte längerer Zeit, um mittelst des Magnets eine noch nicht 0,4 Procent betragende Menge auszuziehen. Als dieselbe analysirt wurde, ergab sie 9 2 / 3 Proc. Schwefel, zum Beweise, dass wirklich einzelne Theilchen von me- tallischem Eisen (die gewiss allein magnetisch sind) dem Präparat anhängen. Wurde dieses Schwefeleisen fein gepulvert so lange geröstet, bis es vollständig in Eisenoxyd verwandelt war, so gab es (im Mittel der Versuche) 97,4 Proc. desselben, 14 Rammelsberg, d. h. 68,2 Proc. Eisen, mithin 31,8 Schwefel, Zahlen, welche, vom Magnetkies weit entfernt, etwa 6 At. Eisen gegen 5 At. Schwefel entsprechen, so dass das gewöhn- liche Schwefeleisen eben nichts anderes ist als Eisen- sulfuret, gemengt mit etwas Eisen. In Wasserstoffgas erleidet es einen geringen Verlust, der nicht in Schwefel besteht; es bildet sich dabei etwas Wasser, welches zum Theil wohl von einer kleinen Menge Eisenoxyd oder Oxydoxydul herrühren mag. Wenn man eine grössere Menge solchen Schwefel- eisens fein reibt, mit Schwefel mengt und im Tiegel einer starken Hitze aussetzt, so erhält man eine gesinterte Masse von der Farbe des ursprünglichen Präparats. Ihr spec. Qew. ist nun = 4,79. Sie verliert beim Glühen in Wasserstoff nichts am Gewicht. Eine Analyse ergab 64,2 Eisen gegen 35,8 Schwefel, d.h. 28 : 15,6 also nahezu 28 : 16; d.h. das gewöhnliche Schwefeleisen hat sich nun in reines Eisensulfuret FeS verwandelt. Wie mich dünkt, ist hierdurch der alte Irrthum be- seitigt, dass das Eisen in der Hitze mehr als 1 At. Schwe- fel zurückhalte, und Proust's Analyse gerechtfertigt. Wie oben bemerkt, habe ich aus reinem Eisen und Schwefel in niederen Temperaturen die beiden höheren Schwefelungsstufen, das Sesqui- und Bisulfuret, erhalten. Es Hess sich erwarten, dass diese auch entstehen wür- den, wenn man das gewöhnliche Schwefeleisen mit Schwe- fel nicht bis zum Glühen erhitzte; ich habe diese Ver- suche indessen mehr in der Absicht angestellt, um zu er- fahren, ob sich dabei nicht die Magnetkiesverbindung bilde. Letztere habe ich zwar nicht, wohl aber das Ses- quisulfuret erhalten, freilich nicht rein, sondern gemengt mit Sulfuret, so dass es in Wasserstoff höchstens 12,6 Procent, anstatt 15,4 Proc. verlor. Eine noch niedrigere Temperatur hätte ohne Zweifel Bisulfuret geliefert. II. Verhalten des Eisenoxyds zum Schwefel. Stromeyer führt an, er habe durch mehrmaliges Erhitzen von Eisenoxyd mit Schwefel eine dem Magnet- über die Schwefelungsstufen des Eisens etc. 15 kies gleiche Verbindung aus 59,85 Eisen und 40,15 Schwefel erhalten. Meine Versuche wurden mit einem ganz reinen Eisenoxyd (aus oxalsaurem Eisenoxydul) bei sehr ver- schiedenen Temperaturen ausgeführt; es wurde dabei immer ein grosser Ueberschuss an Schwefel angewandt. Setzt man das Gemenge der starken Hitze eines gut ziehenden Windofens einige Stunden aus, so erhält man eine gesinterte Masse, von der Farbe des Magnetkieses, die jedoch kaum magnetisch ist. Dies ist Eisensulfu- ret, gemengt mit einigen Procent Eisenoxyd, welche beim Glühen in Wasserstoff sich durch Wasserbildung verrathen. Auch durch wiederholtes Glühen der gepul- verten Masse mit Schwefel wird das Präparat nie ganz sauerstofffrei, weil sich wohl der Schwefel früher ver- flüchtigt, ehe alles Eisenoxyd zersetzt ist. Erhitzt man Eisenoxyd und überschüssigen Schwefel in verschlossenen Gelassen bei niederen Temperaturen, so erhält man, je nach der Hitze, gelbgraue oder dunkle Pulver, deren Gewicht um so grösser ist, je geringer die Hitze; da sie aber ausser Eisen und Schwefel auch Sauerstoff enthalten, so giebt ihre Menge keinen Auf- schluss über ihre Natur. Ich bin noch damit beschäftigt, zu untersuchen, ob sich auf diesem Wege bestimmte Verbindungen bilden. III. Verhalten von Eisenoxyd zu Schwefel- wasserstoff. Was wir hierüber wissen, beschränkt sich auf die Angaben von Berzelius, dass nämlich bei Temperatu- ren unter oder bis 100° sich Eisensesquisulfuret, bei Temperaturen über 100°, aber unterhalb der Glühhitze, sich Eisenbisulfuret bilde, weil in diesem Falle einTheil des Schwefelwasserstoffs zersetzt und Wasserstoff frei werde, während der Schwefel sich mit dem anfangs ent- standenen Sesquisulfuret verbinde. Berzelius hat aber, wie es scheint, das Detail dieser interessanten Versuche 16 Rammeisberg, nicht publicirt, so dass man nicht weiss, ob er die Zu- sammensetzung der entstandenen Producte wirklich durch die Analyse ermittelt, oder nur aus ihrer Menge erschlos- sen 7 und ob er das Freiwerden von Wasserstoff wirklich beobachtet hat. Ich habe mich vorläufig darauf beschränkt, die Ein- wirkung beider Körper bei Temperaturen nahe unterhalb der Glühhitze zu untersuchen. Der Versuch wurde von Zeit zu Zeit unterbrochen, die Gewichtszunahme des Eisenoxyds bestimmt, das entstandene graue pulverige Product in allen Theilen gemengt und von neuem der Wirkung des Schwefelwasserstoffs ausgesetzt. Die flüch- tigen Producte, Wasser und freier Schwefel wurden fort- getrieben. In zwei unabhängigen Versuchen erhielt ich nach wiederholter Behandlung eine und dieselbe Menge, nämlich von 100 Th. Eisenoxyd 124 Theile des Products, welches auf Grund der Analysen als ein Oxysulfuret, bestehend aus 1 At. Eisenoxyd und 3 At. des ihm ent- sprechenden Sesquisulfurets betrachtet werden muss, und beim Erhitzen in verschlossenen Gefässen schweflige Säure entwickelt. Beim Glühen in Wasserstoff verliert es 18 l J3 Proc, wovon genau '/ 3 = Sauerstoff, 2 / 3 == Schwe- fel sind, und verwandelt sich in ein Gemenge von 1 At. Eisen und 3 At. Eisensulfuret. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bei niederer Temperatur sich Oxysulfurete bilden, welche reicher an Eisenoxyd sind, worüber weitere Versuche Aufschluss geben werden. Die Existenz von Oxysulfureten ist beim Eisen bis- her unbeachtet geblieben. Ich habe schon oben erwähnt, dass man aus Eisenoxyd und Schwefel in gelinder Hitze sauerstoffhaltige Producte erhält, von denen ich vorläufig aber nicht entscheiden mag, ob sie Gemenge sind. Berzelius hatte schon auf diesem Wege ein braunes magnetisches, beim Erhitzen leicht verglimmendes Pul- ver erhalten, welches sich in Säuren ohne Schwefelwas- serstoff zu entwickeln zu einem Oxydulsalz auflöste, und über die Schicefelungsstufen des Eisens etc. 17 welches ein Oxysulfuret gewesen sein kann. Ich habe, dem bereits Angeführten zufolge, die Versuche in dieser Richtung noch nicht so weit fortgesetzt, um darüber etwas sagen zu können*). IV. Verhalten des Schwefelkieses in der Hitze. Was aus dem Schwefelkies bei starkem Erhitzen werde, ist bis jetzt eigentlich immer zweifelhaft geblie- ben. Stromeyer erhielt (wenigstens aus Strahlkies) die dem Magnetkies entsprechende Verbindung; Berzelius führt ebenfalls an, dass der Schwefelkies nicht die Hälfte, sondern nur 3 /7 seines Schwefels verliere. Dagegen fand Bredberg bei Versuchen mit Fahluner Schwefelkies, dass derselbe, in starker Hitze geschmolzen, sich in Eisen- sulfuret verwandelt, welches er analysirt hat. Ich liess gepulverten Schwefelkies von Freiberg in einem verschlossenen Tiegel einige Stunden stark glühen. Der Rückstand war nicht geschmolzen, sondern stellte ein blaugraues unmagnetisches Pulver dar, dessen spec. Gewicht = 4,494 war, welches in Wasserstoff 3,8 Proc. Schwefel verlor, und 61 Eisen gegen 39 Schwefel, d. h. 28 Eisen gegen 18 Schwefel enthielt, mithin eine dem Magnetkies entsprechende Zusammensetzung hat. Ich habe den Schwefelkies über der Lampe in Por- cellan- und Glasgefässen in einem Strom trockner Koh- lensäure geglüht und ganz dasselbe Resultat erhalten- Der Verlust betrug etwa 24 Procent **). *) Man konnte fragen: Wie kommt, es, dass Berzelius da ein reines Schwefeleisen erhalten hat, wo ich ein Oxysulfu- ret erhielt? Hierauf erwiedere ich, dass Fe 2 S 3 53,8, Jas Oxysulfuret 56.8 Proc. Eisen enthält: dass jenes 15,38, dieses 16,31 Proc. in Wasserstoff verliert, dass man also beide Ver- bindungen nur unterscheiden kann, wenn man die Menge des Schwefels bestimmt. Leicht entsteht also die Frage: hat Berzelius dieses Oxysulfuret für das reine Sesquisulfuret angesehen? 100 Fe2 03 = 130 Fe2S3. Ich erhielt 124 Th. Oxysulfuret. **) Bliebe Eisensulfuret zurück, so müsste er fast 27 Proc. aus- machen. Arch. d. Pharm. CLXV.Bds. 1. Hfl. 2 18 Rammeisberg, Hierdurch bestätigt sich Strom eye r's Angabe, und das von Bredberg erhaltene Sulfuret ist vielleicht das Product einer noch stärkeren Hitze, als bei allen diesen Versuchen angewandt wurde. V. Ueber die Zusammensetzung des Magnet- kieses. Die Analysen, welche zur Berechnung dienen kön- nen, sind: Magnetkies von Treseburg (Stromey er); aus Brasilien und von Fahrun (Plattner); von Bodenmais (H. Rose und Graf Schaffgotsch). Alle gehören einer Zeit an, in welcher das Atomgewicht des Eisens zu nie- drig angenommen wurde, bedürfen daher einer kleinen Correction. Ich theile das Resultat der desfallsigen Rech- nung hier mit, und setze den aus der Differenz berech- neten Schwefelgehalt daneben, weil ich glaube, dass die Eisenbestimmung im Verhältniss weit genauer ist als die Schwefelbestimmung (die Analysen haben auch immer einen Ueberschuss geliefert). Fe S 1. Treseburg. Stromeyer. 59,86 40,14 2. Brasilien. Plattner. 60,20 39,80 3. Fahlun. Derselbe. 60,29 39,71 4. Boden mais. Schaffgotsch. 61,15 38,85 5. n Derselbe. 61,19 38,81 6. n H. Rose. 61,56 38,44 Der Eisengehalt schwankt also von 59,86 bis 61,56 Proc, d. h. um 1,7 Proc. Dies würde bei einer sehr einfach zusammengesetzten Verbindung nicht viel bedeuten ; an- ders ist es beim Magnetkies, dessen Schwefeleisen dem Sulfuret so nahe liegt. Hier ändert sich das Verhältniss der Atome von Eisen und Schwefel (oder das Verhält- niss von Sulfuret und Sesquisulfuret in der Verbindung), je nachdem man die Extreme oder das Mittel der Ana- lysen als Grundlage wählt. Denn man kann sich leicht überzeugen, dass über die Schwefelungsstufen des Eisens etc. 19 Stromeyer's Analyse... = Fe* S? = 4FeS, Fe 2 S3 H. Rose's Analyse = Fe^S 1 ? = 9FeS,Fe 2 S3 Das Mittel aller Analysen == Fe 8 S 9 = 6FeS,Fe 2 S3 entspricht. Man möchte glauben, dass ein so einfacher Versuch, wie das Glühen des Magnetkieses in Wasserstoff ist, die Frage entscheiden könnte. Denn diejenige Menge Schwe- fel, welche bei dem Uebergange des Magnetkieses in Eisensulfuret frei wird, ist für Fe<5 S? == l/ 7 . 40 = 5,714 Proc. Fe? S 8 = i/ 8 . 39,5 = 4,937 Fe 8 S9 ä= 1/9 .39,13 = 4,348 Fe9 Sio ==: i/ 10 . 38,84 == 3,884 „ FeiOSii = i/ n . 39,6 = 3,51 Fe^S'2 =- i/ 12 .38,4 = 3,20 also Werthe, deren Unterschiede sich leicht sollten er- kennen lassen. Nun gab der Magnetkies aus Brasilien.. 4,92 Proc. / D1 „ , ■_ Plattner von Fahlun . . . 4,72 „ \ von Bodenmais 3,36 „ Graf Schaffgotsch. Sind nun deswegen die Ausdrücke Fe 7 S 8 für jene bei- den, und Fe 11 S 12 für den letzteren gerechtfertigt? Jeden- falls bedarf es noch weit mehr Analysen, um die Frage zu entscheiden, ob der Magnetkies m FeS, mFe 2 S 3 sei, was schon früher Graf Schaffgotsch zu beweisen suchte. Die häufige Gegenwart von Schwefelkies könnte die Vermuthung begründen, dass der schwefelärmste Magnet- kies auch der reinste gewesen sei. In diesem Falle müssen wir der Analyse H. Rose's, also der Formel FeUSi2 = 9FeS, Fe 2 S3 den Vorzug geben. Für jetzt möchte es am besten sein, die Formel Fe 8 S 9 == 6FeS,Fe 2 S 3 anzunehmen, welche dem Mittel der Analysen am nächsten kommt. 2* 20 Rammeisberg y V. Das specifische Gewicht der Schwefelungs- stufen des Eisens. Das specifische Gewicht des Eisensulfurets, FeS, und zwar des aus Schwefelkies durch Wasserstoff redu- cirten, ist von G. Rose gefunden... = 4,668 — 4,726 Ich fand das durch Glühen von ge- wöhnlichem Schwefeleisen mit Schwe- fel dargestellte = 4,790 Dasselbe nach dem Glühen in Wasser- stoff == 4,846 Die durch Glühen von Schwefelkies ent- stehende Verbindung Fe 8 S 9 = 4,494 Es scheint also, dass das Sulfuret wiege 4,7 — 4,8 Die künstliche Verbindung Fe 8 S 9 ist = 4,5, die natürliche, krystallisirte, der Mag- netkies = 4,6. Endlich das krystallisirte Bisulfuret wiegt als zweigliedriger Speerkies. 4,85 — 4,9 als regulärer Schwefelkies . . 5,0 — 5,2 Die Dichte der Schwefelungsstufen des Eisens steht zu den relativen Mengen der beiden. Bestandtheile nicht in directer Beziehung. VI. Ueber das Schwefeleisen der Meteoriten. Durch die Untersuchungen von G. Rose ist das Vorkommen des Magnetkieses in den Meteorsteinen von Juvenas und Stannern ausser Zweifel gesetzt. Berze- lius äusserte später die Vermuthung, dass auch Eisen- sulfüret in Meteoreisen enthalten sei, und bezeichnete dessen Analyse als sehr wünsch enswerth. Bei meinen Versuchen mit dem Meteoreisen von Seeläsgen bemühte ich mich, auch die darin vorkommen- den cylindrischen Massen von Schwefeleisen für sich zu analysiren. Indem ich die darin gefundenen l 1 ^ Proc. Nickel nebst so viel Eisen in Abzug brachte, als für die Mischung des umgebenden Nickeleisens erforderlich war, über die Schwefelinigsstufen des Eisens etc. 21 ergab sich in der That für das Schwefeleisen die Zu- sammensetzung des Sulfurets. Aehnliche Versuche hat Taylor mit dem Schwefel- eisen des Meteoreisens von Toluca angestellt. Allein er fand darin 7 ' 4 Proc. Nickel und Kobalt. Da nun das Nickeleisen dieses Meteoriten selbst nur kaum 10 Proc. dieser beiden Metalle enthält, so müsste man annehmen, das Schwefeleisen sei nickelhaltig, was doch sehr fraglich ist, wie denn überhaupt die Analyse einer Wiederho- lung bedarf. Das Meteoreisen von Knoxville, Tazewell County, Tennessee, enthält nach Smith ein graues Schwefeleisen, welches die Zusammensetzung des Sulfurets hat, man mag den geringen Nickelgehalt ( ! / 3 Proc.) als der Haupt- masse angehörig betrachten oder nicht. Vor Kurzem theilte mir G. Rose ein Schwefel- eisen aus dem Meteoreisen von Sevier County, Tennes- see, mit, welches im Ansehen an Magnetkies erinnert, und einzelne metallische Theilchen von Nickeleisen ent- hält, die dem Magnet folgen. Ich habe in zwei Analy- sen 1,5 — 1,9 Proc. Nickel gefunden, und die Verhält- nisse des Schwefels und Eisens der Art, dnss bei Hinzu" rechnung des Nickels zu letzteren auch hier Eisensulfu- ret sich ergiebt. Indessen halte ich weder diese noch meine früheren Versuche mit den Einschlüssen des Meteoreisens von Seeläsgen für hinreichend, um die Frage : ob Magnet- kies? ob Sulfuret? sicher zu entscheiden, die allerdings wegen der geringen Zusammensetzungsdifferenz des Sul- furets und des Magnetkieses sehr schwierig ist. Denn wenn man von der Ansicht ausgeht, das Schwefeleisen sei in allen Fällen Magnetkies, so wird die in Abzug zu bringende Menge Eisen um etwas grösser, allein dieses Mehr ändert das Verhältniss von Nickel und Eisen nur in geringem Grade; die Rechnung allein gewährt mithin keine Sicherheit. Wenn man sich erinnert, dass es sowohl nickelhal- 22 Rammeisberg, tige Magnetkiese giebt (Modum, Klefva, Pennsylvanien), als auch, dass nach Sehe er er in Norwegen ein nickel- reiches Eisensulfuret vorkommt, welches nach den Flä- chen des Octaeders spaltbar sein soll, wird man auch in dem Schwefeleisen der Meteoriten einen Nickelgehalt voraussetzen dürfen, und dann wird es noch weit weni- ger gerechtfertigt sein, denselben lediglich einer Bei- mengung von Nickeleisen zuzuschreiben. Nun giebt Magnetkies in Wasserstoff Schwefel ab, Eisensulfuret aber nicht. Ich habe diesen Versuch mit dem zuletzt erwähnten Schwefeleisen angestellt, und in der That 1,2 Proc. freien Schwefel erhalten. — Magnetkies und Eisensulfuret unterscheiden sich in ähnlicher Art beim Auflösen in Chlorwasserstoffsäure. Ich erhielt im vor- liegenden Falle 1,44 Proc. Schwefel. Diese Versuche lehren zwar, dass die Substanz nicht reines Sulfuret sein könne, allein sie ergeben andererseits viel weniger Schwe- fel, als Magnetkies unter gleichen Umständen. Das speeifische Gewicht des Schwefeleisens im Me- teoreisen ist von Seeläsgen = 4,787 von Toluca = 4,822 von Knoxville =4,75 von Sevier Co — 4,817 gefunden. Jede Beimengung von Nickeleisen muss aber das speeifische Gewicht des reinen Schwefeleisens erhö- hen, so dass auch diese Bestimmungen nicht als Beweise dienen können. Will man also die Existenz des Eisensulfurets im Meteoreisen durch die Analyse von Smith nicht als hinlänglich begründet erachten, so wird es weiterer Un- tersuchungen bedürfen, die Frage zu lösen. Ich hoffe, später auf diesen Gegenstand zurückkommen zu können. angeblicher Stickstoff geholt des Roheisens. 23 Deber den angeblichen Stickstoffgehalt des Roheisens ; von Demselben. Bekanntlich ist in den letzten Jahren die Behaup- tung aufgestellt worden, dass Stahl und Roheisen, ja selbst Stabeisen, Stickstoff enthalten; und es hat sich in Frankreich zwischen Fremy und Caron eine weit- läufige Discussion entsponnen, indem Jener den Stick- stoff als einen wesentlichen, dieser als einen zufälligen Bestandtheil der genannten Körper betrachtet. Was den Stahl betrifft, so behauptet Fremy, dass bei der Bildung des Cementstahls das Stabeisen Kohlen- stoff und Stickstoff aufnehme, dass der Stahl diesen Stick- stoff beim Glühen in Wasserstoff in der Form von Ammoniak verliere und dadurch zu Stabeisen werde, dass die Rückstände, welche Stahl beim Behandeln mit Säuren oder mit Kupferchlorid giebt, stickstoffhaltig seien, und dass schon sehr geringe Mengen Stickstoff die Stahlbildung hervorrufen, wie denn Bouis in einem Gussstahl angeblich ^500000 Stickstoff bestimmt haben will*). Aber der Stickstoffgehalt in den Eisenarten ist schon vor länger als 20 Jahren von Schafhäutl in München behauptet worden**), welcher sagt, dass manches Roh- eisen mit Kali Ammoniak entwickle, dass der beste englische Gussstahl 0,18 Proc. Stickstoff enthalte, dass die Rückstände vom Auflösen des Eisens in Säuren stick- stoffhaltig seien. Obwohl nun später Marchand durch eine Reihe von Versuchen zu dem Schlüsse gelangt war, ein Stickstoffgehalt sei im Roheisen und Stahl nicht mit *) Auch Boussingault hat sich als Vertheidiger von Fre- m y 's Behauptungen erklärt, und giebt an, im Gussstahl seien "/iooooo eines Procents an Stickstoff enthalten. **) Lond. and Edinb. phil. Mag. 1839. — Jahrb. für prakt. Chem. 19. 159. 24 Rammeisberg, Sicherheit anzunehmen, auch die Rückstände beim Auf- lösen derselben frei von Stickstoff gefunden hatte, so hat doch Fremy neuerlich seine Behauptungen auch für das Roheisen geltend zu machen gesucht und sogar die kühne Hypothese aufgestellt, Roheisen und Stahl seien Verbin- dungen von Eisen mit einem aus Kohlenstoff und Stick- stoff bestehenden Radikal, dessen Zusammensetzung durch Substitution verändert werden könne, und dessen Zer- setzungsproducte heim Auflösen dieser Stoffe in Säuren zum Vorschein kämen. Es scheint, dass Fremy 's Ideen durch die interes- santen Versuche Wo hier 's und Deville's, nach wel- chen Bor, Kiesel und Titan sich in der Hitze mit dem Stickstoff der Luft direct verbinden, eine Stütze erhalten könnten. Findet sich doch Cyankalium im Eisenhohofen, ist die kupferrothe krystallisirte Substanz, welche man mit Wollaston lange für Titan hielt, doch nachWöh- ler ein Cyan- Stickstofftitan, und hat noch neuerlich H. Rose in der Kieselsäure der HohÖfen 0,1 Proc. Stick- stoff nachgewiesen, so dass Caron glaubt, wenn Roh- eisen Stickstoff enthalte, so sei er an Kiesel oder Titan gebunden. Allein Eisen nimmt an sich in der Hitze keinen Stickstoff auf; die Versuche von Berthollet, Thenard, Savart, Despretz, Buff und Fremy scheinen nur zu beweisen, dass Eisen beim Erhitzen in Ammoniak bei einer gewissen Temperatur sich mit Stickstoff verbinden könne, und dass nur die Methode des Letzteren, Rothglühen von Eisenchlorür in Ammoniak, ein wirkliches Stickstoffeisen liefere. Insbesondere aber ist in Betracht zu ziehen, dass die Bestimmungen bei der Darstellung von Roheisen und Stahl ganz andere sind, als die oben erwähnten ; dass es sich dabei weder um ein Eisensalz noch um Ammoniak handelt. In Frankreich hat sich Grüner mehrfach gegen Fremy ausgesprochen, und aus praktischen Gründen des Letzteren Behauptung, Roheisen enthalte noch mehr Stickstoff, als der daraus gepuddelte Stahl, widerlegt. angeblicher Stickstoff g ehalt des Roheisens. 25 Es mag hier ganz unerörtert bleiben, ob so unge- mein kleine Mengen Stickstoff, wie namentlich die spä- teren Versuche Fremy's u. A. in den Eisensorten er- geben, auf die Beschaffenheit derselben von irgend wel- chem Einfluss sind. Dagegen schien es mir wichtig, dasjenige Roheisen auf einen Gehalt an Stickstoff zu prüfen, aus welchem der sogenannte Rohstahl dargestellt wird. Es ist diejenige Art des weissen Roheisens, welche man Spiegeleisen zu nennen pflegt, und welche aus Spath- eisenstein mit Holzkohlen erblasen wird. Ich Hess mehrere Pfunde desselben in verdünnter Schwefelsäure auflösen, und sowohl die Auflösung als den kohligen Rückstand auf Stickstoff untersuchen. Aus jener wurde der grösste Theil des Eisenvitriols auskrystallisirt *), die Mutterlauge dann mit Kalkhydrat destillirt. Dadurch wurde in der That etwas Ammoniak erhalten und in Form von Platin- salmiak bestimmt. Allein der daraus berechnete Stick- stoffbeträgt 0,002 eines Procents, oder V50000 des Eisens, und diese geringe Menge für wesentlich zu halten, streitet wohl gegen alle Wahrscheinlichkeit. Nach Fremy ist aber der Rückstand stickstoffhaltig; allein weder durch Erhitzen mit Kalilauge noch mit Natronkalk gab der aus Spiegelei?en erhaltene Ammoniak; aber er enthielt auch kein Titan. Auch derjenige kohlige Rückstand, welcher beim Auflösen von Roheisen mit Hülfe eines elektrischen Stromes nach Weyl's Methode erhalten wird, gab ein negatives Resultat. Lässt man aber solche Rückstände einige. Tage an der Luft liegen, so entwickeln sie beim Behandeln mit Kalilauge Ammoniak, welches sie offenbar aus der Luft absorbiren. Wie leicht das Ammoniak von porösen Körpern ab- sorbirt wird, ist allgemein bekannt. Kohle, natürliches und künstliches Eisenoxyd und andere Körper besitzen *) Sollte dabei nicht das Ammoniak in Form von schwefelsau- rem Eisenoxydul- Ammoniak = H* NO, S03-{-FeO, S03-J-6HO auskrystallisirt sein? (Ludwig.) 26 . Wittstein , diese Eigenschaft, und die alte Beobachtung von Austin, Chevallier und Berzelius, dass feuchte Eisenfeile an der Luft Ammoniak bildet, und dass der Eisenrost solches enthält, ist vielleicht nicht aus einer Wasserzer- setzung, sondern lediglich aus der Absorption des in der Luft enthaltenen Ammoniaks zu erklären. Ich Hess zerkleinertes Spiegeleisen mit Wasser ab- spülen und mit Kalilauge erhitzen, erhielt aber kein Am- moniak. Hatte das Eisen aber einige Tage an der Luft gelegen, so konnte nun eine merkliche Menge Ammoniak erhalten werden. Wenn hiernach gerade in demjenigen Roheisen, welches vor allen anderen zur Stahlbildung geeignet ist, kein wesentlicher Gehalt an Stickstoff sich nachweisen lässt, wenn andererseits die Leichtigkeit, mit welcher Ammoniak von Eisen und anderen Körpern aus der Luft aufgenommen wird, in Betracht gezogen wird, so darf man wohl "nicht glauben, dass Fr6my's Ideen auf die Metallurgie des Eisens von Einfluss sein und die Theorie der Cementstahlbildung modificiren können. Versuche zur Auffindung eines leichten, sichern und schnellen Verfahrens, die thierische Milch auf ihren Handelswerth zu prüfen; von Dr. G. C. Wittstein. (Fortsetzung und Scbluss der Abhandlung in Bd. CLXIV. Heft 3. pag. 239.) Zweite Versuchsreihe. Ich kam nun auf den Gedanken, ob es nicht ein Mittel gäbe, durch welches man in den Stand gesetzt werde, den Rahm, welchen die Milch min- destens erst binnen mehrstündigen Stehens vollständig Prüfung der thieriscJien Milch. 27 abscheidet, viel rascher — wo möglich binnen einigen Minuten — auf der Oberfläche anzu- sammeln und so durch Ablesen an einer gra- duirten Röhre sein Volum in kurzer Zeit zu bestimmen. Von dem Glaubersalze und andern neutralen Alkali- salzen weiss man, dass sie die im Blute schwimmenden Kügelchen, welche durch blosse Filtration des Blutes nicht getrennt werden können, sofort vollständig abschei- den. Dieselbe Wirkung war auch denkbar auf die (aller- dings ganz anders constituirten) Milchkügelchen, welche ja, möglichst nahe aneinander gerückt, den Rahm bilden, aber ebenfalls nicht durch blosse Filtration zu gewinnen sind. Ich fertigte daher mehrere bei gewöhnlicher Tem- peratur gesättigte Lösungen von einigen Alkalisalzen an, vermischte sie im graduirten Cylinder mit einem gleichen Volum Milch (5 CC. mit 5 CO.), stellte in die Ruhe, no- tirte, sobald eine Rahmschicht deutlich abgegrenzt war, die Höhe derselben an und nahm auch von weiterer Vermehrung dieser Schicht in gewissen nachfolgenden Zeiträumen Notiz. Gleichzeitig stellte ich in einem andern Cylinder ein ebenso grosses Quantum (5 CC.) derselben Milch für sich hin und beobachtete auch hier die allmälige Rahraver- mehrung unter Berücksichtigung der dazu erforderlichen Zeitdauer. Ferner wurde jedesmal die Temperatur des Locals, wo die Proben standen, ermittelt. Es wurden mit Glau- bersalz, Kochsalz, Salpeter und Salmiak Versuche ange- stellt. Wir theilen nur die mit Glaubersalzlösung ange- stellten Versuche mit (s. Seite 28). 28 Wittstein, Versuche mit Glaubersalzlösung. Datum 1859. Rahm - Procente, abgesetzt von der mit der Salzlösung vermischten Milch nach Rahm - Procente, abgesetzt von der unver- mischten Milch nach 9. 10. i Aug. 11. r> 12. Sept. 15. n 16. n 17. 10. n Oct. ! i n.C. 220 22» 230 160 150 140 140 150 Std. 1 3 /4 4 Vs 2 — 1 — 21/2- 5V 2 - 2 - 4 - 1V 2 - 24 - 1 - 24 - 2Va ~ 4 - Proc. -10 - 6 — 7 — 6 — 8 — 8,6 - M - 3 - 5 4 9 4 9,2 8 Std. Proc. 24 -10 1V2 - 6,6 24 — 8 3 /4 — 7 1V2 - 8,2 41/2 — 9 24 — 10 2Va - 4,6 24 — 6,8 4 — 7 3 — 6 24 - 10,6 24 - 8 Std. Proc. 1 — 6 1V4 24 - 4 — 6 IV2 4V 2 24 — 4 — 6 — 8 1 — 3 2Va 24 - 4,6 — 6 li/ 2 - 6 24 -11 1 — 4 24 -12 2V2 4 -10 - 7 Std. Proc. 24 —10 4-6 21/2 - 5 51/2 - 6,6 4 -10 3—9 24 -11 24 —10 Es dürfte schwer sein, aus dieser zweiten Versuchs- reihe brauchbare Schlüsse zu ziehen, denn sie wider- sprechen sich häufig; so viel indessen zeigen sie, dass von der Anwendung der Glaubersalzlösung noch am ehe- sten ein praktischer Nutzen zu erwarten ist, eher als von den übrigen Salzlösungen, die meistens weit schlechtere Resultate gaben als die Milch für sich. Aber die Rahm- absonderung erfolgte noch immer viel zu langsam für den Zweck einer raschen Milchprüfung. Dritte Versuchsreihe. Ich versuchte hierauf, ob die Rahmabsonderung nicht eben so gut statt fände, wenn statt der Glaubersalzlösung reinesWasser der Milch zu- gesetzt würde. Prüfung der Ihierischen Milch. Versuche mit gleichem Volum Wasser. 29 Datum 1860. Tem- pera- tur des Locals Rahm - Procente, abgesetzt von der mit Wasser vermischten Milch nach Rahm -Procente, abgesetzt von der unver- mischten Milch nach n. C. Std. Proc. Std. Proc. Std. Proc. Std. Proc. 10. April 100 ll/ 2 - 9 24 - 6*) 4-9 l'/ 2 - 6 24—7 4-6 11- » 9,60 1-9 24 —10 li/ 4 - 12 li/ 4 - 4 24-7 2i/ 4 - 6 12. „ 10° 3 / 4 - 9 13/ 4 -17 13/ 4 _ 7 23/ 4 - 8 23/ 4 — 16 4 —16 4-8 24 -10 24 —14 13. „ 9,50 3/4-18 24 —13 4 —16 2i/ 4 - 7 24 —10 4-8 14- n 100 1 —24 24 —12 2 —16 2-6 24 — 10 4-7 u. s. w. Der kürzeste Zeitraum, in welchem bei diesen Proben in der mit Wasser verdünnten Milch eine Rahmschicht sichtbar wurde, betrug */ 2 Stunde — noch immer zu viel Zeit für den Zweck der Milchprüfung, wie ich sie wünschte ; zudem unter 22 Versuchen auch nur Einmal, während eine Rahmschicht viermal erst nach 3 / 4 St., fünfmal nach 1 St., einmal nach l 1 ^ St., dreimal nach l l l 2 St., ein- mal nach l 3 / 4 St., zweimal nach 2 St., einmal nach 2 3 / 4 Stunden, einmal nach 3 St. und dreimal nach 4 St. sicht- bar wurde. Aber diese Rahmschichten waren dann noch keineswegs der richtige Ausdruck für die Güte der Milch, indem sie 1) Einen Fall ausgenommen, nach 24 St. eine andere Höhe einnahmen, und zwar fast eben so oft mehr, wie weniger betrugen; *) Diese Verminderung des Rahmvolums erklärt sich dadurch, dass der aus der verdünnten Milch rasch aufgestiegene Rahm anfangs nur locker aneinander hing und sich erst mit der Zeit dichter zusammenzog; sie wurde wiederholt beobachtet. 30 Wittstein, 2) die nach 24 St. erreichten Höhen in allen Fällen nicht mit den in der unvermischten Milch entstan- denen Rahmschicht- Höhen übereinstimmten. Ich glaube nämlich, dass die in letzterer entstande- nen Rahmschicht -Hohen als die normalen betrachtet werden müssen, obgleich sie in obigen 22 Ver- suchen sonst ohne Ausnahme geringer sind, als die der mit Wasser verdünnten Milch. Warum die letztere mehr Rahm aufwirft, als die unver- mischte, liegt gewiss lediglich in ihrer grössern Verdünnung, welche den Fettkügelchen im Aufstei- gen weniger Hinderuiss entgegensetzt; aber da zum Zwecke der Rahniabsonderung, resp. Rahmgewin- nung, im praktischen Leben die Milch niemals mit Wasser verdünnt wird, so ist es wohl gerechtfertigt, nicht diejenige Rahmmenge, welche auf nur immer mögliche Weise aus der Milch geschieden werden kann, sondern diejenige Rahmmenge, welche die Milch in dem zum Verkauf dargebotenen Zustande absetzt, als die normale anzusehen. Es ist nun auch erklärlich, weshalb in der zweiten Versuchsreihe aus der reinen Milch sich meistens mehr Rahm absetzte, als aus der mit einer concentrirten Salz- lösung vermischten; denn obgleich der Milch durch die Salzlösung fast noch eben so viel Wasser hinzugeführt wurde, als sie schon besass, so empfing sie dagegen damit zugleich auch eine Portion Salz, welche das spec. Gewicht dieses Wassers so sehr erhöhte, dass die Dich- tigkeit der unvermischten Milch demungeachtet noch weit weniger betrug, als die der mit der Salzlösung verdünn- ten Milch. Es wurde noch versucht, ob vielleicht ein kleiner Zusatz von Alkohol oder Aether im Stande sei, den Rahm schnell in der Milch aufsteigen zu lassen, jedoch ohne allen Erfolg. Vierte Versuchsreihe. Um nichts unversucht zu lassen, probirte Prüfung der iJiierischen Milch. 31 ich auch einmal, den Betrag des Wassers di- rect zu bestimmen. Dazu lag als Instrument das Fuchs'sche Hallymeter, welches bekanntlich zur genauen Ermittelung des Wasser- gehalts des Biers dient, am nächsten. Zum Schütteln der Milch mit Kochsalz diente das mehrerwähnte 10 CC- Glas; die darin Raum habenden 160 Gran Wasser lösen 57,6 Gran Kochsalz auf. Dasselbe Volum Milch muss folglich weniger als 57,6 Gran Kochsalz lösen, aber der Unterschied um so geringer sein, je wasserreicher die Milch ist. Da aber ein und dieselbe Milch ein und dieselbe Quantität aufgelöster Substanzen enthält, sie mag abgerahmt oder nicht abgerahmt sein, so begreift es sich schon von vornherein, leicht, dass vermittelst des Hallymeters nur der durch Wasserzusatz, nicht aber der durch Rahmabnahme allein verübte Betrug möglicher Weise nachgewiesen werden kann. Der Ausführung der Probe stellte sich anfangs ein Hinderniss entgegen. Als ich nämlich frische (ein Paar Stunden vorher gemolkene) Milch (welche allerdings sehr schwach sauer reagirte) mit so viel feingeriebenem Koch- salz, als wenn sie bloss Wasser wäre, also mit einem Ueberschuss dieses Salzes versetzt, ein Paar Minuten geschüttelt und dann in das Hallymeter gegossen hatte, verdickte sich das Ganze unter Ausscheidung des Käse- stoffs in feinen Flocken bald so stark, dass das ungelöst gebliebene Kochsalz sich nicht abscheiden konnte. Bei Wiederholung der Probe suchte ich die Verdickung da- durch zu verhindern, dass ich die Milch vor dem Zu- schütten des Kochsalzpulvers mit einigen Tropfen einer alkalischen Lösung von blauem Carmin vermischte; zu- gleich hoffte ich dadurch, das ausgeschiedene Kochsalz leichter zu erkennen, als es in der weissen Flüssigkeit möglich war. Letztere Absicht wurde allerdings erreicht, .aber auch diesmal trat, obgleich nicht so schnell, Ge- rinnung ein, nachdem sich das Salz grösstentheils aus- geschieden hatte. Ich schloss daraus, dass durch eine 32 Wittsteiny kleine Vermehrung von Alkali das Gerinnen gänzlich vermieden werden könne; in der That trat, als ich 5 CC. Milch mit 10 Tropfen einer Auflösung von kohlensaurem Kali (worin l / 10 ihres Gewichts KO, CO 2 ), 10 Tropfen Lackmustinctur und einem Ueberschuss von Kochsalz schüttelte, keine Verdickung ein, und das ungelöste Salz schied sich sehr leicht und deutlich ab. Ich blieb daher in den nun folgenden Versuchen bei letzterer Verfahrungsweise stehen; es wurden nämlich 5 CC. Milch mit 10 Tropfen Kalilösung, 10 Tropfen Lackmustinctur und so viel Wasser, dass alles 10 CC. betrug, vermischt, 64 Gran Kochsalzpulver hinzugeschüttet, das Ganze 5 Minuten lang geschüttelt, dann in das Hally- meter gebracht und die in der Ruhe daraus abgeschie- denen Kochsalz- Grade (= Grane) notirt. Gleichzeitig stellte man ein gemessenes Quantum derselben. Milch im graduirten Cylinder hin und notirte die nach 24 Stunden abgesonderte Rahmmenge. ^ro. Datum Temperatur Abgeschiedenes Rah mg el 1860. des Locals. Kochsalz. 1. 2. Juni 15« C. 6,6 Gran 8 P ro 2. 4. » 15,5« 3,3 r> 7,6 » 3. 5. n 15» 10,5 V 8,8 n 4. 6. r> 15,50 10,5 V 7,2 n 5. 7. n 160 10,5 n 9 n 6. 9. n 170 10 n 8 n 7. 11. r> 17,50 10,3 n 7 n Werden die in jedem Versuche verwendeten 10 Tropfen Kalilösung und 10 Tropfen Lackmustinctur als reines Wasser betrachtet, so erhielt jede Probe (5 CC.) Milch einen Zusatz von 5 CC. (= 80 Gran) Wasser, in welchem sich 28,8 Gran Kochsalz lösen, welche also vor- ab von den in Arbeit genommenen 64 Gran Kochsalz abgezogen werden müssen. Von dem Reste — 35,2 Gran hatten sich in den 5 CC. Milch in No. 1: 28,6, in No. 2: 31,9, in No. 3, 4 und 5: 24,7, in No. 6: 25,2, und in No. 7: 24,9 Gran aufgelöst. Diese Zahlen sind aber, wenn sie als Maassstab der Beurtheilung der Beschaffen- Prüfung der thier Ischen Milch. 33 heit der Milch dienen Bollen, völlig unbrauchbar, denn die Milch No. 1, welche 8 Proc. Kahm abwarf, hatte fast ebenso viel Kochsalz aufgelöst wie das ihr gleiche Volum Wasser; die im Rahmgehalte damit ganz gleiche Milch No. 6 hingegen hatte über 3 Gran Salz weniger gelöst; die Milch No. 7 mit dem geringsten Rahmgehalte (7 Proc.) hatte weniger Salz aufgelöst als No. 6 ; die Milch No. 2 mit 7,6 Proc. Rahmgehait hatte über 3 Gran Salz mehr gelöst als das ihr gleiche Volum Wasser u. s. w. Fünfte Versu eh s r e i h e. Versuche mit einem neuen Aräometer, un- ter steter Berücksichtigung der Temperatur und des Rahmgehaltes der Milch. Das speeiiische Gewicht einer Flüssigkeit, welche von der Dichtigkeit des destillirten Wassers nur wenig abweicht, lässt sich mittelst der gewöhnlichen Aräometer nicht genau bestimmen. Da aber die Empfindlichkeit des Aräometers um so grösser werden muss, je grösser der Unterschied im Volum des Schwimmers und des Stiels ist, so brachte dies Herrn Professor von Fellen- berg auf den Gedanken, für Mineralwasser ein der- artiges Aräometer zu construiren, welches noch einen Unterschied im spec. Gewicht von 0,000031 anzugeben im Stande ist. Ich habe solche Aräometer zuerst von Glas anfertigen lassen*), und nicht nur selbst ihre grosse Bequemlichkeit und Genauigkeit kennen gelernt, sondern auch die Bestätigung davon von mehreren Seiten erhalten. Das Volum des Stiels dieser gläsernen Aräometer verhält sich, wie ich gefunden habe, zum Volum des Schwimmers wie 1 : 148; der Stiel verdrängt nämlich 2,5 CC. Wasser, der Schwimmer aber 370 CO. Die Skala geht bis zu 180 herab, und da jeder Theilstrieh = 0,000031 ist, so muss eine Flüssigkeit, worin jene bis zu 180 hervorragen soll (bei 12,5° R.), ein spec. Gew. •) Vierteljahrsschr. für prakt. Pharm. IX. 24. 160. Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. l.Hft. 3 34 Wittsteiny von 0,000031 X 180 === ; 005580 über 1,000000, also von 1,005580 besitzen. Das höchste spec. Gewicht, was mit diesem Aräo- meter ermittelt werden kann, ist also 1,005580; da ein solches aber bei der Milch niemals vorkommt, dieselbe vielmehr weit dichter ist, so ist dieses Aräometer für Milchprüfungen unbrauchbar, denn es ragt darin stets noch mit einem Theile seines Schwimmers hervor. Ich musste daher auf die Herstellung eines etwas gröberen Aräometers als dasjenige für Mineralwässer ist, bedacht sein, was mir mit Hülfe desselben Herrn Grei- ner, welcher letzteres gemacht hatte, auch bald gelang. Dieses neue Aräometer ist ebenfalls von Glas und hat eine Länge von 20*/ 3 Zoll bair. (0,50 Meter; genauer: 0,4945), wovon auf den Schwimmer 8!/ 3 Zoll (0,20 Meter) und auf den Stiel 12 Zoll (fast 0,30 Meter) kommen. Die am Stiele befindliche Scala ist auf 10% Zoll (0,263 Meter) Länge von oben herab in 260 gleiche Theile (Grade) getheilt; sie sinkt bei 12,5« R. (15,6<> C.) in destillirtem Wasser ganz, d. h. bis ein und ragt bei derselben Temperatur in einer Flüssigkeit von 1,052 spec. Gew. ganz, d. h. bis 260 hervor. Je 5 Theilstriche (Grade) entsprechen also 0,001, und je 1 Theilstrich (Grad) entspricht 0,0002 spec. Gew. Das Verhältniss des Vo- lums des Stiels zu dem Volum 155 1,5 . 180 9 183 1 . 180 8 186 1 11,5 176 9 ( 187 9,5 12 164 8,5 189 1 . 167 25 191 0,5 . 173 8 195 2 . 179 11,5 6,5 170 0,5 N 12,5 137 2,5 • 184 9 1 13 150 10 Prüfung der thierischen Milch. 37 Tempe- Aräometer- Rahm- ratur. grade. procente 13 172 24 . 172 8 . 178 8 . 179 8 13,« 177 R 'S 14 165 2 . 172 7,3 . 192 1 14,5 171 9,3 15 158 37 . 160 25 . 167 1,7 . 175 1,5 . 177 7 15,5 163 3,5 16 156 34 . 164 25 172 8 16,5 171 7 17 153 33 . 162 10 . 162 1,5 17,5 155 28 . 174 7,5 . 181 1 18 131 6 . 155 30 , 178 6 . 182 1 185 0,1 18,5 174 8,2 19 145 36 152 29 162 9 171 6 181 1 185 0,1 19,5 140 41 Tempe- Aräometer- Rahm- ratur. grade. procent« 19,5 169 6 . 181 1 20 143 38 151 26 152 34 173 7 181 0,5 185 0,5 20,5 167 9 21 167 8 . 184 0,1 21,5 138 34 . 157 10 22 151 27 . 162 ' 9 . 163 6,5 164 8,6 22,5 164 10 . 165 7 , 165 6 23 127 40 . 162 9,5 , 167 6 24 161 10 . 162 11 . 165 6 24,5 168 4,5 25 159 11,5 161 6 25,5 158 7,5 . 159 10 26 160 5 . 163 5 26,6 162 5,6 28,2 157 8,5 28,5 157 8 29 152 9 Beim Ueberblicke dieser nach den beobachteten Temperaturen geordneten Tabelle ergiebt sich — ich stehe nicht an, die Sache gleich beim rechten Namen zu nen- nen — das trostlose Resultat, dass sie keine zum Zwecke 38 Wittstein, der Prüfung der Milch auf ihre Güte*) mit Sicherheit zu verwendende Anhaltspuncte darbietet, daher auch dieses neue, sehr empfindliche Aräometer und mithin kein Aräometer im Stande ist, den Werth der Milch stets unzweideutig anzugeben. Zum Be- weise, dass die so eben gezogene Folgerung durchaus nicht übertrieben ist, will ich sogleich einige Thatsachen, der Tabelle entnommen, vorführen. Bei 5°C. wurden 9 Beobachtungen gemacht. Der natürliche Gang sollte nun sein, dass mit der Zunahme der Aräometergrade, also je höher die Scala aus der Milch hervorragt, oder was dasselbe ist, mit der Zu- nahme der Dichtigkeit der Milch, der Rahmgehalt ab- nähme. Allerdings entspricht innerhalb jener Tempera- tur der niedrigste Stand des Aräometers auch der min- dest magern Milch der 9 Proben; während aber diese 3 Proc. Rahm habende Milch 167° des Aräometers zeigte, zeigte die 2,2procentige 187, also 20 Grade mehr, die 2pro- centige 195, die lprocentige 193, 194 nnd 196, und die 0,5procentige 192, 195 und 197. Es besteht somit gar kein verhältnissmässiger Zusammenhang zwischen den Aräometergraden und den Rahmprocenten, und selbst an Widersprüchen ist kein Mangel, indem einige höhere Grade besserer Milch eigen sind, als einige niedrigere. Weiter unten kommen noch auffallendere Widersprüche vor. Bei 6° C. wurden 12 Beobachtungen gemacht. Unter diesen gab Milch von 155° nur 1,5 Proc. Rahm, dagegen solche von 187° 9,5 Proc. und solche von 195° 2 Proc, letztere stimmte also in ihrem Fettgehalte fast überein mit der von 155°. Ferner zeigte Milch von 1 Proc. 5 verschiedene, von 0,5 Proc. 3 verschiedene Aräometer- grade. Bei 6,5° C. wurden 5 Beobachtungen gemacht, 170° *) Ich schätze, wie früher, die Güte der Milch als Handels- waare lediglich nach ihrem Rahmgehalt; einen anderen prak- tischen Anhaltepunct kann ich nicht finden. Prüfung der thierischen Milch. 39 entsprachen 0,5 Proc, 184° 9 Proc, 191° wiederum 0,5 Proc. und 1930 i ; 2 Proc. Rahm. Bei 7° C. wurden 7 Beobachtungen gemacht. Sämmt- liche Aräometergrade von 165 bis 192 gehören magerer Milch an, und die höchstgradige hatte nur um die Hälfte weniger Rahm als die niedrigstgradige. Zu ganz ähnlichen Betrachtungen führen die bei 7,2, bei 7,8, bei 8, bei 8,3, bei 8,8° C. etc. gemachten Beob- achtungen, indem hier ebenfalls lauter magere, nicht über 2 Proc. Rahm enthaltende Milch die verschiedensten Dich- tigkeiten besass. Bei 9° C. wurden 12 Beobachtungen gemacht. Die magerste Milch (0,5 Proc.) zeigte das geringste specifische Gewicht (160°), dagegen lOprocentige eine um 16° grössere, 10,5procentige eine um 24° grössere Dichtigkeit, und 192gradige stimmte im Rahmgehalte mit der IGOgradigen beinahe überein. Beispiele, wo magere Milch geringeres specifisches Gewicht zeigte als fette, kommen auch in den bei 9,5, bei 9,8, bei 10, bei 11,8, bei 12,5, bei 14° C. etc. gemachten Beobachtungen vor. Bei 110 C- i6ß0 zeigende Milch gab 24 Proc. Rahm, bei derselben Temperatur um 4 Grade dichtere nur 1,3 Procent, und wiederum 180gradige 9 und 8 Procent. Bei 120 C. g a b die leichteste Milch 8,5 Proc, die um 3 Grade' dichtere 25 Proc, und die um 15 Grade dichtere 11,5 Proc. Rahm. Nicht zu vereinigende Widersprüche liefern auch die zwölf Milchsorten von 13° C, denn lOprocentige zeigte 150°, 0,5procentige 162°, 24procentige und 8procentige 1720, wiederum 8procentige 178 und 179°. Die meisten Beobachtungen, nämlich 22, wurden bei 15° C. gemacht, aber auch diese sind reich an Wider- sprüchen. 37procentige Milch zeigte 158°, 25 proc. 160°, also nur 2 Grade mehr, l,7proc 167°, 8proc 171, 173, 175 und 178, aber 5,5proc, 2proc und 1,5 proc eben- falls 1750 u. s. w. 40 Wittstein, Aehnliche Unregelmässigkeiten bieten die bei 15,2, bei 15,5, bei 16, bei 16,2, bei 17, bei 18 und bei 19° C. gemachten Beobachtungen dar. Bei 18° C. zeigte 6pro- centige 131 und 178°, 30 1. rocentige 155°. Bei 20° C. zeigte 26procentige und 34procentige Milch fast gleiche Dichtigkeit. Bei 22° C. war 27procentige und 9procentige Milch nur um 9 Grade verschieden. Die Ursache aller dieser Unregelmässigkeiten und Widersprüche kann nur darin begründet sein, dass die übrigen (aufgelösten) Bestandtheile der Milch*) mit dem progressiven und regressiven Gehalte des Rahms (Fetts) sehr häufig gleichen Schritt halten, mithin also in dem- selben Grade zu- und abnehmen wie der Rahm. Um was also die Milch durch eine grössere Menge Fett specifisch leichter wird, nimmt sie durch eine grössere Menge der übrigen Bestandtheile an Dichtigkeit wieder zu. Nur so ist es zu erklären, dass z. B. GradC. Grad Proc. Grad Proc. bei 6,5 Milch v. 170 0,5 Rahm, n. Milch v. 184 9 Rahm gaben „ 9 — 160 0,5 — 174 8,6 — „ 10 — 173 10,5 — 173 1,2 „ 11 — 166 24 - 170 1,3 „ 12,5 — 137 2,5 — 161 35 „ 13 - 162 0,5 172 24 — Diese Beispiele, welche aus obiger Tabelle noch an- sehnlich vermehrt werden könnten, mögen dem Gesagten zur Stütze dienen. Liegt hierin nun schon ein vollgül- tiger Grund, jede Art von Aräometer als Mittel zur Prüfung der Milch auf ihren Handelswerth zurückzuweisen, so liefert die Tabelle auch noch An- lass zu Betrachtungen anderer Art. Sie zeigt nämlich ferner, dass mit der Zu- und Abnahme des Rahms die Zu- und Abnahme der übrigen Bestandtheile keineswegs immer harmonirt oder in einem regelmässigen Verhältniss steht, es kommen vielmehr hierbei die frappantesten Ano- fe ) Milchzucker, Käsestoff und Salze, hier summarisch genommen. Prüfung ehr thierischen Milch. 41 malien vor. Manchmal kehrt sich das Verhältniss sogar um, d.h. die rahmärmere Milch ist eben so reich oder reicher an den übrigen Bestandteilen als die rahmreichere, wird dadurch in der That speeifisch schwerer als die letztere, und es tritt dann bei verschiedenen Milchproben (bei ein und derselben Temperatur) mit der Zunahme der Aräometergrade eine Abnahme des Rahmgehalts ein, welche Reihenfolge indessen meist so unregelmässig ver- läuft, dass selbst abgesehen von obigen Factis, sich nicht einmal daraus ein praktisch brauchbarer Anhaltspunct entnehmen lässt. Dergleichen Beobachtungen, wo mit dem Steigen des specih'schen Gewichts der Milch ihr Fettgehalt sich vermindert, weist die Tabelle z. B. unter den Temperaturen 8,5°, 13,50, 14,50, 21,50, nach; sie sind aber, wie gesagt, völlig unbrauchbar, weil sie 1) durchaus keine Regelmässigkeiten zeigen, und 2) unter den vielen andern dagegen sprechenden Beob- tungen zu vereinzelt stehen. Es wäre daher ein grober Irrthum, wenn man aus ein Paar Versuchen mit einem empfindlichen Aräometer, welche ergeben hatten, dass eine fette Milch speeifisch leichter war als eine magere, den Schluss ziehen wollte, in derselben Weise müsse sich auch jede andere damit geprüfte Milch verhalten, d. h. die leichtere müsse fett und die schwerere mager sein. Nicht minder trügerisch wäre es, für die Prüfung der Milch vermittelst des Aräometers eine Scala dadurch herstellen zu wollen, dass man eine fette Milch allmälig mit immer mehr Wasser verdünnt und nach jedesmaliger Verdünnung den Standpunct, welchen der Aräometer in der Mischung einnimmt, notirt. Das Trügerische dieses Verfahrens leuchtet ein, wenn ich daran erinnere, dass mit dem Zusätze von Wasser nicht bloss das Fett, son- dern auch der übrige Gehalt der Milch gestreckt wird, und dass dabei der Standpunct der abgerahmten Milch ganz ausser Acht bleibt, welche sich von derjenigen Milch, von der sie stammt, wohl durch verminderten oder A.% Wittstein, Prüfung der tliierischen Milch. /gänzlich fehlenden Rahm, nicht aber durch eine Ver- minderung des übrigen Gehaltes unterscheidet. Solche Experimente, aus wenigen Thatsachen weit reichende Folgerungen zu ziehen, sind gerade in dem gegebenen Falle ganz unzulässig; die Ursache dieser Unzulässigkeit liegt in der so wandelbaren Constitution der Milch selbst und entzieht sich daher aller und jeder Beherrschung von unserer Seite — dies wenigstens ist meine innige Ueberzeugung, welche freilich erst nach jahrelangen und mühsamen Beobachtungen und nach langem Widerstreben sich bei mir befestigt hat. Es war nieder- schlagend, endlich zu dem Geständniss zu gelangen, dass die vielen Versuche nur ein negatives Resultat geliefert hatten; allein der Wahrheit musste die Ehre gegeben werden, und es ist, wie ich glaube, nicht nur nicht werth- los, sondern selbst von grossem Werthe, nun unzweifel- haft zu wissen, dass die Prüfung der Milch auf ihr spec. Gewicht keine Beurtheilung ihrer Güte gestattet. Was, wird der Leser fragen, bietet uns der Verf. nun für das negative Ergebniss seiner bis hierher ge- langten Arbeit? Darauf habe ich leider vorerst keine befriedigende Antwort, muss mich vielmehr dahin be- scheiden, dass das einzige untrügliche Mittel, die Güte der Milch zu beurtheilen, bis jetzt nur darin besteht, die- selbe mehrere Stunden lang in einem graduirten Cylinder der Ruhe zu überlassen und die dann ausgeschiedene Rahmmenge abzulesen. Alle Milch, welche als nicht ab- gerahmte verkauft wird und unter 5 Proc. Rahm giebt, ist als gefälscht anzusehen. Löslichkeit des krystallis. jihosphors. Natrons in Wasser. 43 Deber die Löslichkeit des gewöhnlichen krystalli- sirten phosphorsauren Natrons in Wasser; von G. C. Wittstein. Bekanntlich hat Ferrein*) die seitherige Angabe aller Lehrbücher, dass das gewöhnliche krystallisirte phos- phorsaure Natron sich in 4 Theilen kaltem und in 2 Thei- len heissem Wasser auflöse, einer Prüfung unterworfen und babei gefunden, dass dieses Salz bei -f- 13° C. erst von 11,73 Theilen Wasser aufgelöst werde, seine Lös- lichkeit in kochendem Wasser aber eine fast unbe- schränkte sei. Jüngst hat Neese**) ebenfalls Versuche darüber angestellt und kommt zu dem Schlüsse, dass die frühere Angabe über die Löslichkeit des phosphorsauren Natrons wohl die richtigere sei. Es verlohnt sich wohl der Mühe zu untersuchen, wie Neese zu diesem Schlüsse gelangt ist. Bei 15° C. wurde 1 Th. Salz von 6,7 Th. Wasser aufgenommen „ 200 C. „ 1 „ 5,8 „ 250 C. „ i - 3,2 Die erst erhaltene Lösung setzte man in einen dunk- len Keller, dessen Temperatur 12° C. betrug. Nach 18 Stunden hatten sich noch keine Krystalle ausgeschie- den und wurde dies als Beweis angesehen, dass auch bei dieser Temperatur die Löslichkeit des Salzes nicht auffallend abnehme. Das phosphorsaure Natron gehört zu denjenigen Sal- zen, deren Löslichkeit in Wasser schon bei nur schwacher Erhöhung der Temperatur auffallend zunimmt. Ich habe diese Thatsache bei Anfertigung seiner Lösung als Rea- gens unzählige Male zu beobachten Gelegenheit gehabt. *) Wittstein's Vierteljahresschrift. VII. 244. **) Pharm. Zeitschrift für Kussland. 1862. No. 5. S. 101. 44 Wittstein, Gewöhnlich übergiesse ich in einem Glaskolben das Salz mit der 5 — 6 fachen Menge Wasser und stelle den Kol- ben auf eine warme Eisenplatte, um es rasch in Lösung zu bringen; nach erfolgter Lösung wird dann filtrirt und so lange nachgewaschen, bis die ganze Solution das Drei- zehnfache des angewandten Salzes beträgt. So wie nun der Boden des Kolbens eben anfängt sich zu erwärmen, zergeht das Salz fast so schnell wie weisser Zucker, zu einem Syrup, der beim Umschütteln sofort verschwindet, und ist in kurzer Zeit vollständig gelöst, bevor noch der Boden des Kolbens so heiss geworden war, dass man ihn nicht ohne Schmerz in die Hand stellen kann. Aus der so bereiteten Solution krystallisirt bei gewöhnlicher Temperatur niemals etwas heraus; früher aber, als ich dieselbe noch in dem Verhältniss von 1 Th. Salz und 9 Th. Wasser machte, fand sich — zwar nicht nach ein Paar Tagen, aber sicher nach ein Paar Wochen — der Boden der Flasche immer mit einer starken Krystall- kruste bedeckt, und diese Wahrnehmung gab den Anlass zu den Versuchen Ferrein's. Fe r rein ermittelte die Löslichkeit bei 13° C. ; dies war die Temperatur des Locals am Tage; während der Nacht betrug dieselbe unbezweifelt weniger als 13°. N ee se operirte zuerst bei 15° und fand das Löslichkeitsverhält- niss wie 1 : 6,7 ; bei 20° ergab sich das Verhältniss wie 1 : 5,8 und bei 25° wie 1 : 3,2. Addirt man 6,7 zu 5,8 und 3,2, so erhält man als Summe 15,7, welche mit 3 dividirt 5,23 giebt. 1 : 5,23 wäre mithin die Löslichkeit des phosphorsauren Natrons in kaltem Wasser, wenn man diese Durchschnittszahl annimmt, was jedoch nicht rich- tig sein kann, denn die Temperatur, wobei die drei Ver- suche angestellt wurden, differirte von 15 bis 25°, und das ist gerade bei einem solchen Salze von grösstem Ein- flüsse. Also selbst die für Neese's Annahme günstigste, jedoch nicht richtige Zahl (5,23) berechtigt nicht zu dem Schlüsse, dass die frühere Angabe über die Löslichkeit Löslichkeit des krystalHs. phosphors. Natrons in Wasser. 45 des phosphorsauren Natrons in kaltem Wasser (1:4) die richtige sei. Dass die bei 15° erhaltene Lösung beim Verweilen im Keller von 12° Temperatur nach 18 Stunden keine Krystalle abgeschieden hatte, beweist gar nichts, oder vielmehr beweist nur, dass eine solche Ausscheidung so rasch nicht erfolgt; nach 14 Tagen würde sich das Ver- hältniss anders gestaltet haben. Der zweite Schluss Neese's, nämlich dass auch die frühere Angabc über die Löslichkeit des phosphor- sauren Natrons in heissem Wasser die richtigere sei, widerspricht gleichfalls seinen eigenen Versuchen, denn er fand die Löslichkeit in der Hitze eben so unbegränzt wie Ferrein. Es bleibt folglich unbestritten, dass sich das phos- phorsaure Natron in kaltem Wasser viel schwerer und in heissem Wasser viel leichter löst, als man früher an- genommen hat. Die Löslichkeit wächst aber mit der Zunahme der Temperatur unverhältnissmässig schnell. ■^frfugm^fr 46 II. Naturgeschichte und Pharma- kognosie« Vorkommen von Kohlenkalk - Petrefacten in Oberschlesien ; von Carl v. Albert aus Bernburg, d. Z. in Berlin. (Abdruck a.d. Zeitschr.d. deutsch. geolog. Gesellschaff, Jahrg. 1862*).) Auf der Grube Caroline bei Hohenlohehütte in Oberschlesien (Beuthener Kreis) ist in neuester Zeit ein Fund von Kohlenkalk -Petrefacten in Schichten, die den durch Abbau bekannten Lagen des productiven Stein- kohlengebirges unmittelbar untergelagert sind, gemacht, welcher verbunden mit interessanten Lagerungs - Verhält- nissen die Aufmerksamkeit der Paläontologen und Geo- gnosten in hohem Maasse verdient. Die grosse Reichhal- tigkeit des Lagers, die Mannichfaltigkeit und Neuheit in den Formen der eingeschlossenen Fauna, so wie die meist gute Erhaltung der Exemplare versprechen für die Paläontologie eine wesentliche Bereicherung 5 gleichfalls möchte sich aus den Eigenthümlichkeiten der Lagerung Manches von Interesse für die Geognosie ergeben. Bei der Classificirung der Schichten sowohl als bei Bestim- mung der Versteinerungen ist von grosser Wichtigkeit, dass ein solcher Fund in der betreffenden Abtheilung des Kohlengebirges nicht allein da steht. Es lässt sich vielmehr mit dem in Rede stehenden Vorkommen ein bereits vor längerer Zeit in England Coalbrook Dale *) Vom Herrn Verfasser eingesandt. B. Vorkommen von Kohlenlcalk-Petrefacten in Ober Schlesien. 47 bekannt gewordenes Auftreten von Kohlenkalk - Petre- facten im procluctiven Kohlengebirge vielfach paralleli- siren. Dazu berechtigt vorzüglich die überraschende Aehnlichkeit und tlieilweise Identität der Versteinerun- gen; ein zweites günstiges Moment bildet der Charakter der versteinerungsführenden Lagen, freilich nicht, wie unten gezeigt werden wird, der des umgehenden Gebir- ges. Durch näheres Erforschen und Vergleichen beider Vorkommnisse wird ein Anhaltspunct für die Stellung der in Frage stehenden Schichten und damit für die Constitution des oberschlesischen Steinkohlengebirges ge- geben sein, für dessen Untersuchung man bereits so viel Mühe und Arbeit aufgewendet hat. Eine beschreibende Vergleichung der Petrefacten bei- der Orte wird voraussichtlich bereits durch Herrn Prof. Römer in Breslau unternommen. Es möge hier nur die vorläufige Notiz dieses interessanten Vorkommens und der dabei auftretenden Lagerungsverhältnisse ihren Platz finden. Auf der Caroline -Grube sind 3 Klotze von verschie- dener Mächtigkeit vorhanden, deren oberstes, Fannyflotz 4 Lachter mächtig, das zweite, dicht darunter liegende Giücksflötz mit circa l 1 ^ Lachter, das dritte und tiefere Carolineflötz mit 2 Lachter 60 Zoll. Das Grubenfeld ist im Allgemeinen durch Verwerfungen und Sprünge, Sattel- bildungen und andere Störungen von grosser Unregel- mässigkeit. Die Teufe unter Tage ist wie in Oberschle- sien gewöhnlich nicht bedeutend. Auf dem obersten Flötze, das zu Tage ausgeht, wird seit einiger Zeit Tage- bau getrieben. Die Kohle ist eine sich zur Verkoakung eignende, gute Sinterkohle. {Hugo - Schacht) (Joseph - Schacht) 7 7 1 W 48 v. Albert, In neuerer Zeit trieb man von dem Fürst Hugoschacht, circa 40 Lachter tief, einen im Carolineflötz angesetzten Querschlag, um eine neue Feldespartie damit zu lösen. In der Entfernung von 38 Lachter vom Schachte traf man im Querschlag einen kleinen Sprung, welcher das Flötz um die Mächtigkeit von ca. l 1 /^ Lachter verwarf. Mit der Sohle des Flötzes im Dache des Querschlags ging man weiter und fand bei 88 Lachter vom Schachte einen zweiten Sprung vor, der das Flötz um ca. 15 Lach- ter ins Hangende verwarf. In der weitern Erstreckung ist das Flötz von hier ab bis zu dem Josephschachte, den man mit dem Querschlage anfahren wollte, bekannt, und steht fest, dass es in dieser ganzen Ausdehnung keine Störungen seiner Lage erlitten hat. Um so auffäl- liger musste es sein, dass man mit dem Querschlage, den man vom Hauptsprunge ab nun im Liegenden des Carolinen 1 ötzes weiter trieb, einen neuen Sprung anfuhr, der, wie sich ergab, ein kleines Flötz von 30 Zoll M. in das Hangende hineinführte. Ein zweiter Sprung zog dasselbe wieder in das Liegende des Ortes, von wo durch einen dritten Sprung von neuem in das Hangende des Querschlags geworfen wurde. Von da ab hat das Flötz ein ungestörtes und flaches Fallen, welches indess be- wirkte, dass es noch vor Beendigung des Querschlags in dessen Sohle kam. Das Liegende des Flötzes ist ein lichter, weisslicher, grobkörniger Sandstein mit Schwefel- kies. Als Hangendes fand man eine Schieferthonlage von l 1 ^ Lachter M., welche sehr reich an Thon Eisen- steinnieren war. Die Grösse der einzelnen Nieren ist bedeutend. Ihre Schwere steigt bis */ 2 Centner. Sie sind sehr wenig von Schwefelkies verunreinigt und haben bei ihrer Verschmelzung in den Hohöfen der Hohenlohe- Hütte in kleinen Quantitäten als Zuschlag gute Resultate gegeben. Sie können daher für den Betrieb der umlie- genden Hohöfen, welche bisher die mulmigen Braun- eisenerze des Muschelkalks verschmelzen, von Wichtig- Vorkommen von Kohlen kalk-Petrefacten in Oberschlesien. 49 keit werden. Es soll auch in Folge dessen bald ein aus- gedehnter Bau in dieser Lage umgehen. In den Thonschieferlagen kam zugleich mit den Ei- sensteinnieren eine sehr reiche Fauna eingeschlossen vor, wovon eine allgemeine Uebersicht der Formen unten ge- geben wird. Die Muscheln sind theils in Eisenstein um- gewandelt mit Beibehaltung der vollen Form, — und in diesem Falle sind sie selten in den Nieren selbst, sondern meist neben denselben zu finden; theils sind sie als Ab- drücke in dem Schieferthon vorhanden. Die Erhaltung ist, ausser bei einer Brachiopode, Lingula, nur in Stein- kernen. Es ist sehr selten, dass sich noch ein Theil der ursprünglichen Schale zeigt. Als die in grösster Anzahl vorkommenden Muscheln sind anzuführen Productus, Belle- rophon und die Nautileen. Die Erhaltungsweise der Muscheln in den Thoneisensteinen von Coalbrook Dale in England ist dieselbe, und ebenso sind die am häufig- sten sich dort findenden Muscheln Productus, Nautileen, und wenigstens in einzelnen Lagen Bellerophon. Unter dem genannten kleinen Flötze von 30'' M. sind auf Caroline-Grube keine weitern Kohlenlager bekannt. Indess hat man mit dem tiefen Bohrloche zu Königshütte, welches am 26. Juli 1862 bei 20062/ 3 ' Teufe = 301 Lach- ter, nachdem man 105 Gebirgsschichten verschiedener Mächtigkeit durchsunken hatte, eingestellt ward, noch un- ter dem tiefsten Flötze der Königs - Grube, dem Sattel- flötze, welches dem Carolineflötze auf Caroline-Grube pa- rallel zu stellen ist, — 8 kleinere Flötze erbohrt, darunter eines mit 8' M. in 680' Teufe. Das tiefste der hier er- bohrten Flötze fand sich in einer Teufe von 1711' 9" un- ter Tage, oder 1571, 9" unter dem Sattelflötz, und hatte eine Mächtigkeit von 2' 6". Das ganze durchsunkene Gebirge zeigte neben jenen Kohlenflötzen vielfach Schich- ten von Schieferthon, Brandschiefer und taubes Kohl mit Kohlenschmitzen. Diese wechsellagerten mit Sandsteinen von grauer Farbe, häufig Glimmer enthaltend, und nur selten ist das Auftreten von kalkhaltigem Gestein. Das Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 1. Hft. 4 50 v. Albert, Ansehen des Gebirges neigt also mehr den grauen und dunklen Farben zu. In der Teufe von 190', 6 Lachter unter dem Sattelflötz, hat man denn ebenfalls jenes La- ger von Thoneisensteinen, direct entsprechend dem Vor- kommen auf Caroline zwischen Lagen von Schieferthon und Sandstein mit Schwefelkies gefunden. Man kennt dasselbe auch aus den Bauen der Königsgrube und hat hier nicht die Mannichfaltigkeit von Versteinerungen beob- achtet wie an der vorhin erwähnten Localität. Crinoiden- Reste sind das Hauptsächlichste," was in grösserer Anzahl daraus bekannt geworden ist. Für die tiefern Schichten des Gebirges scheint zwi- schen Coalbrook Dale und Oberschlesien ein verschiedenes Verhältniss obzuwalten. Das lower coal and ironstone, welches die Petrefacten des oberschlesischen Lagers ent- hält, liegt dort unmittelbar auf dem gänzlich unproducti- ven millstone grit, der durch eine helle weisse Farbe sich auszeichnet. Das productive Kohlengebirge scheidet man noch in zwei Abtheilungen, von denen nur die untere kohlenführend ist. In dieser letztern herrschen vor Schie- fer mit Eisensteinen, harte, zuweilen conglomeratartige Sand- steine von sehr heller Farbe mit Kohlenschichten, wäh- rend im obern Theile mit lichter, grauer, gelber und rother Färbung Schiefer und Sandsteinschichten mit Kalk- lagern sich finden. Der Thon -Eisensteinlager, zwischen denen die Kohlenflötze liegen, sind viele. Sie enthalten eben jene Fauna eingeschlossen, die mit der oberschlesi- schen in Vergleich zu stellen ist. Nach einer Monogra- phie dieser Gegend in den Transactions of the geol. Soc. of London. See. Ser. Vol. V. Part III. 1840 sind es vorzöglich Spirifer, Bellerophon, Nautileen und Conula- rien, Molukken - Krebse, nicht Trilobiten (vid. Quenstedt Epochen der Natur. S. 385) nebst Pflanzenresten, wie sie gewöhnlich im Kohlengebirge vorzukommen pflegen. Wäh- rend nun diese Versteinerungen mit den oberschlesischen leicht in Parallele gestellt werden können, ebenso wie das Vorkommen der Thoneisensteine Anknüpfungspuncte Vorkommen von Kohlenkalk- Petrefacten in Oberschlesien. 51 bietet, so lässt sich doch nicht das Gleiche von den unter- gelagerten Bildungen sagen. Dieselben stehen vielmehr auf der einen Seite als unproductiv in Coalbrook Dale, auf der andern als unzweifelhaft productiv in Oberschle- sien einander gegenüber. Die Betrachtung der speciellen Lagerungs - Verhält- nisse auf Grube Caroline, wie sie in dem erwähnten Querschlage erkannt worden sind, bietet noch Interesse. Man erkennt leicht, dass in dem aufgeschlossenen Gebirge, wie es das beigefügte Profil zeigt, zwei von einander im Alter verschiedene Sprungsysteme herrschen. Wie oben bereits angeführt, kennt man die Lagerung des Caroline- flötzes vom Hauptsprunge ab bis zum Josephschachte durch frühern Bau, und hat in dem Verhalten desselben auf der ganzen Strecke keine Störungen, welche das Vor- handen von Sprüngen im Liegenden verrathen, oder gar Verwerfungen des Flötzes selbst gefunden. Dasjenige Sprungsystem, welches das im Liegenden des Carolinen- flötzes gelegene kleine Flötz von 30" verwirft, muss man demnach, der gewöhnlichen Regel gemäss, als das ältere ansehen gegenüber demjenigen, durch welches das Caro- lineflötz sowohl als die darüber Hegenden Glücks- und Fannyflötz verworfen werden. Man könnte deshalb leicht versucht sein zu der Annahme, dass, bei Bildung dieser altern Verwerfungen, das darüber liegende Carolineflötz noch nicht existirt habe, dass ferner auf einen grössern Zeitabschnitt hier zu schliessen sei, welcher die überlie- gende productive Hauptperiode von einer untern minder productiven trennt. Unterstützt wird diese Annahme einer Trennung in der Bildungsperiode des dortigen Steinkoh- lengebirgs allerdings durch das verschiedene Verhalten der obern und untern Abtheilung in Hinsicht auf die Art und Grösse der Productivität. Die erstere der- selben hat bedeutende Flötzmächtigkeiten dicht überein- ander gelagert aufzuweisen, während die letztere meist kleine Flötze, das grösste von 8' in grosser Tiefe, und taubes Kohl enthält, Charaktere, welche theilweise dem 52 v. Albert, Vorkommen von Kohlenkalk-Petrefacten. Culmgebirge angehören. Bedenkt man aber, dass oft Sprünge und Störungen der Lagerung bei Gegenwart eines nur massigen Bergmittels, ohne weitere Spuren ihrer An- wesenheit in höher liegenden Schichten zurückzulassen, verschwinden, dass sich Klüfte ebenso schliessen und ver- laufen können, so gewinnt jene Behauptung eine Unsicher- heit, welche zu keinen Schlussfolgerungen mehr berechtigt. Die Sohle des Querschlags auf Caroline liegt fast 15 Lach- ter unter dem Carolineflötz, also vollkommen hinreichend, um die Wirkungen der Sprünge, welche eine Verwerfung des kleinen Flötzes von nicht mehr als 1 bis l ! / 2 Lach- ter hervorbringen, der weitern Wahrnehmung zu entzie- hen. Auch die Bezeichnung der untern Partie als eines kohlenführenden Culmgebirges möchte vorerst noch zwei- felhaft sein. Der Charakter der Productivität fehlte bis- her dem Culmgebirge und müsste dieselbe in diesem Falle gewiss sehr hoch zu nennen sein. Die gänzliche Abwe- senheit von kalkigem Gestein, welche durch die Bohr- tabelle des tiefen Bohrlochs zu Königshütte constatirt wird, wäre ebenfalls ein Mangel dieser Annahme. Kann nach dem Ganzen eine Betrachtung der Lage- rungs-Verhältnisse noch nicht zu einem sichern Resultate führen, so bleibt doch ein Weg der Forschung übrig, wel- cher bereits so oft und einzig zum Ziele geführt hat. Es wird der Paläontologie durch vergleichende Untersuchung der Petrefacten vorbehalten sein, bestimmte Verhältnisse für das Schichtensystem Oberschlesiens zu geben. Zum Schluss möge eine summarische Uebersicht der bisher aufgefundenen Petrefacten dazu dienen, um von dem Charakter derselben und der Reichhaltigkeit der Fundstätte Anschauung zu geben: 1. Pelecypoden: Pecten und Aviculaarten, stets als Abdruck im Schiefer. Von Zweimusklern : Nucula und andere, deren Gattung indess durch die Erhaltung als Steinkern nicht bestimmbar ist. 2. Brach iopoden: Productus in4Species; Leptaena Göppert, die warzenförmige Oberflächenform des Copal. 53 rugosa — . Lingula als häufige Muschel, stets mit erhal- tener Schale. 3. Gasteropoden: Natica, Euomphalus, Bellerophon. 4. Pteropoden: Conularia? durch mangelhafte Er- haltung nicht zu bestimmen. 5. Cephalopoden: in grosser Menge. Vorzüglich Nautileen und zwar Orthoceras und Nautilus. Clymenien scheinen zu fehlen. Ferner sind Goniatiten in mehreren Species da. 6. Crinoiden: sind selten, doch in Stengelgliedern und als Abdrücke im Schiefer erhalten. 7. Trilobiten: sind vorhanden und zwar ächte Kohlenkalk-Trilobiten. 8. Fisch zahne: mehrfach, von der Form, die durch Hybodus im Muschelkalk repräsentirt wird. 9. Pflanzenreste: als Stengel, Blätter, Früchte sind viele da. Ihre Erhaltung ist theils verkiest, theils als Abdruck im Schiefer. Meist undeutlich. Bemerkung über die warzenförmige Oberflächenform des Copal; von Prof. Dr. H. R. Göppert in Breslau. Zu eigenthümlichen, organischen Formen ähnlichen Bildungen giebt der Verwitterungsprocess ver- schiedener in mehr oder minder feuchter Erde befind- licher Harze Veranlassung. So beim Bernstein, des- sen Oberflächen an grösseren Stücken oft bis 2 Linien tiefe unregelmässige sechseckige Sprünge zeigt, unter wel- chen nach Entfernung der gewöhnlich bröcklichen Masse regelmässige sechseckige Zellen auf dem noch festen Theile des Bernsteins zum Vorschein kommen, welche concentrische um einen kleinen Höcker laufende schwach vertiefte Kreise einschliessen. Im Jahre 1843 habe ich in meine Arbeit über die Pflanzenreste im Bernstein dergleichen 54 Göppert, die warzenförmige Oberflächenform des Copal. beschrieben und abgebildet (Tab. VI. Fig. 9 — 12). Neuer- dings werde ich wieder daran erinnert, als mir Herr Apotheker Oswald in Oels auf höchst dankenswerthe Weise sehr schöne Exemplare von aus der Erde gegra- benen Copal aus Zanguebar verehrt, die auf der verwitterten Oberfläche ähnliche Sprünge und unter der- selben aber nach Entfernung des Verwitterten kleinesehr regelmässig spiralig gestellte Wärzchen zeigten, wie sie mehrere Sorten Copal ganz allgemein bemerken lassen. Schon längst vermuthete ich wohl eine ähnliche Ursache dieser auffallenden Oberflächenform, vermochte sie aber erst jetzt näher nachzuweisen, worauf vielleicht bisher noch nicht geachtet worden ist. In mehreren durchsichtigen Exemplaren, jenes von dem Herrn Kaufmann Oswald in Zanguebar, Bruder des gütigen Gebers, gesammelten Copal, befanden sich auch trefflich erhaltene Blätter und Flügelfrüchte wie auch Termiten, welche letztere dem hiesigen zoologischen Museum übergeben wurden. 55 Ol. Monatsbericht. Dicyandiamid. Eine wässerige Lösung von Cyanamid verwandelt sich, wenn sie mit einigen Tropfen Ammoniak versetzt und bei gelinder Wärme stehen lässt, nach kurzer Zeit in eine Krystallmasse, die mit dem Cyanamid polymer ist und als Dicyandiamid, C 4 H 4 N 4 , bezeichnet wird. Dieser Körper krystallisirt nach J. Haag aus kochen- dem Wasser in farblosen Blättchen, ist ohne Wirkung auf Pflanzenfarben und giebt mit salpetersaurem Silber- oxyd eine in farblosen seideglänzenden Nadeln krystalli- sirende Verbindung von der Zusammensetzung C 4 H 4 N 4 -f- AgO, NO 5 . Auch existirt ein Dicyandiamid, in dem 1 At. Wasserstoff- durch Silber vertreten ist, wie aus der Formel C 4 H 3 AgN 4 ersichtlich ist. Aus dem Dicyandiamid entsteht das Dicyandiami- din, wenn eine Lösung von Dicyandiamid in verdünnten Säuren eingedampft wird. Der neue Körper besitzt ba- sische Eigenschaften und giebt mit Salpetersäure, Salz- säure, Oxalsäure, Schwefelsäure wohl charakterisirte Salze. Er entsteht aus dem Dicyandiamid durch Auf- nahme von 2 HO, entspricht also der Formel C 4 H 6 N 4 2 . Aus dem schwefelsauren Salze durch kohlensauren Baryt abgeschieden, lässt sich das Dicyandiamidin in kleinen, farblosen, perlmutterglänzenden Kryställchen erhalten, die sich in Alkohol schwierig, in Wasser ungemein leicht lösen und das Hydrat der Base darstelllen. Dieses hy- dratische Dicyandiamidin == C 4 H 8 N 4 4 ist dem Harn- stoff polymer und kennzeichnet sich durch die Eigen- schaft, unter Austritt von 2 Aeq. Wasser Salze zu bil- den, so wie durch seine stark alkalische Reaction, deut- lich als Ammoniumbase. Analog, wie im Dicyandiamid durch Ag, lässt sich im Dicyandiamidin 1 At. H durch Cu vertreten, die Verbindung besteht aus C 4 N 4 H 5 Cu0 2 . (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIL 22 — 33.) G. 56 Allophansäure. Allophansäure. Bei der Einwirkung von Cyansäure auf Alkohol erhielten L i e b i g und W ö h 1 e r eine Verbindung, die sie als den Aether einer eigenthümlichen Säure, als Allophansäureäther, betrachteten. Um nun auch das Ver- halten der Cyansäure zu mehrsäurigen Alkoholen kennen zu lernen, liess A. Baeyer Cyansäure auf Glycol und Glycerin einwirken. Das Glycerin absorbirt mit Leichtigkeit die Dämpfe der Cyansäure und verwandelt sich dabei in eine weisse klebrige Masse, die durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt, die Zusammensetzung C 10 H 10 N 2 O 10 besitzt und also durch Addition von 2 Aeq. Cyansäure zu 1 Aeq. Glycerin entstanden ist. Diese Verbindung, allophan- saures Glycerin genannt, hat weder Geruch noch Ge- schmack, löst sich langsam aber reichlich in Wasser und ziemlich leicht in kochendem Alkohol, aus dem es sich beim Erkalten in Warzen abscheidet. Durch verdünnte Säuren wird es in der Kälte nicht zersetzt, concentrirte Schwefelsäure und Salpetersäure zerstören dasselbe unter Entwicklung von Kohlensäure. Glycol nimmt die Dämpfe der Cyansäure mit mehr Energie wie das Glycerin auf und geht in eine feste weisse Masse über, die sich in kochendem Alkohol löst und beim Erkalten farblose glänzende Blätter absetzt. Diese bestehen aus allophansaurem Glycol und sind ana- log der Glycerinverbindung aus 2 Aeq. Cyansäure und 1 Aeq. Glycol, 2(C2NH02) -f C^HGO* = C8H8N20S, zusammengesetzt. Der Körper löst sich leicht in Alko- hol und Wasser, ist ohne Geruch und Geschmack und schmilzt bei 160° ohne Zersetzung zu einer klaren farb- losen Flüssigkeit, die beim Erkalten krystallinisch er- starrt. Concentrirte Säuren zerstören ihn. Somit ist die Bildungsweise der beiden so eben be- schriebenen Substanzen vollkommen der des allophansau- ren Aethyls entsprechend und 2 Aeq. Cyansäure vereinigen sich immer mit 1 Aeq. Alkohol, mag dieser nun ein-, .zwei- oder dreisäurig sein: 2(C2NH02) -f C4H6 02 = C8 H8 N2 06 allophan- saurer Aethyläther 2(C2NH02) -f C4H6 0* = C8 H8 N2 08 allophan- saurer Glycoläther 2(C2NH02) + C6H806 = C10H10N2O10 allophan- saurer Glycerinäther. Pfirsichblattwasser statt Kirschlorbeerwasser. 57 Auf ähnliche Weise wirkt die Cyansäure auch auf Körper, die wenig Aehnlichkeit mit den Alkoholen bieten. So giebt sie mit der Eugensäure eine in langen glän- zenden Nadeln krystallisirende Verbindung, die allophan- saure Eugensäure: 2(C2NH02) + C20H12()4 = C24H14N208. Schliesslich sei noch bemerkt, dass sich der Ver- fasser zur Darstellung der Cyansäure mit Vortheil anstatt einer Retorte eines Verbrennungsrohres bediente, das rechtwinkelig umgebogene und so in einem Verbrennungs- ofen angebracht ist, dass man das Knie noch erhitzen kann. Fängt man nun von diesem an das Rohr langsam zu erhitzen, so erleidet man viel weniger Verlust durch Bildung von Cyamelid, als wenn man in einer Retorte operirt, vorzüglich wenn die Natur des Versuchs es ge- stattet, zu gleicher Zeit einen langsamen Strom von Koh- lensäure über die Cyansäure streichen zu lassen. (Arm. des Chem.u. Pharm. CXIV. 156—165.) G. lieber die Selbstzersetzung der wasserfreien Blausäure. Die wasserfreie Blausäure hält sich bekanntlich nicht lange, sondern verwandelt sich in eine schwarze feste Masse. Diese Umwandlung erfolgt auch bei völligem Abschluss der Luft. Auch die mit ihrem doppelten Vo- lum Wasser vermischte Säure wird bald zu einer solchen schwarzen Masse. Mit der Verdünnung nimmt ihre Nei- gung zum Verderben ab, und eine Säure, die nur 1 Proc. wasserfreie enthält, hält sich auf unbestimmte Zeit. E. Mi Hon hat die Umstände kennen gelernt, unter welchen die Zersetzung sehr schnell eintrat und fand endlich, dass diese letzteren von der Gegenwart oder der Bildung des Ammoniaks abhing. Einige Blasen Am- moniakgas sind im Stande, 200 Grm. wasserfreie Blau- säure binnen 2 — 3 Tagen in eine feste schwarze Masse zu verwandeln. Ein kleiner Zusatz irgend einer Säure oder eines säurefähigen Körpers besitzt die Eigenschaft, die Zersetzung der Blausäure zu verhindern, indem das Ammoniak dadurch gebunden und unschädlich gemacht wird. ( Wittstein' s Vierteljahrsschr. Bd. 11.4.) B. Pfirsichblattwasser statt Kirschlorbeerwasser hat Dr. Rein seh in Erlangen einzuführen vorgeschla- gen, da nach von ihm vorgenommenen Versuchen mit 58 Methionsäure. — Ueber den Salpetrigsäure- Aether. frisch gesammelten Pfirsichblättern ein so kräftiges Destillat erlangt wurde, dass 2 Unzen 3,0 Gran bis 3,5 Gran Cyansilber lieferten, während aus eben so viel Kirschlor- beerwasser nur 2,2 Gran Cyansilber erhalten werden konnten. Ausserdem besass das Pfirsichblätterwasser einen sehr angenehmen Geruch. (N. Jahrb. der Pharm. XVIII. 5. S. 274.) B. Kalium - Eisen - Kupfercyanür. Dieses Cyanür krystallisirt in röthlich-braunen Kry- stallen aus einer Lösung, welche zum Platiren auf elek- trischem Wege gebraucht worden war und mehrere Mo- nate ruhig gestanden hatte. Die Kry stalle gehörten nach den Messungen von Prof. W. H. Müller dem tesseralen Systeme an, und stellten Combinationen des Würfels und Octaeders dar. Williams F. Wonfor's Analyse führte zu der Formel 3KCy, 2 FeCy, 2Cu2Cy + 10HO. Es ist offenbar dieselbe Substanz, welche Bolley in einer ähnlichen Flüssigkeit fand, und die Moldenhauer, wenn die Unvollständigkeit der Analyse die Annahme gestattet, durch Kochen einer Lösung von Kupfercyanür mit Kaliumeisencyanid dargestellt zu haben scheint. (Journ. of the Chem. Soc. XV. — Chem.Centrbl. 1862. 56.) B. Methionsäure, Eine andere ergiebige Methode zur Darstellung von Methionsäure oder Disulfometholsäure, C 2 H 4 S 4 12 , statt der gewöhnlichen aus Sulfoessigsäure und wasserfreier Schwefelsäure besteht nach A. Strecker darin, dass man Milchsäure mit wasserfreier Schwefelsäure erhitzt, die Flüssigkeit mit Wasser verdünnt, mit kohlensaurem Baryt sättigt und kochend filtrirt. Beim Erkalten schei- det dann das Filtrat farblosen methionsauren Baryt aus. (Ann. der Chem. u. Pharm. 290—292.) Q. lieber den Salpetrigsäure * Aether« Nach Carey Lea stellt man ihn auf leichte Weise dar aus 90 Grm. Salpetersäure von 1,37 Dichte, 150 CC. Alkohol von 90 Proc. und 45 Grm. Eisenvitriol. Die Ausbeute ist reich, das Product enthält zwar noch Alde- hyd, aber nicht mehr als das gewöhnliche, und die De- Bereitung des Salpeter säur eäthers. 59 stillation geht rasch von statten. Reducirende Stoffe wirken verschieden auf den Aether, doch entsteht stets Ammoniak dabei, nie bilden sich Aethylbasen. Alkoholische Zinnchlorürlösung zersetzt den Aether unter heftigem Auf- brausen ohne Entwickelung rother Dämpfe; die Flüssig- keit giebt bei der Destillation mit Kalihydrat kaum eine Spur Ammoniak. Bei der Behandlung des Aethers mit Schwefelwasserstoff findet leichtes Aufbrausen statt und es setzt sich viel Schwefel ab. Die Lösung enthält viel Ammoniak und keine Aethylbase. Essigsäure, Weingeist und Eisenfeile zersetzen den Aether unter heftiger Ent- wickelung von Stickoxyd; die Flüssigkeit enthält nur Spuren von Ammoniak. (Sülim. Americ. Journ. — Chem. Centrbl. 1862. 43.) B. Bereitung des Salpetersäureäthers. J. Persoz lässt reine rauchende Salpetersäure auf absoluten Alkohol wirken und kühlt zur Vermeidung der Explosion den letzteren stark ab. Die Vermischung ge- schieht in einem Platintiegel von 100 C. C. Capacität. Auf 20 Grm. rauchende Salpetersäure wendet man 10 Gramm absoluten Alkohol an. Die Salpetersäure wird im Maximum der Concentra- tion angewendet, frei von Chlor, Schwefelsäure, Salzen und besonders frei von NO 4 , NO 3 und NO 2 . Um sie da- von zu befreien, erhitzt man sje in einem Kolben auf 35 bis 40° C. und bläst trockne Luft hindurch, bis sie was- serhell und farblos geworden ist. 20 Grm. dieser Salpetersäure bringt man in den Platintiegel, den man in eine Kältemischung aus Eis und Kochsalz stellt. Sobald die Säure die niedere Tempera- tur der umgebenden Mischung angenommen hat, lässt man nach und nach mittelst einer fein ausgezogenen Pipette den absoluten Alkohol in kleinen Tropfen in die kalte Salpetersäure fallen, wobei man die Säure bestän- dig umrührt. Sobald die Mischung vollendet ist, ist auch der Aether fertig. Man fügt alsdann ein Stück Eis hinzu, welches, indem es schmilzt, die Säure verdünnt, ohne Wärme zu entwickeln und ohne den Aether zu zerstören. Zuweilen ereignet es sich, trotz aller genommenen Vor- sichtsmaassregeln, dass der Alkohol zu rasch eingetragen wird und es tritt alsdann beginnende Oxydation ein. In diesem Falle sieht man leichte röthliche Dämpfe von salpetriger Säure erscheinen. Sobald man diese beob- 60 Sulfokohlensäure-Aethyläther etc. achtet, ist es hohe Zeit das Experiment dadurch zu been- digen, dass man ein Stück Eis in den Tiegel fallen lässt, auf die Gefahr hin, noch einmal anfangen zu müssen; so rettet man wenigstens den schon gebildeten Aether. Den erhaltenen Aether reinigt man dann auf be- kannte Weise. (Compt. rend. 6. Ocibr. 1862. pag. 572.) H. Ludwig. lieber chlor säure - Aether. Der Ueberchlorsäure - Aether wurde 1840 von Hare und Boyle bei der Destillation von überchlorsaurem Baryt mit ätherschwefelsaurem Baryt erhalten. Sie geben von diesem Körper an, dass er in der Heftigkeit, mit welcher er explodirt, alle anderen Körper übertrifft, und dass er durch Erhitzen, Reiben, Schlagen und oft ohne scheinbare Ursache explodirt. Roscoe hat die Art der Bildung dieses Körpers untersucht, ihn analysirt, seinen Siedepunct annähernd bestimmt und Gelegenheit gehabt, die ausserordentlichen explosiven Eigenschaften desselben zu bestätigen. Trockner Ueberchlorsäure - Aether zersetzt sich unter Explosion, wenn er aus einem Gefäss in ein anderes ge- gossen wird, oder wenn seine Theilchen irgendwie leicht erschüttert werden. Die Heftigkeit der Explosion ist ausserordentlich; etwa 0,2 Grm. in einem sehr dünnen Reagensglase enthaltenen Aethers explodirten mit solcher Kraft, dass ein 15 Millim. breites nnd 15 Millim. tiefes Loch in ein Filtrirgesteil von hartem Holz geschlagen und alle Gefässe in der Nähe zerschmettert wurden. Der Gebrauch von Handschuhen und Glasschirmen bei der Beschäftigung mit demselben ist daher unbedingt not- wendig. In Berührung mit Wasser ist der Aether da- gegen viel beständiger und kann dann ohne Gefahr ge- schüttelt und selbst destillirt werden. (Journ. of the Chem» Soc. 15. — Chem. Centrbl. 1862. 56.) B. Sulfokohlensäure-Aethyläther und Sulfokohlensäure- Aethylglycoläther. Den Sulfokohlensäure-Aethyläther oder das Aethyl- sulfocarbonat stellt Aug. Husemann auf leichte Weise dadurch dar, dass er eine concentrirte Lösung von Na- Zersetzung d. Essigäthers etc. durcti wasserfreie Alkalien. 61 triumsulfuret mit Schwefelkohlenstoff und Alkohol oder Aetheralkohol versetzt und das sich augenblicklich als dicke rothe Flüssigkeit abscheidende Natriumsulfocarbo- nat mit Aethyljodür in Wechselwirkung bringt. Wird die- ser Körper, welcher die Zusammensetzung 2 C 4 H 5 S, C 2 S 4 hat, mit alkoholischem Ammoniak erhitzt, so bildet sich Aethylmercaptan und Rhodanammonium ; wendet man statt des Ammoniaks Anilin an, so wird Diphenylsulfo- carbamid erzeugt. Der Sulfokohlensäure - Aethylglycoläther oder das Aethylensulfocarbonat = C 4 H 4 S 2 , C 2 S 4 entsteht dem vori- gen Körper analog aus Natriumsulfocarbonat und Aethylen- bromür, krystallisirt in goldgelben durchsichtigen Kry- stallen und giebt mit Ammoniak gleichfalls Rhodanammo- nium und wahrscheinlich Aethylglycolmercaptan. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIII. 64—90.) G. Zersetzung des Essigäthers etc. durch wasserfreie Alkalien, Nach Berthelot und A. de Fleurieu zerlegt sich Benzoesäure ät her, mit seinem 1 l j 2 fachen Gewicht wasserfreiem Baryt in zugeschmolzener Röhre 5 Stunden lang bei 150 bis 180° C. erhitzt, in benzoesauren Ba- ryt und Aethyloxydbaryt, welcher letztere beim Zusammentreffen mit Wasser augenblicklich in Alkohol und Barythydrat umgewandelt wird. C 4 H50, Ci 4 H503 -f 2BaO = (BaO, Ci 4 H5()3) -f (BaO,C 4 H5 0). In ähnlicher Weise zerlegt Baryt bei 200° C. nach 30 Stunden Einwirkung den Stearinsäureäther in stearin- sauren Baryt und Aethyloxydbaryt, den Essigäther bei 250° C. in essigsauren Baryt und Aethyloxydbaryt, den Ameisensäureäther und Oxalsäureäther in amei- sensauren und Oxalsäuren Baryt und Aethyloxydbaryt; die beiden letzteren Aether geben verschiedene Nebenpro- duete, was bei den übrigen Aethern nicht der Fall ist. Diese Zersetzungen der Aether durch Baryt sind also den Zersetzungen derselben durch Alkalihydrate analog, z. B. Benzoesäureäther plus Kalihydrat = benzoe- saures Kali plus Alkohol. 62 Verbindungen der Doppelsulfide der Alkoholradicale etc. (C4H50,KCi4H503) +K0, HO = KO,C'4H503 + C4H50,HO. (Ann. de Chim. et de Phys. 3. Ser. Tom. LXVIL p. 77 - 83. Janvier 1863.) H. Ludwig. Sulfide der Alkoholradieale. L. C ari u s hat zwei Sulfide des dreisaurigen Glycerins kennen gelehrt. Das eine entsteht beim Erwärmen von Monochlorhydrin, das andere von Dichlorhydrin mit Kalium- sulfhydrat. Die Stellung der beiden Körper zum drei- saurigen Alkohol Glycerin drückt das Schema aus: C6H503 3HO C6H503,HO,2HS C6H5()2S,3HS Glycerin, erstes Sulfhydrat, zweites Sulfhydrat. Beide Verbindungen sind ölige Flüssigkeiten von schwa- chem, mercaptanähnlichem Gerüche, lösen sich ziemlich in Wasser und lassen sich nicht unzersetzt destilliren. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIL 71 — 77.) G. Doppelsulfide der Alkoholradieale. Aethylmethylsulfid, (C2H3S,C«H5S), von Carius durch Erhitzen von disulfophosphorsaurem Aethyloxyd mit völlig wasserfreiem Methylalkohol im zugeschmolzenen Rohre und darauffolgende Destillation der erhaltenen Flüs- sigkeit dargestellt, ist ein farbloses, sehr dünnes Liquidum von unangenehmen Geruch und vom Siedepunct 59° C, welches krystallinische Verbindungen mit Metallchloriden eingeht. Das Aethylamylsulfid, (OH^S, CK>HUS), auf dieselbe Weise wie der vorige Körper durch Erhitzen von disulfophosphorsaurem Aethyloxyd mit Amylalkohol gebil- det, besteht aus einer farblosen, nach Schwefeläthyl und Schwefelamyl riechenden Flüssigkeit, die bei 132 bis 133°,5 vollständig überdestillirt. (Ann. der Chem. u. Pharm- CXIX. 313 — 318.) G. Verbindungen der Doppelsulfide der Alkoholradicale mit Jodiden. Bei Einwirkung von Jodiden der Alkoholradicale auf eine Lösung des Quecksilbersulfalkoholates in absolu- tem Alkohol bilden sich sehr leicht Verbindungen der Triäthylphosphinoxyd. 63 Doppelsulfide mit Quecksilberjodid. Auf diese Weise hat C. Linnemann die Verbindungen des Methyläthyl- sulfids und des Aethylamylsulfids mit Quecksilberjodid dargestellt. Erstere ist nach der Formel C2H3S,C 4 H 5 S -f- Hg J zusammengesetzt und besteht aus einem schwefel- gelben krystallinischen Pulver, letztere bildet gelbe Kry- stallblättchen von der Formel C 4 H5S,C<0H" S -f HgJ. (Annalen der Chem. a. Pharm. CXX. 61 — 66.) G. Xantkinsäureverbindungeii. Die Xanthinsäure hat die Fähigkeit, mit einigen Metallen ausgezeichnet schön krystallisirte Verbindungen einzugehen. Hlasiwetz stellte diese durch Zersetzung xanthinsaurer Alkalien mit den Chloriden der betreffen- den Metalle bei Gegenwart von überschüssigem Schwefel- kohlenstoff dar, in dem sie alle löslich sind, und aus welchem Lösungsmittel sie beim freiwilligen Verdunsten anschiessen. Am besten bewährte sich eine Lösung von Natriumalkoholat in viel Schwefelkohlenstoff, mit welcher die Chloride der Metalle gekocht wurden. Schreibt man die Formel der Xanthinsäure HS,.C 4 H 5 S,ö2 02jS2, so lassen sich die Arsenik-, Antimon- und Wismuthverbin- dung allgemein durch: RS3,3 (C 4 H5S,C2()2S2), die Eisen- und Chrom Verbindung allgemein durch: R 2 S 3 ,3(C 4 H 5 S, C 2 2 S), die Kobalt-, Nickel-, Zinn- und Quecksilberverbin- dung allgemein durch: RS,C 4 H 5 S, C 2 2 S 2 ausdrücken. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXX11. 87 — 95.) G. Triäthylphosphinoxyd. Bringt man Phosphoroxychlorid tropfenweise mit er- hitztem reinem Zinkäthyl zusammen, so resultirt neben basischem Chlorzink eine Verbindung von Phosäthylium- chlorid mit Chlorzink nach der Gleichung: P02C13 -}- 4(C4H5,Zn) = (C 4 H5) 4 PCl,ZnCl -f ZnCl,2ZnO. Diese Phosphorverbindung ist krystallisirbar und liefert mit festem Kalihydrat und wenig Wasser der Destillation unter- worfen eine Substanz, die, wie P eb al nachweist, vollständig 64 Pinacolin. in ihren Eigenschaften mit dem Triäthylphosphinoxyd, (C 4 H5)3P0 2 übereinstimmt. Das Triäthylphosphinoxyd giebt mit Kupfervitriol eine krystallisirbare Verbindung, deren Zusammensetzung durch die Formel: 2(CuO,S03) + 3(C*H5)3P02 ausge- drückt wird. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXX. 194 — 206.) G. Einwirkung des Phosphoroxychlorids auf die trocknen Salze organischer einbasischer Säuren. Es ist von A.G eu th er festgestellt worden, dass bei der Einwirkung des Phosphoroxychlorids auf die trocknen Salze organischer einbasischer Säuren nicht, wie man bisher mit Gerhardt annahm, gewöhnliche dreibasi- sche Phosphorsäure, sondern stets einbasische Meta- phosphorsäure entsteht, dass also der Process nach den Gleichungen verläuft: L, 3(NaO,C4H303) -f P02C13 == OlPOaCl + 2C4H303 -f 2NaCl + NaO,P05. IL, 4(NaO,C4H303) + P02C13 = 4C*H303 -f- 3NaCl + NaO,P05. Die Versuche wurden mit essigsaurem Natron, essigsau- rem Baryt und Phosphoroxychlorid in den verschieden- sten Verhältnissen ausgeführt, die Reaction verlief aber immer gleich und es wurde zuletzt immer metaphosphor- saures Silberoxyd erhalten. Wird dagegen statt des essigsauren Baryts Barythydrat genommen, so bildet sich der gewöhnliche phosphorsaure Baryt = 2BaO, HO, PO 5 . (Ann. der Chem. u. Pharm. CXX1I1. 113 — 121.) G. Pinacolin. R. Fittig suchte durch Auffindung von Zersetzungs- producten des von ihm Paraceton, von Städeler Pina- kon genannten Körpers die Constitution desselben festzu- stellen und entdeckte bei der Verfolgung dieses Zweckes eine neue Verbindung, die er unter dem Namen Pinaco- lin beschrieben hat. Das Pinacolin bildet sich bei der Behandlung des Pinakons mit verdünnter Schwefelsäure, verdünnter Salzsäure oder Chlorgas. Es ist ein völlig farbloses, wasserhelles, leicht bewegliches Oel von ange- nehmem, pfeffermünzähnlichem Geruch; sein specifisches Gewicht ist bei 16° = 0,7999, der Siedepunct liegt bei Oxaminsäure. 65 105°. In Wasser ist es so gut wie unlöslich, lässt sich aber in jedem Verhältniss mit Weingeist und Aether mischen, und entspricht seiner Zusammensetzung nach der Formel C 12 H 12 2 . Chlorgas verwandelt das Pina- colin in ein dickflüssiges, schweres Oel, welches nach einiger Zeit vollständig zu langen, farblosen Krystallna- deln von Bichiorpinacolin, C l2 H 10 Cl 2 O 2 , erstarrt. Letzte- res besitzt einen äusserst heftigen Geruch, der die Augen sehr angreift und dem des Bichloracetons sehr ähnlich ist, schmilzt bei 51° zu einer farblosen, wasserhellen, bei ungefähr 178° siedenden Flüssigkeit und ist in kaltem Wasser fast absolut unlöslich, in warmem Wasser etwas, in Aether und absolutem Alkohol leicht löslich. (Ann der Chem. u. Pharm, CX1V. 54 - 63.) G. Zersetzung der Oxalsäure durch das Sonnenlieht. Dass oxalsaures Eisenoxyd durch das Licht in oxal- saures Eisenoxydul und Kohlensäure, oxalsaures Uran- oxyd in einen sich abscheidenden braunen Körper und in Kohlensäure und Kohlenoxyd zerlegt wird, ist be- kannt. W. Seekamp fand, dass, wenn man eine fünfpro- centige Lösung von Oxalsäure, der 1 Procent salpeter- saures Uranoxyd hinzugefügt ist, im Dunkeln auf- bewahrt, die Flüssigkeit keine Veränderung erleidet, eben so wenig bei vierundzwanzigstündigem Erhitzen Im Wasserbade, dass sie aber im Lichte sogleich Gasblasen entwickelt, und zwar im directen Sonnenlicht mit solcher Heftigkeit, dass aus 100 CC. Flüssigkeit in 3 Minuten 22 CC. Gas aufgefangen werden konnten. Längere Zeit dem Lichte ausgesetzt, nimmt die anfangs gelbe Flüssigkeit eine grüne Farbe an, es scheidet sich ein grünes kry- stallinisches Pulver, oxalsaures Uranoxydul, ab, die Flüs- sigkeit ist alsdann farblos, enthält keine Oxalsäure mehr, reagirt aber sauer von Ameisensäure. Diese Säure ist dadurch entstanden, dass 1 Theil des Kohlenoxyds, welches nebst Kohlensäure und Wasser durch das Son- nenlicht aus der Oxalsäure gebildet ist, sich in statu nascendi mit W T asser zu Ameisensäure umsetzte. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXII. 113 — 118.) G. Oxaminsäure, Eine interessante Entstehungs weise der Oxaminsäure ist von J. F. Toussaint beobachtet worden. Kocht Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 1. Hft 5 66 Diglycolamidsäure und Triglycolamidsäure. man nämlich Oxamid längere Zeit mit Wasser und Ammoniak, so verwandelt sich dasselbe vollständig in oxaminsaures Ammoniak, indem Wasser in die Verbin- dung aufgenommen wird. Den hierbei statt Hndenden Process verdeutlicht die Gleichung: C4H*N2 04 -f 2 HO = H4NO,C4H2N05 Oxamid oxaminsaures Ammoniak. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXX. 237 — 241 ) G. Glycolamid. Ein wichtiger Unterscheidungsgrund des Glycolamids von dem isomeren Glycocoll besteht nach W. Heintz in dem Verhalten desselben zu Basen und Säuren. Das Glycolamid verbindet sich nämlich nicht mit Metalloxyden und wird beim Kochen damit in Salmiak und glycol- saures Salz zerlegt. Bei der Einwirkung von trocknem Chlorwasserstoff auf Glycolamid entsteht, wenn die Tem- peratur niedrig ist, salzsaures Glycolamid, bei erhöhter Temperatur dagegen ein Gemisch von Salmiak und Gly- colid. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIII. 315 — 324.) &. Diglycolamidsäure und Triglycolamidsäure. Diese beiden Säuren hat W. Heintz bei der Ein- wirkung von wässerigem Ammoniak auf Monochloressig- säure neben Glycocoll und Glycolsäure erhalten. Erstere Säure ist zweiatomig und nach der Formel C 8 H 7 N0 8 zusammengesetzt, letztere ist dreiatomig und ihre Zusam- mensetzung durch die Formel C I2 H 9 N0 12 ausdrückbar. Beide Säuren krystallisiren und geben auch krystallisir- bare und wohl charakterisirte Salze. Heintz betrachtet das Glycocoll als ein Ammoniak, in welchem 1 At. H durch das Radical Glycolyl, C 4 H 3 4 , vertreten ist. Bei der Diglycolamidsäure sind hiernach 2 At. H durch 2 Glycolyl, bei der Triglycolamidsäure 3 At. H durch 3 Glycolyl substituirt, wie aus folgendem Schema ersichtlich ist: C* H304,H2N, (C*H304)2HN, )C*H304)3N Glycocoll (Glycolamidsäure) Diglycolamidsäure Triglycolamidsäure. Der durch Metall vertretbare Wasserstoff ist in dem Butylchlorür. 67 AtomcomplexC4H304 = C4H2 02,0,HO enthalten. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXX11. 257 — 294.) G. Jodpropionsäure. Die Bildung von Jodpropionsäure beobachtete Beil- stein, als er Glycerinsäure mit ihrem doppelten Gewichte an Jodphosphor zusammenbrachte. Während der beim Erwärmen äusserst heftigen Reaction entweicht Jodwas- serstoff und es bleibt eine krystallinische Masse zurück, die mehrmals aus siedendem Wasser umkrystallisirt reine Jodpropionsäure liefert. Der Körper besteht aus blendend weissen Krystalien von ausgezeichnetem Perlmutterglanze, er zeigt die Zusammensetzung C 6 H 5 J0 4 , lost sich auch leicht in Alkohol und Aether, reagirt stark sauer und zersetzt kohlensaure Salze unter Brausen. Die jodpro- pionsauren Salze haben nur eine sehr geringe Beständig- keit, indem ihre wässerigen Lösungen schon beim Kochen zerlegt werden. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXX. 226 — 236.) G. Umwandlung der Glycerinsäure in Acrylsäure. Wie eben angegeben, hatte F. Beilstein gefunden, dass bei der Einwirkung von Jodphosphor auf Glycerinsäure die Jodpropionsäure entsteht. Ueber diesen Gegenstand theilt er jetzt mit, dass beim Kochen der sehr unbestän- digen jodpropionsauren Salze sich unter Ausscheidung von Jodmetall eine neue Säure bildet, welche von ihm Hy- dracrylsäure genannt wird und welche die charakte- ristische Reaction zeigt, dass sie sich, wenn man ihr Blei- oder Silbersalz erhitzt, in Wasser und Acrylsäure spaltet nach der Gleichung: C24H22022 = 4C6H404 -f 6HO Hydracrylsäure Acrylsäure. Die Hydracrylsäure stellt einen Syrup dar, in wel- chem feine Nadeln schwimmen, bildet in Wasser leicht lösliche Salze und ist dreibasisch. Es wurden das Blei- und das Silbersalz näher untersucht. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXXII. 366 — 374.) G. Butylchlorür. Als F. Gerhard Chlorkalk, Wasser und Amylalko- hol der Destillation unterwarf, erhielt er eine bei 62 bis \ * 68 Verbindungen des Valerals mit Säuren. 64° siedende Flüssigkeit, die reetificirt, entwässert und durch mehrmaliges Behandeln mit weingeistiger Kalilösung von Chloroform befreit, bei der Analyse die Zusammen- setzung des Butylchlorürs == C 8 H 9 C1 ergab. In dem Rückstände der Blase war eine ölige Säure vorhanden, die grösstenteils aus Buttersäure bestand. (Annalen der Chem. u. Pharm. CXXII. 363 -366.) G. Verbindungen des Valerals mit Säuren. Eine Verbindung des Valerals mit Essigsäure, das zweifach- essigsaure Valeral, Ci0Hit>O2,2C4H3O3, stell- ten Fr. Guthrie und H. Kolbe dar, indem sie 1 At. Valeral mit 2 At. wasserfreier Essigsäure in einer herme- tisch verschlossenen Röhre 8 Stunden lang auf 200° C. erhitzten und das gewonnene Ölartige Product der frac- tionirten Destillation unterwarfen. Das zweifach- essig- saure Valeral ist eine ziemlich constant bei 195° C. sie- dende, leicht bewegliche und farblose Flüssigkeit von 0,963 spec. Gewicht, besitzt einen angenehmen äther- artigen Geruch, reagirt neutral und ist mit Alkohol und Aether leicht, mit Wasser nicht mischbar. Mit Aetzkali giebt es nicht Wurtz's Amylglycol, CiOHN>02, 2 HO, sondern Valeral und essigsaures Kali. Zweifach -benzoe- saures Valeral, Ch>H1<>02, 2 01411*03, nach derselben Methode erhalten, ist ein fester, weisser, krystallinischer Körper ohne Geruch und Geschmack, löst sich nicht in Wasser, schmilzt bei 111° C. und siedet bei 264° C. Auch diese Verbindung liefert mit Aetzkali kein Amyl- glycol, sondern gleichfalls Valeral. Das zweifach -essigsaure Valeral ist mit dem von Wurtz beschriebenen zweifach - essigsauren Amylglycol gleich zusammengesetzt, aber nicht identisch, da der zweisäurige Aldehyd Valeral ein anderer Körper ist, als das mit demselben isomere, gleichfalls zweisäurige Oxyd C l0 H l0 O 2 in dem zweifach -essigsauren Amylglycol. Es scheint somit neben den von Wurtz entdeckten Verbindungen der zweisäurigen sogenannten Glycoläther mit Säuren noch eine zweite Reihe isomerer Verbindun- gen zu existiren, welche als zweisäurige Basen die Alde- hyde enthalten. Die ersteren geben bei der Zersetzung durch Kalihydrat die Glycole, die letzteren erfahren durch Kalihydrat eine ganz ähnliche Zersetzung, wobei jedoch das basische Oxyd nicht wie vorhin 2 At. Wasser bindet, sondern sich als solches, und zwar als ein Aldehyd, ausscheidet. (Ann. der Chem.v. Pharm. CXXII1. 296 — 300.) G. Cimicinsäure. 69 Cimicinsäure. L. Carius hat in der grauen Art der Blattwanze, Rhaphigaster punctipennis (Illigen), eine neue Säure auf- gefunden, die er Cimicinsäure nennt (Linne zählt die Blattwanze dem Geschlechte Cimex bei), und die sowohl in der sehr übel und erstickend riechenden Flüssigkeit, welche die Thiere aus einer unter dem Bauche befind- lichen Blase ausspritzen, als in den bedeutenden Fett- massen der Thierkörper selbst enthalten ist. Zur Ge- winnung der Säure übergiesst man die Blattwanzen mit kaltem Alkohol, decantirt, wäscht mit kaltem starkem Alkohol nach und nachdem der Alkohol durch Abtropfen und Verdunsten an der Luft entfernt ist, zieht man die zerdrückten Thiere mit kaltem Aether aus. Die filtrirte ätherische Lösung hinterlässt nach dem Abdestilliren des Aethers die fast reine Säure als bräunliches, in der Kälte erstarrendes Oel, welches man in das Barytsalz verwan- delt und dann durch Zusatz von verdünnter Chlorwasser- stoffsäure vollständig rein erhält. Die Cimicinsäure ist eine gelbliche, sehr schwach und eigenthümlich ranzig riechende krystallinische Masse, schmilzt bei 43°,8 bis 44°,2, ist im festen wie flüssigen Zustande leichter als Wasser und darin unlöslich, löst sich schwer in absolutem Alkohol, dagegen in allen Ver- hältnissen in Aether. Beim Abdampfen der letzteren Lösung krystallisirt die Säure in farblosen, sternförmig vereinigten Prismen. Ihre Zusammensetzung ist durch dieselbe Formel, C 30 H 29 O 4 , ausgedrückt, welche Wal- ter der Moringasäure giebt, doch bleibt vorläufig un- entschieden, ob beide Säuren isomer sind. Von den Verbindungen der Cimicinsäure mit Basen stellen das cimicinsäure Kali, KO,C 30 H 27 O 3 , und cimicin- säure Natron, Na O, C 30 H 27 O 3 , amorphe Massen dar, die in Wasser auflöslich sind; die Salze von Kalk, Talkerde, Baryt, Blei-, Kupfer- und Silberoxyd lösen sich nicht merklich in Wasser und werden aus der Lösung des Kali- oder Natronsalzes durch ein Salz dieser Metalle gefällt. Das Chlorür der Cimicinsäure ist ein im Wasser untersinkendes Oel, das etwa bei derselben Temperatur erstarrt, wie die Säure, sich von dieser aber schon dadurch unterscheidet, dass es nicht deutlich krystallisirt. Der Cimicinsäureäther, C 4 H 5 0, C 30 H 27 O 3 , besteht aus einer hellgelben öligen Flüssigkeit von ähnlichem, aber stärke- rem Gerüche als die Säure, die auch einige Grade unter 70 Lieber die Umwandlung der Citronensäure etc. nicht erstarrt, leichter ist als Wasser und sich bei star- kem Erhitzen bräunt. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXIV. 147 — 156.) G. lieber die Umwandlung der Citronen-, Butter- und Bal- driansäure, mit Rücksicht auf die künstliche Bildung von Bernsteinsäure. Citronensaurer Kalk liefert bei der Gährung mit faulendem Käse nach How ; Dessaignes und Phipson Buttersäure und keine Bernsteinsäure. Da nun Aepfel- säure, die eine der Citronensäure sehr ähnliche Zusam- mensetzung hat, nach Dessaignes unter ähnlichen Um- ständen erst Bernstein- und dann Buttersäure liefert, so scheint es nicht unwahrscheinlich, dass auch die Citronen- säure unter Umständen Bernsteinsäure liefert. Phipson liess daher citronensaures Natron mit einer beträchtlichen Menge kohlensauren Natrons einige Wochen lang mit rohem, faulem Fleische gähren, und erhielt dabei Butter- säure, ferner eine Verbindung, welche der Flüssigkeit ihren eigenthümlichen Geruch ertheilte, und Kohlensäure, aber keine Bernsteinsäure. Bei der Gährung citronen- sauren Kalks mit wenig gekochtem Fleische entstand da- gegen neben Buttersäure auch eine kleine Menge Bern- steinsäure. Mit übermangansaurem Kali bei etwas höherer als Sommertemperatur oxydirte Citronensäure lieferte nur Oxalsäure. Buttersaurer Kalk gab bei der Oxydation mit demselben Agens in einer der Siedhitze der Flüssigkeit nahen Temperatur Bernsteinsäure und Essigsäure; die Essigsäure verband sich mit der Buttersäure zu Butter- Essigsäure, welche hartnäckig der Einwirkung des über- mangansauren Kalis widerstand. Trotzdem ging die Um- wandlung der Buttersäure in Bernsteinsäure rascher vor sich, als bei der von Dessaignes vorgenommenen Oxyda- tion mit Salpetersäure. Baldriansäure liefert bei demsel- ben Verfahren Bernsteinsäure und Baldrian - Essigsäure. Die Aethylverbindungen der Butter- und Baldriansäure werden durch übermangansaures Kali rascher oxydirt als die Säuren selbst. — Phipson hält es für wahrscheinlich, dass sich bei diesen Reactionen auch kleine Mengen Kork- säure bilden mögen. (Journ. of the Chem. Soc. XV. — Chem. Centrbl. 1862. 55.) B. Uvitinsäure. 71 Cvitinsäure. Wenn man nach C. Finck basisch-brenztraubensau- ren Baryt, der beim Versetzen der Lösung von Brenz- traubensäure mit Barythydrat bis zur alkalischen Reac- tion als Niederschlag erhalten wird, in einer Retorte mit überschüssigem Barythydrat G bis 10 Stunden lang kocht, so zersetzt sich die Brenztraubensäure in Oxalsäure und eine neue Säure, welche mit Baryt verbunden in Lösung bleibt. Diese Säure, vom Verfasser Uvitinsäure genannt, ist krystallisir- und sublimirbar^ schmilzt bei 287°, besitzt die Formel C ,8 H 8 8 und ist also ebenso wie die Ben- zoglycolsäure zusammengesetzt, von der sie sich aber durch ihre Löslichkeit in Aether und Weingeist unterscheidet. Sie ist zweibasisch und bildet mit den Metalloxyden kry- stallisirbare Salze. Durch starkes Erhitzen geht die Uvitinsäure in eine andere Säure, die Uvitonsäure = C 18 H 12 O 14 , über, welche sich direct mit den Oxyden der schweren Metalle zu neu- tralen Salzen vereinigt, die zwar alle in Wasser sehr leicht löslich sind, aber nicht krystallisiren. Die Zersetzung der Brenztraubensäure geschieht nach der Gleichung: 11(C6H406) + 6 HO = C>9H808 -f Brenztraubensäure -f- Wasser = Uvitinsäure -f~ 2(CiSHi20i4) + 3(C4H209) Uvitonsäure -f~ Oxalsäure. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIL 182—191.) G. Heber die Verfälschungen der ätherischen Oele. Nach Bolley sind die hauptsächlichsten Stoffe, mit welchen die ätherischen Oele verfälscht werden, Alkohol, fette Oele, harzige Körper, sowie ätherische Oele selbst von geringem Werthe, wie Rosmarinöl, Terpentinöl etc. 1. Auf Alkohol prüft man, indem man das ätherische Oel mit Wasser in einem graduirten Cylinder schüttelt und darauf einige Zeit der Ruhe überlässt. Bei Ge- genwart von Alkohol verringert sich das ursprüngliche Volum des Oels, während das des Wassers zunimmt. Man kann auch das fragliche Oel mit Olivenöl schütteln, wo- 72 Ueber die Verfälschungen der ätherischen Oele. durch das ätherische Oel gelöst wird, während der Alkohol obenauf schwimmt. 2. Seifenspiritus ist leicht an dem Schaume zu er- kennen, der sich beim Schütteln bildet. Auf Zusatz einer Säure werden die Fettsäuren ausgeschieden und in der unter dem Oele sich ansammelnden Flüssigkeit findet man das mit der zugesetzten Säure verbundene Alkali der Seife. 3. Fette Oele verdicken ein wenig die ätherischen Oele und bewirken, dass sich beim Schütteln an der Ober- fläche leicht Luftblasen bilden. Nach dem Verdunsten auf weissem Papier bleibt bei Gegenwart eines fetten Oeles der bekannte Fettfleck. 4. Harzige Stoffe lassen nach dem Verdunsten auf Papier ebenfalls einen, aber in Alkohol löslichen Fettfleck, während die Flecke von fetten Oelen durch Alkohol nicht angegriffen werden. 5. Die Verfälschung mit anderen billigen ätherischen Oelen ist nicht immer leicht zu entdecken. Man weiss, dass einige Oele sauerstofffrei, andere sauerstoffhaltig sind. Um sich von der Ab- oder Anwesenheit des Sauer- stoffes zu überzeugen, übergiesst man in einem Probe- röhrchen ein stecknadelknopfgrosses Stückchen bei 100° C. getrocknetes Nitroprussidkupfer mit mehren Tropfen des fraglichen Oels, erhitzt während einiger Minuten zum Kochen und lässt dann absetzen. Ist das Oel sauerstoff- frei, wie z. B. Terpentinöl, so ist der Niederschlag grün oder blaugrün, während das überstehende Oel farblos oder schwach gelb erscheint. In sauerstoffhaltigen Oelen wird aber das Nitroprussidkupfer schwarz, grau oder braun, und das Oel nimmt eine viel dunklere gelbbraune oder grünbraune Färbung an. Orangen-, Citronen-, Wacholder- oder Sadebaumöl verhalten sich wie Terpentinöl, während Kümmel-, Fenchel-, Lavendel-, Pfeffermünz-, Melissen-, Majoran-, Salbey-, Wermuth -, Wurmsaamen-, Cajeput-, Sassafras- und Rautenöl Sauerstoff enthalten. 6. Das Neroliöl ist häufig versetzt mit Huile de petits grains. Man erkennt diese Verfälschung, indem man in das Oel ein Stückchen Zucker taucht und dieses in Was- ser löst. Bei Gegenwart von Huil de petits grains be- kommt das Wasser einen bitteren Geschmack. 7. Zur Erkennung von Terpentinöl im SteinÖl zerreibt man einige Tropfen mit wenig Wasser und ein Stückchen Jodkalium. Die wässerige Lösung wird sogleich gelb bis 1 Ueber einige Kohlenwasserstoffe aus Stein Icohlentheer. 73 orange, wenn Terpentinöl zugegen ist, während die Reac- tion bei reinem Steinöl ausbleibt. 8. Das ätherische Bittermandelöl des Handels ist häu- fig mit Nitrobenzol verfälscht. Diese Verfälschung lässt sich durch Behandeln mit einer alkoholischen Kali-Lösung entdecken, wodurch das reine Bittermandelöl in Benzoe- säure verwandelt wird, während das Nitrobenzol in ein dunkelbraunes in Alkohol und Aether unlösliches Harz übergeht, welches sich allmälig in gelbe Krystalle ver- wandelt. Zur Prüfung löst man etwa 1 Grm. des verdächti- gen Oeles in 8 Grm. Alkohol, setzt 1 Grm. Kalihydrat hinzu und erwärmt so lange, bis ungefähr 2 / 3 des Alkohols verdampft sind. War das Bittermandelöl rein, so ist die Flüssigkeit braungelb gefärbt, mischbar mit Wasser und frei von jedem krystallisirten Absatz. Enthält das Oel Nitro- benzol, so erhält man ein braunes, hartes Harz, welches in der wenig gefärbten alkalischen Flüssigkeit schwimmt und dessen Menge sich nach dem vorhanden gewesenen Nitrobenzol richtet. (Zeitschr. für analyt. Chemie 1S62.) Heber einige Kohlenwasserstoffe ans Steinkohlentheer. Das von C Schorlemmer, Assistenten am ehem. Laboratorium in Owens College zu Manchester zur Unter- suchung angewandte Material war ein Steinkohlentheer, der theils aus Cannelkohle von Wigan, theils aus gewöhn- licher Lancashire-coal auf die Weise dargestellt war, dass nur der Boden der Retorte zum Glühen erhitzt, wäh- rend der obere Theil so kalt als möglich gehalten wurde. Auf diese Weise werden eine grosse Menge flüchtiger Producte erhalten. Diese enthalten neben Benzol und Homologen eine bedeutende Menge der Kohlen Wasserstoffe C 2r, H 2 "+ 2 , die durch keine Säuren angegriffen werden. Man kann sie sehr leicht rein erhalten, indem man durch wiederholtes Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure und Salpeter- säure alle übrigen Stoffe entfernt. In dem unter 150° siedenden Theile sind folgende Kohlenwasserstoffe enthalten : 1. Amyl Wasserstoff C^H^. Siedepunct 390 — 400. Spec. Gew. bei 170 C. 0,636. Dampfdichte bei 910 2,497. 2. Caproylwasserstoff C 12 H«*. Siedepunct 68© 74 Umwandlung des Anilins in Benzoesäure. — 700. Spec. Gew. bei 15,50 0,678. Dampfdichte bei 1100 3 ; 03. 3. Oenanthylwasserstoff C 14 H 16 . Siedepunct 980— 990. Spec. Gew. bei 17,50 o,709. Dampfdichte bei 1500 3^49. Durch Behandeln mit Chlor entsteht daraus Oenan- thylchlorid C^H 1 * Cl. Siedepunct 1500—1520. Spec. Gew. bei 190 o,891. Caprylwasserstoff CiOH 1 ^ Siedepunct 1190— 1200. Spec. Gew. bei 17,5 0.710. Dampfdichte bei 1700 3,98. Daraus Caprylchlorid C^H^Cl. Siedepunct 1700 — 1720. Spec. Gew. bei 180 o,892. Angenehm nach Orangen riechende Flüssigkeit, die durch Behandeln mit Kaliumacetat leicht zersetzt wird. Ausserdem erhielt Schorlemmer noch höher siedende Chlorproducte in zu geringer Menge, um Verbindungen von constantem Siedepunct darzustellen. Mit Natrium behandelt wird Oenanthylen (95 — 100° Siedepunct) und Caprylen erhalten. Siedepunct 1150 — 1170. Dampfdichte 4,17. (Zeitschr.fürChem.und Pharm. 5. Jahrg. 21.) B. Umwandlung des Anilins in Benzoesäure nach A. W. Hofmann. Der Anilindampf, durch eine rothglühende Glasröhre geleitet, wird zersetzt in Kohle, Cyanammonium, Benzol, Benzonitril und andere noch nicht genauer untersuchte Producte. Wird das übergegangene braune Oel nach Entfernung des noch unzersetzt gebliebenen Ani- lins durch Schütteln mit einer Säure der fractionirten Destillation unterworfen, so geht bei 80° C.Benzol über, dann steigt das Thermometer und wird erst zwischen 190 und 195° C. stationär. Was hier übergeht, ist Benzonitril (farbloses Oel, leichter als Wasser). Mit alkoholischer Aetzkalilösung gekocht liefert es Ammoniakgas und ben- zoesaures Kali. Die Reaction ist folgende: C*2H7N-f CailN^rC^I^N-f H^N. Das durch Zersetzung eines Theiles Anilin erzeugte Cyan- ammonium oder dessen Blausäure wirkt auf noch unzer- setztes Anilin und giebt Benzonitril und Ammoniak. (Compt. rend. 1. Dcbr. 1862.) H. Ludwig. Umwandlung von Nitrobenzol in Benzol etc. 75 Umwandlung von Nitrobenzol in Benzol und Ammoniak. Scheurer-Kestner hat gefunden, dass, wenn das Anilin Benzol enthält, dieses immer von Ammoniak be- gleitet ist. Je lebhafter die Reaction zwischen dem Ni- trobenzol und der reducirenden Mischung von Eisen und Essigsäure ist, desto mehr wird Benzol und Ammoniak gebildet. Wenn im Gegentheil die Reaction langsam ver- läuft, und man die Eisenfeile mit der Vorsicht nach und nach zufügt, dass die Temperatur der Mischung nicht über 50° steigt, so erhält man ein Anilin, welches vollständig frei von Benzol und Ammoniak ist. Bei Anwendung der vierfachen Menge von Eisen, wie Bechamp angiebt, er- reicht man eine fast vollständige Umwandlung des Nitro- benzols in Benzol und Ammoniak. Hierbei ist die Reac- tion so heftig, und die Dampfentwickelung so stürmisch, dass man Alles verlieren würde, wenn man in einem offe- nen Gefässe operirte. Scheurer-Kestner hat daher in sehr starken gusseisernen, mit einer Schraube ver- schliessbaren Gefässen gearbeitet, welche mehrere Gramme Nitrobenzol aufnehmen konnten. Er beschüttete dieselben mit einer Mischung von 1 Th. Nitrobenzol, 8 Th. Eisen und 4 Th. Essigsäure in der Art, dass die Eisenfeilspäne über die Flüssigkeit hervorragten. Der Druck in dem Gefässe stieg auf 8 Atmosphären, wovon sich Kestner durch ein angebrachtes Manometer überzeugte. Nach dem Erkalten enthielt der Apparat einen braunen homogenen Teig, welcher der Destillation unterworfen wurde. Das Destillat bestand aus zwei Schichten, von welchen die obere der Hauptsache nach Benzol mit etwas Anilin ent- hielt, während die untere aus Wasser, gelöster Essig- säure, ein wenig Aceton, Anilin und Ammoniak bestand. Von dem letztern enthielt sie grosse Quantitäten. Das Benzol wurde von dem Anilin durch fractionirte Destil- lation getrennt, aus 1,200 Kilogr. Nitrobenzol erhielt Kest- ner ungefähr 500 Grm. Benzol. {BuU.delaSoc.chim.de Paris 1862. — Zeitschr. für Chem. u. Pharm. Jahrg. 5. 13 u. 14.) B. Zur Kenntnis* der Pikrinsäure. Carey Lea hält nur diejenigen Methoden der Rein- darstellung der Pikrinsäure für zweckmässig, welche auf der Unlöslichkeit der pikrinsauren Alkalien in alkalischer Flüssigkeit beruhen. Er sättigt die Säure genau mit koh- 76 Rother Farbstoff aus dem Kreosot. lensaurem Natron und legt in die vom Harze abfiltrirte Lösung einige Krystalle desselben Salzes, worauf beim Erkalten das Natronpikrinat fast vollständig auskrystalli- sirt. Die durch Zersetzen des Salzes mit überschüssiger Schwefelsäure erhaltene Pikrinsäure wird durch mehrma- liges Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt. Das beste Reagens auf Pikrinsäure ist eine ammoniaka- lische Lösung von Kupfervitriol, welche einen grünen Nie- derschlag giebt. Die Lösung eines Schwefelalkalimetalls in überschüssigem Kali oder von Cyankalium in Am- moniak, giebt beim Erwärmen mit Pikrinsäure eine rothe Färbung; doch zeigt diese Reaction nur ^iooo der Säure an, während das erstere Reagens noch Vsooo nachweist. (Sillim. Americ. Joitrn. 20. — Chem. Centrbl. 1862. 39.) B. Rother Farbstoff aus dem Kreosot. Bei 4- bis 5 stündlichem Erhitzen einer Mischung von 1 Th. Oxalsäure, l 1 ^ Th. farblosen käuflichen Kreo- sots und 2 Th. concentrirter Schwefelsäure erhielten K o 1 b e und Schmitt im Rückstande eine schwarzbraune teigige Masse, welche nach dem Erkalten aus einem festen, sehr spröden, geruch- und geschmacklosen und in Wasser un- löslichen Harz bestand. Dieses Harz wird mit prachtvoll purpurrother Farbe von Ammoniak, noch leichter von Kali- und Natronlauge gelöst. Aus alkoholischer Lösung fällt die Verbindung auf Zusatz von verdünnter Schwe- felsäure oder Salzsäure in schön orangefarbnen amorphen Flocken nieder, welche an der Luft getrocknet eine ähn- liche orangerothe Farbe wie das gefällte Alizarin besitzen. Der Farbstoff besteht aus C 10 H 4 O 2 ; sein Atomgewicht lässt sich nicht bestimmen, da er keine Verbindungen von constanter Zusammensetzung eingeht. Er scheint der Ro- solsäure von Runge nahe verwandt zu sein. Versuche, ihn in der Färberei anwendbar zu machen, sind bisher erfolglos geblieben. (Ann. der Chem. und Pharm. CXIX» 169 — 172.) G. lieber Nitronaphtalin, Naphtylamin und deren gefärbte Derivate nach Roussin, Das Naphtalin liefert wie das Benzin zwei pa- rallele Derivate, das Nitronaphtalin und das Naph- ty lam in. Roussin stellt das erstere aus dem gewöhnlichen Ueber Nitro naphtalin, Naphtylamin etc. 77 Naphtalin dar, welches er mit der 5 fachen Menge käuf- licher Salpetersäure in einem geräumigen Kolben zusam- menbringt. Das Gemisch wird einige Zeit der Dampf- badwärme ausgesetzt, schliesslich die Säure von der am Boden lagernden Oelschicht abgegossen. Diese letztere wird einigemal ausgewaschen und da sie leicht erstarrt, verschiedene Male ausgepresst, geschmolzen und zur voll- kommenen Reinigung durch Papier filtrirt. — In Masse erscheint das so erhaltene Nitrona phtal in rothschwarz, als Pulver aber schön gelb; wenn man Sorge getragen hat, ein röthliehes Oel, das dem Producte anhängt, hin- länglich durch Pressen zu entfernen, so ist dasselbe sehr rein. Die Ausbeute entspricht der theoretisch berech- neten Menge. — Zur Bereitung des Naphtylamins mischt Roussinin einem geräumigen Kolben 1 Th. Nitronaphtalin mit 6 Th. käuflicher Salzsäure und soviel Zinnfeile, dass die letztere das Niveau des Gemisches erreicht. Bald darauf tritt eine energische Reaction ein, das Nitronaphtalin verschwindet und die Flüssigkeit wird klar. Man giesst nun die Flüssigkeit in eine Porcellanschale, worin sie bald zu einem Krystallbrei von salzsaurem Naph- tylamin erstarrt. Um dieses zu reinigen, presst man es zuerst zwischen Leinwand, trocknet es und löst es als- dann in kochendem Wasser auf. Hierauf leitet man einen anhaltenden Strom HS Gas durch die Lösung und trennt schliesslich dieselbe vom ausgeschiedenen Schwefel- zinn durch Filtration. Das beim Erkalten daraus sich abscheidende salzsaure Naphtylamin lässt man abtropfen und trocknet es bei 100° C. Dasselbe ist leicht sublimirbar, vollkommen weiss, sehr leicht und von absoluter Reinheit. Beim Vermischen einer neutralen Lösung dieser Verbin- dung mit einer neutralen salpetrigsauren Kalilösung resultirt ein in Wasser vollkommen unlöslicher granatrot her Niederschlag. Derselbe wird durch Luft nicht verändert, widersteht den entfärbenden Chlorverbindungen, der SO 2 , Alkalien und Säuren. — Wegen dieser Beständigkeit gleicht er dem Alizarin. — Rous sin fand ferner, dass beim Zu- sammenbringen von Schwefelalkalimetallen und Schwefel- erdalkalimetallen mit Dinitronaphtalin eine grosse Menge rotherund blauer Verbindungen entstehen, die in Was- ser und Alkohol löslich sind und sich durch ein be- deutendes Färbe vermögen auszeichnen. Zinnchlorür und Cyankalium reagiren ebenfalls energisch auf das Dinitronaphtalin. 78 Künstl. Alizarin. — Ueber die Darstellung von Farben etc. Roussin hat ausserdem durch Einwirkung reducirender Agentien auf Dinitronaphtalin bei Gegenwart concentrirter SO 3 ein sehr interessantes rothes Product erhalten, wel- ches in vieler Beziehung ein Analogon des Alizarins ist. Auch Persoz hat obengenannten Körper ohne reduci- rende Mittel durch blosse Einwirkung concentrirter SO 3 , bei 300° C. auf Nitronaphtalin erhalten. (Journ. de Pharm, et de Chim. Tom. XL.) H. Sehr. Künstliches Alizariu. Roussin glaubt künstliches Alizarin auf folgende Weise dargestellt zu haben. Er löste Dinitronaphtalin in concentrirter Schwefelsäure auf, indem er auf 200° er- hitzte. Bei dieser Temperatur brachte er granulirtes Zink in die Lösung, es entwickelte sich schweflige Säure und nach */ 2 Stunde ungefähr war die Reaction beendet. Wenn man einen Tropfen der sauren Flüssigkeit in kaltes Was- ser brachte, so entwickelte sich eine prachtvoll violett- rothe Farbe. Verdünnt man die ganze Masse der erhal- tenen Flüssigkeit mit ihrem zehnfachen Volum Wasser, erhitzt zum Sieden und bringt sie nach einigen Augen- blicken auf ein Filter, so setzt sich beim Erkalten ein Krystallbrei ab, die Mutterlaugen sind stark roth gefärbt und können direct zum Färben benutzt werden. Der Krystallbrei kann leicht durch fixe Alkalien oder deren Carbonate in Lösung gebracht und durch Säuren daraus gefällt werden. Das so erhaltene Product hat alle Eigen- schaften des Alizarins. (Compt. rend. T. 52.) B. lieber die Darstellung von Farben aus Dinitro- naphtalin. Aus den verschiedenen Arten von Nitronaphtalin kann man durch Einwirkung reducirender Stoffe bei Gegen- wart von Alkali oder durch Behandeln mit Schwefelalkali- metallen, Sulphuriden, Cyankalium etc. rothe, violette und blaue Farbstoffe erhalten. Wenn das Alkali dabei vor dem Reductionsmittel wirkt, so entsteht zugleich eine braune Substanz, welche den Farbstoff verunreinigt. Einige der so erzeugten Farbstoffe, durch Einwirkung eines Alkalimetall-Sulfhydrats auf reines Dinitronaphtalin erhalten, hat Troost zum Gegenstand technischer Ver- Ueber die Darstellung von Farben aus Dinitronaphtalin. 79 suche gewählt. Dieser violette Farbstoff ist in Alkalien, Schwefelalkalimetallen und kohlensauren Alkalien löslich und wird durch Säuren daraus niedergeschlagen. Er fixirt sich auf den Faserstoffen ohne Beizen und lässt sich durch geeignete Behandlung in Blau und Roth spalten. Um diesen Farbstoff schön zu erzielen, bedarf man ein reines Dinitronaphtalin. L. Troost empfiehlt zur Dar- stellung desselben folgende Methode. Man bereitet zunächst Nitronaph talin, indem man das Naphtalin mit einer Mischung von gewöhnlicher und rau- chender Salpetersäure von 1,428 spc. Gew. behandelt, welche in einem abgekühlten Gefässe enthalten ist, so dass eine Erhitzung und die Entwickelung von salpetrigen Dämpfen vermieden wird. Die Säure, welche schon einmal benutzt ist, kann wieder brauchbar gemacht werden, indem man concentrirte Säure hinzufügt, so dass die Mischung wieder die hinreichende Stärke erlangt. Die krystallinische Masse, welche durch Einwirkung der Säure auf das Naphtalin in der Kälte erzeugt worden ist, lässt man abtropfen und bringt sie dann in höchst concentrirte Salpetersäure von 1,515 spec. Gew., die ebenfalls in einem abgekühlten Gefässe enthalten ist. Sie zertheilt sich hier wie gebrannter Kalk in Wasser und verwandelt sich in eine blassgelbe krystalli- nische Masse, welche den ganzen Raum des Gefässes aus- füllt. Diese Masse ist, nach Abkühlung der Mischung, reines Dinitronaphtalin. (Le Technol. — Polyt. Centrbl.) B. Bereitung eines violetten Farbstoffs aas Naphtylamin. Um das Naphtylamin zu bereiten, nimmt man, wie Du Wildes vorschreibt, 3 Th. Nitronaphtalin, schmilzt es in einer Porcellanschale und vermischt 2 Th. möglichst reine und feine Eisenfeile damit. Die Mischung wird dann vom Feuer genommen und mit 2 Th. gewöhnlicher concentrirter Essigsäure behandelt. Es entsteht ein leb- haftes Aufbrausen und eine bedeutende Erwärmung. Wenn die Einwirkung aufgehört hat, wird das Product mit l ! / 2 Th. gebranntem Kalk vermischt, die Mischung in eine Retorte gebracht und destillirt. Das so erhaltene Naphtylamin ist braun gefärbt und krystallisirt nicht. Um es rein und krystallisirt zu erhalten, destillirt man es nochmals in einem Strom von Wasserstoffgas. 80 Bereitung eines violetten Farbstoffs etc. — Ueber Morin etc. Indem man das Naphtylamin im Wasserbade mit */ 3 seines Gewichts Quecksilberoxydul oder Queck- silberoxyd behandelt, wird seine Farbe rasch dunkelblau und in weniger als in einer Minute dunkelschwarz, wor- auf man die Masse vom Feuer entfernt. Das so erhaltene und von dem am Boden ausgeschiedenen Quecksilber ge- trennte Product ist ein klebriger Körper, der in der Wärme schmilzt und in Wasser, so wie auch in den leichten Theer- ölen unlöslich ist. Die Unlöslichkeit in den letzteren benutzt man, um dem Farbstoff das Naphtylamin, welches er noch enthalten könnte, zu entziehen. Dieser Körper ist löslich in Alkohol, Aether und Holzgeist, welchen Flüssigkeiten er eine prächtig violette Farbe mittheilt. Die Lösungen färben die Faserstoffe violett. (Le Technol.) B. Ueber Morin und Moringerbsänre. Delffs berichtet in einem Aufsatze über das Morin und die sogenannte Moringerbsäure, dass die krystallisir- ten Ablagerungen im Gelbholze nur aus Morin bestehen, und dass die von Wagner angenommene Moringerbsäure nichts Anderes sei, als mit Farbstoff verunreinigtes Morin. Zu dieser Behauptung bemerkt Wagner nur vorläufig, dass Morin und die Substanz, welche er vor 12 Jah- ren mit dem Namen Moringerbsäure bezeichnete, ganz verschiedene Substanzen seien, die sich dadurch von ein- ander unterschieden, dass sein Morin im Wasser sich äusserst schwer löse, farblos sei, durch Eisenchlorid granatroth, durch Alkalien gelb gefärbt werde und sich in concentrirter Schwefelsäure mit gelber Farbe löse, die Moringerbsäure dagegen sich ziemlich leicht in Was- ser löse, durch Leim gefällt werde, mit Eisenlösung eine schwarze Flüssigkeit, mit concentrirter Salpetersäure behandelt, die Rufimorsäure liefere, welche sich der Ruberythrinsäure ähnlich verhalte. Die Ablagerungen in dem Gelbholze beständen zum grossen Theile aus dieser Säure, ausserdem befänden sich darin Morin, Oxydations- producte der Gerbsäure und ein rother harzähnlicher Kör- per. Dass man bei dem heutigen Stande der organischen Chemie die Moringerbsäure vielleicht nicht mehr zu den Gerbsäuren rechnen könne, giebt Wagner zu, da sich die von ihm entdeckte Säure durch Mangel an Spaltbarkeit wesentlich von den übrigen Gerbsäuren unterscheide. (Chem. Centrbl. 1862. No. 25.) B. Manna des Sinai. — Manna von Kurdistan. 81 Die Manna des Sinai stammt nach Ehrenberg von Tamarix mannifera und bildet sich nach demselben Forscher und H e m p r i ch in Folge des Stichs eines Insekts, des Coccus manniparus. Berthelot analysirte eine solche Manna, die von Leclerc, der die Prinzen von Orleans auf ihren Reisen im Orient 1859 — 1860 begleitete, von Tamarix mannifera gesammelt worden war. Dieselbe erschien als dicker gelblicher Syrup und gab bei der Untersuchung 55 Proc. gemeinen Zucker (Rohrzucker), 25 Proc. Invert- zucker (Lävulose und Glycose) und 20 Proc. Dextrin. Die Manna von Kurdistan. Sie bedeckt im Juli und August die Zweige der Gall- eiche und trocknet bald zu Staub aus. Die Kurden mischen sie zum Teig und selbst zum Fleisch. Berthelot analy- sirte eine Probe, welche ihm Soubeiran überlassen hatte, dem sie von Dr. Gaillardot zugeschickt worden war. Dem französischen Consul in Mossul, Barre de Lancy, ver- dankte Gaillardot die oben mitgetheilten Nachrichten über die Galleichenmanna. Sie war nordöstlich von Mossul in den Bergen von Kurdistan gesammelt worden, erschien in Form einer beinahe festen, teigigen Masse und enthielt 61 Proc. gemeinen Zu cker, 16,5 Proc. Invertzucker (Linksfruchtzucker und Traubenzucker) und 22,5 Proc. Dextrin. {Ann. de Chim. et de Phys. 3. Ser. Tom. LXV1I. pag. 82 — 86. Janv. 1863.) H. Ludwig. Arch.d. Pharm. CLXV. Bds. 1. Hft. 82 IT. Literatur und Kritik. Canstatts Jahresbericht über die Fortschritte in der Pharmacie und verwandten Wissenschaften in allen Ländern im Jahre 1861. Redigirt von Prof. Dr. Sche- rer, Prof. Dr. Virchow und Dr. Eisenmann. Ver- fasst von Prof. Dr. Clarus in Leipzig, Dr. Eisen- mann in Würzburg, Dr. Eulen bürg in Berlin, Prof. Dr. Fick in Zürich, Prof. Dr. Löschner in Prag, Prof. Dr. Scherer in Würzburg, Dr. G.Schnei- derin Eltmann und Prof. Dr. Wiggers in Göttin- gen. Neue Folge. Eilfter Jahrgang. 1. Abtheilung. Würzburg, Verlag der Stahei'schen Buch- und Kunst- handlung. 1862. Das Werk zerfällt in 2 Theile. 1. Theil: Bericht über die Leistungen in der Pharmakognosie und Pharmacie von Prof. Dr. Wiggers in Göttingen. Unter Literatur für Pharmakognosie und Pharmacie führt der Verf. die über dieselben im Jahre 1861 erschienenen Werke auf, 47 an der Zahl, mit dem Bemerken, dass ihm 4 Werke davon für eine speciellere Beurtheiiung zugesandt seien. Ueber das Werk von Guibert drückt er sich sehr lobend aus, und dass solches unter den neuen Erscheinungen des Jahres 1860 unbedingt und in höchst willkommener Weise einen hervorragenden Platz einnehme. Die dasselbe hervorgerufene Preisaufgabe forderte: „Eine Aufzäh- lung der seit 1830 eingeführten Arzneimittel, eine geschichtliche^ chemisch -pharmaceutische und pharmakognostische Bearbeitung und eine soviel wie möglich auf klinische Thatsachen gegründete Be- urtheiiung des therapeutischen Werthes desselben." Diesen 3 Anforderungen hatte die von Guibert eingereichte Arbeit in öo ausgezeichneter Weise entsprochen, dass sie von der Societät mit dem vollen Preise gekrönt wurde. I. Pharmakognosie. A. Pharmakognosie des Pflanzenreichs. 1. Allgemeine pharmakognostische Verhältnisse. 2. Studien allgemein verbreiteter Bestandteile der Pflanzen. 3. Arzneischatz des Pflanzenreichs nach natürlichen Familien- geordnet. So wie in dem Vorhergehenden und dem Nachfolgenden referirt der Verf. wiederum mit seiner grossen Umsicht und Kenntniss- nahme und seinen schätzenswerthen Bemerkungen in diesem Ab- schnitte über die im Jahre 1861 erschienenen Abhandlungen und Arbeiten der Arzneistoffe aus den Familien der Fungi, Lichenes> Literatur. 83 Lycopodiaceae, Tiliaceae, Asphodeleae, Colchicaceae, fcinilaceae, Scitamineae. Piperaceae. — Piper methysticum. Wiggers hat schon in seinem vorigen Jahresberichte angegeben, wie Gobley in der Ka- wa wurzel einen krystallisirten Körper gefunden, Methysticin genannt und analysirt habe. Cuzent giebt nun an, dass auch er schon 1854 diese Wurzel analysirt und darin ausser einem citronen- gelben ätherischen Oele und einer grossen Menge von Stärke einen krystallisirbaren Körper gefunden habe, den er Kawahin (nicht Kawatin) nenne und in welchem er das betäubend und berauschend wirkende Princip derselben entdeckt zu haben glaube. Die Tahitaner kauen nämlich die Wurzel und bereiten daraus auch ein berauschendes Getränk. Was nun das Kawahin betrifft, so scheint es derselbe Körper zu sein, welchen Gobley Methysticin nennt, wenigstens hat er dasselbe in ähnlicher Art aus der Wurzel erhalten, nur behandelte Cuzent dasselbe zur völligen Reinheit mit Thierkohle, wonach es sich also nicht so einfach, wie Gobley angiebt, rein erhalten lässt. Nach Cuzent bildet das Kawahin feine, dünne, seidenartige und zu Gruppen vereinigte, geruchlose und luftbeständige Prismen, welche im Ansehen grosse Aehnlichkeit mit schwefelsaurem Chinin haben. Es löst sich leicht in Alkohol und in Aether, aber nur wenig in kaltem Wasser, dagegen ziemlich leicht in heissem Was- ser, diese Lösung reagirt neutral und scheidet das aufgelöste Ka- wahin beim Erkalten in nadeiförmige Prismen theilweise wieder aus. Säuren lösen das Kawahin ebenfalls auf, gehen aber damit keine salzartigen Verbindungen ein. Es enthält keinen Stickstoff und ist nach seinen Analysen aus Kohlenstoff 65,847 Wasserstoff 5,643 Sauerstoff 28,510 zusammengesetzt und daher keine Base. Cubeba officinalis. Seit einigen Jahren sind Cubeben aus Holländisch-Indien nach Holland in den Handel gekommen, welche unter dem Prädicat einer „Beisorte" viel billiger angeboten wer- den, als die gewöhnlichen, und daher eben so viele Käufer finden, wie diese. Da dieselben aber ganz verschieden aussehen und man sie daher als falsche, für den Arzneigebrauch nicht zulässig betrach- ten kann, so hat Pas ihnen eine besondere Aufmerksamkeit ge- widmet und sie in folgender Weise beschrieben : Sie kommen in vieler Beziehung mit den gewöhnlichen Cube- ben überein, sind aber nicht so dunkel gefärbt, mehr asch- grau, als hellbraun, und graublaue finden sich nicht darunter, wie- wohl einige derselben graulich aussehen. Ihre Grösse übertrifft weit die des schwarzen Pfeffers und kommt dieselbe vielmehr mit der des Nelkenpfeffers überein. Der Geruch ist weniger angenehm. Der Geschmack ist weniger brennend, aber scharf und mit Macis zu vergleichen. Auf Wasser geworfen, saugen sie dasselbe viel rascher ein und sinken daher viel schneller zu Boden, wie die ge- wöhnlichen Cubeben. Das Wasser färbt sich dabei dunkelbraun, während dasselbe von gewöhnlichen Cubeben nur eine hellgelbe Farbe annimmt, selbst nach einigen Tagen und in dieser ungleichen Farbe, welche das Wasser davon annimmt, besitzen wir einein- faches Mittel, die ächten Cubeben von dieser Beisorte zu unterscheiden. Während ferner die ächten Cubeben sehr schwierig zu pulvern G* 84 Literatur. sind, lässt sich die Beisorte sehr leicht zu Pulver zerstossen. Das Pulver der ächten Cubeben ist dunkelbraun und riecht angenehm gewürzhaft, dagegen ist das Pulver der Beisorte graulich rostfarben und von einem terpentinartigen Gerüche. Das aus den ächten Cubeben abdestillirte flüchtige Oel riecht eigenthümlich aromatisch und mehr milde als stechend, während das aus der Beisorte einen scharfen und mehr einem Gemisch von Muscatblüth-, Citronen- und Terpentinöl ähnlichen Geruch besitzt. Das Oel aus den ächten Cubeben ist dickflüssiger als das aus der Beisorte und hellgelblichgrün, schmeckt camphorartig und wird durch Schwefelsäure dunkelrothbraum, während das Oel aus der Beisorte farblos ist, nach Muscatblüthöl schmeckt und durch Schwe- felsäure blutroth wird. Pas betrachtet diese Beisorte als die rei- fen Früchte von Cubeba officinalis, deren unreifen Früchte bekanntlich unsere wahren Cubeben sind. Bald darauf hat Gronewegen wohl ganz entschieden nach- gewiesen, dass die neue Sorte von Cubeben nicht die Früchte von Cubeba officinalis sein können,, sondern derselbe vermu- thet, dass sie von Piper anisatum abstammen. Balsamifluae. Cannabineae. Polygoneae. — Rheum. Wiggers macht hier zunächst darauf aufmerksam, dass man irgendwo angefangen hat, einer schlechten Rhabarber durch einen äussern dicken Anstrich von Schüttgelb und Kreide ein der echten Krön -Rhabarber täuschend ähnliches Ansehen zu geben und sie dann auch unter diesem Namen mit dem entsprechenden Preise in den Handel zu bringen. Wiggers hat sie seit etwa einem Jahre in Apotheken angetroffen, theils allein und theils einer andern guten Rhabarber beigemengt. Beim ersten Anblick wird man versucht, die beste Kron-Rhabarber in ganz frischer Waare zu sehen, wodurch sie auch sogleich auffällt, wenn sie nicht angestrichener Rhabarber beigemengt ist. Um aber auch ihre innere Beschaffenheit kennen zu lernen, schneidet man mit einem scharfen Messer eine Ecke ab und macht dann sogleich die Entdeckung, dass die Stücke im Innern zum Theil noch als eine gesunde Canton-Rhabarber erscheinen, aber auch braun und stockig sein können, und dass alle aussen mit einer so dicken Lage von jener Farbe umgeben sind, dass das Innere nicht durchscheint, und dass man die Farbe massenhaft abschaben und weiter unter- suchen kann. Dass man Arzneimittel verfälscht oder substituirt, ist hinläng- lich bekannt, aber schlechte Sorten Rhabarber durch einen äussern Farbenanstrich in derselben Weise, wie man Häuser etc. auffrischt, das frische und schöne Ansehen der besten Sorte zu geben und sie als solche in den Handel zu bringen, würde man bisher wohl nicht einmal haben ahnen können. Die Chrysophansäure, welche von Döpping und Schloss- b erger nur in Gestalt von krystallinisch warzigen Körpern dar- gestellt werden konnte, ist von Grothe aus der Wurzel von Rheum pyramidale in Gestalt von klaren sechsseitigen Säulen mit etwas gelblichem Schein erhalten worden. Die Krystalle der Chrysophansäure verwittern an der Luft allmälig zu einem weissgelben Pulver, sind in Wasser unlöslich, schwer löslich in kaltem, aber leichter löslich in heissem Alkohol. Sie schmelzen bei -\- 156° und erstarren dann krystallinisch. Grothe bestätigt hierbei die Angabe von Thann, dass die Literatur, 85 in Rumex obtusifolius, R. Patientia und i2. alpinus aufgestellten und Lapathin und Rumicin genannten Körper nur Chrysophan- säure sind. Er hat dieselben auch in den Wurzeln anderer Rumexarten gefunden und fügt hinzu, dass der in Polygonum fa- gopyrum vorkommende gelbe Farbestoff auch dahin gehöre. Gl obularieae, Valerianeae, Synanthereae. Ericeae. — Ledum palustre. Das flüchtige Oel des Sumpfporsts ist von Froehde genauer untersucht worden, wobei er zu andern Resultaten gekommen ist, wie Grassmann, Willigk und Buchner. Dieses Oel war röthlichgelb, roch sehr stark wie das blühende Kraut, löste sich wenig in Wasser, aber leicht in Alkohol und Aether. Froehde erhielt dasselbe auch, wie Rauch fuss und Meiss- ner ohne Stearopten. Des rohe Oel fand Froehde bei der Analyse aus 70,79 bis 70,93 Kohlenstoff, 10,58 bis 10,62 Wasserstoff und 18,63 bis 18,45 Sauerstoff zusammengesetzt, also nicht so wie Willigk. Das Oel reagirt sauer und daher schüttelte Froehde dasselbe mit starker Kalilauge, worauf sich in der Ruhe das Oel oben auf etwas dunk- ler gefärbt wieder abschied, nun aber noch fast dieselbe Zusammen- setzung wie vorher und 0,922 spec. Gew. hatte. Aus der von dem Oel getrennten Kalilauge schied verdünnte Schwefelsäure eine dünne Schicht von einem dunkelbraunen und dickflüssigem Oel ab, welches den starken und widerlichen Geruch der Pflanze im höchsten Grade besitzt und welches an der Luft zu einem braunen Harz erhärtete. Froehde nennt dieses Liquidum Ledum- säure und betrachtet nach den Resultaten seiner Analyse die For- men C 16 H ,5 8 als am wahrscheinlichsten, indem sie dann mit dem Ericinon in genetischem Zusammenhange steht. Ledum palustre enthält von allen Ericineen die grösste Menge ätherisches Oel und dasselbe enthält nach Fr au de 's ausführlicher Untersuchung: 1) Ledumsäure, Valeriansäure, Buttersäure, Essigsäure und flüssige Fettsäure. 2) Einen mit dem Terpentinöl isomeren Kohlenwasserstoff. 3) Ein sauerstoffhaltiges Oel, von der Zusammensetzung des Ericinols = C 2Ö H ] 6 2 , welches zwischen -\- 240 und -f- 245° con- stant siedet, und woraus ebenfalls ein Kohlenwasserstoff gewonnen werden kann. Styraceae, Myrsineae, Scrophularineae, Labiatae, Con volvulaceae, Solaneae, Gentianeae, Strychneae, Rubiaceae. Cinchoneae. — Arariba rubra, (Pinkneya rubescens). Ueber die interessanten Resultate einer unter seiner speciellen Leitung von Rieth ausgeführten chemischen Untersuchung der Rinde dieses Baumes giebt Wöhler einen ausführlichen Bericht. Die zu dieser Untersuchung angewandte Rinde war Wöhler durch v. Martius in München zu diesem Entzweck übergeben wor- den und hat dieselbe zur Entdeckung einer neuen organischen, Aribin genannter Base geführt, welche das erste Beispiel unter den natürlich gebildeten Basen darbietet, die keinen Sauerstoff ent- hält und doch krystallisirbar ist. Um diese Base aus der Rinde zu gewinnen, wird dieselbe zer- kleinert, wiederholt mit Schwefelsäure -haltigem Wasser digerirend ausgezogen, die abcolirten, vermischten und filtrirten Auszüge auf Vio ihres Volums verdunstet, mit kohlensaurem Natron nahezu, aber nicht vollständig gesättigt, durch Bleizucker in Ueberschuss ausgefällt, 86 Literatur. die Flüssigkeit von dem Niederschlage abfiltrirt, durch Schwefel- wasserstoff vom Blei befreit, das Sehwefelblei wieder abfiltrirt, und nun mit kohlensaurem Natron ausgefällt, wodurch unreines Anbin in Gestalt eines hellbraunen Coagulums erhalten wird, was man auswäscht und wiederholt schüttelnd mit Aether behandelt, welcher das Aribin auszieht, aber noch eine stark gefärbte Lösung damit bildet. Alle Aetherauszüge werden vermischt und reichlich mit Salzsäure versetzt, wodurch sich das in dem Aether mit überschüs- siger Salzsäure ganz unlösliche salzsaure Aribin und schon ziem- lich rein abscheidet, während das Färbende in der Flüssigkeit zu- rückbleibt. Dieses salzsaure Aribin ist auch unlöslich in über- schüssiger concentrirter Salzsäure und kann daher durch mehrma- liges Behandeln damit leicht noch reiner erhalten werden. Wird dieses Salz dann in Wasser aufgelöst, das Aribin durch kohlen- saures Natron ausgefällt und ausgewaschen, und mehrere Male mit Aether krystallisirt, so erhält man dasselbe ganz rein. Das Aribin wurde bei der Elementaranalyse nach der Formel C 46 H 20 N 4 zusammengesetzt gefunden. Aus der Lösung in Aether krystallisirt es beim Verdunsten in farblosen ziemlich grossen, was- serfreien Rhombenoctaedern, aber beim freiwilligen Verdunsten an der Luft in langen, schmalen, meist hohlen Prismen. Es schmeckt sehr bit- ter, bedarf zur Lösung 7762 Theile Wasser von -J— 23° und die Lösung reagirt alkalisch. Aether und Alkohol löst es sehr leicht auf. — Oleineae, Fraxineae, Araliaceae, Umbelliferae, Berbe- rideae, Myristiceae, Paeoniaceae, Ranunculaceae, Sa- pindaceae. Aquifoliaceae. — Hex paraguayensis. Eine gewiss echte Portion Paraguay -Thee gelangte durch den Preuss. General consul Gülich in die Hände von Rammeisberg, der sie wiederum an Stahlschmidt zur chemischen Untersuchung abgab, die derselbe denn auch damit ausführte, und deren Resultate er jetzt vorlegt. Zunächst bemerkt Stahlschmidt, dass der Paraguay -Thee von verschiedenen Ilex-Arten komme, nämlich Hex paraguayensis, Hex theezans etc. Wi gge rs ist jedoch nicht bekannt, dass überhaupt ein Hex theezans existirt und dass der wahre Para- guay-Thee ausser von II. paraguayensis auch davon und von an- dern Ilexarten gesammelt werde. Als Stahl schmidt 18 Pfund des Thees mit Wasser destillirte, bekam er ein schwach opalisirendes, nach Thee riechendes und pfeffermünzartig schmeckendes Wasser, ein flüchtiges Oel schied aber daraus nicht ab. Die dabei in der Blase gebildete Ab- kochung untersuchte er dann auf den Gehalt an Caffein und bekam aus 18 Pfund Thee 38 Grammen davon, was 0,44 Procent entspricht, also viel mehr als Stenhouse, indem derselbe nur 0,13 Procent bekam, was Stahlschmidt daraus erklärt, dass die- ser Thee zwar ungleiche Mengen davon enthalten könnte, dass er aber ein zweckmässigeres Verfahren zur Abscheidung angewandt habe, weshalb Wiggers dieses hier mittheilt. Die erwähnte Abkochung wurde abgeschieden und ausgepresst, der Theevückstand noch 4 — 5 Mal ausgekocht, alle Abkochungen vereinigt, mit Bleizucker völlig ausgefällt, der Niederschlag abge- schieden und wiederholt ausgewaschen, was aber, da sich derselbe nicht abfiltriren liess, durch Absetzenlassen und Abklären gesche- hen uiusste. Aus der klaren, vom Bleiniederschlag abgeschiedenen Flüssigkeit wurde das überschüssige Blei durch Schwefelwasserstoff niedergeschlagen, das Schwefelblei abfiltrirt und die Flüssigkeit bis Literatur. 87 zur Syrups - Consistenz verdunstet. Das so erhaltene syrups- fbrmige Liquidum, woraus schon beim Erkalten viel Caffein anschoss, wurde mit Benzol ausgezogen und zwar, weil es sich nicht damit vermischt, auf die Weise, dass man es damit in einem Kolben übergiesst, erhitzt und anhaltend und stark damit durch- einander schüttelt. Nach seiner Wiederabscheidung erhält man das Caffein schon beim Erkalten fast ganz rein und schön krystal- lisirt ausgeschieden. Es ist klar, dass die Behandlung des syrup- förmigen Liquidums mit Benzol wiederholt geschehen muss, und dass man das von dem auskrystallisirten Caffein abgeschiedene Benzol durch Destillation wieder und dabei auch das gelöste Caffein als Rückstand gewinnt. Alles gesammelte Caffein wird dann noch zwischen Papier gepresst und zur völligen Reinigung mit Wasser und Alkohol umkrystallisirt. Durch Analyse hat Stahlschmidt dann vollkommen festge- stellt, dass der erhaltene Körper wirkliches Caffein ist, gleich dem aus dem Caffee. Euphorbiaceae, Diosmeae, Zygophylleae, Papilio- uaceae. Mimosae. — Albizzia anthelmintica ist nach Courdon der Baum, von dem die in Abvssinien als Mittel wider den Bandwurm gebräuchliche Rinde genommen wird, welche auch bei uns schon unter dem Namen Cortex Musen na bekannt geworden ist. Der wahre Name für diese Rinde ist nach Courdon Mesenna oder Musenna. In Tigre wird sie Besanna und in Amhara Mesanna genannt. Die eigentliche wahre Stammpflanze dieser Rinde ist Albizzia Lebeck Benth. sehr verwandt und daher hat Courdon sie Albizzia anthelmintica genannt. Der Baum wird 13 bis 20 Fuss hoch. Courdon traf ihn bei Mahio in Tarrenta, auf dem Wege von Halay nach Massouah an. Sehr verbreitet ist er in der Umgegend von Dixah und Habo, besonders in Samen und im Allgemeinen in allen Theilen in Abys- sinien, welche dieselbe Hohe haben. Von dem Baume wird nur die Rinde gebraucht, und Professor Gastin al in Cairo soll darin bereits eine farblose organische Base entdeckt haben. Die Abyssinier gebrauchen die Rinde als Pulver. Die Dosis ist etwa 2 Unzen, und wenn die Anwendung von Schiffsärzten zu 4 bis 5 Drachmen keinen Erfolg hatte, so hatten dieselben unstreitig eine zu geringe Portion davon nehmen lassen. Der Bandwurm geht danach in Stückchen oder ganz zermalmt ab, und nach den 2 Monaten, wo sich nach dem Gebrauch von Kousso häufig Symptome der Regeneration des Bandwurms wieder eintreten, hat sich dies bei der Mesenna nicht gezeigt. Dryadeae. Spiraeaceae. B. Pharmakognosie des Thierreichs. Hier finden wir Pharmakognostisches über Thiere der Classen Mammalia, Cephalopoda, Insecta und Phytozoa. Aus der letzteren heben wir heraus: Ordo Spongiae. Achilleum laniculatum. — Gebleichte Schwämme. Artus hat durch einen seiner Schüler das von Böttger angegebene Verfahren zum Bleichen der Schwämme experimentell prüfen, und da es nicht zum Ziele führend, weitere Versuche darüber anstellen lassen. Zunächst wurden nach Böttger 's Vorschrift die ausgewaschenen Schwämme mit einer Mischung von 1 Th. Salzsäure und 6 Th. Wasser behandelt, bis sie keine Kohlensäure mehr damit eutwickel- 88 Literatur. ten, dann in einem Fasse in einer Flüssigkeit, welche durch Auflö- sen von 6 Theilen unterschwefligsaurem Natron in 94 Th. Wasser und Versetzen mit einer angemessenen Menge von Salzsäure her- gestellt worden war, aufgehangen, nach dem Verschliessen des Fas- ses zwei Tage darin hängen gelassen, nun völlig ausgewaschen und getrocknet. Bei einem zweiten Versuche wurde doppelt so viel unterschwef- ligsaures Natron, wie oben angegeben, angewandt, und bei einem dritten Versuche wurden die gewaschenen und durch verdünnte Salzsäure von kohlensauren Erden befreiten und dann wieder aus- gewaschenen Schwämme direct der Einwirkung von schwefliger Säure ausgesetzt, und bei allen drei Versuchen wurde ein unge- fähr gleiches Resultat erhalten, d. h. die Schwämme waren wohl gebleicht, aber doch noch nicht weiss. Wurden sie dagegen zuerst mit einer warmen Lösung von Soda einige Zeit behandelt, dann ausgewaschen, mit verdünnter Salzsäure ausgezogen, wieder ausgewaschen und nun in dem Bade von unter- schwefligsaurem Natron (in halb mal so grosser Quantität angewandt) und Salzsäure angemessen verweilen gelassen, so zeigten sie sich nach dem Auswaschen und Trocknen weiss gebleicht. Pharm akognostische Miscellen. IL Pharmacie. A. Instrumente. B. Operationen. C. Pharmacie der unorganischen Körper. Elektronegative Grundstoffe und deren Verbind un- gen unter sich. Oxygenium, Hydrogenium, Sulphur, Nitrogenium, Phosphorus. Arsenicum, Arsenicum metallicum. Das bekanntlich bei vielen früheren Bestimmungen sehr abweichend gefundene und da- her auch eben so sehr unsicher gebliebene Aequivalentgewicht des Arseniks ist von Kessler in einem Zeiträume von 6 Jahren 2 mal einer genauen experimentellen Prüfung unterzogen worden. Wie früher, so auch jetzt, hat er die Zahlen 939, 375 und 940,5 erhal- ten, wovon die Mittelzahl = 939, 9375, die wir also wohl auf 940,0 abrunden und bis auf Weiteres annehmen können. Acidum arsenicosum. Die Löslichkeit der arsenigen Säure in- reinem und in einem verschiedene Säuren enthaltenden Wasser ist aufs Neue von Bacaloglio untersucht worden. Lässt man reine arsenige Säure im Ueberschuss längere Zeit, z. B. 10 Monate lang, mit Wasser bei -}- 10 bis 20° in Berührung, so enthält dieses dann 1,2 Proc. arseniger Säure oder es hat 6ich 1 Theil der Säure in 82,34 Th. Wasser aufgelöst. Eine heiss gesättigte und dann zwei Tage lang zum Absetzen der überschüssig aufgelösten arsenigen Säure bei -f - 25° gestan- dene Lösung enthält 2.25 Proc. arseniger Säure, oder es hat sich ein Theil derselben in 46,111 Th. Wasser aufgelöst. Eine heiss gesättigte Lösung der porcellanartigen arsenigen Saure in Wasser enthielt nach 4tägigem Stehen bei -j- 24° = 2,4, nach 82tägigem Stehen bei -j- 14° = 1,5, und nach 4 monatlichem Stehen bei 4- 12° = 1,3 Proc. arseniger Säure, woraus folgt, dasa sich der Gehalt der arseniger Säure durch längeres Stehen und durch Erniedrigung der Temperatur immer mehr demjenigen nähert,, welchen die kalt gesättigte Lösung zeigt. Literatur. 89 In einer Lösung, welche nur Spuren von Salzsäure enthielt, fanden sich 3,8 Proc. arseniger Saure gelöst. ßacaloglio hat auch die Löslichkeit für gewisse Procente von Arseniksäure und von Phosphorsäure in dem Wasser zu ermitteln gesucht und gefunden : 1) dass 100 Th. einer Arseniksäurelösung, welche 45,8 Proc. Arseniksäure enthält, 2,9 Th. arseniger Säure auflösen, von dieser aber nur 2,6 Th., wenn sie 32,2 Proc. Arseniksäure, und 2,1, wenn sie 20,8 Proc. Arseniksäure enthält. 2) dass 100 Th. einer Phosphorsäurelösung, welche 28, 5 Proc. Phosphorsäure enthält, 6,3 Th. arseniger Säure löst, von dieser aber nur 4,8 Th., wenn sie 19,5 Proc. Phosphorsäure enthält. Stibium. — Stibium metallicum. Das Aequivalentgewicht des Antimons ist noch einmal wieder und sehr sorgfältig von Kessler experimentell geprüft worden, wobei er aus 3 Bestimmungsreihen als Mittelzahlen derselben 1527,0 1529,25 und 1529,625 erhielt, wovon die Mittelzahl wiederum 1528,625 ist. Dieses Resultat kommt dem von D ext er = 1529,2 allerdings sehr nahe, aber Kessler wagt doch darüber nicht zu entscheiden, ob man mit dieser viel höhern Zahl der Wahrheit näher gekommen sei, als Schneider mit 1503,8 und Rose mit 1508,67, indem er daran Berzelius' Worte knüpft: „Ich habe niemals mit einer Materie, wo es so ausserordentlich schwer ist, constante Resultate zu erhalten, gear- beitet als diese." Chromium. Das Atomgewicht des Chroms ist von Kessler einer experimentellen Revision unterworfen und durch sehr sorgfäl- tig ausgeführte Bestimmungen = 326,875 (oder = 26,15 wenn H = l) gefunden worden, also etwas niedriger wie bei frühem Untersuchungen von Peligot, Berlin, Moberg, Lefort und Wil- denstein, nach denen dasselbe = 333,75 (oder 26,7 wenn H=l) angenommen worden war. Das Atomgewicht des Chromoxyds = Cr 2 3 ist demnach jetzt zu 967,5 und das der Chromsäure = CrO 3 jetzt zu = 633,75 anzunehmen. CMorum, Jodum. — Jodum 'purum. Der zur Entdeckung des Jods in Flüssigkeiten, welche dasselbe in Gestalt von Jodwasser- stoff oder von löslichen Jodaten enthalten, schon früher empfohle- nen Reaction von Eisenchlorid auf dieselben, bei welcher das vor- handene Jod aus seiner Verbindung frei gemacht wird, schliesst sich jetzt nach Wagner auf eine neue und einfache Gewinnungsweise des Jods an, indem man dasselbe nach seiner Ausscheidung durch Eisenchlorid nur noch mit Schwefelkohlenstoff aus der Flüssigkeit durch Schütteln etc. auszuziehen, und aus der gesammelten reinen Lösung der Schwefelkohlenstoff bei 50° abzudestilliren braucht, um das Jod als Rückstand zu erhalten. Wagner bemerkt ferner, wie Schwarz schon 1854 gezeigt habe, dass man das Jod durch Eisenchlorid frei machen und dann einfach durch Abdestillation gewinnen könne, und, was besondere Aufmerksamkeit verdient, dass lösliche Bromate nicht durch Eisen- chlorid zersetzt würden, worin also ein Mittel liegt, Brom und Jod zu scheiden. Carbonium. Elektropositive Grundstoffe (Metalle) und alle ihre Verbindungen. Kalium. Natrium. Natrum nitricum crudum. Der Chilisalpeter ist auf seinen Ge- halte an Jod von Kr äfft geprüft worden. Derselbe hatte Gele- 90 Literatur. genheit die Mutterlauge von 22 Pfund Chilisalpeter quantitativ darauf zu untersuchen. Er versetzte dieselbe mit Kupfervitriol und darauf mit schwefliger Säure, und es schied sich dann so viel Kupferjodür ab, dass es für die gesaminte Mutterlauge 6,5 Grm. Jod auswies, wonach also der angewandte Chilisalpeter 0,059 Proc. seines Gewichts Jod enthalten würde. Das Kupferjodür kann durch Kochen mit Kalilauge, in Kupferoxydul und Jodkalium um- gewandelt werden. Natrium biboracicum. — Tinkalzit aus Peru ist jetzt auch von Phipson analysirt worden, mit folgenden Resultaten: Natron 1 1 ,94 Proc. Kalk 1-4,45 „ Borsäure 34,7 1 „ Chlor 1,34 „ Schwefelsäure .... 1,10 „ Kieselsäure 0,60 „ Sand 2,00 „ Phosphorsäure Thonerde > Spuren Magnesia J Wasser 34,00 „. woraus derselbe die Formel (NaO,2B03-f- 10 HO) + 2(CaO, BO» -\- 2 HO) berechnet, die also nur um 2 HO weniger von der von Kletzinsky verschieden ist. Demnach enthält das Mineral un- gefähr 60 Proc. Borax, 25 Proc. borsauren Kalk, 2V2 Proc. Kochsalz und 35 Proc. Wasser, und kann es daher geradezu anstatt Borax bei metallurgischen Operationen angewandt werden. Ammonium. Barium. Calcium. — Calcaria hypophosphorosa. Hager hat ein gefahr- loses Verfahren zur Darstellung der Calcaria hypophosphorosa und des Natron hypophosphorosurn in dem Laboratorium der Apotheken ermittelt, in Folge der von Trommsdorff und Marquart mit- getheilten in ihrem Laboratorium bei Bereitung unterphosphorigsau- rer Salze entstandenen gefahrvollen Explosionen, was in Folgendem bestehen soll. Man übergiesst 4 Th. Phosphor in einem zweckmässigen Ge- fässe mit kaltem Wasser, erwärmt bis zum Schmelzen den Phosphor, schüttelt gut bis zum Erkalten, um denselben zu granuliren, bringt ihn in einem offenen irdenen Topfe mit der aus 8 Th. Kalkhydrat und 16—20 Th. Wasser bereiteten Kalkmilch zusammen und lässt die Mischung unter öfterem Durchrühren ruhig stehen, in einem gesonderten kalten Orte oder in dem Digestorium eines Dampf- apparats. Es bildet sich dann allmälig die unterphosphorigsaure Kalkerde unter schäumender Entwicklung von Phosphorwasserstoffgas, was besonders beim jedesmaligen Durchrühren weggeht. Die Vollen- dung dieser Reaction gebraucht in der Kälte 4 — 6 Wochen und in dem Digestorium nur 8 — 14 Tage, bei dessen Benutzung der Masse aber auch von Zeit zu Zeit das verdunstende Wasser wieder zugesetzt werden muss. Sobald sich dann aus der Masse kein Phos- phorwasserstoffgas mehr entwickelt, wird sie mit Wasser verdünnt, durch Leinwand colirt, der Rückstand mit Wasser nachgewaschen, die colirte Flüssigkeit auf dem Wasserbade bis zur Trockne ver- dunstet, der Rückstand in der 9 fachen Menge heissem Wasser wie- der aufgelöst, aufgenommener Aetzkalk durch Kohlensäure ausge- fällt, 4 Tage absetzen gelassen, filtrirt und auf dem Wasserbade Literatur. 91 zur Trockne verdunstet. 12 Th. Phosphor liefern auf diese Weise 13—14 Th. fertiges Salz, welehrs oft etwas Gyps enthält. Hier sich unmittelbar anschliessend folgt Hager's Darstellung des Natron hypophosphorosum. Man löst 10 Th. unterphosphorig- saure Kalkerde in 4Th. warmem Wasser auf, vermischt die Lösung mit einer concentrirten Lösung von 17 Th. krystallisirtem kohlensau- ren Natron im Wasser, verdunstet die Mischung auf einem Was- serbade bis zur Trockne, zerreibt diesen Rückstand, zieht ihn mit Alkohol von 0,835 bis 0,845 wiederholt aus, vermischt die filtrirten Auszüge, destillirt vorsichtig den grössern Theil des Alkohols da- von ab, bringt das rückständige Liquidum auf einem Wasserbade bis zur Trockne und verwahrt das Salz gut verschlossen auf. Die Dosis ist 3—4 Grm. alle 2 Stunden, geschieht die Verord- nung in einer Mixtur, so dürfen derselben keine Säuren oder saure Salze oder saure Fruchtsäfte zugesetzt werden, weil diese Sub- stanzen auf jene Salze zersetzend wirken. Magnesium. — Magnesia carbonica. Der bei Frankenstein im Reg.- Bezirk Breslau so massenhaft vorkommende Magnesit ist von Schwarz analysirt worden. Derselbe erhält nach dieser Analyse: Magnesia 44,25 Proc. Kohlensäure 48,75 „ Sand 5,60 „ Kohlensauren Kalk 0,40 „ und er ist daher besonders interessant, dass er gar kein Eisen und Thon enthält. Zur Bereitung der kohlensauren Wässer bietet derselbe viele grössere Vortheile als die Kreide dar, indem beim Austreiben der Kohlensäure durch Schwefelsäure dieselbe in Folge der Abwesen- heit organ. Substanzen ganz geruchlos ist. Von Franz Hilbig in Baumgarten bei Frankenstein kann derselbe eben so wohlfeil als rein bezogen werden, der Centner in Stücken zu 20 und -gemahlen zu 30 Sgr. gegen gleich baare Be- zahlung. Aluminium. Ferrum. Zincum. Bismuthum. Cuprum. Plum- bum. Hydrargyrum. Argentum. D. Pharmacie der organischen Körper. 1. Organische Säuren. 2. Organische Basen. a) Künstliche organische Basen. b) Pflanzenbasen. Die Kenntniss dieser hat sehr wich- tige Beiträge erhalten. Quantitative Bestimmung derselben. Alle bisher empfohlenen und bekannt gewordenen Methoden der quantitativen Bestimmung der Pflanzenbasen in wässeriger Lösung geben nach Wagner nicht die erforderliche Genauigkeit und er hat daher ein anderes Verfah- ren erforscht, welches sehr scharfe Resultate geben soll und auf folgende Principien gegründet worden ist. Die organischen Basen werden aus ihrer Lösung durch eine Auflösung von Jod in Jodkalium vollständig gefällt, und dazu gehö- ren Strychnin, Morphin, Narkotin, Chinin, Cinchonin, Veratrin, Aconitin, Atropin, Brucin und Berberin und Anilin, aber nicht ge- fällt werden dadurch Caffein, Theobromin, Piperin und Harnstoff. Die ersteren Basen fällen das Jod aus der Lösung von Jod in Jodkalium so vollständig, dass in dem Filtrat durch Stärke kein Jod mehr angezeigt wird. 92 Literatur. Der Niederschlag enthält eine constante Menge von Jod, aber unverbunden, wenigstens so lange, wie die Prüfung dauert, aber nach V2 bis 1 Stunde ist das Jod darin in chemische Verbindung getreten. Eine Lösung von unterschwefligsaurem Natron fällt die Basen nicht, macht aber freies Jod in einer Lösung verschwindend und diese dadurch farblos. Die darauf gegründete Prüfung wird volu- metrisch ausgeführt und dazu bereitet man sich 1) Eine Lösung von 12,5 Grm. Jod mit der nöthigen Menge von Jodkalium und genau so viel Wasser, dass die ganze Flüssig- keit genau 1 Liter (= 1000 C.C.) beträgt. 2) Eine Lösung von 24,8 Grm. unterschwefligsaurem Natron im Wasser, welche genau davon 1 Liter beträgt. 1 C.C. der Lö- sung weist 0,0127 Grm. Jod aus. Für die Bestimmung versetzt man nun die Basen enthaltende Flüssigkeit zuerst mit der Lösung von Jod in Jodkalium, bis kein Niederschlag mehr erfolgt und bis ein Ueberschuss davon hinzu- gekommen ist, filtrirt und setzt zu dem Filtrat die Lösung des unter- schwefligsauren Natrons, bis das freie Jod darin gerade verschwun- den ist. Hat man nun die Menge der bis zum Ueberschuss hinzugesetz- ten Lösung des Jods in Jodkalium bestimmt, so weiss man, wie viel Jod hinzugekommen war, und hat man ebenso auch die Quantität der verbrauchten Lösung des unterschwefligsauren Natrons bestimmt, so kann man nach dieser Menge leicht berechnen, wie viel Jod noch überschüssig in der Flüssigkeit geblieben, und wie viel Jod mit der Base in Verbindung getreten und mit dieser in dem abfiltrirten Niederschlage enthalten ist, und nach dieser letzten Menge von Jod wird die Quantität der vorhandenen organischen Base berechnet, d. h. für jedes Aequivalent Jod 1 Atom der Base. Die Quantität von beiden titrirten Lösungen wird durch Zusetzen aus einer in Centi- meter getheilten Bürette bestimmt. Um die Brauchbarkeit dieser Bestimmungsmethode zu zeigen, haben Wagner u. Schirm er meh- rere Proben ausgeführt, wovon eine hier folgt. 10 C.C. einer Lö- sung von schwefelsaurem Chinin wurden 10 C.C. Jodlösung hin- zugefügt, und IOC. C. des Filtrats gebrauchten bis zur Entfärbung- 2,2 C.C. von der Lösung des unterschwefligsauren Natrons. Heactionen der Basen. Er d mann hat die wichtigsten' giftigen organischen Basen verschiedenen Reactionen unterworfen, um da- durch sichere Mittel zu erforschen, dieselben in ganz kleinen Men- gen, wie namentlich bei medico-legalen Untersuchungen, zu unter- scheiden und nachzuweisen. Die Resultate sind folgende. 1. Mit reinem Schwefelsäurehydrat, von dem 20 Grm. mit 10 Tropfen einer Mischung von 100 C.C.Wasser und 6 Tropfen Salpetersäure versetzt worden sind. Von dieser so versetzten Schwe- felsäure bringt man dann 8— 10 Tropfen entsprechend zu 1 bis meh- reren Milligrammen von der zur Prüfung vorliegenden Base und beobachtet die Wirkung V4 bis V2 Stunde lang. Bei der Auf- lösung färbte sich die Schwefelsäure durch Morphin prächtig violettroth, Narcotin zwiebelroth, Veratrin gelb, dann ziegelroth und durch Zusatz von etwas Wasser gleich blutroth und dann bleibend kirschroth, Brucin roth, aber rasch gelb werdend, Strychnin gar nicht. Literatur. 93 2. Mit Schwefelsäurehydrat und Braunstein. Man löst die zu prüfende Base je nach ihrer Quantität in 8 — 20 Tro- pfen Schwefelsäure auf und setzt kleine linsengrosse, staubfreie Stückchen von Braunstein hinzu, und beobachtet den Erfolg eine Stunde lang. Durch den Braunstein färbt sich die Lösung von Morphin mahagonibraun, Narcotin gelbroth und blutroth, Veratrin dunkel- und schmutzigkirschroth, Brucin roth und darauf gummiguttgelb, Strychnin violettpurpurroth, darauf dunkelzwiebelroth. a) Werden die nun so gefärbten Lösungen nach einer Stunde mit der 4 — 6fachen Menge Wasser unter Vermeidung einer Erhitzung verdünnt und mit schwachem Ammoniak nicht ganz vollständig gesättigt, so färbt sich die von Morphin schmutziggelb, Narcotin nur heller roth, Veratrin schwach braun, Brucin bleibt unverändert goldgelb, Strychnin prächtig purpurviolett. b) Uebersättigt man aber die gefärbten und mit Wasser ver- dünnten Lösungen mit dem Ammoniak schwach, so entsteht in der Lösung von Morphin eine braunrothe Färbung und lange nachher ein Niederschlag, Narcotin sogleich ein reichlicher dunkelrother Niederschlag, Veratrin sogleich ein grünlich hellbrauner Niederschlag, Brucin keine Veränderung, Strychnin eine gelbgrüne Färbung. Auf diese Resultate gründet nun Er d mann durch Combina- tion derselben den folgenden methodischen Gang bei solchen Prü- fungen. A. Man übergiesst die vorliegende Base mit 4 — 6 Tropfen reinem Schwefelsäurehydrat; zeigte sich keine Veränderung, so sind Brucin, Narcotin und Veratrin nicht vorhanden; tritt eine Rosafarbe auf, die später gelb wird, so deutet solches auf Brucin; entsteht eine gelbe und gelb bleibende Farbe, so ist Narcotin vor- handen ; und entsteht eine gelbe ins Rothe übergehende Farbe, so weist diese Veratrin nach. B. Man versetzt die in A. erhaltenen Lösungen, mag eine Farbe darin aufgetreten sein oder nicht, mit 8 — 20 Tropfen von der oben angegebenen salpetersäurehaltigen Schwefelsäure und dar- auf mit 2 — 3 Tropfen Wasser und beobachtet dann den Erfolg V4 — V2 Stunde lang: es entsteht für Morphin eine violettrothe, für Narcotin eine zwiebelrothe, für Verratrin eine kirschrothe, für Bru- cin eine gelbe und für Strychnin keine Färbung. C. Man bringt in die in B. entstandenen Flüssigkeiten gleich- zeitig wie sich gefärbt hatten, 4—6 linsengrosse Stückchen von staubfreiem Braunstein und beobachtet den Erfolg eine Stunde lang ; eine dann entstehende mahagonibraune Farbe weist Morphin aus; eine gelbrothe bis blutrothe dagegen Narcotin, eine dunkel- zwiebelrothe Strychnin, eine gummiguttgelbe Brucin und eine dunkel und schmutzigkirschrothe Färbung weist Veratrin aus. 94 Literatur. D. Man verdünnt die in C. erhaltenen Flüssigkeiten ohne Rücksicht auf ihre Färbungen vorsichtig so lange mit Ammoniak, dass sie nicht ganz völlig neutralisirt werden ; es entsteht dann für Morphin eine schmutziggelbe Farbe, die beim Ueber- sättigen mit Ammoniak brauhroth wird; für Narcotin eine der Verdünnung entsprechende rÖthliche Farbe und darauf beim Uebersättigen mit Ammoniak ein reich- licher braunrother Niederschlag; für Strychnin eine prächtig violettpurpurfarbige Flüssigkeit, die durch einen Ueberschuss von Ammoniak gelbgrün bis gelb wird; für Brucin eine goldgelbe Färbung; für Veratrin eine schwach bräunliche Färbung, die durch wenig Ammoniak gelblich wird, und durch überschüssiges Ammo- niak ein grünlich hellbrauner Niederschlag. Was die Haltbarkeit dieser ungleich gefärbten Flüssigkeiten anbetrifft, um sie den Gerichten neben dem Berichte zum Beweise mit einsenden zu können, so hat Erdmann gefunden, dass die Reactionen, welche unter 1 mit salpeterhaltiger Schwefelsäure aufge- führt worden sind, wenn man sie mit reiner concentrirter Schwefel- säure verdünnt, sehr lange Zeit die bemerkten Färbungen behalten. Er d mann will seine Versuche über die Reactionen der organischen Basen fortsetzen und demnächst weitere Mittheilungen darüber machen. Strychninum. — Strychninum arsenicicum. Für die Bereitung dieses kürzlich in Italien zur Anwendung gekommenen Arzneimit- tels und der beiden nachstehenden giebt Chiappero folgende Be- reitungsweisen an: Man erhitzt 3,34 Th. reines Strychnin mit 1,15 Th. Arsen - säure und 40 Th. Wasser bis zur Auflösung, filtrirt und lässt kry- stjillisii*Pn Formel: C42H22N2CH, HO + 2HO, AsO^-f-HO. Das Salz krystallisirt in kleinen, weissen, geruchlosen, mono- klinischen Prismen und löst sich in 15 Th. kaltem und 5 Th. heissem Wasser, aber schwer in Alkohol und Aether. Strychninum arsenicosum. — Man erhitzt 12,38 Th. pulverisirter arseniger Säure mit 800 Th. Wasser und 10 Th. Salzsäure (spec. Gew. 1,18) bis zur völligen Lösung, setzt dann 41,95 Th. reines Strychnin hinzu, filtrirt und lässt krystallisiren. Formel: C«H22N2 04, HO, As 03. Morphine- Strychninum arsenicicum. — Man vermischt 3,04 Th. reines Morphin und 3,34 Th. reines Strychnin mit 1,15 Th. Arsen- säure, erhitzt das Gemisch mit 40 Th. Wasser, bis es sich darin aufgelöst hat und lässt krystallisiren. Formel : C34JH19N06,H0 -f C42H22N20*, HO -j- HO, AsO* + HO. Das Doppelsalz bildet kleine, harte, farblose, zusammengrup- pirte Krystaüe und ist in 4 Th. heissem und 12 Th. kaltem Wasser löslich. Diese drei Salze sind gegen Rotz bei Pferden mit besonderem Erfolg in Anwendung gekommen. 3) Besondere eigentümliche neutrale organische Stoffe. Literatur. 95 4) Alkohole. Pinguedines, Fette oder Verbindungen des Gly ceryloxy ds mit fetten Säuren. Axungia Porci. Um den bekannten Uebelständen des Schweine- schmalzes gründlich abzuhelfen, wird im Monit. des Scienc. med. 1860, eine in eigenthümlicher Weise aus dem Schweineschmalze bereitete und Steadina genannte Masse als Vehikel zu Salben em- pfohlen, welche sich dazu zweckmässiger eignen und die Uebelstände des Schweineschmalzes, (des Hart- und Weich werdens, des Ranzig- werdens) nicht besitzen soll. Für die Bereitung sind erforderlich Schweineschmalz 3V2 Unzen = 102 Thle. Wasser 3V 2 „ = 102 „ Natronhydrat 15 Grm. = 1 „ Man löst das völlig von Kohlensäure freie Natronhydrat in V7 des Wassers, reibt die Lösung mit dem Schmalz zusammen und incorporirt dieser unter Agitiren die noch übrigen 6 / 7 Wasser. Das Product ist weiss, geruch- und geschmacklos, hat nach einigen Tagen eine zwischen Schmalz und Wachscerat fallende Consistenz, wird im Sommer weniger weich und im Winter weniger hart als das Schmalz, und es behält diese Eigenschaften auf lange Zeit, Es entspricht als Vehikel allen Anforderungen und kann in allen Fällen für das Schmalz als Ersatz dienen, sogar zur Berei- tung der Quecksilbersalbe kann es verwendet werden. Hager stimmt dem Obigen bei und nennt dasselbe Axungia saponacea und er hat bei einer Nachprüfung gefunden, dass die zweckmässigste Masse erhalten wird, wenn man 100 Thle. Schmalz mit nur 50 — 60 Th. Wasser und mit 11/2 Th. Natronhydrat in der angeführten Art vereinigt. 5) Olea volatilia. 6) Resinae. E. Pharmacie gemischter Arzneikörper. Confectiones. Electuaria. Emplastra. Extraeta. Pastilli. Sy- rupi. Unguenta. Vina medica. Mixturae. Geheimmittel. Glycerolata. — Sinapismus glycerinatus ist nach Hager eine Mischung von 1 Th. Senföl und 45 Th. Glycerin. Dieselbe wird dem gewöhnlichen Senfteige vorgezogen. Miscellen. Prüfung des Weizenmehls auf eine Beimischung von Roggenmehl. Cailletet hat gefunden, dass wenn man 20 Grm. Weizenmehl mit 40 Grm. Aether 1 Minute lang schüttelt, die dann gebildete Lö- sung klar abscheidet, den Aether völlig davon abdunsten läset und den Rückstand mit 1 Cubik Centim. einer Mischung von 3 Vol. Salpetersäure von 1,35 spec. Gew., 3 Vol. Wasser und 6 Vol. Schwefelsäure von 1,84 spec. Gew. versetzt, sich derselbe nur gelb färbt, dass aber auf dieselbe Weise aus Roggenmehl hergestellter Rückstand durch das Säuregemisch kirschroth wird. Zweiter Theil. Bericht über die Leistungen in der Pharmakodynamik und Toxikologie, von Professor Dr. Julius Clarus in Leipzig. Dieser Theil des Berichtes hat nur für den Mediciner Bedeu- tung, weshalb wir solchen nur anzeigend berühren. 96 Literatur. Die wichtigsten Arbeiten und Abhandlungen des ersten Theils des Werkes sind zu seiner Zeit, so weit es der Raum gestattete, theils als Originalarbeiten, theils als Auszüge im Archiv aufge- nommen worden, das hier Aufgenommene soll noch als Ergänzung dienen, um die Leser des Archivs mit allem Neueren bekannt und dasselbe als Bibliothekwerk vollständiger zu machen. Was das Werk an sich selbst betrifft, so bietet dasselbe wieder- um eine sehr grosse Bereicherung für unsere Wissenschaft dar, und wir müssen Hrn. Professor Dr. Wiggers für seine ebenso mühe- volle als werthvolle Arbeit hierdurch die grösste Anerkennung spenden. Dr. L. F. Bley. Anzeige einer Bezugsquelle von reinem kohlen- sauren Kali. Die chemische Fabrik von Bohl ig und Roth in Eisenach hat mir zwei, nach neuen Principien bereitete Kalipräparate, Kali carbonicum purissimum und purum, zur näheren Prüfung vorgelegt: 1) Kali carbonicum purissimum, unbedingt chemisch rein, ä Zoll- pfund 1 4 2 sgr, pro 110 Pfund 100 4. 2) Kali carbonic. purum^ bis auf einen verschwindend kleinen Chlorgehalt rein, ä Zollpfund 17 sgr, pro 100 Pfund 50 4- Ich mache die geehrten Leser des Archivs auf diese vorzüg- lichen Präparate hiermit aufmerksam. Jena, den 19. Juli 1863. Dr. H. Ludwig. Hofbuchdruckerti der Gebr. Jänecke eu Hannover. ARCHIV DER PHAMACIE. CLXV. Bandes zweites Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmaeie. Ansichten über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica ; von Dr. L. F. Bley und Dr. Th. Geiseler. (Gratulationsschrift zur Jubelfeier fünfzigjähriger pharmaceutischer Wirksamkeit des Herrn Apothekers Dr. F. C. Bucholz in Erfurt.) Die zur Ausarbeitung einer Pharmacopoea germanica in Coburg ' erwählte Commission hat zu allgemeiner Be- friedigung bereits eine grosse Thätigkeit entwickelt. Auch uns ist von derselben eine alphabetisch geordnete Zusammenstellung sämmtlicher in den Pharmakopoen Deutschlands enthaltenen Arzneimittel übersandt und 3 Artikel in den ersten Nummern unserer Vereinszeitung sprechen sich aus über die Art und Weise, welche man bei der Ausarbeitung zu befolgen gedenkt. Da in die- sen Artikeln auch Geiseler's in sofern gedacht ist, als er seine Ansichten über die festzustellenden Principien in der Generalversammlung zu Gotha im Jahre 1856 (Archiv CXXXVIIL 237) dargelegt hat, so dürfte es nicht unangemessen sein, wenn wir die damals vorgeschlage- nen Principien hier nochmals mittheilen und zu einer Vergleichung derselben mit den Ansichten der Commis- sion Veranlassung geben. Es wird sich da mannigfache Uebereinstimmung, aber auch mannigfache Abweichung finden, und wenn wir auch weit entfernt sind, die ausge- sprochenen Ansichten hartnäckig zu vertheidigen, so kommt es doch gewiss darauf an, abweichende Meinun- gen zu hören und das Zweckmässige zu ermitteln. Wir werden die unter 14 Nummern aufgeführten Principien- Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 2. Hft. 7 98 Bley und Geiseler, vorschlage mittheilen und jeder Nummer die bezügliche Ansicht der Commission beifügen. 1) Es werden aufgeführt alle Arzneimittel, die in den Pharmakopoen Deutschlands und deren Anhängen ver- zeichnet sind; es darf kein Arzneimittel fehlen, das in irgend einer Pharmakopoe Deutschlands enthalten ist. Ausgeschlossen von dieser Aufführung sind nur diejenigen einfachen Zubereitungen, die bestimmten Classen von Arzneiformen angehören und die unter 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 besonders bezeichnet sind. Die Commission will nur Das aufnehmen, was in irgend grösserer Ausdehnung von den Aerzten verschrie- ben wird, und sogenannte Magistralformeln ausschliessen. 2) In Bezug auf die Nomenclatur wird der Appara- tus medicaminum Hamburgensis zu Grunde gelegt, neben den in diesem gewählten Namen aber werden alle syno- nymen Bezeichnungen aufgeführt, deren man sich in den verschiedenen Pharmakopoen Deutschlands überhaupt be- dient. Der Apparatus med. Hamb. enthält unter allen Pharmakopoen Deutschlands die meisten Arzneimittel, insofern scheint die Annahme seiner Nomenclatur ge- rechtfertigt. Die Commission hält dies nicht ohne Weiteres für zulässig, da die Nomenclatur des App. med. Hamb. auch nicht von Principfehlern und Inconsequenzen frei ist, die man durch die Pharmacopoea germanica nicht sanc- tioniren darf. Die Commission ist der Meinung, dass die einfachen alten Namen so weit als möglich beibehal- ten werden müssen und nicht ein fortwährendes Schwan- ken der Namen dadurch herbeigeführt werden darf, dass man die Speculationen der Thorien auf die Nomen- clatur einwirken lässt. 3) Die Arzneimittel folgen in alphabetischer Reihen- folge auf einander, ohne Trennung der rohen und durch den Handel zu beziehenden Arzneistoffe von denen, welche die Apotheker selbst bereiten, nach Anleitung der Preussi- schen Pharmakopoe. über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica. 99 Hiermit scheint die Conimission einverstanden zu sein. 4) Vegetabilische, animalische und mineralische Roh- stoffe werden nur dem Namen nach verzeichnet, den vegetabilischen und animalischen aber die systematischen Namen der Gewächse und Thiere von denen sie stam- men, den mineralischen, wenn sie einfache Körper sind, die chemischen Zeichen, wenn sie Zusammensetzungen sind, die chemischen Formeln und die Stellungen im Mineralsystem beigefügt. 5) Ebenso werden nur dem Namen nach unter Hinzu- setzung der chemischen Formeln aufgeführt alle festen chemischen Verbindungen, zu denen natürlich auch die festen organischen Verbindungen, als Alkaloide und deren Salze, organische Säuren etc. gehören. Bei Flüssigkeiten wird das specifische Gewicht bemerkt. Die Conimission spricht sich in Bezug auf 4 und 5 so aus : Auf die Gefahr hin, dass die intendirte Pharma- copoea germanica auch nur ein Entwurf bleibt, muss sie doch so vollständig ausgearbeitet sein, dass ihre Form der Einführung nicht entgegensteht, wenn es gelänge, die eine oder andere Regierung dafür zu gewinnen. Sie muss den Apotheker anweisen, welche Mittel er haben soll und von welcher Beschaffenheit, wie er die Präpa- rate bereiten soll, welche Ansprüche an dieselben in Be- treff der Reinheit gemacht werden; ausserdem muss sie noch die nöthigen Angaben über Aufbewahrung und Dispensation der Mittel enthalten, in Betreff derer speci- ellere Angaben nöthig sind, sie muss der Medicinalpoli- zei den Anhalt für die Revisionen geben, sie muss Alles enthalten, was man in Betreff der Eigenschaften jedes Mittels nicht ohne Weiteres wissen kann und worüber Zweifel entstehen können, sie muss enthalten die hervor- ragendsten pharmakognostischen Kennzeichen des Mittels, sie muss endlich enthalten die in der Regel möglichen Verunreinigungen, bei den Chemikalien den zu fordern- den Grad der Reinheit und zweckmässiger Weise auch, 100 Bley und Geiseler , wohl die zur Prüfung anzuwendenden Reagentien, die nicht alle gleich empfindlich sind, um die Willkürlichkeiten der Revisoren möglichst zu beseitigen. 6) Wegen Unbeständigkeit und Abweichung der Werthe und Namen der in Deutschland üblichen Ge- wichte werden bei den Vorschriften zur Bereitung von Arzneimitteln die Quantitäten nicht in Gewichtsnamen, sondern in Gewichtstheilen angegeben, die, da sie die Verhältnisse anzeigen, jede Missdeutung ausschliessen, und sich leicht auf die Gewichts n am en übertragen lassen. Die Commission will kämpfen für das Decimal- gewichtssystem mit dem Gramm als Einheit. Damit ist unter den jetzigen Verhältnissen gewiss Jeder einver- standen. 7) Die einfachen destillirten Wässer werden nicht dem Namen nach angeführt, sondern es wird im Allge- meinen die Bereitungsweise nur dahin angegeben, dass durch Destillation eines Theiles Subtanz mit der ange- messenen Menge Wasser 8 Theile des nach der Substanz genannten Wassers dargestellt werden. Bei Bereitung der sogenannten weinigen oder geistigen Wässer, die auch nicht einzeln aufzuführen sind, werden 1 Theil der Substanz vor der Destillation 2 Theile Weingeist zuge- setzt. Die hier ausgesprochene Zusammenziehung wird von der Commission (nach den Bemerkungen zu 4 und 5) nicht beliebt, in Bezug auf das vorgeschlagene Verhält- niss äussert sie sich beifällig', bemerkt aber, was unzweifel- haft richtig ist: wir nehmen jetzt auf 8 Th. Decoct oder Infusum 1 Th. Species, weil die Unze 8 Drachmen enthält, wir würden aber sicher auf 10 Theile 1 Theil nehmen, wenn wir ein Gewichtssystem mit decimaler Eintheilung hätten. 8) Die einfachen Extracte werden ebenfalls nicht namentlich aufgeführt, sondern nur in folgende 5 Clas- sen getheilt. über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica. 101 a. Extraeta aquosa, durch Ausziehung mit heissem Wasser bereitet; b. Extraeta frigide parata, durch Ausziehen mit kal- tem Wasser bereitet; c. Extraeta spirituosa, durch Ausziehen zuerst mit Weingeist, dann mit einem Gemische aus gleichen Theilen Weingeist und Wasser bereitet; d. Extraeta aetherea, durch Ausziehen mit Aether bereitet ; e. Extraeta e herbis recentibus, nach der in der Preussi- schen Pharmakopoe gegebenen Vorschrift zur An- fertigung der narkotischen Extracte bereitet. 9) Die ätherischen Oele werden gleichfalls nicht namentlich aufgeführt, ihre Bereitungsweise ist als be- kannt vorauszusetzen, die einfachen sogenannten gekoch- ten Oele, deren Bereitungsweise dahin angegeben wird, dass auf 1 Th. Substanz 8 Th. Olivenöl vorgeschrieben werden, bedürfen auch keiner besondern Verzeichnung. 10) Bei den einfachen destillirten Spiritusarten, gleich- falls ohne nominelle Aufführung werden auf 1 Th. Sub- stanz 8 Th. Weingeist gerechnet, die ätherischen Spiri- tusarten werden durch Vermischung eines Theils des betreffenden Aethers mit 3 Th. Weingeist dargestellt. 11) Für Fruchtsyrupe und Fruchtessige wird auch nur im Allgemeinen die Bereitungsweise angegeben. 12) Für die Tincturen wird ohne namentliche Auf- zählung derselben die Bereitungsweise so vorgeschrieben, dass auf 1 Th. Substanz 8 Th. Menstruum genommen und durch Digestion die Tincturen dargestellt werden. Es würden aber dann wegen Verschiedenheit der Men- strua die Tincturen in 6 Classen zerfallen. a. Tineturae aquosae, durch Digestion von 1 Th. der Substanz mit 8 Th. destillirten Wassers; b. Tineturae spirituoso- aquosae, durch Digestion von 1 Th. der Substanz mit 8 Th. eines Gemisches aus gleichen Mengen von Weingeist und destillir- tem Wasser; 102 Bley und Geiseler, c. Tincturae spirituosae, durch Digestion eines Theils der Substanz mit 8 Theilen rectiiicirten Weingeistes ; d. Tincturae alcoholicae, durch Digestion eines Theils der Substanz mit 8 Theilen höchst rectificirten Weingeistes ; e. Tincturae aethereae, durch Digestion eines Theils der Substanz mit 8 Theilen Spiritus aethereus be- reitet ; f. Tincturae Vegetabilium recentium, durch Macera- tion der zerquetschten frischen Vegetabilien mit Weingeist. Den Tincturen reihen sich an die einfachen soge- nannten Essigtincturen, deren Bereitungsweise durch Digestion eines Theils des Vegetabils mit 8 Theilen Essig angegeben wird, ohne die Namen der einzelnen Essige aufzuführen. 13) Für diejenigen Salben, die nur durch Ver- mischung eines Pulvers, eines Salzes oder Oxydes etc. mit Fett bereitet werden, wird im Allgemeinen die Vor- schrift dahin gegeben, dass auf 1 Theil der Substanz 8 Theile Adeps genommen werden. Die zu 7 mitgetheilten Ansichten der Commission finden Anwendung auch auf die Nummern 8 — 13. 14) Für die Bereitung aller anderen zusammenge- setzten Arzneimittel werden die Vorschriften der Preussi- schen Pharmakopoe, als der schon in einigen deutschen Ländern gesetzlich eingeführten, gegeben; sind sie in der Preussischen Pharmakopoe nicht enthalten, so wird die Vorschrift des Apparatus med. Hamburg, mitgetheilt, fehlen sie auch hier, so wird die Vorschrift derjenigen deutschen Pharmakopoe, in der sie enthalten sind, ent- nommen. Auf diesen Vorschlag geht die Commission nicht ein, will vielmehr selbstständig und ungebunden nach eigenem Ermessen die Vorschriften bestimmend die Pharmacopoea germanica ausarbeiten. Aus den vorstehenden Mittheilungen geht hervor, über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica. 103 dass die Commission gewissermaassen eine deutsche Musterpharmakopöe auszuarbeiten beabsichtigt, während die Gothaischen Vorschläge mehr den objectiven That- bestand berücksichtigend in dem Entwurf zu einer Pharmacopoea germanica zusammenfassen wollen, was Deutschlands Pharmakopoen an Arzneimitteln wirklich darbieten. Die Commission will eine Pharmakopoe ver- fassen und dann Annahme von allen deutschen Staaten verlangen, um so Uebereinstimmung und Gleichmässigkeit herbeizuführen, die Gothaischen Vorschläge wollen zeigen, dass der Mangel an Uebereinstimmung gerade nicht so gross ist, um nicht auf eine leichte Weise beseitigt wer- den zu können, sie wollen zugleich bewirken, dass in ihrem Entwurf alle von Aerzten in Deutschland verord- nete Arzneimittel eine Stelle erhalten. Uebereinstimmung der Arzneimittel in Deutschland ist der gemeinsame Ziel- punct; die Commission appellirt zu dem Ende sofort an die deutschen Staatsregierungen, die Gothaischen Vorschläge appelliren zunächst an die deutschen Apotheker, die Commission nimmt einen subjectiven Standpunct ein, will in den deutschen Staaten eine Pharmakopoe einfüh- ren, die Gothaischen Vorschläge weisen auf einen einzu- nehmenden objectiven Standpunct hin, nehmen das Be- stehende zur Richtschnur, weisen den grossen Umfang der schon vorhandenen Uebereinstimmung nach und wollen, indem sie jeden deutschen Arzt, der dieses oder jenes Arzneimittel liebt, befriedigen-, den geringen Man- gel an Uebereinstimmung durch geeignete Vorschläge ausgleichen. Unbestritten ist der von der Commission vorgeschla- gene Weg der kürzeste, er ist derselbe, der bei Abfas- sung der Landespharmakopöe gewählt wird. Eine er- nannte Commission von 6 bis 8 Mitgliedern arbeitet die Pharmakopoe aus, die Landesregierung sanctionirt sie und das Gesetzbuch ist fertig. So will auch die zur Abfassung der Pharmacopoea germanica von der General- versammlung zu Coburg eingesetzte Commission verfahren und sofort, nachdem die Pharmakopoe verfertigt, die An- 104 Bley und Geiseler, nähme derselben bei allen deutschen Staatsregierungen beantragen lassen. Werden solche Anträge aber ange- nommen werden? Diese Frage ist unzweifelhaft mit „Nein" zu beantworten. Alle Unbefangenen sind darin einig, dass die deutschen Pharmakopoen an dem grossen Fehler leiden, dass nicht alle von Aerzten verschriebenen Arzneimittel aufgenommen sind. Die Mitglieder der so- genannten Pharmakopoe - Commissionen suchen ihre sub- jectiven Ansichten geltend zu machen, entscheiden unter sich schliesslich durch Majoritätsbeschlüsse, tragen also nicht Rechnung anderen, oft sehr wohl begründeten Ur- theilen und üben so einen nicht zu rechtfertigenden Despotismus aus, indem sie vielen anerkannt wich- tigen Arzneimitteln das wohlverdiente Bürgerrecht ab- sprechen, und hochverdiente Aerzte nicht berücksichti- gen. Einen ähnlichen Gang will die zur Abfassung der Pharmacopoea germanica eingesetzte Commission (Siehe unter 1) und schon darum wird ihr Werk nicht von den Staaten Deutschlands angenommen und gesetzlich eingeführt werden, sie will aber auch (nach 4 und 5) Bestimmungen aufnehmen, über die man sich nie voll- ständig einigen kann und wird, und über die man hin- wegsehen muss, da sie in Details eingehen, welche von der Wissenschaft und von den Apothekern selbst als arte peritis am besten entschieden werden. Nach unserer innersten Ueberzeugung kann die Ein- führung einer allgemeinen deutschen Pharmakopoe nicht mit einem Schlage bewirkt, sie muss erst angebahnt werden durch objective Behandlung der Sache, mit Aus- schluss der subjectiven Auffassung, wie sie die Commis- sion intendirt. Darum huldigen wir den in den Gothai- schen Vorschlägen aufgestellten Principien und machen insbesondere auf den Vortheil aufmerksam, den ein nach diesen Principien aufgestellter Entwurf dadurch gewährt, dass er die ganze Angelegenheit allmälig den Händen der Apotheker übergiebt. Wenn die deutschen Apotheker sich dahin einigen, alle in ihren respectiven Landes- pharmakopöen nicht aufgeführten Arzneimittel nach den über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica. 105 Principien des Entwurfs zu beschaffen und herzustellen, so ist in ihm vorläufig ein Appendix zu allen deutschen Pharmakopoen gegeben, der den Uebergang desselben in eine wirkliche Pharmacopoea germanica am sichersten anbahnt. Die Appendices zu den Pharmakopoen, von Apothekern ausgearbeitet, sieht man mehr in den pharma- ceutischen Laboratorien gebraucht, als die Landespharma- kopöen selbst. Ist der Entwurf, der alle in Deutschland gebrauchten Arzneimittel enthält, erst der Appendix für alle deutschen Landespharmakopöen geworden, bald wird er dann diese, besonders wenn sie in ihrer Beschränkungs- sucht fortfahren, überflügeln, und wie jetzt schon notge- drungen deutsche Pharmaceuten in den sogenannten Appen- dices de facto wirkliche Pharmakopoen verfassen, so wird ihnen die Verfassung einer Pharmacopoea germanica später auch de jure eingeräumt werden müssen. Wir können und dürfen aber nicht unterlassen, hier nochmals ausdrücklich zu bemerken, dass zur Bearbeitung des Planes einer Pharmacopoea die Herbeiziehung von Aerzten als durchaus nothwendig erscheint: denn nur der Arzt kann entscheiden was die Pharmacopoea enthalten soll, der Apotheker muss hier durchaus die Stimme des Arztes hören. Demnach haben wir die Ansicht, die Commission hätte sich mit den Aerzten aller Staaten in Verbindung setzen sollen, was z. B. bei der Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Carlsbad hätte gesche- hen können oder in Stettin in diesem Herbste noch ge- schehen könnte. Ohne die Mitwirkung der Aerzte wird man wohl die Pharmakopoen ausarbeiten, aber sie schwer- lich irgendwo gültig einführen können. Aus diesem Grunde beklagen wir sehr den Rücktritt des Dr. M eurer von dem Comite, da Dr. M eurer das einzige ärztliche Mitglied war, dessen Erfahrung hier sehr nütz- lich werden konnte. Sollen die Directorien der deut- schen Apotheker -Vereine die Pharmacopoea germanica den Regierungen empfehlen, so ist es unabweislich noth- wendig, dass die Commission einen logisch ausgearbeite- ten Plan der Pharmakopoe vorlege, weil ohne solchen 106 über die Abfassung einer Pharmacopoea germanica. eine auch nur vorläufige Prüfung nicht möglich ist und niemand etwas empfehlen kann, was er nicht kennt. Welche Ansichten man aber auch hinsichtlich der Abfassung einer Pharmacopoea germanica haben mag, jedenfalls ist es als ein schönes Zeichen der Zeit zu be- trachten, dass die Apotheker- Vereine für sie thätig sind. In den auf diesen Zweck gerichteten edlen Bestrebungen ist der Erfolg der Lehren und der Arbeiten zu erkennen, denen die Begründer der wissenschaftlichen Pharmacie zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts ihre Zeit und ihr Leben gewidmet haben. In keiner deut- schen Stadt ist aber zur Erhebung der Pharmacie so viel geschaffen und gearbeitet worden, als in Erfurt. Brandes sagte einst am 15. September 1836 (S. Pharm. Zeitg. v. Jahre 1837, pag.99) „Erfurt wird in der Geschichte der Pharma- cie immer mit unvergänglichem Ruhme genannt werden." Und er hat Recht, hier war es, wo Tromm sdorff die erste pharmaceutische Akademie gründete, hier war es, wo einst C. F. Bucholz wirkte, der durch seine Theo- rie und Praxis der pharmaceu tischen Arbeiten der Lehrer aller deutschen Pharmaceuten in der Darstellung der chemisch -pharmaceutischen Arzneimittel wurde und die Vorschriften zur Bereitung der chemischen Präparate für alle deutschen Pharmakopoen lieferte. In seine Fussstapfen ist sein würdiger Sohn getreten, dem wir schätzbare Arbeiten über Aetherbereitung, über die Darstellung des Goldschwefels, über Höllenstein und Chlorkalk, über Prüfung schwefelsauren Chinins auf Salicin, über die Reinigung des Antimonmetalls von Arsen, über schwefel- saures Zinkoxyd und mehrere andere Arzneimittel ver- danken, welche von den Apothekern mit Erfolg benutzt worden sind und den wir heute noch mit dieser kleinen Arbeit über einen für die Pharmacie wie die Medicin gleich wichtigen Gegenstand als Jubilar begrüssen und seiner Beurtheilung die erwähnten verschiedenen Ansich- ten anheim geben. Hadelichy die Bestandiheile des Guajakharzes. 107 lieber die Bestandteile Aes Guajakharzes; von W. Hadelich*). Das Guajakharz, diese seit langer Zeit in der Phar- macie angewendete Drogue, stammt von dem in West- indien einheimischen Gunjacum officinale, einem zur natür- lichen Familie der Zygophylleen gehörigen Baume. Das- selbe fliesst entweder freiwillig, oder aus gemachten Ein- schnitten aus, oder aber die Gewinnung wird befördert, indem man die Bäume fällt, an einem Ende anbrennt und so das reiche Ausfliessen des Harzes am anderen Ende erreicht. Man unterscheidet: Guajakharz inThräuen und Guajak- harz in Massen, von denen die erste Sorte etwas theurer ist, sich jedoch nur durch die Form und einen geringe- ren Gehalt an Holztheilchen vor der anderen auszeichnet Das Harz ist röthlichbraun, durchsichtig, doch meist mit einem grünlichen Staube, durch Einfluss der Luft und des Lichtes hervorgebracht bedeckt. Gerieben entwickelt es einen vanilleähnlichen Geruch, schmeckt bitter kratzend und hat ein spec. Gewicht von 1,205 — 1,228. Seine häutige Verwendung als Heilmittel, so wie seine interessanten Eigenschaften, von denen die Bläuung durch schwache Oxydationsmittel und der schöne Geruch vor- züglich zu nennen sind, veranlasste viele Chemiker zu Untersuchungen, von welchen ich hier einen kurzen Abriss gebe. Literatur. Brande *), Buchner 2 ), Unverdorben 3 ), Jahn 4 ), Landerer 5 ), Johnston und Trommsdorff 6 ), beschäftigten sich zuerst mit dem Gegenstande. Ihre Ver- *) Vom Verfasser im Separatabdruck eingesandt. 1) Ergänzungsheft zu Buehner's Eepertorium p. 183. 2) Büch- ners Repert. 3, 281 und 75, 371. 3) Poggendorffs Annalen 7, 316. 4) Archiv der Pharmacie I. Reihe 33, p. 269—277 und II. Reihe 23. 5) Eepertorium f. d. Pharm. 52, 94. 6) Trommsdorff's neues Journal Band 21, St. 1, S. 10. 108 Hadelichj fahrungs weisen beruhten auf dem Verhalten des Harzes gegen die Lösungsmittel: Wasser, Alkohol, Aether und wässeriges Ammoniak, und als Resultate gingen hervor: erstens, dass man es mit einem Gemenge mehrerer Sub- stanzen zu thun gehabt hatte, zweitens, dass dieselben theils mehr, theils weniger den Charakter der Säuren tra- gen, und dass endlich drittens die Stoffe in der Guajak- rinde zum Theil andere sind als im Harze. Man nahm also an als die Bestandtheile : drei verschiedene Harze (Unverdorben, Jahn), ferner noch Benzoesäure, und ein aromatisches Princip (Jahn); und procentisch (nach B u ch n e r) Harz = 80,0 Rinde =16,5 Gummi = 1,5 In Wasser löslicher Extractivstoff = 2,0 100,00 Aus einer alkoholischen Tinctur der Guajakrinde er- hielt Landerer zufällig einen krystallisirten Körper, den er für den Träger jener bekannten blauen Färbung, die durch Oxydation entsteht, hielt. Dieser Stoff war in nur geringer Menge gebildet, wurde nie wieder gesehen, und muss es unentschieden bleiben, ob er mit dem von Trommsdorff beschriebenen Guajacin identisch ist, bis eine neue Untersuchung der Rinde Aufklärung giebt. Im Jahre 1841 wies Thierry 1 ) nach, dass nicht Benzoesäure, sondern eine eigene von ihm Guajacylsäure genannte Säure im Guajakharz enthalten ist, welche sich namentlich durch leichtere Löslichkeit in Wasser von der sonst sehr ähnlichen Benzoe- und Zimmtsäure unterschei- det. Auch fand derselbe Chemiker, dass dieser Körper sich nicht nach der von Righini (Journal de Chimie me- dicale 1836) mitgetheilten Methode, nämlich mit Anwen- dung von Magnesia als bindende Base, erhalten lasse, 1) Journal de Pharmacie et des sciences accessoires 1841, p. 381 ; Journ. f. prakt. Chemie 1841. Bd. 24, S. 333. die Bestandtheile des Guajakharzes. 109 somit er die Autorschaft in Anspruch nehmen müsse, und nicht Righini l ). Darauf nahmen Pelletier und Deville diese Ar- beiten auf, stellten ein reines Harz von der Zusammen- setzung : C 7 1,00 H 7,03 O 21,97 100 welches sie Guajacine nannten, durch Behandlung einer alkoholischen Guajakharzlösung mit einer eben solchen von essigsaurem Bleioxyd und Schwefelwasserstoff dar, erwähnten einen gelben Farbstoff, und 10 Proc. einer in Ammoniak unlöslichen Substanz als Bestandtheile des Guajakharzes. Dieselben Chemiker analysirten die Guaja- cylsäure Thierry's, fanden ihre Zusammensetzung = 012H8CK, dass sie einbasisch sei und, mit starken Basen bei Ab- schluss der Luft erhitzt, in Kohlensäure und ein sauer- stoffhaltiges indifferentes, farbloses, angenehm nach bittern Mandeln riechendes Oel, vom spec. Gewicht 0,874 und der Zusammensetzung : C10H8O2 zerlegt werde, welches sie Guajacen nannten. Die von Sobrero 2 ) 1843 über die Producte der trocknen Destillation des Guajakharzes veröffentlichten Versuche veranlassten Pelletier und Deville 3 ) contro- lirende Arbeiten in dieser Richtung zu unternehmen, welche mit denen vonVölkel 4 ) 1854 und Eber mey er 5 ) über denselben Gegenstand geschriebenen Sachen ein so voluminöses Material sind, dass ich hier nicht näher darauf eingehen will. Eine grosse Anzahl von Versuchen wurde von 1) Compt. rend. 17, 1143u.Journ. d. Pharm. Ser. 3. T. 6.p.ll8, so wie Journal f. praktische Chemie 1844. Bd. 33, p. 316—318 und vorige Note. 2) Journal de Pharm. 1843. 4. p. 381. 3) Journal de Pharmacie 1844. 6. p. 116. 4) Annalen d. Chemie u. Pharm. 1854. p. 345. 5) Journal für praktische Chemie Bd. 62, p. 291 — 295. 110 Hadelich, Schacht 1 )^ Schönbein 2 ) und van den Broek 3 ) über die blaue Färbung des Guajakharzes durch schwache Oxydationsmittel angestellt, die jedoch das Wesen der Erscheinung keineswegs aufklärten. Hlasiwetz 4 ) machte in der neuesten Zeit (1859 — 60) die Erfahrung, dass ein Theil des Guajakharzes mit den Alkalien krystallisirbare Verbindungen eingeht, und es gelang ihm durch Benutzung dieses Umstandes, die reine, krystallisirte Gu a jakharz säur e sowie einige ihrer Ver- bindungen, Substitutions- und Zersetzungsproducte darzu- stellen und zu studiren. Trotz der regen Bearbeitung des Thema' s blieben noch viele Lücken, so dass ich hoffen konnte mit Aus- dauer manche derselben zu beseitigen ; und somit gehe ich nun, nachdem ich diesen Ueberblick der Literatur vorangeschickt habe, zur Beschreibung meiner Arbeiten über. Wo es nothwendig erscheint, werde ich beiläufig oder am Ende die Uebereinstimmungen und Widersprüche hervorheben. Voruntersuchungen. Einige Voruntersuchungen be- zweckten namentlich, den Gehalt an fixen Bestandtheilen festzustellen und zu erfahren, wie das flüchtige, nach Va- nille riechende Oel abzuscheiden sei. Sechs, von verschie- denen Orten entnommene Proben Harz zeigten 0,163 — 0,780 Procent fixe Bestandtheile, welche der Hauptsache nach aus Kalk mit Spuren von Eisenoxyd, Kali und Thon- erde bestanden; ausserdem enthielten alle Sorten wenig Stickstoff, im Mittel 0,5 Procent und ihre Auflösung in Alkohol rothete blaues Lackmuspapier schwach. Durch Destillation, sowohl mit Wasser, salzhaltigem Wasser, als auch Alkohol, liess sich der Riechstoff nicht gewinnen. Wasser, welches mit gepulvertem Harze gekocht wurde, färbte sich gelb und hatte einen bitterlich kratzenden Ge- 1) Archiv der Pharmacie II. Reihe, Bd. 35. S. 3. 2) Poggend. Ann. Bd. 73. 4. 480 u. Bd. 75. 3. 351-357. 3) Scheikundige Onder- zoekingen 5. Deel, 6. Stuck, p. 226—256. 4) Ann. d. Chemie und Pharmacie (112, p. 183) und (119, p. 266). die Bestandtheile des Guajakharzes. 111 schrnack angenommen ; es reagirte schwach sauer und ver- hielt sich ganz ebenso, wie der wässerige Rückstand, den man erhält, wenn man eine Auflösung des Harzes in 50pro- centigem Weingeist durch Destillation von diesem befreit, oder eine solche in 90procentigem in Wasser giesst. Guajacylsäure. Aus den eben erwähnten Flüssigkei- ten suchte ich nach T hier ry's Angabe die Guajacylsäure darzustellen. Man sättigt dieselben mit Aetzbaryt, fil- trirt, und zersetzt das Filtrat genau durch verdünnte Schwefelsäure ; vom gebildeten schwefelsauren Baryt wird abfiltrirt, die klare Lösung der mit Harz verunreinigten Guajacylsäure verdunstet, der braune Rückstand mit Aether digerirt und das nach dem Verjagen des Aethers zurück- bleibende in kleinen Portionen sublimirt. Auf diese Weise erhielt ich aus 4 Pfund Guajakharz ungefähr 1 Decigramm der sublimirten Säure, womit sich nichts beginnen liess. Den guajacylsauren Baryt in Kry- stallen zu erhalten, gelang auch nicht, da der gelbe Farb- stoff zu hinderlich war. Wendet man statt des Baryts Blei an, so kann man dann auch durch Schwefelwasser- stoff das Bleisalz zersetzen und so die Säure erhalten, indem man sie durch Sublimation noch reinigt. Um die Guajakharzsäure darzustellen, wird nach Hlasiwetz Guajakharzpulver mit Kalkmilch ausgekocht, wobei diese sich safrangelb färbt. Durch Uebersättigen mit Essig- säure oder andern verdünnten Säuren, wird diese Flüssig- keit fast farblos und wenig Harz scheidet sich flockig ab ; durch Kohlensäure geschieht dies auch, filtrirt man aber darauf und dampft langsam ab, um etwa den guajacyl- sauren Kalk so zu gewinnen, so hindert hier wieder eben- falls Harz und Farbstoff denselben zu krystallisiren. Gelber Farbstoff. Da die Guajacylsäure in sehr ge- ringer Menge vorhanden war, wollte ich durch eine Be- handlung mit Bleiessig wenigstens versuchen, den Farb- stoff in beträchtlicher Menge zu gewinnen, dampfte zu dem Ende die ursprüngliche, gelb gefärbte Kalkmilch bis auf ein Minimum ein, wodurch fast sämmtlicher Kalk als 112 Hadelich, kohlensaurer abgeschieden wurde, filtrirte ab und wusch den Kalkniederschlag vollständig mit Wasser aus, über- sättigte das Filtrat durch Essigsäure, filtrirte wieder und Hess es während der Ferien 14 Tage stehen. Bei meiner Rückkehr fand ich, dass sich in der Flüssigkeit kleine, blassbräunliche tafelförmige Krystalle gebildet hatten, deren geringe Menge sich wenig vergrösserte, obgleich ihnen noch eine Woche dazu Zeit gelassen wurde. Sie wurden also auf einem Filter gesammelt, ausgewaschen und getrocknet, und waren dann im hohen Grade mit dem angenehmen Vanillegeruch behaftet. Die Mutterlauge fällte ich durch basisch essigsaures Bleioxyd aus, zersetzte den ausgeschiedenen gelben Nie- derschlag durch Schwefelwasserstoff; dann dampfte ich die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit zur Trockne ab, zerrieb den braunen Rückstand mit Sand und Was- ser, kochte aus und dampfte das Filtrat wieder ein. Dies wiederholte ich mehrere Male, bis ich endlich einen rein gelben, in Wasser, Alkohol und Aether leicht löslichen, schwach sauer reagirenden Rückstand behielt. Derselbe ist ein Gemenge von Guajacylsäure und Farbstoff, aus dem sich nach meiner Erfahrung durch Kochen mit in Wasser fein vertheiltem Blei- oder Zinkoxyde die erstere wegnehmen lässt, doch wird die Ausbeute durch diese vielen Manipulationen für beide Körper auf ein Minimum herabgedrückt. Die erwähnten Krystallchen konnten nun entweder die Guajacylsäure, oder das Chromogen, oder endlich ein anderer, indifferenter Körper sein. Sie lösten sich sehr schwer, mit Zurücklassung der bräunlichen harzigen Ver- unreinigung in vielem Wasser, leichter in Alkohol und Aether und krystallisirten am deutlichsten aus der alkoholi- schen Auflösung durch freiwillige Verdunstung. Sie stellen dann, durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt, sehr kleine blassgelbe quadratische Octaeder dar, an denen die Endecken mehr oder weniger abge- stumpft sind, so dass sie unter dem Mikroskope zuweilen die Bestandtheile des Guajakharzes. 113 wie quadratische Tafeln erscheinen. Leider waren sie zu klein, um das Messen der Winkel mittelst des Reflexions- goniometers zu gestatten, und ich muss mich darauf be- schränken, die Formen, wie ich sie unter dem Mikro- skope gesehen habe, hier so gut es gehen will, wieder- zugeben. Mit meinem geringen Vorrath an reiner Substanz zog ich es vor, statt Elementaranalysen lieber eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche Aufklärung darüber geben könnten, zu welcher Gruppe von organischen Körpern dieselbe zu zählen sei. Es sind folgende: Die blassgelblichen Krystalle von eben beschriebener Form sind geruchlos, von rein bitterem Geschmack, hart, und zwar so, dass sie zwischen den Zähnen knirschen. Auf Platinblech schmelzen sie über der Flamme zu einer durchsichtigen, blassgrünlichgelblichen Masse, indem Wasser fortgeht, zersetzen sich dann unter Entwickelung stechender Dämpfe, und verbrennen endlich ohne Rück- stand mit wenig Leuchten. In einer, an einem Ende ver- schlossenen Glasröhre erhitzt, bildet sich bei höherer Tem- peratur ein braunes öliges Desstillationsproduct, während gar nichts von dem Körper unzersetzt sublimirt. In Alkohol, Aether, Essigäther, Schwefelkohlenstoff Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 2. Hft. 8 114 Hadelichy löst er sich ziemlich leicht, sehr schwer hingegen in Wasser, Benzin, Chloroform und Terpentinöl. Diese Lösun- gen reagiren vollkommen neutral, und die gesättigte wässerige bringt, in einem 24 Centimeter langen Rohre eingeschlossen, nicht die geringste Drehung der Polari- sationsebene hervor. Erhitzt man eine Mischung der Substanz mit Natron- kalk, so entwickelt sich Ammoniak, so dass die Anwe- senheit von Stickstoff unzweifelhaft ist; erwärmt man aber in einem Reagirglase ein wenig von dem Körper mit Kalilauge auf dem Wasserbade längere Zeit, so wird ein hineingeklemmtes Streifchen rothen Lackmuspapiers nicht gebläut, woraus man schliessen muss, dass der Stickstoff nicht in der Verbindung als Ammoniak enthalten ist. — Von wässerigem Kali, Natron, Ammoniak, Baryt, Kalk, Strontian wird sie mit tiefgelber Farbe gelöst, welche bei Zusatz einer Säure, selbst Essigsäure, sogleich verschwin- det. Diese Verbindungen sind, wie es scheint, sehr lose, denn auch die Einwirkung der Kohlensäure der Luft, so wie Verdunstung des Ammoniaks, lässt den Körper wieder in seine Form als kleine Octaeder sich ausscheiden. Schwache Säuren, wie Essigsäure, verdünnte Mine- ralsäuren, selbst concentrirte Chlorwasserstoffsäure ver- ändern ihn nicht, und selbst bei längerem Kochen wird nur die Auflösung eines Minimums, aber keine Spaltung erzielt. Mit concentrirter Schwefelsäure giebt er eine sehr charakteristische Reaction; sie löst ihn nämlich leicht zu einer prachtvoll azurblauen Flüssigkeit auf, welche in dem Maasse als Feuchtigkeit aus der Luft absorbirt wird, nach und nach durch die zwischenliegenden grünen Nuancen in Gelb übergeht. Erwärmt man gelinde, so restituirt sich die blaue Farbe wieder, und dies lässt sich wohl dreimal wiederholen, bis endlich doch theiiweise Verkoh- lung eintritt. Setzt man gleich viel Wasser hinzu, so kommt eine prächtige violette Färbung vor, die aber rasch vorübergeht, indem Farblosigkeit eintritt. die Bestandtheile des Guajakharzes. 115 Rauchende Salpetersäure löst den Körper ebenfalls, aber mit schön orangegelber Farbe auf; wird noch con- centrirte Schwefelsäure hinzugethan, so tritt Roth ein. Mit Wasser lassen sich diese Auflösungen klar mischen. Chlor, Brom und Jod bringen ähnliche orange Reactio- nen hervor, wie Salpetersäure. Wässerige Auflösungen dieser Substanz werden gar nicht getrübt durch: Quecksilberchlorid, Eisenchlorid, Ferrocyankalium, essigsaures und schwefelsaures Kupfer- oxyd, aber fügt man zu letzterem Reagens noch Ammoniak, so entsteht die bekannte azurblaue Farbe, welche alle Kupfersalze zeigen, doch bald wird sie schon bei gewöhn- licher Temperatur durch einen schmutzig -grünen Nieder- schlag getrübt und bei dem Erhitzen fällt Kupferoxyd nieder. Hingegen bei essigsaurem Kupferoxyd wird die grüne Mischung nur tiefer grün durch Ammoniak und bleibt selbst nach dem Erhitzen klar. Neutrales essigsaures Bleioxyd bringt eine schwache weissliche Fällung hervor, basisches aber einen dicken gel- ben Niederschlag, und beide lösen sich sowohl in über- schüssiger verdünnter Essigsäure, als auch in Kali leicht auf. Aus allen diesen Versuchen lässt sich mit ziemlicher Bestimmtheit folgern, dass ich es mit dem von Pelletier beiläufig angeführten gelben Farbstoffe zu thun gehabt habe. Das Verhalten des Körpers wie eine schwache Säure, seine vielen farbigen Reactionen, seine optische Inactivität, sprechen dafür, dass er zu den stickstoffhalti- gen Chromogenen zu stellen ist. Dass er ein im Harz bereits vorhandener und nicht erst durch die Behandlung mit Kalk gebildeter Stoff ist, geht daraus hervor, dass die ursprünglichen wässerigen Auszüge des Harzes das charakteristische Gelb- und Farbloswerden durch Basen und Säuren sehr deutlich zeigen. Seine Darstellung wird immer am einfachsten so gelingen, wie es mir der Zufall brachte, nämlich durch Behandlung des Harzpulvers mit Kalkmilch, Abdampfen, Wiederaufnehmen mit Wasser, Uebersättigen mit Essigsäure und langes Ruhen dieser 8* 316 Hadelich, Flüssigkeit. Die Anwesenheit des essigsauren Kalkes scheint das Krystallisiren zu befördern, Luft und höhere Temperatur aber den Körper zu einer harzartigen Substanz zu oxydiren. Leider fiel seine Auffindung in die letzten Wochen meiner Arbeitszeit, so dass ich die für Stickstoffbestim- mungen und Elementaranalysen notwendigen Mengen nicht mehr beschaffen konnte. Aus 3 Pfund Harz hatte ich ungefähr 3 Decigramm erhalten. — Ich gehe nun weiter zur Betrachtung der Guajakharz- säure von Hlasiwetz. Guajakharzsäure. Bei ihrer Darstellung befolgte ich genau die von Hlasiwetz angebenen Methoden, welche kurz folgende sind: Erste Methode: Man bringt eine alkoholische con- centrirte klare Auflösung des Harzes mit einer solchen von Kali oder Natron zusammen, die ein Drittel vom Ge- wicht des Harzes an trocknem Kali enthält. Der nach einiger Zeit entstandene undeutlich krystallinische Boden- satz wird abgepresst, mit Alkohol gewaschen, wieder ab- gepresst, mit kalihaltigem Wasser ausgewaschen, bis er weiss ist, dann durch Erwärmen in solchem Wasser ge- löst und umkrystallisirt. Dann wird er wieder gelöst und durch Zusatz von verdünnter Chlorwasserstoffsäure die noch etwas verunreinigte Guajakharzsäure abgeschieden,, welche dann durch Krystallisiren aus concentrirter Essig- säure vollständig gereinigt wird. Bei der zweiten Methode wird das Harz gepul- vert, mit Kalkmilch, die halb so viel Kalk enthält als Harz angewendet ist, 2 Stunden gekocht, das durch Fil- triren von dem meisten Farbstoff getrennte Gemenge ge- trocknet und dann mit Alkohol ausgezogen. Die grünge- färbte Tinctur, welche man so erhält, wird dann weiter ganz nach der ersten Methode verarbeitet. Durch diese Reinigungsprocesse erleidet man grossen Verlust, so dass die Ausbeute an reiner Säure sehr ge- die Bestandtheile des Guajakharzes. 117 ring wird. Ihre Eigenschaften, so weit sie von Hlasiwetz beschrieben sind, fand ich ebenso durch meine Versuche. Als solche sind anzuführen, namentlich als Zeichen ihrer Reinheit: Üass sie an der Luft aufbewahrt, nicht grünlich wird, ferner, dass ihre Lösung in Alkohol durch Eisenchlorid nur grünlich, durch Chlor wasser gar nicht gefärbt wird, und dass endlich rauchende Salpetersäure in einer durch Wasser milchig gemachten alkoholischen Lösung gar keine Bläuung hervorruft. Concentrirte Schwefelsäure löst die Guajakharzsäure mit schön purpurrother Farbe auf, und bei dem Verdünnen mit Wasser scheidet sich ein weisses Substitutionsproduct ab. Ueber die Form der Krystalle, das optische Verhalten und die Löslichkeits- verhältnisse hat Hlasiwetz nur wenig angegeben, und ich suchte daher einige dahin gehörige Fragen zu beant- worten. Die aus der Auflösung in Essigsäure in concentri- schen Gruppen angeschossenen Nadeln sind zu klein, um Winkelmessungen zu erlauben. Unter dem Mikroskope nahm ich beistehende Form wahr, welche wahrscheinlich einer Combination des rhombischen Systems angehört A. 118 Hadelich, Die betreffende Combination bestände aus einer rhom- bischen Pyramide, an deren Endecken durch eine stumpfere Pyramide eine Zuspitzung hervorgebracht wäre B (ähnlich wie bei Schwefel). Der polarisirte Lichtstrahl wird von der Guajakharz- säure nach Links gedreht. Die Beobachtung geschah mit einem Mit seh er lieh 'sehen Polarisationsapparate. Die Lösung in Alkohol enthielt 11 Proc. Guajakharzsäure bei 15°, die Länge der Flüssigkeitssäule = 23 Centimeter, das spec. Gewicht der Lösung = 0,82, die beobachtete Ablenkung nach Links = 2,75°, also ist 2,75 a = —. == 13,25 0,11. 2,3. 0,82 das Molecularrotations vermögen der Substanz. 1,85 Th. Alkohol von 90,2 Proc. lösen bei 150 i Th. der Säure, für Aether gilt dasselbe Verhältnisse ferner nehmen Benzin, Essigäther, Chloroform, Schwefelkohlen- stoff und Essigsäure dieselbe leicht auf, während sie in Wasser vollkommen unlöslich ist. Meine Elementaranalysen ergaben Folgendes: Die krystallisirte, bei 30° getrocknete Substanz ver- lor durch das Schmelzen, im Mittel von 3 Versuchen, 6,73 Proc. Wasser, ferner: 1) 0,179 Grm. gaben, bei 1000 getrocknet, o,473 Grm. Kohlensäure und 0,141 Grm. Wasser. 2) 0,169 Grm. gaben 0,444 Grm. Kohlensäure und 0,12 Grm. Wasser. 3) 0,19 Grm. gaben 0,502 Grm. Kohlensäure und 0,135 Grm. Wasser. I. IL III. berechnet C = 72,06 = 12,01 71,60 = 11,93 72,13 = 12,02 40 = 240 = 72,72 H = 8,71= 8,71 7,87= 7,87 7,98= 7,98 26= 26= 7,87 O =19,23= 2,40 20,53= 2,56 19,89= 2,48 8= 64 = 19,39 1ÖÖ 1ÖÖ 100 330 100. Hiernach ergaben meine Analysen auch die empi- rische Formel: C40 H26 08, die Bestandtheile des Guajakharzes. 119 welche Hlasiwetz aufstellte. Die krystallisirte Säure verlor bei dem Schmelzen 6,73 Proc. Krystallwasser, wel- ches sich einem Aeq. nähert, denn dieses würde nach der Rechnung 5,17 Proc. ausmachen, krystallisirt also: C40 R26 08 -f HO. Da so viele Analysen der neutralen und sauren Al- kalisalze schon vorlagen, so habe ich nur eine Bleiver- bindung dargestellt und analysirt. Guajakharzsaures Bleioxyd. In eine kochende, in einem Kolben befindliche alkoholische Lösung von basisch- essigsaurem Bleioxyd wurde eben solche der Harzsäure hineinfiltrirt, so dass Bleiessig im Ueberschusse blieb; dann wurde das Gemisch, woraus sich ein weisser Nieder- schlag abschied, von der Luft abgeschlossen, eine Stunde im Dampfapparate erwärmt, und endlich durch Decantiren mit kochendem Alkohol und später Wasser, vom Bleiessig befreiet. Den Verschluss des Kolbens erreichte ich mit einem Kork, durch dessen Bohrung ein Stück einer Glas- röhre ragte, welche durch ein ganz kurzes, seitlich etwas aufgeschlitztes und am Ende mit einem Glasstabe ver- stopftes Kautschukrohr verschlossen war. Auf diese Weise konnten wohl die Dämpfe hinaus-, aber keine atmosphä- rische Luft hineindringen. Der möglichst rasch getrocknete weisse Niederschlag, dessen Gewicht bei 100° constant blieb, erlitt auch nach längerem Trocknen bei 130° keine Abnahme. Da die Bestandtheile des Guajakharzes durch höhere Tem- peratur der Oxydation natürlich noch zugänglicher werden, als sie es schon sind, erhitzte ich nicht weiter, zumal da die basischen Salze meist bei 130° ihr Wasser ver- lieren. 1) 0,17 Grm., bei 130° getrocknet, gaben: Blei = 0,012 Grm. j woraus sich 55,97 Proc. Bleioxyd = 0,092 „ J Blei berechnen. 2) 0,178 Grm. gaben: Blei = 0,005 ) ^ „ . W1 . , .„' rt \ macht 55,62 Proc. Blei. Bleioxyd = 0,102 J ' 120 Hadelichy Das unzureichende Material gestattete nicht, noch die Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs auszufüh- ren, so dass noch diese Versuche wünschenswerth sind; eben so die Erzeugung eines Aethers, die durch Behand- lung einer alkoholischen Auflösung der Harzsäure mit trocknem salzsauren Gas nicht gelingt, vielleicht aber durch Erhitzen dieses Bleisalzes in verschlossenen Glas- röhren mit Jodäthyl sich erreichen lässt. Nach Hlasiwetz' Arbeiten ist die Guajakharzsäure zweibasisch, und zu schreiben; 2 HO, C40H24O6 doch wird es in Frage gestellt, ob sie nicht lieber 4HO,C40H22O4 anzunehmen ist, da ein Bleisalz nach der Formel: 4PbO, C40H22O* 55,95 Procent Blei enthalten muss. Dass die Bleiverbindung bei 130° noch kein Wasser verliert, lässt annehmen, dass es eine neutrale ist. Durch Oxydation der Guajakharzsäure mittelst Salpetersäure er- hält man keine Oxalsäure, welcher Umstand die Annahme eines sauerstofffreien Radicais (C40 R22) befürworten würde. Die Arbeiten von Herrn Prof. Heintz so wie des Herrn Dr. Krug unter des Ersteren Leitung haben gezeigt, dass oft die Bleiverbindungen für die Fest- steilung der Basicität der nichtflüchtigen organischen Säu- ren entscheidend sind. Braune Mutterlauge, von der Gewinnung der guajak- harzsauren Alkalien. Dieselbe ist noch stark alkalisch und mischt sich in jedem Verhältniss mit Wasser und Alkohol klar. Ich Hess dieselbe in einem Trockenraume bei ca. 30° etwas verdunsten, so dass sie die Consistenz einer recht dicken Melasse annahm, behandelte sie dann mit absolutem Alkohol und erhielt dadurch noch eine ge- die Bestandtheile des Guajakharzes. 121 ringe Abscheidung von guajakharzsaurera Kali und eine klare braune Flüssigkeit. Von letzterer durfte ich anneh- men, dass sie entweder ganz oder fast frei von Guajak- harzsäure sei, da in absolutem Alkohol das Kalisalz der- selben äusserst schwer löslich ist. In dieselbe leitete ich getrocknete Kohlensäure so lange ein, bis nichts mehr absorbirt wurde, wodurch sich das Kali fast ganz als koh- lensaures oder doppelt- kohlensaures abschied. Die von demselben getrennte Flüssigkeit dunstete ich im Dampf- bade unter Zusatz von Wasser und ein wenig Chlorwas- serstoffsäure ab, bis der Alkohol verjagt war und das Harz sich ausgeschieden hatte, welches dann durch Waschen mit warmem Wasser vom anhängenden wenigen Chlorka- lium befreit wurde und nach dem Erkalten eine spröde braune Masse darstellte. Diese war zum grössten Theil in Aether löslich, während ein hellbrauner Körper zu- rückblieb; ich benutzte diese Eigenschaft, um so die Harze zu trennen. Das in Aether unlösliche werde ich weiter unten betrachten. Die ätherische Tinctur versetzte ich mit etwas Kali- lauge, welche sofort das gelöste Harz aufnahm, während der farblose Aether über derselben stand ; diesen goss ich ab, verdünnte die Kaliharzlösung mit Wasser und fällte dieselbe mit essigsaurem Bleioxyd in 3 Portionen. Die grünlichgrauen Niederschläge wurden ausgewaschen, in Wasser vertheilt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt. Das entstandene Gemenge von Harz mit Schwefelblei wurde getrocknet und mit Alkohol ausgezogen. Durch die verschiedenen Manipulationen mussten sicher etwa vorhandenes Gummi oder Guajacylsäure aus diesem Harze entfernt sein und die drei alkoholischen Lösungen enthielten eine in Aether lösliche Harzsäure mit Farbstoff verunreinigt. Durch frisch geglühte Thierkohle Hessen sie sich nicht entfärben und wurden an der Luft vorübergehend blaugrün. Für die weitere Erörterung will ich sie mit A. bezeichnen. 122 Hadelich, Bleiessig brachte in der Flüssigkeit, welche von den durch Bleizucker erhaltenen Niederschlägen abgelaufen war, eine kleine Menge eines gelben Niederschlages her- vor, der sich als eine Verbindung des gelben Farbstoffes mit Bleioxyd erwies. Es gelingt nicht mit Hülfe von doppelt- oder einfach- kohlensauren Alkalien eine schärfere Scheidung der Be- standteile dieses Harzgemenges zu bewirken, als dies mit Aether geschehen ist. Hat man eine Lösung des Ge- menges in Ammoniak und leitet Kohlensäure hindurch, so findet bald eine Ausscheidung von Harz statt, aber von Gemengen, indem die ersten Portionen aus viel von der in Aether löslichen mit wenig von der andern, die letzten aus wenig der löslichen und viel der anderen Sub- stanz bestehen. Wird Guajakharz gepulvert und mit Kalkmilch ge- kocht, so wird ein grosser Theil des Farbstoffes ausgezo" gen, die Guajakharzsäure kann dann noch unrein aus dem getrockneten Gemenge durch Alkohol ausgezogen werden, und die beiden anderen harzigen Körper bleiben an Kalk gebunden zurück. Einen solchen, von Guajakharzsäure vollständig befreiten kalkhaltigen Rückstand löste ich in Alkohol und Salzsäure auf, filtrirte in vieles Wasser und wusch das ausgeschiedene Harz aus. Dann wurde es der- selben Behandlung mit Aether, Bleizucker und Schwefel- wasserstoff unterworfen, die oben beschrieben ist, und die drei Harzlösungen, die ich erhielt, seien mit B. benannt. B. hatte ganz dasselbe Ansehen und Verhalten wie A. und beiden suchte ich auf verschiedene Weise die reine Harzsäure zu entnehmen, und zwar 1) Durch partielle Fällung mit alkoholischer Lösung von essigsaurem Bleioxyd und Zersetung des Nieder- schlages durch Schwefelwasserstoff. 2) Durch wiederholtes Behandeln mit Thierkohle. 3) Durch Lösen des abgeschiedenen Harzes in Kali, Abscheiden durch eingeleitete Kohlensäure und Aus- waschen mit Wasser. die Bestandtheile des Guajakharzes- 123 4) Endlich durch Krystallisiren aus Lösungen in Aether, Alkohol und Essigsäure, so wie mit Hülfe der Dialyse nach Graham. Trotzdem gelang es nicht vollständig, den Farbstoff fort- zuschaffen, auch krystallisirte die Substanz nicht, welche ich nun der Kürze wegen Guajakonsäure nennen will. Guajakonsäure. Sie stellt im feinvertheilten Zustande ein weissliches geruch- und geschmackloses Pulver dar, während sie im dichten aus hellbräunlichen spröden Stü- cken von muscheligem Bruch besteht. Sie schmilzt bei 95 — 100° zu einer hellbräunlichen durchsichtigen Masse, welche bei dem Erkalten" im Platinschiffchen ein lebhaf- tes knisterndes Geräusch, als Folge der ungleichen Zu- sammenziehung hervorbringt. Ob der Schmelzpunct nach einmaligem Schmelzen höher gerückt ist, kann man des- halb nicht entscheiden, weil die Substanz auch nach dem Erkalten durchsichtig bleibt. Bei stärkerem Erhitzen in einem Glasrohr erzeugen sich die oft schon erwähnten öligen Destillationsproducte ; hat die Luft Zutritt, so verbrennt die Substanz mit leuchtender Flamme ohne Rückstand. Alkohol, Aether, Essigäther, Chloroform und Essig- säure lösen die Guajakonsäure sehr leicht, während sie in Wasser, Benzin und Schwefelkohlenstoff ganz, resp. fast ganz unlöslich ist. Die Lösungen in indifferenten Medien röthen blaues Lackmuspapier nicht. Die Guajakonsäure ist eine linksdrehende Substanz und ihr specifisches Drehungsvermögen beträgt 32,33. Die alkoholische Lösung enthielt 0,98 Procent, die Länge der Säule war= 24,7 Centimeter. Das specifische Gewicht der Lösung bei 15° === 0,83. Die beobachtete Ablenkung = 6,5° Links, also 6,5 a = i — 32,33. 0,098.2,47.0,83 Aus kohlensauren Alkalien wird von der schmelzen- den Säure die Kohlensäure ausgetrieben, die entstandenen 124 Hadelichf Verbindungen sind unkrystallisirbar und in Wasser und Alkohol leicht löslich, werden aber in" diesen Lösungen durch Kohlensäure wieder zersetzt. Von essigsaurem Calcium-, Baryum-, Strontium- und Bleioxyd, so wie basischessigsaurem Bleioxyd werden aus der alkoholischen Lösung der Säure helle Niederschläge ge- fällt, die in den Fällungsraitteln etwas löslich sind. Essigsau- res Kupferoxyd wird nicht getrübt, salpetersaures Silberoxyd aber sogleich unter Bildung eines Metallspiegels reducirt. Von Chlor, Brom, Jod, den Chloriden von Eisen, Gold und Platin, von übermangansaurem Kali und von Man- ganhyperoxyd wird die Lösung^ der Säure vorübergehend gebläuet. Rauchende Salpetersäure löst sie mit tief orangegel- ber Farbe auf und mischt sich dann klar mit Wasser; kocht man einige Zeit damit, so bildet sich Oxalsäure. In concentrirter Schwefelsäure löst sich die Guajakonsäure mit prachtvoll kirschrother Farbe auf, und bei dem Ver- dünnen mit Wasser scheidet sich dann ein flockiger violet- ter Niederschlag ab, welcher Schwefel enthält. Durch den verunreinigenden gelben Farbstoff enthält die Säure auch etwas weniges Stickstoff, nämlich 0,8 Procent. Die Bestimmung desselben wurde nach der Methode von W i 1 1 und Varrentrapp aus dem Bleisalze gemacht, weil sich die freie Säure mit dem Natronkalk nur höchst unvoll- kommen mischen lässt. 1) 0,342 Grm. Bleisalz, bei 130° getrocknet, gaben: 0,013 Grm. Platin, entsprechend 0,53 Procent Stick- stoff, für die freie Säure berechnet = 0,79 Procent. 2) 0,487 Grm. gaben = 0,019 Grm. Platin = 0,55 Procent Stickstoff, respective == 0,82 Procent in der Säure. Diese Verunreinigung mit dem Chromogene erschien mir doch nicht so bedeutend, um weitere Analysen un- nütz zu machen, welche doch einigermaassen einen Anhalt geben können, bis es später gelungen sein wird, die Säu- ren vielleicht krystallisirt und chemisch rein zu erhalten. die Bestandtlieile des Guajakharzes. 125 Der Stickstoff gebot natürlich, dass ich mich bei den Ver- brennungen vor Eile hütete. Ich führte sie alle mittelst Gas, Sauerstoffstrom und dem modificirten Apparate nach Mulder aus*). Letzterer, welcher statt des Liebig'schen Kugel- apparates zum Auffangen der Kohlensäure Uförmig gebo- gene, mit Natronkalk und Chlorcalcium gefüllte Glasröh- ren trägt, bietet die Vortheile, dass einestheils der Druck ein sehr unbedeutender ist, wodurch etwaige kleine Un- dichtheiten nicht zu grossen Fehlern erwachsen, so wie andererseits, dass ein zu eiliger Gang der Analyse durch Färbung der Schwefelsäure, welche man zur Regulirung der Geschwindigkeit in einem UfÖrmigen Rohre einschal- tet, sofort angezeigt wird. Die zu den nachstehenden Analysen verwendete Guajakonsäure wurde bei 100° ge- trocknet und war nach verschiedenen Methoden gereinigt. 1) 0,179 Grm. gaben 0,451 Grm. Kohlensäure und 0,110 Grm. Wasser. 2) 0,232 Grm. gaben 0,464 Grm. Kohlensäure und 0,140 Grm. Wasser. 3) 0,358 Grm. gaben 0,908 Grm. Kohlensäure und 0,197 Grm. Wasser. I. II. III. berechnet C —68,71 = 11,45 68,96 = 11,49 69,16 = 11,52 38 = 228 = 69,51 H = 6,81 = 6,81 6,70 = 6,70 6,08 = 6,08 20 = 20 = 6,09 O =24,48= 3,06 24,34= 3,04 24,76= 3,09 10= 80 = 24,39 1ÖÖ 1ÖÖ 1ÖÖ 328. 100 woraus sich die empirische Formel: Q38H 2 <>0 10 ergiebt. Die Bleisalze waren für die Analyse am besten geeig- net ; ich stellte solche mit neutralem wie basisch-essigsau- rem Bleioxyde dar. Guajakonsaures Bleioxyd. Eine alkoholische Lösung der Säure wurde bei gewöhnlicher Temperatur mit einer *) Zeitschrift für analytische Chemie von Dr. Remig. Fresenius 1. Heft. 1862. 126 Hadelich, solchen von essigsaurem Bleioxyde vermischt, so dass erstere in die letztere gegossen wurde. Die über dem graulichweissen Niederschlage stehende Flüssigkeit ent- hielt überschüssigen Bleizucker und reagirte sauer. Das Salz wurde dann mit Alkohol und endlich mit Wasser vollkommen ausgewaschen und rasch getrocknet. Es hatte dann eine graugrünliche Farbe, nahm, nachdem es bei 100° ein constantes Gewicht gezeigt hatte, auch nach längerem Erhitzen bei 130° nicht ab und hatte folgende Zusammensetzung : 1) 0,345 Grm. bei 130° getrocknet gaben nach sehr vorsichtigem Glühen in einem bedeckten Tiegel Bleioxyd — 0,123 Grm. \ woraus sich 37,39 Proc. Blei = 0,015 „ \ Blei berechnen. 2) 0,397 Grm. gaben: Blei.xyd = 0,136 Grm. | g ^ Blei = 0,021 „ \ wovon das Mittel = 37,16 Procent Blei ist. Ferner: 1) 0,367 Grm. gaben 0,567 Grm. Kohlensäure und 0,120 Grm. Wasser. 2) 0,328 Grm. gaben 0,507 Grm. Kohlensäure und 0,103 Grm. Wasser. I. IL berechnet C = 42,23 = 7,03 42,19 — 7,03 38 = 228 = 41,37 H = 3,63 = 3,63 3,48 = 3,48 20= 20= 3,63 = 16,98 = 2,12 17,17 = 2,14 12= 96 = 17,42 Pb = 37,16 = 0,35 37,16 = 0,35 2 = 207 = 37,58 100 100 551 100. Wie ich schon weiter oben angeführt habe, sind die Blei-, Kalk- und Barytverbindungen etwas in dem über- schüssigen Fällungsmittel löslich, und man kann sie dann durch Vermischen dieser Flüssigkeiten mit viel Wasser als fast weisse flockige Massen wieder abscheiden. Ein so er- haltenes, mit Wasser vollkommen ausgewaschenes Product die Bestand theüe des Guajakharzes. 127 erkannte ich als ein Gemenge von dem neutralen Bleisalz mit Guajakonsaure, welches 18 Proc. Blei enthielt. Durch schnelles Auswaschen mit Alkohol kann man ihm die bei- gemengte Säure entziehen; geschieht dies aber langsam, so wirkt die Kohlensäure der Luft und das Salz zersetzt sich. Auch dieses Bleisalz verliert bei 130° nicht mehr Feuchtigkeit als bei 100°. Aus mehreren Bleibestimmun- gen erhielt ich 36,93 Procent Blei als mittleres Resultat. Die Wägungen ergaben für Kohlensäure und Wasser: 1) 0,164 Grm. = 0,250 Grm. Kohlensäure und 0,056 Grm. Wasser. 2) 0,170 Grm. = 0,257 Grm. Kohlensäure und 0,072 Grm. Wasser, woraus sich weiter berechnet: I. II. berechnet C = 41,75 == 6,95 41,17 = 6,86 38 = 228 = 41,37 H = 3,79 = 3,79 4,70 = 4,70 20= 20= 3,63 0=17,53 = 2,19 17,20 = 2,15 12= 96 = 17,42 Pb = 36,93 = 0,35 36,93 = 0,35 2 = 207 = 37,56 100 100 551 100. Eine Bleiverbindung, welche genau auf dieselbe Weise erhalten worden war, wie ich bei der Guajakharzsäure dies beschrieben habe, nämlich durch Behandlung mit basisch essigsaurem Bleioxyde, enthielt, bei 100° getrock- net, bedeutend mehr Blei, als das mit „Guajakonsaures Bleioxyd" bezeichnete Salz. 1) 0,182 Grm. gaben: Bleioxyd = 0,085 Grm. j dies berechnet sich zu Blei = 0,004 „ j 47,58 Procent Blei. 2) 0,122 Grm. gaben: Bleioxyd = 0,051 Grm. j macht 46,94 Procent Blei = 0,010 „ \ Blei. Sie verlor gleichfalls, bei 130° getrocknet, nichts mehr an ihrem Gewicht. Fasse ich nun die Resultate dieser Analysen zusam- men, so lässt sich vorläufig die Guajakonsäure mit der 128 Hadelich, meisten Wahrscheinlichkeit als eine 2basische Säure be- trachten, in welcher man das 2atomige Radical (C38H20O8) annehmen müsste, also: 2 HO, C38H20O10 = Guajakonsäure. Die bei 100° geschmolzene Säure, oder das Anhydrid = C38H20O8, 02 und die neutralen Salze = 2MO,C38H20 0io. Aus dem Bleigehalt des zuletzt beschriebenen Salzes könnte man zwar auch die Formel ableiten: 2PbO, C38H19 09 = 3PbO,C38Hl9 06, 03 und danach die Säure für 3basisch halten, indess die bei der Analyse der freien Säure erhaltenen Zahlen würden hierzu nicht stimmen. Es bleibt also einem Anderen, dem die völlige Rein- darstellung der Guajakonsäure gelingt, noch vorbehalten, diese Zweifel zu lösen. Diese Substanz macht ca. 70,35 Procent des Guajakharzes aus, und mit Mangel an Mate- rial würde also nicht zu kämpfen sein, wohl aber noch sehr mit der Beseitigung des Farbstoffes. $-Harz. Der vierte, wichtige Bestandtheil des Gua- jakharzes ist ein in Aether äusserst schwer löslicher Körper, dessen Darstellung und Eigenschaften ich nun beschrei- ben will. Ich will ihn zur kürzeren Fassung „ß-Harz a nennen. Nachdem ich aus den Harzgemengen, welche in der braunen Mutterlauge gelöst waren und dann durch Säuren abgeschieden wurden, durch Digestion mit Aether den grössten Theil der Guajakonsäure entfernt hatte, unter- warf ich die Rückstände einer weiteren Behandlung mit Aether bis zur Erschöpfung im Mohr'schen Extracttions- die Bestandtheile des Guajakharzes. 129 apparate, wobei ich zur Erreichung der nothigen Porosität die Substanz vorher mit Sand mischte. Das auf diese Weise erhaltene Product wurde in Alkohol gelöst, mit frisehgeglühter Thierkohle in der Wärme digerirt und dann die durch Verjagung des Alkohols möglichst concen- trirte Lösung in Aether gegossen. Dadurch schied sich das ß-Harz als ein hellbrauner flockiger Niederschlag ab, den ich durch mehrmalige Wiederholung dieses Proces- ses zu reinigen suchte. Darauf wurde wieder in Alkohol gelöst und durch Vermischen mit Wasser ausgefällt, mit W^asser ausgewa- schen, auf einem Filter gesammelt und getrocknet. Es ist dann ein rothbraunes geruch- und geschmack- loses Pulver, welches, ohne unzersetzt flüchtig zu sein, auf Platinblech mit leuchtender Flamme ohne Rückstand verbrannte. Bei 200° erst schmilzt es zu einer schwarz- braunen Masse und wird durch trockne Destillation in Ölige Producte und Kohle zerlegt, indem sich auch weisse Dämpfe von stechendem Geruch entwickeln. Die Sub- stanz enthält ebenfalls eine geringe Menge Stickstoff und wird von Alkohol leicht mit brauner Farbe gelöst, ohne dann eine Veränderung des blauen oder rothen Lackmus- papiers hervorzurufen. Ebenso wird sie von Essigäther und Essigsäure leicht aufgenommen, während sie in Was- ser, Benzin, Aether, Schwefelkohlenstoff und Chloroform unlöslich, resp. äusserst schwer löslich ist. 1) 0,193 Grm., bei 1000 getrocknet, gaben 0,479 Grm. Kohlensäure und 0.101 Grm. Wasser. 2) 0,218 Grm. gaben 0,543 Grm. Kohlensäure und 0,114 Grm. Wasser, und daraus berechnen sich in Procenten : I. II. berechnet oder berechnet 0=67,68 = 11,28 67.93 = 11,32 28 = 168=68.29 40 = 240 = 67,41 H= 5,82= 5,82 5,81= 5,81 14= 14= 5,69 20= 20= 5,62 = 26,50= 3,31 26,26= 3,28 8= 64 = 26,01 12= 96=26,96 100 100 246 100 356 100. Arch.d.PhwTn. CLXV.Bds.2. Hft 9 130 Hadelich, Die erstere empirische Formel: C28R14 08 kommt zwar den Resultaten der Analysen näher, aber die nahe Verwandtschaft der Substanz mit den Harzsäuren von so hohem Kohlenstoffgehalt lässt die Formel: C40H20O 12 wahrscheinlicher werden. Die Substanz wird von Kali, Natron, Ammoniak leicht zu grünlichbraunen Flüssigkeiten gelöst, aus denen sie durch Säuren wieder abgeschieden wird; durch essigsau- res Blei-, Kupfer-, Baryum- und Calciumoxyd wird ihre alkoholische Lösung nicht gefällt, und Silbersalze werden rasch von ihr reducirt. Eine Behandlung mit basisch- essigsaurem Bleioxyde und Schwefelwasserstoff, wozu mir aber das genügende Material und die Zeit fehlte, dürfte wohl am ehesten zu ihrer Reinigung verhelfen. Von vie- len oxydirenden Agenden wird das ß-Harz grün gefärbt und verliert seine Farbe erst nach längerer Zeit wieder, so namentlich von ein wenig rauchender Salpetersäure, von Chlor, Brom, Jod und Eisenchlorid. In viel rauchender Salpetersäure löst sich der Körper mit rother, in viel concentrirter Schwefelsäure mit violetter Farbe auf; erstere Lösung bleibt mit Wasser vermischt klar, aus der andern scheidet sich ein schmutzig braun- violetter flockiger Niederschlag ab. Nach diesen hier angegebenen Erfahrungen lässt sich noch gar nichts über die Natur dieses ß-Harzes sagen, und können dieselben nur den weiter anzustellenden Versuchen zur Grundlage dienen. Es folge nun eine kurze Zusammenstellung des von dem Guajakharze Bekannten. Das Harz enthält in 100 Th eilen: Guajakharzsäure 10,50 Guajakonsäure 70,35 ß-Harz 9,76 Gummi 3,70 Holztheile 2,57 In Wasser unlösliche fixe Bestandteile 0,79 Guajacylsäure, Chromogen und Verlust 2,33 100,00. die Bestand th eile des Guajakharzes. 131 Weder das rohe Harz, noch irgend ein isolirter Be- standteil desselben lässt sich durch Behandlung mit Säu- ren oder Basen in zwei Körper spalten, deren einer Zucker ist; so dass ich der Behauptung von Kos mann*), dass das gereinigte Harz (Guajacine Pelletier's) ein Glucosid sei und sich durch vierstündiges Kochen mit verdünnter Schwefelsäure spalten lasse, entschieden widersprechen muss. Die Producte der trocknen Destillation. Aus der Guajacylsäure bei Gegenwart von starken Basen: Das Guajacen (Pelletier u. Deville) . . CK>HS()2 Aus dem Harze: Guajol (Völkel) .... C9 H?()2 Guajacol (Völkel) CM5H80 4 Guajacyl Wasserstoff (Pelletier u. Deville) C 14 H 8 4 Guajakbrandsäure (Unverdorben) .... C ,5 H 8 3 Pyroguajaksäure (Sobrero) C 15 H 9 4 Pyroguajacin (Ebermeyer) C 14 H 7 2 Aus der Guaj akharzsäure: Pyroguajacin (Hlasiwetz) C 38 H 21 5 ,HO. Von diesen Formeln sind die von Völkel und Hla- siwetz mit Recht adoptirt worden, da diese Chemiker durch die in der neueren Zeit gemachten Fortschritte der Wissenschaft und Technik sowohl die Darstellung, als Analyse mit grösserer Genauigkeit ausführen konnten als ihre Vorgänger. In Beziehung zu der Guaj akharzsäure: C40R26OS und zur Guajakonsäure C38H22CM2 würde sich das Pyroguajacin vielleicht später bringen lassen C38 H22 06, doch über das Wie wage ich nichts zu schreiben. Das Pyroguajacin zeigt mit Schwefelsäure eine ähn- liche Reaction wie mein Chromogen, und es mögen wohl *) Journal de Pharmacie et de Chimie 38, 22. 9* 132 Will u. Körner , zur Kenntniss der Bildung diese beiden Körper auch sehr nahe verwandt sein*) und auch der blauen Oxydationserscheinung des Guajakhar- zes in etwas zu Grunde liegen. Schliesslich kann ich nicht umhin, dem Herrn Prof. Dr. Heintz, welcher mir bei der Ausführung meiner Versuche mit freundlichen Rathschlägen zur Seite gestan- den hat, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium der Universität Giessen. Zur Kenntniss der Bildung des Senföls ans dem Samen des schwarzen Senfs; von H. Will und W. Körner**). Der Samen des schwarzen Senfs ist schon mehrfach Gegenstand von chemischen Untersuchungen gewesen, welche den Zweck hatten, den Körper zu isoliren, aus welchem durch freiwillige Zersetzung das im Senfsamen nicht fertig gebildete Senföl entsteht. Es war in hohem Grade wahrscheinlich, dass diese Bildung des Senföls in analoger Weise statt finde, wie die des Bittermandelöls, dass mithin der schwarze Senf einen mit dem Amygdalin verwandten Körper, ein Glucosid nämlich, enthalte, eine Vermuthung, die sich in der That auch bewahrheitet hat. Die bis jetzt vorliegenden Versuche zur Isolirung des Senföl gebenden Bestandtheils des schwarzen Senfs haben im Wesentlichen zu den nachstehenden Ergebnissen ge- führt. *) Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 119, p. 226 ff. **) Von den Herren Verfassern als Separatabdruck aus den Annalen der Chem. und Pharm. Bd. 125, Heft 3. (März 1863) an H. Ludwig gesendet. des Senföls aas dem Samen des schwarzen Senfs. 133 Boutron und Robiquet*), wie auch Faure**) 7 wiesen zuerst nach, dass der Senfsamen kein ätherisches Oel fertig gebildet enthält und dass Wasser zu seiner Bil- dung erforderlich ist; sie mittelten ferner die Ursachen aus, durch welche die Entstehung des eigenthümlichen Senfgeruchs verhindert wird. Boutron und Fremy ***) stellten dann aus schwar- zem Senf einen dem Mandelemulsin entsprechenden (später Myrosin genannten) Körper dar; sie fanden, dass derselbe, mit dem geruchlosen wässerigen Auszuge des vorher mit Alkohol behandelten Senfs zusammengebracht, die Bildung von flüchtigem Oel bewirke. Simonf) vermuthete, das Senfbl entstehe durch Einwirkung von Myrosin auf das von ihm aus dem Senfsamen gewonnene Sinapisin ; späterjf f ) aber überzeugte er sich, dass letzteres keine solche Zer- setzung erleide. Bussyfff), der wie Boutron und Fremy von der Ansicht ausging, dass die Bildung des Senföls der des Bittermandelöls analog sei, isolirte zuerst die Verbindung, welche unter Mitwirkung von Wasser und dem emulsin- artigen Körper Senföl erzeugt. Dieselbe ist nach ihm eine eigenthümlicbe, an Kali gebundene Säure, welche er Myronsäure {acide myronique von [iupov, Balsam) nannte. Dem emulsinartigen Körper gab er den Namen Myrosin. Das Kalisalz der Myronsäure wurde von ihm gewonnen durch Ausziehen des bei 100° getrockneten und von dem fetten Oel durch scharfes Pressen befreiten Senfsamens mit 85 procentigen Alkohol, zuerst kalt, dann bei 50 bis 60°. Die von dem alkoholischen Auszug abgepresste rück- ständige Kleie wurde dann mit kaltem oder warmem Was- ser extrahirt, die klare wässerige Lösung in gelinder *) Journ. pharm. XVII. 294. **) Ebendaselbst XVII. 299; XXI. 464. ***) Ebendaselbst XXVI. 48, 112; Ann. d. Ch. u. Ph. XXXIV. 230. t) Pogg. Ann. XLIII. 651. ff) Ebendaselbst LI. 383. fft) Journ. pharm. XXVI. 39; diese Annalen XXXIV. 223. 134 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung Wärme zum Syrup verdampft und letzterer zur Entfer- nung schleimiger Materien mit schwachem Alkohol behan- delt. Der eingeengte Auszug liefert beim Stehen Kry- stalle, welche durch Waschen mit schwachem Weingeist farblos werden. Bussy beschreibt das -so gewonnene Kalisalz als luftbeständige wasserhelle Krystalle, welche beim Glühen schwefelsaures Kali hinterlassen. Die durch Zersetzung des Kalisalzes mit Weinsäure oder des Baryt- salzes mit verdünnter Schwefelsäure erhaltene Myronsäure bildet einen in Wasser und Alkohol leicht löslichen unkry- stallisirbaren Syrup, der mit Myrosin Senföl liefert und dessen wässerige Lösung sich in der Siedhitze unter Schwe- felwasserstoffentwickelung zersetzt. Den bestimmten An- gaben Bussy's über die Existenz des myronsauren Kalis schienen die Versuche einiger anderen Chemiker*) zu wider- sprechen, welche sich vergeblich bemühten, nach dem Ver- fahren von Bussy diese Verbindung aus dem Senfsamen darzustellen. Vor zwei Jahren, zu einer Zeit, in welcher wir uns selbst schon mit der nun vorliegenden Untersuchung be- schäftigten **), bestätigten Ludwig und Lang e***) zuerst die Existenz des myronsauren Kalis; sie fanden für das- selbe die bezüglich des Wasserstoff- und Sauerstoffgehalts unrichtige Formel KO, C20Hi9NS«O>8, welche sie theore- tisch in saures schwefligsaures Kali, KO, S 2 4 , Senföl, C8H5NS2 und Krümelzucker C^H" O 1 * zerlegten, obwohl sie richtig beobachteten, dass das Salz bei der Gährung, unter Abscheidung von Schwefel, in Senföl, Zucker und schwefelsaures Kali zerfällt. Wir gehen nun zur Mittheilung der von uns gewon- nenen Resultate über, deren verspätete ausführliche Dar- *) So von Simon (Pogg. Ann. LI. 383), von Lepage (Journ. chim. m<*d. XXII. 171) und von Thielau (Wittstein's Viertel- jahrsschrift für praktische Pharmacie, VII, 161). **) Vgl. die vorläufige Anzeige in Ann. d. Ch. u. Ph. CXIX. 376. ***) Zeitschr. für Pharm. III. 430, 577. des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 135 legung ihre Erklärung einfach in dem Umstände findet, dass die Verarbeitung grösserer Mengen (mehrerer Centner) Senfsamen einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordert, so- fern die Sicherheit des Erfolgs in der Darstellung des myron- sauren Kalis von der Anwendung von Glas- oder Por- cellangefässen und damit verhältnissmässig kleiner Men- gen des Materials abhängig ist. Das Verfahren, nach welchem wir das rnyronsaure Kali darstellten, war, mit einer wesentlichen Modification jedoch, das nämliche, welches von Bussy befolgt wurde. Zwei Pfund des gepulverten (nicht entölten) schwarzen Senfsamens werden in einem gläsernen Kolben mit 2 ! / 2 bis 3 Pfund Weingeist von 80 bis 85 Voiumprocenten im Wasserbade im Sieden erhalten, bis etwa ! / 2 Pfund Wein- geist übergegangen ist, dann heiss ausgepresst und die- selbe Operation mit dem Rückstande noch einmal wieder- holt. Der im Wasserbade scharf getrocknete und zerrie- bene (660 bis 670 Grm. wiegende) Presskuchen wird nun etwa 12 Stunden mit dem dreifachen Gewicht kalten destil- lirten Wassers macerirt, der Auszug abgepresst und der Rückstand noch einmal mit dem doppelten Gewicht Was- ser etwa zwei Stunden behandelt. Die wässerigen Aus- züge vermischt man mit einer kleinen Menge gut ausge- waschenen, aiifgeschlämmten kohlensauren Baryts und ver- dampft sie im Wasserbade rasch zum Syrup. Versäumt man den Zusatz des kohlensauren Baryts, so nimmt die von Anfang an schon schwach saure Flüssigkeit beim Ver- dampfen leicht eine stark saure Reaction an; es tritt freie Schwefelsäure auf und es ist dann nichts sicherer, als dass man keine Spur myronsaures Kali erhält*). *) Anfänglich bedienten wir uns zu demselben Zweck des neu- tralen kohlensauren Bleioxyds, welches gleichzeitig eine Menge fremder, unkrystallisirbarer Materien aus dem Auszug entfernt. Unter Umständen, deren Vermeidung mau nicht in der Hand bat, tritt jedoch leicht die Bildung von Schwefelblei ein, was selbstverständlich den Verlust des Salzes zur Folge hat. 136 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung Der syrupartige Verdampfungsrückstand wird nun in einem Kolben mit 3 bis 4 Pfund Weingeist von 85 Proc. im Wasserbade zum Sieden erhitzt, der gelbliche Auszug abfiltrirt und die rückständige zähe Masse nochmals mit 2 Pfund Weingeist in der Siedhitze behandelt. Die ver- einigten weingeistigen Auszüge überlässt man in einem bedeckten Gefasse 24 Stunden der Ruhe, trennt dann den gebildeten gelblichen Niederschlag durch eine neue Fil- tration und destillirt von dem Filtrat den Weingeist im Wasserbade ab. Die rückständige Flüssigkeit wird filtrirt und auf flachen Tellern der Krystallisation überlassen. Der so erhaltene gelbbraune Syrup erstarrt bei wärmerer Jahreszeit schon nach 4 bis 5 Tagen, im Winter nach 8 Tagen zu einer aus harten kleinen Nadeln bestehenden Krystailmasse. Man rührt dieselbe mit 75 procentigem Weingeist zu einem dünnen Brei an, presst denselben zwischen feiner Leinwand stark aus und krystallisirt den fast weissen Kuchen so oft aus 84- bis 90 procentigem Weingeist um, bis die Krystalle auch nach dem Trocknen völlig weiss erscheinen. Aus zwei Pfund Senfsamen erhält man in dieser Weise (und insbesondere dann, wenn das Verdampfen des wässerigen Auszugs nicht verzögert wird) im Durchschnitt 5 bis 6 Grm. reines myronsaures Kali. Die abfallenden Mutterlaugen enthalten zwar noch myron- saures Kali, welches indessen nicht leicht in reiner Form daraus zu gewinnen ist; man kann dieselben, wie wir unten anführen werden, durch Ausfällung mit salpetersaurem Silber zur Darstellung von Cyanallyl benutzen. Das myronsaure Kali krystallisirt aus Weingeist in kleinen weissen, wawellitartig gruppirten, seideglänzenden Nadeln, die vollkommen geruchlos sind und kühlend bit- ter schmecken. Das aus Wasser krystallisirte Salz bildet völlig durchsichtige, glasglänzende, kurze Säulen von rhom- bischem Habitus. Es ist sehr leicht löslich in Wasser (die warm gesättigte Lösung erstarrt beim Erkalten zur Krystailmasse), schwer löslich in verdünntem Weingeist, fast unlöslich in absolutem Alkohol, unlöslich in Aether, des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 137 Benzol und Chloroform. Die Lösungen reagiren neutral; sie zeigen keine .Wirkung auf das polarisirte Licht. Das aus Wasser wie aus Weingeist krystallisirte Salz verliert bei 100° nichts an Gewicht; es enthält kein Krystallwas- ser. Die Analyse führte zu nachstehenden Resultaten: I. 0,4379 Grm. gaben 0,4721 Kohlensäure. 0,2928 Grm. gaben 0,1664 Platinsalmiak. 0,7852 Grm. gaben mit Salpetersäure oxydirt und mit Chlorbaryum gefällt 0,8776 schwefelsauren Baryt. 0,3651 Grm. gaben 0,070 schwefelsaures Kali. IL 0,4725 Grm. gaben 0,5022 Kohlensäure und 0,1845 Wasser. 0,4474 Grm. gaben, nach dem Auflösen in Salpe- tersäure, Uebersättigen mit kohlensauren Natron und Schmelzen des Verdampfungsrückstandes 0,5225 schwefelsauren Baryt. 0,6078 Grm. gaben 0,1175 schwefelsaures Kali. III. 0,7362 Grm. gaben 0,7929 Kohlensäure und 0,304 Wasser. IV. 0,553 Grm. aus Wasser krystallisirtes Salz gaben 0,5847 Kohlensäure und 0,2296 Wasser. 0,553 Grm. gaben 0,1113 schwefelsaures Kali. Die proccntische Zusammensetzung des Salzes ist demnach : I. IL III. IV. Kohlenstoff. 29,17 28,8 29,2 28,83 Wasserstoff — 4 3 4,5 4,61 Stickstoff 3,5 — — — Schwefel 15.2 16.1 — — Kalium 8,7 8,6 — 9,23. Es berechnet sie h hieraus die Formel C20H18NKS4O20, welche verlangt: in 100 Tb. C20 120 28,90 R18 18 4,34 N 14 3,37 K 39.2 9,43 S« 64 15.42 O20 160 38,54 415.2 100,00. 138 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung Auf den ersten Blick ersieht man, dass sich die vor- stehende Formel zerlegen lässt in die , des Senföls H 1 8NBaS4O20 verlangt 15,4 Proc. Baryum. Die Baryumverbindung hat demnach die der Kaliumverbindung entsprechende Zusammensetzung. Die verdünnte wässerige Lösung des myronsauren Kalis zersetzt sich in Berührung mit Myrosin oder mit dem frisch bereiteten wässerigen Auszug von weissem Senfsamen in kurzer Zeit. Die anfangs klare und voll- des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 139 kommen neutrale Flüssigkeit trübt sich, nimmt eine stark saure Reaction und den unverkennbaren Geruch nach Senföl an. Die Lösung enthält reichlich Schwefelsäure und Zucker; die Trübung besteht aus einer, wahrscheinlich aus dem Ferment gebildeten unlöslichen organischen Sub- stanz und aus freiem Schwefel. Filtrirt man den sich bildenden Niederschlag ab und behandelt ihn nach dem Trocknen mit Schwefelkohlenstoff, so hinterlässt letzterer beim Verdunsten den bei der Gährung abgeschiedenen Schwefel. Wir kommen später auf diese, schon von Lud- wig und Lange beobachtete Thatsache zurück, welche jedenfalls beweist, dass ausser Zucker, Schwefelsäure und Senföl noch ein viertes, schwefelfreies Gährungsproduct entstehen muss. Emulsin oder ein Auszug von süssen Mandeln, so wie Bierhefe oder Speichel bewirken die Gährung des myronsauren Kalis nicht. Erhitzt man myronsaures Kali mit wenig Barytw as- ser bis zum Sieden, so entsteht sogleich ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, unter reichlicher Entwickelung von Senföl. Vermischt man eine wässerige Lösung des Salzes mit Barytwasser, so dass die Lösung alkalisch bleibt, so bildet sich ebenfalls nach kurzer Zeit ein weisser Nie- derschlag, der nur oder fast nur aus schwefelsaurem Baryt besteht.- Derselbe erscheint rascher bei einem Ueberschuss an Baryt oder bei gelindem Erwärmen. Er -enthält, wie aus der nachstehenden Bestimmung sich ergiebt, genau die Hälfte des Schwefelgehalts des myronsauren Kali's. 0,517 Grm. Salz lieferten in dieser Weise 0,2941 schwefelsauren Baryt. 1,0962 Grm. gaben 0,620 schwefelsauren Baryt. Auf 100 Th. myronsaures Kali entspricht dies 7,7 bis 7,8 Th. Schwefel, während dasselbe in der That 15,4 Proc. enthält. Man ersieht hieraus auf das Bestimmteste, dass das myronsaure Kali die eine Hälfte des Schwefels in der Schwefelsäureform enthält. — Die vom schwefelsauren Baryt abfiltrirte alkalische Lösung riecht nicht im Minde- sten nach Senföl, und nach der Behandlung mit Kohlen- 140 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung p^,are in ganz gelinder Wärme zeigt sie stets noch einen Gehalt von Baryt. Bleizucker erzeugt dann, auf Zusatz von Ammoniak, einen reichlichen weissen flockigen Nie- derschlag, der sich sehr leicht in Essigsäure wieder löst. Dieser Niederschlag schwärzt sich beim Erhitzen, ohne Entwickelung von Senföl. Er ist veränderlich in seiner Zusammensetzung und enthält ausser Schwefel und orga- nischer Substanz über 70 Proc. Blei. Erwärmt man die mit überschüssigem Barytwasser versetzte Lösung des myronsauren Kalis einige Zeit, so findet man in der vom schwefelsauren Baryt abfiltrirten Lösung neben Schwefel- baryum auch Zucker; gleichzeitig findet eine Entwicke- lung von Ammoniak statt. Es ergiebt sich aus diesem Verhalten, dass nach vorsichtiger Entfernung des Antheils von Schwefel, welcher als Schwefelsäure in dem myron- sauren Kali enthalten ist, der Rest der Elemente in der Lösung noch in einer durch Bleisalze fällbaren, aber sehr leicht veränderlichen Verbindungsform enthalten ist, welche in neutraler Lösung leicht in Zucker und Senföl, in alka- lischer Lösung in Zucker, in Schwefelmetall und andere Körper (wahrscheinlich Cyanallyl und dessen Umsetzungs- producte) zerfällt. Kalilauge von 1,28 spec. Gewicht erhitzt sich, mit trockenem myronsauren Kali in Berührung, von selbst bis zum Sieden, unter braunrother Färbung der Flüssig- keit. Es entwickelt sich hierbei anfangs ganz entschieden der Geruch nach Senföl, sodann auch nach Cyanallyl und Ammoniak. Auf Zusatz von Wasser entsteht eine klare braungelbe Lösung, in welcher Bleisalze einen braunrothen, nach dem Sieden aber grauschwarzen Niederschlag erzeu- gen. Die Lösung enthält neben Schwefelsäure auch Zucker. Mit Zink und Salzsäure in Berührung entwickelt das myronsaure Kali anhaltend und ohne Anwendung von Wärme Schwefelwasserstoff. In rauchender Salpetersäure löst es sich zu einer farblosen Flüssigkeit, welche nach dem Verdünnen Eisenoxydsalze nicht röthet, aber durch des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 141 Chlorbaryum reichlich gefällt wird. Beim Kochen von myronsaurem Kali mit verdünnter Salzsäure entwickelt sich Schwefelwasserstoff, dessen Bildung erst nach lange fortgesetztem Sieden aufhört. Die Lösung enthält dann Zucker und, wie die nachstehenden Bestimmungen bewei- sen, ein Ammoniaksalz und die Hälfte des Schwefelge- halts der Verbindung als Schwefelsäure, 0,839 Grm. Salz lieferten nach mehrtägiger Behand- lung mit Salzsäure und Ausfällung mit Chlorbaryum 0,4771 Grm. schwefelsauren Baryt, entsprechend 7,8 Proc. Schwefel. Das (barytfreie) Filtrat gab nach dem Ver- dampfen und Erhitzen mit Kali ein Destillat, in welchem Platinchlorid nach dem Uebersättigen mit Salzsäure, einen orangegelben Niederschlag erzeugte. Derselbe enthielt 43,3 Procent Platin; der Platinsalmiak enthält 44,3, das Allylamindoppelsalz 39,2 Procent. Es ist hiermit darge- than, dass der Stickstoff des myronsauren Kalis beim Kochen mit Säuren in der Form von Ammoniak, nicht von Allylamin, austritt. Ein sehr merkwürdiges Verhalten zeigt das myron- saure Kali zu schweren Metallsalzen, namentlich zu sal- petersaurem Silberoxyd. Letzteres erzeugt in einer wässeri- gen Lösung des myronsauren Kalis erst nach einigen Minu- ten eine weisse Trübung, die sich nach und nach zu einem käsigen Niederschlag vermehrt. Die Lösung nimmt hier- bei eine stark saure Reaction von freier Salpetersäure an. Der Niederschlag, welcher im Lichte sich schwärzt, im Dunkeln sich aber ohne Veränderung auswaschen lässt, entsteht noch bei sehr grosser Verdünnung; er ist so gut wie unlöslich in Wasser. Sehr concentrirte Lösun- gen des Kalisalzes werden durch salpetersaures Silberoxyd kaum gefallt; Zusatz von Wasser bewirkt aber sogleich die Ausscheidung der weissen Silberverbindung. Die vom Niederschlag abfiltrirte Flüssigkeit reducirt reichlich Kupfer- oxyd in alkalischer Lösung; sie enthält also Zucker. Die im leeren Raum über Schwefelsäure getrocknete 142 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung Silberverbindung bildet ein blendend weisses Pulver. Sie hat folgende Zusammensetzung: 0,5082 Grm. gaben 0,2158 Kohlensäure und 0,0656 Wasser. 0,2424 Grm. gaben 0,1677 Chlorsilber. 0,6340 Grm. gaben mit rauchender Salpetersäure oxydirt 0,7283 schwefelsauren Baryt. Es berechnet sich hieraus die Formel C 8 H 5 NAg 2 S 4 8 , welche verlangt: In 100 Theilen : berechnet gefunden C8 48 11,67 11,57 H5 5 1,22 1,43 N 14 3,40 — Ag2 216 52,55 52,08 S4 64 15,58 15,77 08 64 15,58 — 411 100,00. Diese Verbindung enthält demnach die Elemente des Senföls und des neutralen schwefelsauren Silbersoxyds: C8H5NAg2S*08 === C4H5NS2 -f S2Ag2 08. Sie entsteht aus dem myronsauren Kali nach der Gleichung : C20H18KNS4O20 4 2NAg06 *= C8H5NAg2S*08 -f C12H12 012 -f- NK06 + NH06. Das salpetersaure Silberoxyd bedingt eine Trennung der Elemente des myronsauren Kalis in der Art, dass die Senföl- und Schwefelsäuregruppe mit Silber verbunden sich unlöslich abscheiden, während die Zuckergruppe (neben Salpetersäure und Salpeter) in der Lösung bleibt. In der That findet man auch, wie schon oben bemerkt, die letz- teren Körper in der von der Silberverbindung abfiltrirten Lösung. Die Silberverbindung zersetzt sich beim gelinden Er- hitzen und lässt unter reichlicher Entwicklung von Senföl (und wahrscheinlich von Cyanallyl) einen Rückstand von Schwefelsilber und schwefelsaurem Silberoxyd. Eine ahn- des Senföls aus dem Samen des schtcarzen Senfs. 143 liehe Zersetzung erfolgt beim Sieden mit Wasser. Ebenso ent- wickelt sich reichlich Senföl bei Digestion der Verbindung mit Chlorbaryum und (wenn die Silberverbindung im Ueber- schuss bleibt) auch mit Schwefelbaryum. Behandelt man die Verbindung kalt mit verdünnter Salzsäure, so bildet sich Chlorsilber, ohne dass sich Senföl oder Schwefelwas- serstoff entwickelt. Die vom Chlorsilber abfiltrirte Flüssig- keit färbt sich nicht mit Eisenoxydsalzen und giebt auch keine Reaction auf Blausäure, wohl aber enthält sie reich- lich Schwefelsäure, und zwar, wie die folgende Bestim- mung zeigt, zur Hälfte ihres Gehalts an Schwefel. 0,2424 Grm. gaben durch Behandlung mit Salzsäure und Fällen mit Chlorbaryum 0,1265 schwefelsauren Baryt, entsprechend 7,2 Proc. Schwefel. Der Gesammtschwefel- gehalt beträgt 15,5 Proc. — Auf das analoge Verhalten der Verbindung zu Schwefelwasserstoff kommen wir unten ausführlicher zurück. In Wasser vertheilt zersetzt sich die Silberverbindung in Berührung mit Zinkfeile schon in der Kälte unter reich- licher Entwickelung von Senföl und Abscheidung von schwarzem metallischem Silber. Die sauer reagirende Lösung enthält schwefelsaures Zinkoxyd. Bei Einwirkung von metallischem Quecksilber auf die in Wasser vertheiltn Verbindung bildet sich kein Senföl. Unter Abscheidung von Silber verwandelt sich die ursprüngliche weisse Farbe des Niederschlags in gelbweiss und ohne Aenderung der neutralen Reaction. Es entsteht offenbar die dem Sil- bersalz entsprechende Quecksilberverbindung. Vermischt man verdünnte Lösungen von myronsaurem Kali und sal- petersaurem Quecksilberoxydul, so entsteht dieselbe direct als gelblichweisser, leicht veränderlicher Niederschlag, der beim Erhitzen unter Entwickelung von Senföl zerfällt. Durch Bleizucker wird eine Lösung von myronsau- rem Kali erst auf Zusatz von Ammoniak gefällt. Der gelblichweisse amorphe Niederschlag ist äusserst leicht in Essigsäure löslich, in Wasser jedoch so schwer lös- 144 Will u. Körner, zur Kenntniss d. Bildung des Senfoh etc. lieh, dass bei unvollkommener Fällung das Filtrat blei- frei ist. Der nach einer Analyse 10,5 Proe. Kohlenstoff, 1 ; 65 Proe. Wasserstoff und 59,2 Proe. Blei enthaltende Niederschlag besitzt keine der Silberverbindung ent- sprechende Zusammensetzung, sofern er alle Elemente der Myronsäure, namentlich auch die der Zuckergruppe ent- hält. Er ist ein basisches Salz, dessen Zusammensetzung bezüglich des Bleigehalts nicht constant ist. Eine Lösung von 1 Aeq. myronsaurem Kali bedurfte zur Ausfällung mehr als 4 Aeq. neutrales essigsaures Bleioxyd. Zersetzt man den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff, so bildet sich Schwefel blei, gemengt mit Schwefel, und die abfiltrirte Lösung enthält freie Schwefelsäure, Zucker und auch gährungsfähige Myronsäure. (Fortsetzung folgt.) 145 II. Naturgeschichte und Pharma- kognosie. Brasilianische Industrie -Ausstellung. Am 2. December 1861 wurde zum ersten Male in Brasilien eine Industrie-Ausstellung eröffnet. Leider war es mir nicht möglich, die Reise nach der Hauptstadt zu unternehmen, um als Augenzeuge urtheilen zu können, und kann meinen Bericht nur durch Uebersetzung aus den Relationen der Ausstellungs-Commission entnehmen. Wie sich denken lässt, konnte ein an Naturschätzen so reiches Land wie Brasilien, in allen Zweigen der Natur- wissenschaften vielfach Interessantes liefern, welchen Theil ich denn auch besonders zu meiner Arbeit auserlesen habe. Brasilien war in den grossen Industrie-Ausstellungen von 1851 und 1855 nicht vertreten und wollte jetzt an dem grossen Universal -Ausstellungsfeste von 1862 Theil nehmen ; um aber die zu sendenden Gegenstände richtig zu beurtheilen, wurden in allen Provinzen besondere Aus- stellungen veranstaltet, um dann im December 1861 in Rio de Janeiro zu einer Gesammt- Ausstellung vereinigt zu werden. Leider kam die Idee erst spät und die Be- kanntmachung geschah erst im Monat Juli, um schon Mitte November die Sachen abzuliefern. Die Ausstellung war 45 Tage geöffnet und wurde von 50,739 Personen besucht. Die Zahl der Aussteller belief sich auf folgende: Provinz Amazonas 76 Ausstel- ler mit 990 Gegenständen, Prov. Bahia 53 Ausst. mit 104 Gegenst., Alagoas 37 Ausst. mit 340 Gegenst., Ceara 19 Ausst. mit 36 Gegenst., Espirito Santo 1 Ausst. mit 65 Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 2. Hft. 10 146 Brasilianische Industrie- Ausstellung. Gegenst, Goyaz 1 Ausst. mit 1 Gegenst, Matto- Grosso 1 Ausst. mit 1 Gegenst, Maranhao 1 Ausst. mit 3 Gegenst., Minas Geraes 45 Ausst. mit 187 Gegenst, Para 76 Ausst. mit 924 Gegenst., Parahyba 1 Ausst. mit 59 Gegenst., Parana 5 Ausst. mit 151 Gegenst., Pernambuco 44 Ausst. mit 470 Gegenst., Pianhy 2 Ausst. mit 35 Gegenst., Rio de Janeiro 732 Ausst. mit 5928 Gegenst., Rio Grande de Norte 2 Ausst. mit 50 Gegenst., Rio Grande do Sul 42 Ausst. mit 263 Gegenst, S. Paulo 4 Ausst. mit 16 Gegenst., Santa Catharina 3 Ausst. mit 44 Gegenst., Ser- gipe 3 Ausst. mit 107 Gegenst. Von diesen Gegenständen sind 1495 Stück zur Lon- doner Ausstellung ausgesucht, welche die Regierung auf ihre Kosten dorthin versandte. Es wurden 488 Prämien vertheilt: 9 goldene, 110 silberne und 130 bronzene Me- daillen, so wie 239 Belobungen. Ein Land wie Brasilien, wo durch die Fruchtbarkeit der Erde und Begünstigung des Klimas der Mensch sich ohne starke Arbeit das Notwendigste verschaffen kann, hält es schwer, dass die Industrie so schnelle Fortschritte macht, besonders so lange die Arbeitskräfte und Zinsen des Capitals einen so hohen Preis haben. Die Provinzen Para und Amazonas, so enorm reich an natürlichen Producten, exportiren nur Kautschuk und Cacao, und es ist notorisch, dass fast gar kein Handel zwischen diesen und den andern Provinzen existirt. Der Handel mit Oelen allein würde diese Provinzen schon bedeutend heben. Die Baumwolle, der Taback, Zucker- rohr, Reis etc. vegetiren dort mit Leichtigkeit und Uep- pigkeit, doch reicht der Ertrag kaum zum Consum der Provinz aus, indem die ganze Aufmerksamkeit der ärmeren Bevölkerung auf die Gewinnung des Kautschuks gerich- tet ist, und wenn die Zeit dieser Arbeit vorbei, dann besteht ihre Beschäftigung in Jagd und Fischfang, wie bei den Eingebornen. Ebenso in der Provinz Ceara, wo die ärmeren Bewohner einen Theil des Jahres den Kaut- schuk aus einem von Siphonia elastica verschiedenen Brasilianische Industrie -Ausstellung. 147 Baume extrahiren, und hat diese Provinz sowohl, als auch Rio Grande de Norte noch den Vortheil, von der Vorsehung mit der herrlichsten Gabe, der Carnaubapalme, gesegnet zu sein, so dass jetzt dieser Industriezweig des vegetabilischen Wachses mehr als 200 Contos de Reis (ca. 140,000 Thlr.) jährlich rentirt. Jede Provinz hat einen oder zwei grosse Culturzweige adoptirt und vernachläs- sigt fast jeden andern Zweig des Landbaues oder der Industrie. Sie wenden nun die Arbeit und das Capital auf einen dieser Artikel an, und zwar so exclusiv, dass sehr oft der Mangel an Nahrungsmitteln fühlbar wird, welche sparsam, theuer und schlecht sind. Para und Amazonas exportiren z. B. Kautschuk und Cacao ; Maran- hao Baumwolle und Reis; Pernambuco Baumwolle und Zucker; Parahyba und Rio grande de Norte Baumwolle und kleine Mengen von Zucker; Bahia Baumwolle, Zucker undTaback; Alagoas und Sergipe Zucker; Rio de Janeiro und S. Paulo Kaffee und wenig Zucker; Parana Matte- thee; Santa Catharina und Espirito Santo haben keinen einzigen besonderen Artikel von grosser Bedeutung und exportiren nur verschiedene Artikel für den Küstenhan- del; Minas Geraes versieht den Markt der Hauptstadt mit Rindvieh, Schweinen und deren Producten, mit Käse und Taback; Goyaz und Matto Grosso kämpfen mit der Entfernung und Schwierigkeit des Transportes, so dass ihre Exportation sich nur auf Gold und Diamanten be- schränkt, so wie ein wenig Ipecacuanha; Ceara und Rio Grande do Sul, beide hauptsächlich zur Viehzucht geeig- net, exportiren die Producte derselben, ohne einen Fabri- kationszweig damit zu verbinden, und es scheint unglaub- lich, dass ein Land, welches Millionen von Rindvieh züclv tet, Butter und Käse von fremden Ländern importirt. Die Eintheilung der Ausstellung geschah in 5 Grup- pen, deren jede eine besondere Jury zur Beurtheilung der Gegenstände hatte * r da aber der Zweck dieses Be- richtes nur ein kleiner Beitrag für's Archiv ist, so werde ich nur die mannigfaltigen natürlichen Producte, welche 10* 148 Brasilianische Industrie' Ausstellung. den immensen Naturreichthutn Brasiliens beweisen, an- führen. In der ersten Gruppe sind bemerkenswerth die aus den Provinzen S. Paulo und Rio Grande do Sul ausge- stellten und dort fabricirten Weine, welche von der Arne- ricana benannten Traube bereitet waren. Dieselbe ge- deiht in Brasilien ausgezeichnet und giebt jährlich zwei Ernten, so dass für die Weinproduction gute Aussicht vorhanden ist. Der Geschmack des Weines schwankt zwischen Madeira- und Malagawein. Verschiedene hier cultivirte Theesorten, worunter besonders ein Perlthee aus dem Bezirk Marianna, Prov. Minas, welcher von sehr gutem Arom und feinem Ge- schmack. Der Divisionschef Abren brachte die ersten Theepflanzen nach Brasilien, wo sie im botanischen Gar- ten angepflanzt und später von dort nach der Provinz S. Paulo versetzt wurden; derselbe verspricht schon in kurzer Zeit ein lucrativer Handelsartikel zu werden. Holzproben waren in so grosser Menge vorhanden, dass man mit den Namen derselben einige Seiten füllen könnte, wovon allein 300 Arten der herrlichsten Nutzhöl- zer; leider fehlte allen die wissenschaftliche Benennung. Kautschuk war in den verschiedensten Zuständen und Formen repräsentirt. Gewürznelken in Valenca, Prov. Rio de Janeiro cul- tivirt, so wie cultivirte mexikanische Vanille von vorzüg- licher Qualität, und Vanille von Matto Grosso. Cacao, besonders die am Rio Madeira etc. wachsende, wo in der Regenzeit die Stämme lange Zeit fusstief un- ter Wasser stehen, ohne das Geringste zu leiden. Toncobohnen (Dipterix odorata), Cumaru, wovon manch- mal an 10 bis 12 Centner jährlich aus den Wäldern nach der Hauptstadt von Para gebracht werden, bis jetzt noch nicht cultivirt. Pichurim. Nectandra Puchury. Puxiry, wovon der Baum Igapö genannt wird. Die Früchte werden in der Regenzeit gesammelt; das Pericarpium lässt man verfau- Brasilianische Industrie- Ausstellung. 149 len, wäscht dann die Samen und trocknet dieselben auf einer Bastmatte in weiter Höhe über schwachem Feuer. Man exportirte davon im Jahre 1830 an 38,400 Pfund, und im Jahre 1861 nur 1824 Pfund, wovon die Arroba (32 Pfd.) für 7 Milreis verkauft wurde. Guarana, von Paullinia sorbilis bereitet, war in den verschiedensten Formen von der Provinz Alto Amazonas, besonders aus dem District Maues eingesandt, wo das- selbe folgenderweise bereitet wird: Die noch nicht ganz reifen Samen werden mit Hülfe des Wassers vom Peri- carpium befreit, bei einem schwachen Feuer geröstet, dann fein gestossen und mit ein wenig Wasser die nö- thige Consistenz gegeben, um Stangen, Bröde, Figuren u. s. w. davon zu formiren. Es wird nur wenig in der Provinz consumirt, das meiste wird nach Para und Matto Grosso exportirt und sehr gesucht von den Händlern aus Bolivia, so dass öfters dasselbe gar nicht vom Innern nach der Meeresküste gelangt. Im Jahre 1830 wurden 40 Arroba s und im Jahre 1860 200 Arrobas exportirt, der Preis ist gewöhnlich für 32 Pfund — 30 — 32 Mil- reis (1 Milreis = 22 Sgr.). Aus den nördlichen Provinzen war ferner noch eine grosse Anzahl von brasilianischen Droguen eingesandt, leider fehlt den meisten die wissenschaftliche Benennung, z. B. Area oder brasilianischer Salep, als Ersatz der Salep- wurzel; Castanhas de macaco oder C. de seyru, essbare Früchte; Casca de Marupa, officinell; Carajuru, Farbe- stofL Fructos de sabonete. Ersetzt die Seife. Die Früchte werden von den Hirschen als Lieblingsfutter sehr gesucht. Azeitona brava. Ein grosser Baum, welcher in Menge an den Ufern des S. Francisco wächst; die Früchte ge- ben viele Procente eines ausgezeichneten Oeles. Arselina oder Espelina. Die Wurzel der Pflanze wurde von Dr. Faivre mit vielem Erfolg gegen hysterische und nervöse Leiden, so wie gegen Epilepsie angewandt. Bei 150 Brasilianische Industrie -Ausstellung. dem Volke gegen den Biss aller giftigen Schlangen, mit Ausnahme der Crotalus Cascarella, in grossem Ruf. Man giebt dieselbe in Pulver in der Dosis bis zu 18 Gran, dreimal täglich, progressiv steigend, indem man mit zwei Gran anfängt. Camapu. Eine zu den Solaneen gehörende Pflanze. Die Wurzel im Decoct, 1 Unze zu 1 Pfd. Wasser, alle Stunden 1 Kelchglas ; ist von ausgezeichneter diuretischer Wirkung und wird vielfach gegen Wassersucht angewandt. Caua. Die Wurzelrinde des Baumes in Infusion von 1 Unze zu 1 Pfd. Wasser, stündlich ein Kelchglas als Febrifugum. Das Decoct einer Unze Wurzel mit 6 Un- zen Wasser als Purgans; in schwächerer Dosis soll es antiscorbutisch wirken. Tipi. Die Pflanze gegen Syphilis und in der Pocken- krankheit. Barrigudinha. Wird benutzt als Emmenagogum und Antisyphiliticum . Bordao de velho. Die Bohnen des Baumes sind aro- matisch und werden als Wundmittel, so wie gegen Oph- thalmien benutzt. Mucunan. Schlingpflanze, wovon die Bohnen zur Zeit der Hungersnoth als Nahrungsmittel benutzt werden. Caruata da mata, die ganze Pflanze. Soll ein gutes Wurmmittel sein. Corisco. Die Wurzel des Strauches gegen Schlan- genbiss. Liga-liga. Die Wurzel des Strauches zerquetscht ist ein balsamisches Wundmittel. Coronha-criz. Die Bohne als Adstringens und Er- satz der Galläpfel. Mulungu. Die Rinde ist narkotisch, als Decoct äus- serlich und innerlich zur Beruhigung der rheumatischen Schmerzen. Mucambe. Die Wurzel wirkt diuretisch, ebenso zur Heilung der Hernien. Ortiga branca. Das Infusum der Blätter ist ein sehr energisches Diureticum. Brasilianische Industrie- Ausstellung. 151 Perrichil. Eine Pflanze, welche auf den vom Meere überschwemmten Landstrecken der nördlichen Provinzen wächst und in der Asche 50 Proc. Soda enthalten soll. Batala de teju oder tiu-assu. Gutes Drasticum und gegen Syphilis empfohlen. Arvore de lacre. Aus der Rinde dieses Baumes soll ein Harz fliessen, welches den Schellack ersetzt. Mutamba-Rinde. Schleimig und leichtes Adstringens. Der damit bereitete Syrup ist officinell gegen Brustaffec- tionen. Von Gnazuma ulmifolia L. Patchouly von Para. Die Wurzel giebt ein sehr wohlriechendes Destillat. Cipo ckeiroso und Pipirioca, so wie Cwimbo, sämmt- lich Schlingpflanzen, welche als wohlriechende Räucher- mittel benutzt werden. Hiapua oder Mandiocca do mato. Aus der Wurzel wird Stärkemehl bereitet. Muirapiuma. Die Wurzel des Strauches ist ein gros- ses Excitans und eins der energischesten Aphrodisiaca; auch mit Erfolg gegen Lähmungen angewandt. Caaixiu. Das Infusum der Blätter gegen Asthma. Marupa-miry. Das Infusum der Wurzel des Strau- ches gegen Diarrhöe. Marapuy. Die Rinde dieses Strauches ist ein aus- gezeichnetes beruhigendes Mittel; gegen Erbrechen und chronische Diarrhöen. Die frische Rinde als Wundmittel. Caferana. {Tachia guyanensis). Die Wurzelrinde des Baumes ist eines der besten Mittel gegen intermittirende Fieber. Gäpuy. Wurzel eines Strauches. Man macerirt die- selbe mit Wasser und vermischt das sich absetzende Pul- ver mit reinem Wasser gegen Opthalmien. Jurupary -pirera. Die Rinde des Baumes als Räu- cherung gegen Kopfschmerz. Parica-angico. Die Infusion der Rinde und Knospen als mächtiges Auflösungsmittel. Mulvngu-mery, auch Guandu oder Tento. Die Samen 152 Brasilianische Industrie- Ausstellung. dieser Schlingpflanze werden scharf getrocknet, gepulvert, und mit Wasser vermischt, äusserlich gegen Augenent- zündungen angewandt. Cipo-catinga. Schlingpflanze, womit die Indianer die Arzneitränke würzen. Batata meiru. Die Knolle wird nicht allein als Nah- rungsmittel, sondern auch zur Heilung der Opilacao (Chlo- rosis tropic.) benutzt. Brandao. Die Wurzel als Abführmittel und gegen Syphilis. Rabo de tatu. Die Zwiebel einer Parasitpflanze (wohl AmaryUis), von welcher ein excellenter vegetabilischer Leim bereitet wird ; ebenso die Pacova paulistan. Broma. Das Kraut als purgirender und reinigender Thee. Camassum. Der Thee der Blätter gegen Kolik- schmerzen. Cruape. Die Wurzel dieser Schlingpflanze als Em- menagogum. Cacubim. Die Wurzel und Rinde des Baumes gegen rheumatische Schmerzen und gegen Syphilis. Catota. Eine mit Stacheln besetzte Schlingpflanze, deren Früchte gegen Magenschmerzen benutzt werden. Cipo-embe-curuba. Die Wurzel der Schlingpflanze ist aromatisch ; ebenso die von Cipo-embe-molle. Gito. Die Frucht, Rinde und Wurzel dieses Bau- mes sind drastisch. Gerico. Pflanze, welche auf den Steinen der Flüsse wächst; gegen Asthma, so wie ein Diureticum und Febri- fugum; l l 2 Unze zu 1 Pfd. Infusum. Tassenweise. Japaranduba. Die Rinde dieses Baumes wird gegen rheumatische Schmerzen angewendet. Tapojava. Gegen bösartige Fieber und Harnbe- schwerden. Von den Bastpflanzen sind die bemerkenswerthesten von den Bäumen Tury, Castanha de Maranhao, Uassima und den Palmen Tucum und Muriti, so wie besonders Brasilianische Industrie- Ausstellung. 153 von Caraua. Die Pflanzenwolle liefernden Bäume sind in grosser Menge angeführt, doch kein einziger mit dem wissenschaftlichen Namen, ausser den in meiner Samm- lung befindlichen, worauf ich später zurückkommen werde. Interessant sind unstreitig die fetten Oele und Balsame. Ausser den schon bekannten Oelen von Elaeis guya- nensis = Oleo de dende und von Cocos nucifera — Azeite de cocoy waren folgende bemerkenswerth : Oleo de andiroba. Carapa guyanensis. Meliaceae. Dieser Baum ist in Para sehr häufig. Das aus den Früch- ten gewonnene Oel ist ausserordentlich bitter, von gelb- licher Farbe und eigenthümlichem Geruch. Giebt von allen Oelen das vorzüglichste Licht. In der Heilkunde wird es nur äusserlich angewandt, mit gutem Erfolg be- sonders gegen Infarcten der Leber und Milz, so wie auf gefährliche Wunden, um den Tetanus zu verhüten, wo es ganz heiss applicirt wird. Oleo de assahy. Aus den Früchten von Euterpe ole- racea. Ist von dunkelgrüner Farbe und schwach bitte- rem Geschmack. Oleo de bacaba. Oenocarpus bacaba. Von hellgrüner Farbe und ersetzt im Haushalte das Olivenöl. Oleo de castanha. Aus den Samen von Bertholletia excelsa. Von hellgelber Farbe und hat den eigenthüm- lichen Geschmack des Samens (der Paranuss); frisch er- setzt es das beste Olivenöl, wird aber sehr leicht ranzig. Oleo de cumaru. (Pichuryöl; Tonkabohnenol). Aus den Bohnen von Dipterix odorata. Hellgelbes Oel von starkem, angenehmem Geruch. In der Heilwissenschaft wird es gegen Ozaena und Mundulcerationen benutzt. Oleo de jubati. Sagus taedigera. Durch Auspressen der Fruchtpulpe gewonnen. Das Oel ist von rother Farbe und sehr bitterem Geschmack. Oleo de mucaja. Aus der Frucht von Ocrocomia sclerocarpa. Ein festes, gelbgefärbtes Oel ; wird im Haus- halte benutzt. 154 Brasilianische Industrie • Ausstellung . Oleo de pataua. Oenocarpus pataua s. O. distichius. Durch Kochen der zerkleinerten Nüsse erhalten; ist hell- gelb, durchscheinend und fast geruchlos. Wird als Er- satz des Provencerols in der Küche benutzt. Oleo de piquia. Caryocarpus brasiliensis. Aus der Fruchtpulpe durch Pressung gewonnen. Bildet ein festes, weisses Oel, von eigen thümlichem Fruchtgeschmack. Oleo de Beringet, ßiphonia elastica. Aus den Samen des Kautschukbaumes durch Auspressen erhalten; bildet ein bräunliches, klares, fast wie alter Portwein aussehen- des Oel; trocknet nicht so schnell als Leinöl und könnte mit Vortheil zur Typographie benutzt werden. Oleo de Macucu. Aus den Früchten des Macucu- baumes durch Kochen extrahirt. Wird zum Bemalen der Cuias benutzt. Balsam e. Oleo de Jiumiri. Humirium balsamiferum. Durch In- cision der Rinde freiwillig ausfliessend. Ein klares, trans- parentes, sehr angenehm aromatisch riechendes Fluidum. Wird zur Heilung der Metrorrhagien angewandt, so wie auch vielfach in der Parfümerie benutzt. Oleo de Jacare. Colophyllum brasiliensis. Dieser Baum wächst in Alto Amazonas in grosser Menge, wo der Bal- sam durch Incision sehr reichlich ausfliesst; ist von dun- kelgrüner, fast schwarzer Farbe und besitzt einen star- ken, unangenehmen Geruch; wird statt Theer zum Kal- fatern der Kähne benutzt. Oleo de Tamaquare. Durch Verwundung der Rinde eines grossen Urwaldbaumes. Das Volk wendet diesen Balsam mit gutem Erfolg äusserlich gegen Herpes, Pso- riasis und rheumatische Schmerzen an. Die natürlichen Emulsionen, sogenannten Milchsäfte, welche die Brasilianer Leite oder Seivas leitosas nennen, waren in ziemlicher Anzahl repräsentirt, z. B. Leite de assacu oder uacacu. Hura brasiliensis. Ein kolossaler Baum, welcher in Para sehr häufig ist. Die Milch wird durch Einschnitte erhalten, ist etwas consi- Brasilianische Industrie -Ausstellung. 155 stent und von weisslicher Farbe. Sie wirkt irritirend, auf die Haut applicirt selbst Ulcerationen verursachend; innerlich in grösserer Dosis von tödtlicher Wirkung, in kleiner Dosis tropfenweise wirkt sie brechenerregend und drastisch, so wie auch anthelmintisch. Die Fischer be- nutzen dieselbe, so wie noch öfter die frische zerstossene Rinde zur Betäubung der Fische, welches aber von der Behörde verboten ist. Leite de borracha oder seringa. Siphonia elastica. — Kautschukmilch. Dieselbe ist dünnflüssig, schneeweiss. Man benutzt dieselbe in den nördlichen Provinzen bei Behandlung der Brüche und verschiedener Drüsenaffec- tionen, so wie als Pflaster gegen Gicht. Leite de pepina do mato. Ambelania. Ein kleiner, in den nördlichen Provinzen sehr häufig wachsender Baum. Wird innerlich als Calmans, äusserlich gegen Glieder- schmerzen in gleicher Eigenschaft angewandt, uud besitzt beim Volke den Ruf eines Specificums gegen Dysenterie. Leite de sucuba. Plumeria phagadaenica. Wird in- nerlich in der Dosis von l j 2 bis 1 Drachme mit Kaffee oder Ricinusöl gegen Würmer gegeben; als topisches Heilmittel gegen Hautaffectionen und Warzen, so wie als Pflaster gegen Gelenkrheumatismus. Leite de magaranduba. Achras paraensis. Die Milch ist weiss und coagulirt in 24 bis 30 Stunden, wo sie dann grosse Aehnlichkeit mit Gutta percha besitzt, selbst in ihren Eigenschaften. Der Genuss der Milch, selbst in sehr verdünntem Zustande, verursacht Diarrhöe. Leite de murure oder Mercurio vegetal. Ein zu den Rubiaceen gehörendes Gewächs. Die etwas röthlich ge- färbte Milch ist ein actives Stimulans, welches auf das Muscular- und Nervensystem sehr energisch einwirkt und Ruf als Aphrodisiacum, doch besonders als antisyphiliti- sches Heilmittel hat. Die Wirkung nach Genuss dersel- ben ist eine copiöse Diaphorese, zuweilen mit wässerigen Evacuationen und vielen Schmerzen an der Wirbelsäule entlang, so wie in allen Muskeln und Articulationen. 1 56 Brasilianische Industrie - Ausstellung. Leite de murupica. Extrahirt aus einem kleinen Baume. Dieselbe wird in Cameta mit grossem Erfolg als Gegengift bei Verletzungen mit den giftigen Stacheln des Rochens, ferner zur Heilung von Wunden und Drü- senverhärtungen angewandt. Leite de sorva. Von einer Pflanze, wahrscheinlich einer Asclepiadee, abstammend. Wird von den Indianern am Rio Negro vielfach als Kitt benutzt. Leite de Quaximduba. Ein ausgezeichnetes Anthel- minticum. Leite de Umery. Ein aromatisch riechender Milchsaft. Ferner noch Milch von Amapa, Caimbe, Jacare-uba y Bacury, Jacataca und Muiratinga. Von den ätherischen Oelen war bemerk enswerth das Oleum sassafraz von Nectandra eymbarum. Ist von gelber Farbe, sehr angenehmem, intensiv aromati- schem, schwach fenchelartigem Geruch. Von anfänglich süsslichem, später scharfem Geschmack ; hat 1,094 spec. Gewicht. Mit Salpetersäure sich schön roth färbend ; durch Alkalien keine Veränderung. In der Heilkunde gegen Rheumatismus angewandt. Harze und Gummata. Eesina de almecega. Pistacia lentiscus. Aus Amazonas, Ceara und Rio Grande do Sul. Ein gelbliches, etwas zähes Harz von schwachem Geruch. Resina de angico. Pitecolobium. Gegen Lungen- krankheiten und Heiserkeit, besonders ein davon berei- teter Syrup gegen Haemoptisia. Benjoim. Benzoes. Von einem Baume Styrax. Das- selbe soll in jeder Hinsicht die officinelle Benzoe ersetzen. Das schon vielfach bekannte Jatobaharz, der brasi- lianische Copal von Hymenaea, war in verschiedenen Sorten vorhanden. Breo de Anani. Von einem grossen Baume, welcher vielfach an den Ufern der Flüsse in der Provinz Alto Amazonas wächst; 1 Arroba (32 Pfund) wird für circa Brasilianische Industrie- Ausstellung. 157 1 !/ 2 Thlr. verkauft. Das Harz wird, nachdem es aus dem Baume geflossen, mit dem Safte der Blätter von Batata f einer Convolvulacee, gemischt, damit es zäher und nicht brüchig wird, wo es dann die meiste Anwendung zum Kalfatern der Kähne findet. Wird auch gerühmt als Räucherung gegen Kopfschmerzen. Breo de sapo oder Cunauaru-icica. Den dieses Harz liefernden Baum findet man nur in Sümpfen. Wird als Räucherung gegen Kopfschmerzen benutzt. Resina de Jauara-icica. Ein etwas zähes, dunkel- farbiges, durchscheinendes Harz, von starkem Geruch. Wird statt Pech benutzt. Resina de lacre. Von dem Baume gleichen Namens; ist gelblichweiss, ein wenig zähe, geruch- und geschmack- los. Man benutzt dasselbe zur Bereitung des Siegellacks. Breo branco. Weisses, etwas zähes Harz von schwa- chem Geruch und scharfem Geschmack; mit dem Oele von Andiroba wird ein Pflaster bereitet, welches als Em- / plastrum maturans officinell ist Meine Sammlung, welche aus den verschiedensten brasilianischen Naturproducten und daraus erzielten ana- lytischen Producten bestand, habe ich in einem kleinen Werke in portugiesischer Sprache publicirt und werde dasselbe in deutscher Sprache als Fortsetzung dieses Auf- satzes senden. Die mineralogische Sammlung zeigte den ungeheu- ren Reichthum Brasiliens und waren so zu sagen sämmt- liche mineralogische Erzeugnisse der Welt vertreten, z. B. aus der Provinz Minas Geraes: Eisenalaun, Schwefel- antimon von Ourö Preto, Anthracit, Aragonit von Morro velho, Arsenik von Ouro Preto, Asbest von Caethe, Be- ryll, Wismuth von S. Miguel und körniges Wismuthoxyd von Rio de Pedras, Zinnober von Corrego Trepuy, kohlen- saures Bleioxyd von Melancias, Chromblei von Goiabeira, Kobalt aus Antonio Pereira, kohlensaures Kupferoxyd mit Galenum in Melancias, Cymophan von Itabira do Campo, Cyanit von Ouro Preto, Schwefel von Antonio Pereira, 158 Brasilianische Industrie- Ausstellung. Smaragde von Minas Novas, körniges Zinnoxyd von Rio das Velhas, Euklas von Cacbambu, Eisenerze der ver- schiedensten Art, wovon bekanntlich die Provinz einen enormen Reichthum besitzt, Granaten von Parahybua, Graphit von Barreiras, Amethyste, Jaspis von Sabara, Limonit von Antonio Pereira, Salpeter von Tamandua und von Piumby und Diamantina, Bleierz, schwefelsaures Eisenoxydul, Titan von Corrego Mangala, Topase von Ita- bira do Campo, Turmaline von Cachoura do Campo, Gold- erze von den verschiedensten Orten. Aus der Provinz Bahia: Eisenalaun von Jequitin- honha, rothen Marmor von Ilheos, Pyrolusit von Nazareth. Aus der Provinz Ceara: Kohlensaures Natron von Serra grande, Kreide von Crato, Kaolin von Batateira, bituminöser Kalkschiefer von Serra de Araripe. Aus der Provinz Maranhao: Hydraulischer Kalk von Ajucum, Kreide von Grajahu, bituminöser Thonschiefer von Chapada. Aus der Provinz Mato Grosso : Kohlensaures Kupfer- erz von Jouru. Aus der Provinz Parana: Jade von Guarapuava. Aus der Provinz S. Paulo: Anthracit von Itapeti- ninga, Steinkohle ebendaher, Magneteisen von Ipanema, bituminöser Schiefer von Pirapora. Aus der Provinz Rio Grande do Norte : Magneteisen von Oppodi, Kreide von NataL Aus der Provinz Rio de Janeiro: Kalksteine von Cantagallo etc., Kaolin von Nitheroy, Marmor von der Parahyba-Campos. Aus der Provinz Santa Catharina: Steinkohle von Arroio das Palmeiras, von Passa Dous und von Laguna, bituminöser Schiefer von Morro di Taio und S. Gabriel, schwefelsaures Natron von Itajahy. Aus der Provinz S. Pedro : Agate von Rio Pardo und von Pirapo, Barytina von Ca§apava, Basalt von Serra do Roque, Steinkohlen von Capellinha de Campane, Curral Alto, Herval, Sandy, Serra do Roque und aus der Mine von Ricardo, kohlensaures Kupfererz von Curral Alto. (Fortsetzung folgt.) Cantagallo, im Februar 1863. Theodor Peckolt 159 III. Monatsbericht. Quantitative Bestimmung der Stärke. Man digerirt die stärkemehlhaltige Substanz, nach- dem man sie vorher getrocknet hat, mit einer alkoholi- schen Kalilösung bei 110°, welche man durch Auflösen von 5 — 6 Th. festen Kalihydrats in 94 — 95 Th. möglichst absoluten Alkohols bereitet. Die Digestion geschieht ent- weder in zugeschmolzenen Glasröhren oder in einem luft- dicht verschliessbaren Gefässe aus Silber; sie dauert 18 bis 30 Stunden. Auf 2 — 3 Grm. der getrockneten Substanz nimmt man 25—30 Grm. Kalilösung; durch diese Opera- tion gelangen nach und nach alle Proteinsubstanzen in eine in Alkohol oder Wasser lösliche Verbindungsform, gleichzeitig werden alle Fette verseift und eben so wie der Zucker, das Dextrin etc. in einen Zustand versetzt, dass sie sich nachher leicht durch Wasser oder Akohol auswaschen lassen. Endlich geht auch ein Theil der in den Pflanzensubstanzen enthaltenen mineralischen Säuren in die Lösung über. Die Stärkemehlkörner erfahren hier- bei weder qualitativ noch quantitativ eine Veränderung. Dasselbe gilt von der Cellulose und einigen anderen Stof- fen, (Cuticularsubstanz, Schleim, einige Salze, Kork etc.), das Ganze aber ist in einen solchen Zustand der Auflocke- rung versetzt, dass die weiter anzuwendenden Agentien leicht und schnell zur Wirkung gelangen. Nachdem die Digestion vollendet ist, filtrirt man. Enthalten die Pflan- zenstoffe viel Oel, so wird heiss filtrirt, dann mit heissem absoluten Alkohol, später mit kaltem gewöhnlichen Spiritus und endlich mit kaltem destillirten Wasser ausgewaschen, bis dieses nichts mehr auflöst. Bei sehleimhaltigen Samen fügt man dem Auswaschwasser 8 — 10 Proc. Weingeist hinzu. Der getrocknete Rückstand auf dem Filter wird entweder mit einer öprocentigen wässerigen Salzsäure erhitzt oder mit einem concentrirten Malzauszuge bei 56° digerirt, bis alle Stärke in Zucker umgewandelt ist. In beiden Fällen braucht man den gut ausgewaschenen 160 Stärke in unreifen Früchten. Rückstand nur zu wägen und den Verlust als Stärke zu berechnen. Den kleinen Fehler, welchen man bei Anwen- dung von Salzsäure dadurch begeht, und dies gleich- zeitig etwas von den noch vorhandenen mineralischen Sub- stanzen auflöst, kann man vernachlässigen, oder man dun- stet den zuckerhaltigen Auszug ein, verbrennt im Platin- schälchen und bestimmt die Asche. Bei Anwendung von Malzauszug wird nur die Stärke gelöst. Will man die Differenzbestimmung umgehen und den Stärkegehalt aus dem gebildeten Zucker entweder durch Reduction mittelst Kupferoxyds oder durch Gährung bestimmen, so muss natürlich Salzsäure (Schwefelsäure oder Oxalsäure) ange- wendet werden. Bei schleimigen Substanzen wendet man zur Ausziehung des Stärkmehls eine concentrirte Koch- salzlösung an, der man etwas Salzsäure zusetzt ; das darauf vorzunehmende Auswaschen geschieht mit weingeisthalti- gem Wasser. Nach dieser Methode hat Dragendorff folgende Bestimmung ausgeführt. A. Verlust beim Trocknen. B. Verlust bei der Be- handlung mit alkoholischer Kalilösung. C. Stärke. D. Cellu- lose, Kork, Lignin, Cuticula, Schleim und Mineralstoffe. A. B. C. D. Weizen 13,2 18,7 59,5 8,6 Weizenmehl 15,8 12,6 68,7 2,9 Roggen 11,0 23,2 59,7 6,1 Hafer 11,9 22,1 46,6 20,4 Gerste 11,5 23,5 57,5 7,5 Thimothesamen 12,6 29,9 45,0 12,5 Reis (geschält) 13,3 17,1 61,7 7,9 Erbsen 5,0 34,2 37,3 23,5 Bohnen (weisse) 16,7 45,1 33,0 5,2 Kleesamen 10,8 60,0 10,8 18,4 Leinsamen 7,6 46.1 23,4 22,9 Senfsamen 8,5 51,5 9,9 30,5 Kapssamen 5,8 63,5 8,6 21,1 Teltower Rüben, trockene Substanz — 79,8 9,5 10,4 Kartoffeln, trockene Substanz — 31,6 62,5 5,9 (Pharm. Zeitschr.f. Russland. 1862. — Chem. Centrbl. 1862. Nr. 33.) B. Heber die Stärke in unreifen Früchten. Die vielfache Annahme, dass man in den unreifen Früchten durch unsere bekannten Mittel, das Jod und das Mikroskop, keine Stärke nachweisen könne, ist von P a y e n entkräftet worden. Im Nachfolgenden zeigt derselbe, dass diese Nachweisung selbst in den verschiedensten Theilen Stärke in unreifen Früchten, 161 derselben Frucht und zu allen Zeiten der Entwicklung, ja selbst beim Eintritt der Reife leicht gelingt. Man schneidet eine dünne Scheibe parallel zur Achse der zu untersuchenden Frucht ab, bringt diese augenblicklich in Wasser, um die Wirkung der Luft auf die sich färben- den Substanzen zu verhindern und alle löslichen Stoffe zu entfernen, welche Jod absorbiren könnten. Nachdem man vollständig mit Wasser ausgewaschen hat, legt man die Scheibe in eine wässerige, schwach mit Alkohol versetzte Jodlösung während 1 — 2 Stunden, bis sich die Färbung zeigt. Auf solche Weise präparirte Scheiben von Aepfeln, Birnen, Quitten im ersten Viertel und in der Plälfte ihrer Entwickelung zeigen eine sehr intensive blaue und violette Färbung, ein Beweis für die reichlichen Stärkeablagerun- gen unter der Epidermis, dann im ganzen Zellgewebe des Pericarpiums etc. Bei Beobachtung der Stärke eines halbreifen Apfels unter dem Mikroskop zeigte sich, dass unter diesen Stärke- körnern viele gruppenweise zu 2 oder 3 vereinigt sind. Payen sah bei Birnen, dass bei herannahender vollkom- mener Reife Stärkekörner nahe dem Fruchtstiel und im grössten Theile des Pericarpiums vollständig verschwan den, während sie sich noch nahe der Epidermis und nahe dem Kernhaus zeigten. Aehnliche Beobachtungen machte derselbe an Quit- ten, und besonders schön, wenn durch Alkohol vorsich- tig die grosse Menge gelber Substanz entfernt worden war, welche sie enthalten. Schon früher hat Payen nachgewiesen, dass der Entstehung der grössten Menge Zucker in den Stengeln und Blättern der jungen Zuckerrohrpflanzen eine Bildung von Stärke vorangeht. Hier scheint aber die Stärke nur secernirt zu werden, um nacheinander aus einem Gewebe ins andere überzugehen und dann den bleibenden Zustand der Cellulose anzunehmen. Schliesslich bemerkt Payen noch, dass so leicht und einfach die angegebenen Versuche zur Nachweisung der Gegenwart, sowie der Veränderungen und der Menge der Stärke in den Pflanzenzellen sind, sich dabei doch immer beobachten lasse, dass durch die gefärbten oder färbenden Stoffe und durch die stickstoffhaltigen Körper die Reaction vereitelt werden kann. Eine andere Ursache zu Irrungen könne endlich in einer speciellen Eigenschaft der Stärke selbst liegen, wenn sie z. B. in sehr kleinen Körnern zu- Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 2. Hft. 11 162 Ueber den in den sauren Früchten enthaltenen Zucker sammengehäuft Vorkommt, wo sie dann fähig ist, das Jod, welches die Substanz violett färbt, freiwillig wieder ab- dunsten zu lassen. Dies ist z. B. bei der Stärke der Cacao der Fall, die von geschickten Chemikern verkannt worden ist, obwohl ihre Menge 10 Proc. der entschälten Bohnen beträgt. Diese Eigentümlichkeit der normalen Cacaostärke erleichtert die Auffindung von gewöhnlicher Stärke in Cacaopräparaten, indem die gewöhnliche Stärke die blaue Färbung behält. (Journ. für prakt. Chem. Bd. 86. 8.) B. lieber den in den sauren Früchten enthaltenen Zucker hat H. Buignet eine schätzenswerthe Arbeit im Co7npt. rendu, Bd. 51. 894 in folgenden 14 Sätzen veröffentlicht: 1) Die sich gewöhnlich in den sauren Früchten vor- findende Zuckerart ist Rohrzucker (C^H^O 11 ), welcher durch seine Eigenschaften und sein Drehungsvermögen mit dem aus dem Zuckerrohr und den Runkelrüben ge- wonnenen identisch ist. 2) Während des Reifens der Früchte ändert sich die- ser Zucker allmählich in Invertzucker (C 12 H I2 12 ) um, wel- cher zufolge seiner Eigenschaften und seines Drehungsver- mögens mit dem durch Einwirkung von Säuren oder Fer- menten auf Rohrzucker gebildeten identisch ist. 3) Untersucht man den Zucker zur Zeit der vollstän- digen Reife, so findet man ihn in den verschiedenen Früchten verschieden zusammengesetzt, indem er bald nur aus Invertzucker, wie in den Weintrauben, den Johannis- beeren, den Feigen, bald aus einem veränderlichen Gemenge von Rohrzucker und Invertzucker, wie in den Ananas, Aprikosen, Pfirsichen, den Aepfeln, Birnen etc. besteht. 4) Der Grund dieser Verschiedenheiten liegt nicht in der Sauerheit der Früchte. Die Erfahrung beweist, dass die organischen Säuren nach Verhältniss ihrer rela- tiven Menge, des Zustandes ihrer Verdünnung und der niedrigen Temperatur, bei der sie wirken, nur eine ge- ringe umwandelnde Wirkung auf den Rohrzucker haben. So enthält die Citrone, die so sehr sauer ist, mehr als */ 4 ihres Zuckers als Rohrzucker, während die Feige, welche kaum sauer ist, nur Invertzucker enthält. Ebenso findet sich in dem Zucker der Aprikose, Pfirsiche etc. gegen 70 Proc. Rohrzucker, während sich nicht eine Spur lieber den in den sauren Früchten enthaltenen Zucker. 163 davon in den Weintrauben und Kirschen findet, deren Säure doch sehr gering ist. 5) Die Verschiedenheiten, welche die relativen Men- gen dieser beiden Zuckerarten darbieten, scheinen durch den Einfluss einer stickstoffhaltigen Materie hervorgerufen zu werden, welche die Rolle eines (Jlycose bildenden Fermentes spielt, ähnlich dem von Berthelot neuerdings aus der Bierhefe gewonnenen. 6) Vergleicht man die Wirkung der Säure und des Fermentes in demselben Fruchtsafte, indem man in einem Theile desselben das Ferment durch Alkohol fällt, im andern die freie Säure durch kohlensauren Kalk neutra- lisirt, so zeigt sich, dass im ersteren Falle der Zucker längere Zeit keine merkliche Veränderung erleidet, wäh- rend er im zweiten Falle vollständig umgewandelt wird, selbst nach Verlauf von 24 Stunden. 7) Zwischen dem Rohrzucker und dem Invertzucker findet eine so innige Verwandtschaft statt, dass man nur mit vieler Mühe sie von einander trennen kann. So ver- liert der Rohrzucker seine Krystallisirbarkeit, wenn mit ihm die geringste Menge Invertzucker vorkommt. 8) Man scheidet den Rohrzucker am besten nach dem von Peligot zur Analyse der Melasse angewendeten Ver- fahren aus den Früchten ab, indem man durch Kochen ein Kalksacharat erzeugt und dieses durch Kohlensäure zersetzt. Hierbei krystallisirt der Zucker häufig nicht und wird auch nicht in genügender Menge erhalten, wenn man nicht mehrmals mit Kalk behandelt und die syrup- artige Lösung mit Alkohol auszieht, aus dem er sich ab- scheidet. Auf diese Weise erhielt Buignet den krystal- lisirbaren Zucker aus der Pfirsiche, der Aprikose, der Pflaume, dem Apfel etc. 9) Die reichliche Menge der in den Pflanzen vorhan- denen Stärke lässt vermuthen, dass sie die eigentliche Quelle des Zuckers in den Früchten ist. Man kann sie aber weder durch das Mikroskop, noch durch Jodwas- ser in den unreifen Früchten nachweisen. Andererseits ist der Zucker, welcher aus Stärke durch künstliche Um- bildungen entsteht, eine um 33° nach Rechts drehende Glycose, während der in den sauren Früchten vorkom- mende Zucker, entweder ganz oder theilweise invertirter Rohrzucker ist. 10) In den grünen Früchten ist ein Stoff enthalten, welcher Jod noch energischer absorbirt, als die Stärke, und damit eine farblose Verbindung bildet. Dieser Stoff 11* 164 Das Caramelan. hat adstringirende Eigenschaften und scheint den meisten seiner Eigenschaften nach dem Tannin nahe zu stehen. 11) Fügt man dem Safte einer grünen Frucht so viel Jod zu, als er aufnehmen kann, so scheidet sich eine Verbindung von Jod und diesem adstringirenden Stoffe aus, welche nach dem Auswaschen mit verdünnten Säu- ren bei geeigneter Temperatur Zucker bildet. 12) Der aus dem Gerbstoff der Galläpfel durch ver- dünnte Schwefelsäure entstehende Zucker drehte nach Rechts, und zwar eben so stark wie die Glycose der Stärke. Der aus dem Gerbstoffe der grünen Früchte unter den- selben Umständen entstehende Zucker drehte gleichfalls nach Rechts und ist identisch mit dem Stärkezucker. 13) In den grünen Bananen findet man stets viel Stärke und Gerbstoff, welche beide gleichzeitig abnehmen, so dass sich zuletzt keine Spur beider in den reifen Bananen vorfindet. Der an ihrer Stelle auftretende Zucker ist Rohrzucker. 14) Es besteht daher eine wesentliche Verschieden- heit zwischen den künstlichen Methoden der Zuckerbildung aus Tannin oder Stärke und den Umwandlungen in der Natur. Ebenso existirt eine sehr grosse Verschiedenheit zwi- schen dem zuckerartigen Stoffe der Früchte, je nachdem er sich unter dem Einflüsse vegetativer Kräfte oder ohne diese gebildet hat, und der Versuch zeigt, dass der in vom Baume getrennten Bananen sich bildende Zucker nicht Rohrzucker, sondern Invertzucker ist. (Journ.für prakt. Chemie. Bd. 86. 8). B. Das Caramelan lässt sich nach Gelis farblos erhalten, wenn man mit Stärkezucker operirt und das Product mit roher Knochen- kohle behandelt. Dieses farblose Caramelan, ebenso wie das durch einige Spuren von Unreinigkeiten gefärbte Cara- melan bilden keinen Zucker wieder, während das Gluco- san unter dem Einfluss des Wassers und der Säuren wie- der Zucker liefert. {Gelis, Ann. de Chim. et de Phys. Aoüt. 1862.) Damit stimmen Pohls Versuche, den Caramel wie- der in Zucker zu verwandeln, d. h. Pohl hatte noch G 1 y- cosan in seinem sogenannten Caramel. (Gelis ebendas.). H. Ludwig. Melampyrin u. Dulcit. — Aepfelsaure Magnesia. 165 Umwandlung des Zuckers in Mannit. Die Ueberführung des Zuckers in Mannit gelingt, wie Ed. Linnemann berichtet, wenn man auf eine con- centrirte Lösung von durch Schwefelsäure modificirtem Rohrzucker Natrium am algara einwirken lässt. Die sogleich eintretende Wasserstoffentwickelung hört auf, sobald die Flüssigkeit schwach alkalisch geworden ist. Nach vollende- ter Reaction, die man durch äusseres Abkühlen mässigt, über- sättigt man schwach mit Schwefelsäure, stumpft den Ueber- schuss der letzteren mit Kreide ab und entfernt die Haupt- menge des Schwefelsäuresalzes durch Eindampfen, Kry- stallisiren und Zusatz von Alkohol. Aus der eingeengten Flüssigkeit setzt sich dann der Mannit in Krystallen ab. Die Bildung des Mannits wird hier dadurch veranlasst, dass der frei werdende Wasserstoff an den Zucker tritt: Zucker Mannit (J12H12012 -f H2 = C12H14CM2. (Ann, der Chem. u. Pharm. CXXI1I. 136—140.) G. Identität vou Melampyrin und Dulcit« Nach den Versuchen von L. Gilmer ist das von Hünefeld in dem Kraut von Melampyrum nemorosum entdeckte und später von Eich ler auch in Scrophidaria nodosa und Rhinanthus Crista galli nachgewiesene Me- lampyrin und die aus Knollen von Madagascar darge- stellte Dulcose (jetzt gewöhnlich Dulcit genannt) ein und derselbe Körper. Beide sind nach der Formel C 12 H 12 10 zusammengesetzt und besitzen dieselben chemischen und physikalischen Eigenschaften. (Ann. der Qiem. u. Pharm. CXX1IL 372 — 877). G. Aepfelsaure Magnesia. Frick hinger fand in einem Extractum Cardui he- nedicti äpfelsaure Magnesia mit wenig äpfelsau- rem Kalk, Das Extract war aus blühendem und ge- trocknetem Kraute bereitet. Wahrscheinlich ist die Zusammensetzung der im Extract zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Beobachtern gefundenen Salze, als Salpeter, Chlorkalium, schwefelsaures Kali, schwefelsaurer Kalk, essigsaures Kali, verschieden je nach der Vegetationsperiode der Pflanze, 166 Salze u. krystallisirte Stoffe in Extracten. je nach dem Boden, worauf die Pflanze gewachsen ist, und je nach der Düngung, welche dieser Boden erhal- ten hat. {Wittstein' s Vierteljahr sschr. Bd. iL Hfl. 2.) B. lieber das Vorkommen von Salzen und kristallinischen Stoffen in den Extracten. Die Frage, welche krystallinische Salze können in Pflanzenextracten vorkommen, lässt sich schon a priori beant- worten, w r enn man bedenkt, welche Säuren, welche Basen und welche krystallisirbare indifferente Stoffe in den Pflan- zensäften überhaupt vorkommen. Unter den organischen Säuren kommen hauptsächlich folgende in den zur Extractbereitung dienenden Pflanzen- stoffen vor: Oxalsäure, Essigsäure, Fumarsäure, Aepfel- säure, Weinsäure, Bernsteinsäure, Baldriansäure, China- säure. Unter den anorganischen Säuren : Salpetersäure, Salz- säure, Schwefelsäure und Phosphorsäure. Diese Säuren sind theils frei in der Pflanze vorhan- den, theils an Kali, Natron, Kalk, Talkerde und Ammo- niak gebunden. Unter den indifferenten krystallinischen Stoffen kom- men hier in Betracht: Traubenzucker, Mannit, Inulin, Cubebin. Im Folgenden will ich einige Pflanzenanalysen unter besonderer Berücksichtigung ihres Salzgehaltes aufführen : Aus der Familie der Compositae (Synan- thereae) : Artemisia Absinthium enthält nach Braconnat sal- petersaures Kali, Chlorkalium und schwefelsaures Kali ; nach Kunze müller auch schwefelsauren Kalk. Arnica montana Kali- und Kalksalze nach Wei- senburg. Cnicus benedictus schwefelsaures Kali, Chlorkalium, schwefelsauren Kalk nach Seit mann. Inula helenium ausser dem Alantkampfer und Inulin, noch Kali-, Kalk- und Magnesiasalze nach John. Taraxacum officinale schwefelsaures, phosphorsaures und salzsaures Kali und Kalk nach John; nach Waltl 12 Procent Inulin, auch Ammoniak und Schwefel nach Pleischl. Salze u. krystallisirte Stoffe in Extracten. 167 Aus der Familie der Unibelliferen: Conium maculatum salzsaures Natron nach Battley; essigsaures Kali und Ammoniak nach Golding Bird. Ligusticum levisticum essigsaures Kali nach Tromms- dorff. Aus der Familie der Solaneae: Xicotiana Tabacum; nach Vauquelin Aepfelsäure, Essigsaure, salzsaures Ammoniak und Kali, Salpeter, klee- sauren und phosphorsauren Kalk. Hyoscyamus niger; Brandes fand im Samen phos- phorsaure, äpfelsaure, schwefelsaure, salzsaure Kali-, Kalk- und Magnesiasalze. Datlira Stramonium ; nach Brandes im Samen: essig- saures und äpfelsaures Kali und Kalk. In Pflanzen anderer Familien: Im Acorus Calamus fand Trommsdorff phosphor- saures Kali und Inulin. Chinasaurer Kalk ist enthalten in Cortex Chinae Huanuco, Königschina, in der harten gelben China, in der rothen spanischen China nach Analysen von Pelletier und Caventou; auch in der gemeinen Loxa nach Carl B u ch o 1 z Sohn. Die Coloquinten enthalten phosphorsauren Kalk und phosphorsaure Magnesia nach Meissner. Digitalis purpurea weinsaures Kali und kieesaures Kali nach Haase. Fumaria officinalis Chlorkalium, weinsauren und schwefelsauren Kalk nach Merck. Lignum guajaci äpfelsauren Kalk nach Tromms- dorff. Lignum quassiae, Oxalsäuren, weinsauren, salzsauren, schwefelsauren Kalk und auch Ammoniak. Benner- scheid in Brandes Archiv, Band 36. pag. 255. Rad. Rhei Oxalsäuren Kalk. Rad. valerian. Baldriansäure. Was nun das Vorkommen der Salze in den Extrac- ten selbst betrifft, so hängt dasselbe ab von der entweder zu dünnen oder zu trockenen krümeligen Consistenz der- selben und auch, zumal was den Ammoniak- und Salpeter- säuregehalt betrifft, von dem Alter der Extracte. So findet sich z. B. die mittelst der Realschen Presse bereitete Mellago Taraxaci wenige Wochen nach ihrer Bereitung 168 Salze u. kry stall. Stoffe in Extracten. zu einer festen Masse von körnig krystallnisch abgeschiedenen milchsauren Kalk erstarrt ; das ätherische Cubebenextract zeigt öfters wasserhelle grosse Kry stalle von C üb e bin; das kalt bereitete Chinaextract bietet hübsche Krystallisationen von chinasaurem Kalke dar. Hauptsächlich sind es die aus frischen Kräutern bereiteten Extracte, wie Extr. Conii, Hyoscyamiy welche häufig Krystalle in ihrer Masse eingemengt enthalten; dann Extr. Fumariae, Quassiae. Bley fand in einem einige Jahre alten Extr. Stramonii spiessige Krystalle von salpetersaurem Kali, desgleichen im Extr. Lactucae virosae] im Extr. hyoscyami fand er würf- lige Krystalle von Chlorkalium. Auf altem Extractum Helenii scheiden sich zuweilen flockige Krystalle von Alantkampfer ab. C. Zw eng er hat das Dasein von Bernsteinsäure in dem Wermuthkraute nachgewiesen. Doch wird man ihre Salze wohl nicht im Extr. Absynthii krystallisirt finden, denn 40 Pfd. trockene Wermuthpflanzen geben kaum 1 Grm. freie Säure. Die Bernsteinsäure ist in der Pflanze an Kali gebunden ; behandelt man Wermuthextract direct mit Aether, so erhält man keine Bernsteinsäure; unterwirft man es aber der trockenen Destillation, so lässt sich in den Destillationsproducten Bernsteinsäure nachweisen; dies deutet auf die Gegenwart von saurem bernsteinsauren Kali in dem Extract hin. {Ann. der Pharm. XLV1I1. pag. 122 — 125.) Manchmal mag sich wohl, wenn auch nicht krystal- lisirt, essigsaures Kupferoxyd in den Extracten befinden, selbst dann, wenn die Pflanze davon keine Spur enthält. Der ausgepresste Saft von Lactuca sativa z. B., selbst wenn er nur während einer Nacht und eines Tages im kühlen Laboratorium stehen bleibt, um sich abzusetzen, entwickelt gegen das Ende des Abdampfens reichlich Essigsäure. Wenn dann Kupferpfannen (schlecht ver- zinnte sind nicht besser) gebraucht würden, so würde frei- lich die Essigsäure gebunden, aber an Kupfer. Zu dieser Art von Salzen gehört nun auch das schwefelsaure Zinkoxyd, welches Rück ol dt in einem Extracte beobachtete. Koehnke hat die Gegenwart von Bernsteinsäure in dem Safte der Lactuca virosa und sativa dargethan und zwar in der letzten Pflanze auf 100 Pfund frische Lac- tuca sativa 122 Gran; sodann noch 11 Drachmen ausge- trocknete Aepfelsäure ; in 50 Pfund frische Lactuca virosa y Anisöl - Chinin. 169 28 Gr. reine Bernsteinsäure und 3 Drachmen ausgetrock- nete Aepfelsäure. Ebenso bestätigte Koehnke einen Gehalt von Oxal- säure in Lactiicarittm, wodurch das Verhalten einer wässe- rigen Lösung des Lactucarium gegen einen wässrigen Opium- auszug, welcher dadurch gefällt wird, sich erklären lässt, es bildet sich nämlich alsdann oxalsaures Morphin oder Narcotin. Meine eigenen mit Kromayer unternommenen Un- tersuchungen des Lactucariums haben die Existenz der Oxalsäure und des Mannits im Lactucarium ergeben. Oft blühen Krystalle derselben aus altem Lactucarium aus. Extr. Fumariae, alt und trocken geworden, zeigte eine Efflorescenz von Chlor calci um und Chlor magne- sium, welche sich zu einander verhielten wie 6,949 kryst. CaCl und 4,746 kryst. MgCl. Extr. Guajaci ligni war, wie Freiberg beobachtete {Archiv d. Pharm. Bd. 49.) durch Alter grobkörnig ge- worden und verdankt diese Beschaffenheit der Gegenwart von Chlorkali um würfelchen, die ein wenig CaO, SO 3 enthielten. //. Ludwig. Deberfnhrung des Cinckonins in eiiie dem Chinin isomere Base. Bekanntlich unterscheidet sich Cinchonin von dem Chinin nur durch einen Minusgehalt von 1 At. Sauerstoff. Führt man aber dem Cinchonin 1 At. Sauerstoff zu, in- dem man nach der bekannten Methode salzsaures Cinchonin durch Brom in Bibrom cinchonin verwandelt und dieses durch Silberoxyd zersetzt, so entsteht, wie H. Strecker beobachtet hat, nicht Chinin, sondern eine dem Chinin isomere, als Oxycinchonin zu bezeichnende Base. Ihre Lösung fluorescirt nicht und giebt mit Chlorwasserstoff und Ammoniak keine grüne Färbung; ihre Salze krystal- lisiren im Allgemeinen schwierig, am leichtesten erhält man noch das einfach - schwefelsaure und das oxalsaure Salz in Krystallen. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXX1IL 379 — 382). G. Anisöl -Chinin. Diese Verbindung erhielt O. Hesse, als er 5 Th. Chinin und 1 Th. Anisöl zusammen in kochendem Alkohol löste und die Flüssigkeit zur Krystallisation abdampfte. 170 Bebeerin. — Theingehalt des Paraguay-Thees. Die Krystalle besitzen kaum Geruch nach Anisöl, der erst mit steigender Temperatur hervortritt, namentlich bei 100 bis 110°, bei welcher Temperatur sammtliches Anisöl entweicht. Kaltes Wasser wirkt nicht verändernd auf das AnisÖl-Chinin ein, Aether löst es leicht auf. Der Geschmack erinnert gleichzeitig an den des Chinins und Anisöls. Die Zusammensetzung wird durch die Formel 2C40H24N2O*, C20H12O2 -f 4 HO ausgedrückt, nach welcher das Anisöl in dieser Verbindung die Rolle einer schwachen zweibasischen Säure zu spielen scheint. {Ann. der Chem. u. Pharm. CXXII1. 382 — 384.) G. Heber Bebeerin. D. Perrins hat sich überzeugt, dass das Bebeerin im Pflanzenreiche ziemlich verbreitet vorkommt, er fand es in Pflanzen ganz verschiedener Familien. Aus den Resultaten vieler Analysen leitet er die Zusammensetzung C40R17NO8 ab. Er stellte verschiedene Salze und Doppelsalze dar und fand für die folgenden die beigesetzte Zusammen- setzung: Salzsaures Salz C40Hi?NO8, HCl, Platindoppelsalz C^OH^NOS, HCl, Pt Cl?, Golddoppelsalz C40H17NO8, HCl, Au CR Durch Einwirkung von Jod auf Bebeerin erhielt er folgendes Substitutionsproduct: C40R16NO8J3 — C40 (H*5J2) NO*, HJ, welches in seinen optischen Eigenschaften viel Aehnlich- keit hat mit dem entsprechenden Jodchininsalze. {Chem. Soc. in London. 1862.) B. Heber den Theingehalt des Paraguay-Thees. An Stelle des chinesischen Thees wird bekanntlich in den La -Plata- Staaten, Paraguay und dem südlichen Brasilien die Yerba Mate gebraucht; es sind die grob ge- pulverten Blätter und Stengel mehrerer Arten • Hex, {1. pa- raguayensis, I. theezans), welche den Paraguay-Thee liefern, dessen Cultur dem Schicksale des berühmten Bonpland eine so tragische Wendung gab. Der Thee ist ein Mo- nopol der Regierung, welche in seinem Verkaufe eine bedeutende Einnahmequelle besitzt. Nächst einigen vorläufigen Versuchen J. B. Tronims- dorff's zeigte Stenhouse, dass im Paraguay-Thee die- Zersetzung des Ca ff eins, — Solanicin. 171 selbe stickstoffreiche krystallisirbare Verbindung, das Thein oder Caffe'in enthalten ist, welche im chinesischen Thee, im Kaffee und der Guarana sich gefunden hat. Stenhouse erhielt 0,13 Proc. Thein, d. h. etwa halb so viel als im Kaffee und i/ 10 von der im chinesischen Thee enthaltenen Menge. Der k. Generalconsul für die La - Plata - Staaten von Gülich übersandte dem Verfasser vor einiger Zeit eine grössere Menge Paraguay -Thee und Dr. Stahl- schmidt übernahm die chemische Untersuchung, insbe- sondere den Theingehalt betreffend, zu wiederholen. Die Extraction des The'ins gelingt gut mit rectificir- tem Steinkohlentheeröle (sogenanntem Benzol) als Lösungs- mittel. Das The'in krystallisirt beim Erkalten heraus. Dr. Stahlschmidt hat auf solche Art, indem er freilich mit 18 Pfunden Thee arbeiten konnte, 0,44 Proc. Thein erhalten, d. h. die S 1 ^ fache Menge von der, die Sten- house angiebt. Da eine Elementaranalyse' unnöthig er- schien, begnügte sich Dr. Stahlschmidt mit der Platin- bestimmung des betreffenden Doppelsalzes und fand der Theorie entsprechend 24,4 Proc. Platin in demselben. Dieses Platindoppelsalz ist in heissem Wasser und Alkohol ziemlich leicht auflöslich. Die nicht krystallisirbaren Körper des Paraguay - Thees erlauben keine präcise Untersuchungen. Die reich- lich vorhandene Gerbsäure färbt Eisensalze dunkelbraun. (Bericht der Akad. der Wissensch. zu Berlin.) Bkb. Zersetzung des CafTei'ns. Beim Kochen einer warmen concentrirten Lösung von Caffein mit einer kochend gesättigten Lösung von Barythydrat erhielt A. Strecker neben Ammoniak, Me- thylamin und Kohlensäure eine neue Base, das Caffeidin = C 14 H ,2 N 4 2 , welches ölartige Beschaffenheit hat, in Wasser und Weingeist sehr leicht löslich ist und sich nicht unzersetzt destilliren lässt. Das dargestellte schwe- felsaure Salz krystallisirt in farblosen langen Nadeln. (Ann. der Chem. und Pharm. CXXII1. 360 — 364.) G. Solanicin. Das von C. Zwenger und A. Kind entdeckte So- lanicin entsteht bei der Einwirkung von concentrirten Säuren auf Solanin, oder beim Kochen von verdünnten 172 Ceratophyllin. Säuren mit Solanidin, dem Spaltungsproducte des Solanins. Zu seiner Darstellung übergiesst man Solanin mit kalter concentrirter Salzsäure, filtrirt nach 4 bis 5 Tagen den entstandenen Niederschlag ab, süsst ihn einmal mit Was- ser aus, löst ihn dann in Weingeist und fällt wieder mit Ammoniak. Hierauf wird er wiederholt mit Weingeist zur Entfernung von unzersetztem Solanin und Solanidin ausgekocht und dann mit kaltem Aether behandelt, wel- cher eine leichter lösliche Base, die sich aber nicht in chemisch reinem Zustande gewinnen lässt, auszieht und das Solanicin zurücklässt. Im reinen Zustande stellt dieses Alkaloid eine amorphe, hellgelb gefärbte, spröde Masse dar, welche sich schwer in Aether, Weingeist und Wasser löst, fast ohne Geschmack ist und mit Säuren amorphe, harzartige, hellgelb bis roth- gelb gefärbte Salze giebt. Die Lösungen der Salze be- sitzen einen adstringirenden bitteren Geschmack und zeich- nen sich durch eine intensiv gelbe Färbung aus. Die Formel für das Solanicin ist C 50 H 39 NO. Demnach un- terscheidet sich diese Base von dem Solanidin durch einen Minusgehalt von einem Aeq. HO. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXX1II. 341 — 347.) G. Ceratophyllin. Ceratophyllin nennt O. Hesse eine Substanz, die er in der Parmelia ceratophylla var. physodes (auch Parmelia physodes genannt) auffand. Der Körper wird erhalten, wenn man die Flechte mit Kalkwasser auszieht, die Lö- sung mit Salzsäure versetzt, den entstandenen getrock- neten Niederschlag durch Behandlung mit kochendem 75pro- centigen Weingeist von unkrystallinischen Substanzen be- freit und dann mit concentrirter wässeriger Sodalösung aufkocht. Beim Erkalten scheidet sich das Ceratophyllin ab. Es besteht durch Umkrystallisiren aus Alkohol ge- reinigt, aus weissen dünnen Prismen, löst sich leichter in heissem Wasser als in kaltem, verursacht auf der Zunge einen schwachen kratzenden Geschmack und schmilzt bei 147°. Die alkoholische, neutral reagirende Lösung giebt mit wenig Eisenchlorid eine purpurviolette, mit Chlorkalklösung eine blutrothe Färbung. (Ann. d. Chem. und Pharm. CX1X. 365 — 367.) G. Kreatinin. 173 Kreatinin. C. Neubauer hat folgende Verbindungen des Kreati- nins dargestellt und beschrieben: Kreatinin- Chlor cadmium, C 8 H 7 N 3 2 -f- Cd Cl, kry- stallisirt in ziemlich grossen, concentrisch gruppirten, dünnen säulenförmigen Krystallen von starkem Glänze, den sie aber bei 100° getrocknet verlieren. Salpetersaures Kreatinin - Quecksilber oxyd, C 8 H 7 N 3 O 2 , NO 5 -f- 2HgO, entsteht beim Vermischen der stark con- centrirten Lösungen von reinem Kreatinin und salpeter- saurem Quecksilberoxyd und scheidet sich aus der heis- sen concentrirten wässerigen Lösung beim Erkalten in sternförmigen Nadeldrusen aus. Salpeter saures Kreatinin- Silber oxyd } C 8 H 7 N 3 2 -f- Ag O, NO 5 , besteht aus weissen kugel- und warzenförmigen Nadelaggregaten. Das Jodäthylkreatinin entspricht der Formel C 8 H 7 N 3 2 , C 4 H 5 J und bildet sich beim Erhitzen von Jodäthyl, Kreatinin und absolutem Alkohol im zugeschmolzenen Rohre auf 100°. Durch Umkrystallisiren aus Alkohol erhält man die Verbindung in weissen Drusen, die aus langen stark glänzenden Nadeln zusammengesetzt sind. Diese gaben beim Behandeln mit frisch bereitetem Sil- beroxyd die Base Aethylkreatinin, welche in wässeriger Lösung stark alkalisch reagirt und mit Platinchlorid eine krystallisirbare Verbindung von der Formel C 8 H 6 (C 4 H 5 ) N 3 2 , HCl-f-PtCl 2 liefert. Eine weitere Aethylirung des Aethylkreatinins gelang nicht, so dass also wohl das Aethyl- kreatinin als eine Ammoniumbase und das Kreatinin als eine tertiäre Aminbase anzusehen sind. Chloräthylkreatinin, C 8 H 7 N 3 O 2 , C* H^Cl dem Jod- äthylkreatinin entsprechend zusammengesetzt erhält man, wenn man eine wässerige Lösung von Aethylkreatininoxyd- hydrat mit Salzsäure bis zur stark sauren Reaction versetzt. Das Jodwasserstoff saure Kreatinin, C 8 H 7 N 3 2 , HJ, ent- steht bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Kreatinin neben Jodäthylkreatinin und findet sich in der Mutterlauge des letzteren. Salzsaures Kreatininchlorzink, C 8 H 7 N 3 2 ,HC1 -f- ZnCl. Wie das reine Kreatinin, so kann sich auch das salzsaure Kreatinin mit dem Chlorzink zu einem Körper verbinden; welcher wasserhelle Krystalle von grosser Schönheit bildet Uebermangansaures Kali übt auf Kreatinin beim Er- wärmen dieselbe Wirkung aus wie Quecksilberoxyd und 174 Sarkosin. — Cholin. — Künstliche Bildung d. Taurins. verwandelt dasselbe leicht in oxalsaures Methyluramin von der Formel 2C*H7N3, C4H2(X {Ann. der Chem. u. Pharm. CX1X. 42-52 und CXX. 257—268.) G. Sarkosin, Durch Einwirkung von Ammoniak auf M onochlor - ,oder Bromessigsäure entsteht bekanntlich Glycocoll. J. Volhard substituirte in dieser Reaction dem Ammo- niak Methylamin und erhielt dadurch eine Amidover- bindung, welche mit dem von Liebig aus dem Kreatin dargestellten Sarkosin identisch ist. Der Process wird durch die folgende Gleichung verdeutlicht: OIPCIO* + C2H3,H2N Chloressigsäure -f- Methylamin = C4H3(C2H3,HN)04 + HCl. Sarkosin -j- Salzsäure. Der Verfasser betrachtet hiernach das Sarkosin (C 6 H 7 N0 4 ) als Methyl - Amidoessigsäure. (Ann. der Chem. und Pharm. CXXIII. 261 — 265.) . G. Cholin. So benennt A. Strecker eine organische Base, die er durch einen umständlichen Process aus der Schweine- galle und Ochsengalle gewonnen hat. Aus der Analyse des Platindoppelsalzes ergiebt sich für das Cholin die Formel C 10 H 13 NO 2 . Das salzsaure, schwefelsaure, salpe- tersaure und oxalsaure Salz krystallisiren nicht, ebenso das kohlensaure Cholin, welches stark alkalisch reagirt und in Wasser leicht löslich ist. (Ann. der Chem. und Pharm. CXXIII. 853 — 360.) G. Künstliche Bildung des Taurins. Nach H. Kolbe steht das Taurin zu der Isäthion- säure in derselben Beziehung, wie das Alanin zur Milch- säure, indem die beiden ersteren Körper als Derivate der Aethylschwefelsäure, die beiden letzteren als Derivate der Aethylkohlensäure (Propionsäure) betrachtet werden kön- nen. Das folgende Schema verdeutlicht diese Anschauung: Cholesterin im Pflanzenreiche. 175 HO, C4H5(C202)0 HO, C*H5(S204)0 Propionsäure Aethylschwefelsäure HO.C ||J M j (002)0 HO,C< j JJj N { (S2 04)0 Alanin Taurin HO, C j Iq* { (02 02) O HO, 04 J JJ q, ; (S2 O«) O Milchsäure Isiithionsäure. In der That ist es Kolbe auch gelungen, wie aus der Milchsäure das Alanin, so analog aus der Isäthionsäure das Taurin darzustellen. Setzt man nämlich isäthionsaures Kali der Einwirkung von Fünffach-Chlorphosphor aus, so wird Chloräthylschwe- felsäurechlorid, C 4 ™ ! (S 2 O 4 ) Cl, gebildet, welches beim Erhitzen mit Wasser, auf 100° C, in Salzsäure und Chlor- äthylschwefelsäure, HO,C* j ^ { (S2 4 ) O, zerfällt. Aus die- ser Säure erhält man das Taurin, wenn man trocknes, chlor- äthylschwefelsaures Silberoxyd in einer starken Glasröhre mit viel überschüssigem, möglichst starkem wässerigen Ammoniak mehrere Stunden lang auf 100° erhitzt. Inder Lösung befindet sich dann das Taurin, welches durch Alkohol gefällt und durch Umkrystallisiren gereinigt, in allen Puncten mit dem aus Ochsengalle gewonnenen über- einstimmt. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXIT. 83 — 47.) G. Cholesterin, im Pflanzenreiche aufgefunden. G. M. R. Benecke hat Cholesterin aus den Erbsen dargestellt und somit auch im Pflanzenreiche das Vorkom- men dieser Substanz nachgewiesen. Es wurden 5 Pfund Erbsen mit dem gleichen Gewichte Alkohol 24 bis 36 Stun- den einer Temperatur von 30 bis 40° C ausgesetzt, der tief goldgelb gefärbte Alkohol wurde alsdann abfiltrirt, das nach dem Verdunsten des Alkohols zurückbleibende braungelbe, sehr klebrige Extract in etwa 400 CC. Was- ser aufgelöst und mit überschüssiger Bleiglätte unter drei- bis vierstündigem Kochen verseift. Sobald das Kochwas- ser vollständig klar war, wurde es abgegossen und die am Boden liegenden Bleiseifen erst mit kaltem, dann mit kochendem Alkohol so lange erschöpft, bis derselbe keine gelbe Farbe mehr annahm. Aus den verschiedenen, durch Schwefelwasserstoff von Blei befreiten alkoholischen Aus- 176 Analyse einer verfälschten Butter. zügen krystallisirte nach einiger Zeit das Cholesterin heraus. Der Verfasser hat auch aus dem Olivenöl Cholesterin gewonnen und stellt die Vermuthung auf, dass in allen Pflanzensamen und in allen jungen Pflanzentheilen Chole- sterin enthalten sei. {Ann. der Chem. und Pharm. CXX1I. 249 — 255.) G. Analyse einer verfälschten Butter. B. van Bauwel untersuchte eine Butter, die beim Schmelzen einen weissen Schaum mit weissem Pulver und einen eben solchen Bodensatz bildete. Die Butter war hellgelb, von weicher Consistenz, beim Streichen mit dem Messer gab sie Wasser aus, auf Papier in dünner Schicht liess sie unter der Loupe ein weisses Pulver er- kennen. Durch Schmelzen bei gelinder Wärme, Kneten der Butterschicht, um das Wasser zu entfernen, wurden aus 100 Grm. an Butter 71,8 Grm. erhalten. Die von derselben getrennte Flüssigkeit war trübe und gab einen schmutzig- weissen Bodensatz. Sie war neutral, veränderte mit Jod die Farbe nicht und gab nach dem Filtriren und Ein- dampfen 3 Grm. Salz. Der mit destillirtem Wasser ge- waschene und getrocknete Bodensatz betrug ca. 5,5 Grm., lösste sich in HCl unter sehr lebhaftem Autbrausen und hin- terliess einen käsigen Rückstand von 2 Grm. Die filtrirte Lösung gab mit Ammoniak keinen Niederschlag, reich- liche Niederschläge mit Schwefelsäure, oxalsaurem Kali und oxalsaurem Ammoniak. Die verfälschte Butter enthielt in 100 Theilen: Butter 71,8 Kohlensauren Kalk .... 3,5 Wasser 19,5 Casein ....... 2,0 Salz 3,0 99,8 Verlust 0,2 100,0. (Journal de Pharm. d'Anvers. Nov. 1861.) H. Reich. Einwirkung des Chlor zinks auf die Seide. 177 Einwirkung des Chlorzinks anf die Seide, nach J. Persoz Sohn. Die Seide löst sich sehr rasch in concentrirter heisser Chlorzinklösung, langsam in kalter und in verdünnter. Das Chlorzink, welches die Seide leicht löst, zerstört weder die Textur der Wolle noch die der Pflanzenfasern. Man kann deshalb in einem gemischten Gewebe zuerst die Seide durch Chlorzink lösen, darauf die Wolle mittelst Natronlauge, wobei die Pflanzenfasern zurückbleiben. Das Chlorzink muss als Lösung von 60° Beaume an- gewandt werden und mit einem Ueberschuss von Zink- oxyd gekocht worden sein, um es gegen Lackmuspapier beinahe neutral zu machen. Also ein basisches Chlor- zink; dieses trübt sich leicht beim Zusatz von Was- ser, was jedoch nichts schadet. Es verändert die Pflan- zenfasern nicht. Mit dem Chlorzink in Berührung verwandelt sich die Seide in eine gummiartige Masse, die dann krümelig wird und zuletzt völlig in Lösung übergeht. Die con- centrirte Lösung zieht Fäden wie Syrup oder concentrir- ter Gummischleim. Ammoniak giebt einen Niederschlag, völlig löslich im Ueberschuss desselben. Vermittelst des Graham'schen Dialysators kann man die mit etwas Salzsäure angesäuerte Lösung von dem Chlorzink trennen und behält auf dem Dialysator eine schleimige, klare, farblose, geschmacklose Seidelö- sung, welche zu einem goldgelben brüchigen Firniss ein- trocknet. Stärker erhitzt färbt sie sich stachelbeer- roth, ohne noch übelriechende Dämpfe zu geben. Erst bei Rothgluth zersetzt sie sich unter Entwickelung übel- riechender Dämpfe. (Compt. rend* 1. Decbr. 1862.) H, Ludwig. Löslichkeit der Seide im Knpferoxyd- Ammoniak. Das Kupferoxyd-Ammoniak ist nicht allein ein kost- bares Lösungsmittel der Baumwolle und der Cellulose, sondern auch der Seide. Während man aber nur kurze Zeit braucht um die Baumwolle zu lösen, muss man meh- rere Stunden warten, bis die Seide gelöst ist und man braucht weit grössere Mengen des Lösungsmittels für die Seide. Man braucht 3, 6, ja 12 Stunden um letztere zu lösen. Wolle wird selbst nach 14 Tagen nicht angegriffen. Um ein Gemisch aus Baumwolle, Seide und Wolle zu analysiren, verfährt man wie folgt. Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 2. Hfl. 12 1 78 Das Mikroskop zur Erkennung d. menschlichen Blutes etc. Man lässt das Gewebe 1 j 2 Stunde lang mit dem Kupfer- oxyd-Ammoniak in Berührung; alle Baumwolle wird als- dann gelöst sein. Man taucht dasselbe aufs Neue in die Flüssigkeit. Nach 24 Stunden wird alle Seide in Lösung gegangen sein. Die Wolle ist ungelöst geblieben. O z a n a m gedenkt die Seidelösung technisch zu verwerthen, künst- liche Seide zu spinnen, alte Seide, durchbohrte Cocons und Wirrseide nutzbar zu machen. (Ozanam, Compt. rend. 8. Dec. 1862.) H. Ludwig. Das Mikroskop zur Erkennung des menschlichen Blutes bei gerichtlichen Untersuchungen. Zur Unterscheidung des Blutes des Menschen von dem der Thiere bei geriehtlicchen Untersuchungen gewährt das Mikroskop einzig und allein richtigen Aufschluss. Ein Tro- pfen Menschenbluts unter einem hinlänglich starken Mikros- kop erscheint als eine unzählige Menge von kleinen rundli- chen Körpern von hellgelber Farbe, weichein einer farblosen Flüssigkeit schwimmen: Ihre Zahl ist so gross, dass man nur da und dort, besonders an den Rändern des Tropfens, einen Zwischenraum in ihrem Zusammenhange entdecken kann. Diese Körper nennt man Blutkügelchen. Sie würden jedoch weit richtiger Blutscheiben heissen, da ihre Gestalt nicht kugelförmig, sondern dünn und flach ist wie eine Münze. Die Blässe ihrer Farbe hängt von ihrer ausserordentlichen Dünne und Durchsichtigkeit ab. Nur wenn eine grosse Zahl derselben über einander liegt, tritt ihre Farbe tiefer hervor. Sie ist dann entweder voll schwarzroth oder glänzend scharlachroth, denn nur diesen Theilchen ver- dankt das Blut seine Farbe. Aus der Anwesenheit derselben kann man mit Hülfe des Mikroskops selbst nach Jahren noch erkennen, ob ein Flecken von Blut oder einem anderen Farbstoff herrührt. Die Blutscheiben der Säugethiere sind rund oder beinahe rund und auf beiden Oberflächen leicht eingebogen. Die der Vögel, Fische und Reptilien sind läng- lich rund und an der Oberfläche flach oder erhöhet. Durch diese Eigenschaft lässt sich das Blut der Säugethiere von anderem unterscheiden. Um aber die verschiedenen Arten dieser grossen Classe zu bestimmen, reicht dies nicht hin ; hier unterscheidet die Grösse der Blutscheibchen. Alle vierfüssigen Thiere haben kleinere als der Mensch; die kleinsten besitzen die Wiederkäuer. Die des Ochsen sind etwa 3 / 4 , die des Schafes etwa 1 j 2 so gross, als bei dem Menschen. Mit Hülfe des Mikroskops lässt sich demnach Blutfarbstoff im Spectrum des Sonnenlichtes. 179 mit Sicherheit bestimmen, ob Blut von einem Thiere oder von einem Menschen herrührt. (Wittst. Vierteljahr sehr. Bd. 11. 2.) B. Heber das Verhalten des Blutfarbstoffes im Spcctriim des Sonnenlichtes; nach F. Hoppe. Durch Untersuchungen von D. Brewster, Herschel und Müller ist das Verhalten verschiedener Farbstoffe gegen verschiedene Abschnitte des Spectrums ermittelt. Es hat sich bei denselben unter anderem ergeben, dass durch einen grossen Theil der Farbstoffe Licht von be- stimmten Brechbarkeiten so vollständig absorbirt wird, dass, wenn man die Strahlen des Spectrums durch sehr verdünnte Lösungen derselben hindurchgehen lässt, dunkle, ziemlich scharf begrenzte Streifen an bestimmten Stellen auftreten, wenn man das durch die Lösung hindurch- gehende Spectrum direct oder nach Auffangen auf einer weissen Ebene beobachtet. Es ergiebt sich aus diesen Untersuchungen zugleich, dass man aus der Farbe der Lösungen nur den Schluss ziehen darf, dass sie die Farben am wenigsten absorbiren, welche die Lösungen selbst im weissen Lichte zeigen, ohne dass sich aus diesen Farben zugleich eine Andeutung darüber ergäbe, welches Licht am stärksten absorbirt wird. Die Absorptionsstreifen, welche sich im Spectrum einstellen, wenn dasselbe durch eine Farbstoff lösung geht, sind nun offenbar Eigentümlichkeiten der Farbstoffe, welche eine Erkennung derselben oft in sehr zusammen- gesetzten Lösungen ermöglichen, und sie verdienen um so mehr Beachtung, als es an feinen chemischen Er- kennungsmitteln der Farbstoffe und ihrer Veränderungen sehr marigelt. So wie unter den bisher untersuchten Farbstoffen der Indigo und das Chlorophyll, so zeichnet sich auch der Blutfarbstoff durch das Vermögen aus, Licht von bestimmten Brechbarkeiten ganz besonders stark zu absorbiren und im Spectrum, welches durch seine Lö- sung hindurchtritt, dunkle Streifen zu erzeugen, welche andere rothe Farbstoffe, auch das chemisch veränderte Hämatin nicht zeigen. Zur Untersuchung gefärbter Lösungen im Spectrum dient am besten die bekannte Combination von Appa- raten : Ein Heliostat wirft das Licht durch einen Spalt in einen verdunkelten Raum auf eine achromatische Linse, 12* 180 Blutfarbstoff im Spectrum des Sonnenlichtes. in deren Brennpuncte der Spalt steht, von da auf ein Prisma von Glas oder Schwefelkohlenstoff. Das so er- zeugte Spectrum lässt man durch die zu untersuchende Lösung, welche sich in einem schmalen Gefässe mit planparallelen Wandungen von Glas befindet, hindurch- gehen und beobachtet dann dasselbe entweder direct mit dem Fernrohre, oder nach dem Auffangen desselben auf einem weissen Papierschirm mit unbewaffnetem Auge. Als Gefässe für die Farbstofflösungen dienen sehr gut die Hämatinometer, welche der Optiker Schmidt in Berlin angefertigt hat, in dem man eine Flüssigkeits- schicht \on gerade 1 Centimeter Dicke untersuchen kann. Beobachtet man nun eine sehr verdünnte Lösung von Blut und Wasser in einem solchen Gefässe in das Spectrum gestellt, so zeigt letzteres, nachdem es die Lösung passirt hat, zwei bestimmte dunkle Streifen in Gelb und Grün. Beide Streifen liegen zwischen den Frauenhoferschen Linien D und E, der dem schwächer gebrochenen Lichte entsprechende ist der Doppellinie D ziemlich nahe, der zweite liegt nicht so nahe an J57 ; beide haben, wenn die Blutlösung verdünnt genug ist, etwas geringere Breite als der Spectralabschnitt zwischen E und b. Verstärkt man die Concentration der Blutlösung oder lässt man das Spectrum durch eine dickere Schicht der Lösung gehen, so nimmt die Breite beider Absorp- tionsstreifen zu, aber fast allein auf Kosten des gelb- grünen Lichts, welches beide Streifen von einander trennt, sie fliessen endlich bei gesteigerter Concentration der Lösung zu einem dunkeln, ziemlich scharf begrenzten Felde zusammen. Dabei erlischt auch von dem Violet und Blau allmälig mehr und mehr, ohne dass sich hier- bei bestimmte Streifen einstellen. Endlich ist vom ganzen Spectrum nur noch die Partie zwischen E und b und das Roth und Orange bis D übrig. Bei noch stärkerer Concentration erlischt auch das Grün, und es bleibt allein noch Roth mit seinen schönen Frauenhoferschen Linien übrig. Während nach diesen Erscheinungen der Blutfarbstoff an den bezeichneten Stellen zwischen D und E das Licht ausserordentlich kräftig absorbirt, lässt er fast eben so entschieden die Abschnitte zwischen A und Dj so wie zwischen E und b intact. Es ergiebt sich schon hieraus die Schärfe der Conturen jener geschilder- ten Absorptionsstreifen, da die am stärksten absorbirten Abschnitte von den am schwächsten absorbirten eng um- grenzt werden. Blutfarbstoff im Spectrum des Sonnenlichtes. 181 Auch die ungelösten Blutzellen absorbiren die ge- schilderten Theile des Spectrums. Um dies zu beobachten, genügt es, das vom Prisma ausstrahlende Spectrum durch de,n Hohlspiegel eines Mikroskops vertical nach oben durch die Oeffnung des Mikroskoptisches auf eine dünne Blutschicht zu werfen, welche sich hier zwischen Object- träger und Deckglas befindet. Entfernt man den Tubus des Mikroskops und sieht senkrecht auf die Blutschicht hinab, so erkennt man beide Absorptionsstreifen auf das Deutlichste. Das Verhalten des Blutes verschiedener Wirbelthiere im Spectrum ist in Hinsicht auf jene Absorptionsstreifen vollkommen gleich gefunden worden. Sowohl arterielles als venöses Blut zeigt beide Streifen. Andauerndes Be- handeln der Blutlösung mit Kohlensäure verändert nichts an ihnen. Eben so wenig hat der Verf. sie verändert gesehen, wenn das Blut mit Kohlenoxyd, Wasserstoff, Schwefelwasserstoff, Arsenwasserstoff, Stickoxydul, Aether, Schwefelkohlenstoff, Chloroform, Aetzammoniak, arseniger Säure behandelt war. In Aetzammoniak gelöstes Blut zeigte noch am andern Tage beide Absorptionsstreifen ungeschwächt. Nach der Behandlung mit Schwefelwasser- stoff zeigt sich ausser den Streifen noch ein dritter in Roth. Eintrocknen des Blutes bei gewöhnlicher Temperatur verändert sein Verhalten im Spectrum nicht. Dagegen verschwinden die Absorptionsstreifen sehr bald, wenn man entweder Essigsäure, Weinsäure oder Lauge fixer Alkalien zu der Blutlösung hinzufügt. Die Säuren wirken hierbei schneller als die Alkalien. Die v. Wittich'sche Hämatinlösung giebt die beiden Streifen nicht mehr, bei hinlänglicher Concentration zeigt sie andere Absorptions- streifen, von denen ein starker zwischen C und D dicht an letzterer Linie liegt. Hinsichtlich der am wenigsten absorbirten Strahlen des Spectrums stimmt die v. Wit- tich'sche Lösung mit dem Blute überein. Blut mit Alkohol im Ueberschuss kalt gefällt, giebt einen Niederschlag, der in Ammoniak gelöst, im Spec- trum nicht mehr jene Absorptionsstreifen zeigt. Auch Terpentinöl macht sie verschwinden. Ebenso zeigt die Hämatinlösung, welche man durch Extraction des ge- trockneten Blutes mit kochendem Alkohol und Schwefel- säure erhält, jene Streifen im Spectrum nicht mehr. Mit pulverigem kohlensauren Kali gefälltes Blut hat eine schöne arterielle Färbung tagelang, wenn keine Er- 182 Blutfarbstoff im Spectrum des Sonnenlichtes. hitzung stattfindet; übergiesst man die Masse mit Alko- hol, so geht bald die rothe Farbe in ein schmutziges Braun über und erst dann findet Lösung von Hämatin statt. Die Lösung hat die Absorptionsstreifen nicht mehr. Löst man dagegen den feuchten Niederschlag statt durch Alkohol in Wasser auf, so erhält man eine Lösung, die ebenso wie frisches Blut beide Absorptionsstreifen zeigt. Ebenso wird Blutlösung durch kohlensaures Natron binnen Wochen hinsichtlich des Verhaltens im Spectrum nicht geändert. In keiner der Flüssigkeiten, welche die Absorptions- streifen nicht zeigten, konnten dieselben durch Behandeln mit Alkalien etc. hervorgerufen werden. Fällt man Blutlösung mit Bleiessig im Ueberschuss, ültrirt und fällt dann aus dem Filtrate das Blei durch kohlensaures Natron, so erhält man eine Lösung, welche auf das Schärfste die Absorptionsstreifen im Spectrum hervorbringt. Ruft man durch Injection gallensaurer Salze in die Vene von Hunden Hämaturie hervor, so zeigt der Harn, obwohl man Hämätin daraus darstellen kann, keine Ab- sorptionsstreifen im Spectrum und wird durch Sauerstoff nicht hellroth. Aus dem Verhalten des unveränderten, so wie des mit verschiedenen Reagentien behandelten Blutes ergiebt sich, dass der Inhalt der Blutzellen (das Serum zeigt keine bemerkbare Absorption in Gelb und Grün, wenn die Schicht desselben nicht über 1 Decim. dick ist) die bezeichneten Stellen im Spectrum sehr kräftig absorbirt, so lange die Eiweissstoffe dieser Flüssigkeit nicht coagu- lirt oder in den Zustand des Alkali- oder Acidalbumins übergegangen sind. Da nun ein Stoff, welcher eine so bestimmte Lichtabsorption zeigt, nicht wohl wie die be- kannten Eiweissstoffe farblos erscheinen kann, so wird man annehmen müssen, dass derselbe Stoff, welcher dem Blutzelleninhalt seine rothe Farbe giebt, auch jene Ab- sorption bewirke. Da ferner jenes Absorptionsvermögen unabhängig von den verschiedensten Farben Veränderungen, welche das Blut durch Sauerstoff, Kohlensäure, Kohlen- oxyd, Arsenwasserstoff etc. erhält, erscheint, dagegen durch relativ schwache Eimvirkungen, die aber Coagulation oder doch Veränderung aller Albuminstoffe betreffen, zerstört wird, so erscheint zunächst die Annahme gerechtfertigt, dass alle jene Veränderungen, welche die geschilderten Gase im Blutfarbstoff hervorrufen, ihn nicht zerstören, Beobachtungen über die Blutkry stalle. 183 dass man vielmehr hoffen darf, Mittel zu finden, durch sie verändertes Blut wieder in normales zu verwan- deln. Es erscheint ferner nach obigen Reactionen gewiss, dass in den Blutzellen eine Verbindung enthalten ist, welche den Farbstoff des Blutes darstellt, jene Lichtab- sorption bewirkt, vom Bleiessig nicht gefällt wird, leichter als Albumin sich diffundirt, und durch Säuren, fixe Al- kalien etc. in einen Eiweissstoff und das Hämatin zer- fällt, welches in der v. Wittich'schen Losung enthalten ist. Ohne Zweifei ist dieser Körper derjenige, welcher die Funke'schen Krystalle bildet. Ist diese Darstellung richtig, so ist natürlich das Bestreben vergeblich, ungefärbte Blutkrystalle zu erhalten, obwohl möglicher Weise bei der Zersetzung des Körpers Stoffe entstehen können, welche gleichfalls der Krystallisation fähig sind. Mit der Reindarstellung und chemischen Untersuchung dieses Blutroths ist der Verf. jetzt beschäftigt. Zum forensischen Nachweis von Blut in Flecken auf Kleidern etc. besitzt man bereits ziemlich viele und zum Theil scharfe Prüfungsmittel, natürlich kann man sich dazu auch der oben geschilderten Untersuchungsmethode bedienen. Nicht zu verwaschene Blutflecken auf weisser Leinwand, oder durchsichtigem Papiere, nothigenfalls etwas angefeuchtet, zeigen im Sonnenspectrum die beschriebenen Streifen, wenn sie zwischen Prisma und Auge in dasselbe gebracht werden. (Chem. Centralbl. No. 11. 1862.) B. Beobachtungen über die Blutkrystalle; von Carl Bojanowski, Assistenten am anatomi- schen Institute zu Greifswald. Literatur. Bereits 1841 erschien Nasse's Abhand- lung „über die Form des geronnenen Faserstoffs" (Mül- ler's Arch. p. 439): Reichert's Beobachtungen über eine eiweissartige Substanz in Krystallform (ebendas. 1849, pag. 197). Funke: De sanguine venae lienalis. Diss. inaug. Lips. 1851. — Ueber das Milzblut (Henle's u. Pfeufer's Zeitschr. für ration. Med. 1851. p. 172). — Neue Beob- achtungen über die Krystalle des Milzvenen- und Fisch- blutes (ebendas. 1852. p. 199). Kunde: Ueber Krystallbildungen im Blute (ebend. 1852. S. 271). 184 Beobachtungen über die Blutkrystalle. Remak: Ueber Blutgerinnsel und über pigment- haltige Zellen (Müller's Arch. 1852. S. 115). K ölli k er: Ueber Blutkörperchen - haltige Zellen (Ztschr. für wiss. Zoologie. 1849. Bd. I. S. 266). Teich mann: Ueber die Kryst. der organ. Bestand- teile des Bluts (Ztschr. für rat. Med. 1853. III. p. 375). — Derselbe über das Hämatin (das. VIII. p. 141). Lehmann: Ueber die Krystallisirbarkeit eines der Hauptbestandtheile der Blutkörperchen (Ber. der k. sächs. Gesellsch. der Wiss. in Leipzig, math.-phys. Cl. 1852. pag. 23.) Derselbe: Ueber den kryst. Stoff des Bluts (ebend. p. 78). — Weitere Mittheilungen über die kryst. Prote'in- substanz des Bluts (ebend. 1853. p. 101). Leidig: Zur Anatomie von Piscicola geometrica (Zeitschr. für wiss. Zoologie, Bd. I. 1849. p. 116; Lehrb. der Histologie, 1857. S. 446). Berlin: Ueber Blutkrystalle (Arch. für holl. Bei- träge, I. p. 71). Owsjannikow: Ueber die Teichmannschen Hämin- krystalle (Ztschr/ Russl. Jahrg. XVII. 1860. No. 1. S. 6). Artikel „Spleen" in Todd's Cyclop. of Anat. and Phys. Part XXXVI.; Lond. Journ. 1849. p. 792; Mikrosk. Anat. Bd. II. Aufl. 2. 1859. p. 585. Parke's The formation of crystalls in human blood (Med. Times and Gazette. Juli bis Decbr. 1852). Sieveking: Albuminous Crystallisations (Brit. and foreign Med. Chir. Reviews. Vol. II. Juli bis Octbr. 1853). Robin et Verdeil (Traite de chim. anat. et phys. Paris 1853). Man kennt gegenwärtig vier Arten von Blutkrystal- len: die Hämin-, Hämatin-, Hämatoi'din- und Ha- rn atokry stallin -Krystalle. Nach dem Vorkommen, der Art ihrer Gewinnung und ihrem chemischen Verhalten zu urtheilen ist es wahrscheinlich, dass die Verschieden- heit der Blutkrystalle durch eine verschiedene chemi- sche Zusammensetzung bedingt sei. 1) Das Hämokrystallin nach Lehmann oder die Glo bulinkry stalle nach Kölliker. Nach Bojanowski's Ausspruch gebührt Reichert das Verdienst, diese Krystalle schon im Jahre 1847 im Uterus eines Meerschweinchens entdeckt zu haben. Rei- chert sagt a.a.O.: „Durch Zufall bin ich zur Entdeckung von mikroskopischen Krystallen gelangt, deren Substanz,. Beobachtungen über die Blntkry stalle. 185 den chemischen Reactionen gemäss, für einen eiweissarti- gen Stoff gehalten werden muss.' Später fand Kölliker Krystalle von rother Farbe im Blute des Hundes, der Fische und eines Pythons, und zwar, wie er behauptet, theils innerhalb der Blut- kügelchen, theils frei im Blute, namentlich der Milz und Leber. Darauf lehrte Funke diese Krystalle aus dem Milz- venenblute des Pferdes, der Fische, des Ochsen, des Schweines, Kunde aus denen des Eichhörnchens, des Hamsters u. s. w. gewinnen, so dass man wohl mit Recht annehmen kann, aus jedem Blute lassen sich durch zweckmässige Behandlung diese Krystalle darstellen. Und zwar ist die Eigenschaft, Krystalle zu bilden, nicht eine ausschliess- lich dem Milzblute zukommende, sondern sie ist jedem Blutstropfen, mag man denselben hernehmen, wo man will, eigenthümlich, wiewohl zuzugeben ist, dass das Milzvenenblut diese Eigenschaft in besonders hohem Grade besitzt. Nach Kolli ker's Behauptung ist die Milz ein Organ, in welchem die Blutkörperchen mas- senhaft zu Grunde gehen. Lehmann lehrte die Gewinnung dieser Krystalle durch die successive Behandlung des gut gewässerten, detibrinirten Meerschweinchenblutes mit Sauerstoff und Kohlensäure, bei gleichzeitigem Einfluss des Lichts. Nach Bojanowski ist Lehmann's Angabe zu unklar, als dass man auf diesem Wege ein günstiges Resultat erzie- len könnte. Bojanowski überzeugte sich durch viele Versuche vollständig, dass das anzuwendende Blut sowohl derlbrinirtes, als auch iibrinhaltiges sein könne, ohne auf die Bildung, Form und Farbe der Krystalle Einfluss zu haben. Für die mikroskopische Untersuchung hat Boja- nowsky zu unzähligen Malen Blutkrystalle nach einem von Funke angegebenen Verfahren dargestellt, das kein anderes ist, als das Lehmann'sche, nur dem Verständnisse zugängiger gemacht. Es ist das folgende: Man bringt einen Tropfen des betreffenden Blutes auf ein Objectgläs- chen und lässt ihn einige Minuten der Luft ausgesetzt stehen; sodann setzt man einen Tropfen Wasser hinzu, haucht das Präparat einige Male an, bedeckt es nun mit dem Deckglächen und lässt es langsam verdunsten. Die Einwirkung des Lichtes ist nicht durchaus nothwendig, 186 Beobachtungen über die Blutkiystalle. sie bedingt jedoch eine üppigere und regelmässigere Kry- stallbildung. Bisweilen ist nach Bojanowski ein geringer Zu- satz von Alkohol oder Aether oder beider zu dem Blute unerlässlich, um Krystalle zu erhalten. Später stellte Bojanowski die Krystalle auf fol- gende höchst einfache, dabei sichere und immer schöne deutliche Präparate liefernde Weise dar: Man lässt Blut, wie es aus der Ader kommt, oder besser noch, wie es sich in den Gefässen nach dem Tode befindet, in einem Gefässe 2 bis 4 Tage lang an einem kühlen Orte stehen. Dabei zerfliesst der Blutkuchen, der sich anfangs gebil- det hatte, ganz oder theilweise, das Blut wird dickflüssig, dunkelroth bis schwarz. Einen Tropfen dieses Blutes thut man auf ein Objectgläschen, legt ein üeckgläschen auf und lässt nun das Präparat einige Stunden dem Lichte ausgesetzt liegen, nach welcher Zeit dann immer und in jedem Präparate schön ausgebildete Krystalle gefunden werden. Bisweilen setzte Bojanowski, wenn das Blut zu dickflüssig war, ein wenig destillirtes Wasser hinzu, in der Regel bedarf es jedoch durchaus keines Zusatzes. Einer höheren Temperatur darf man das Blut nicht aus- setzen. Das Hämatokrystallin verschiedener Thiere krystai- lisirt in verschiedenen Formen und Systemen. So erhielt Bojanowski aus dem Blute des Menschen und vieler Säugethiere rhombische (rechtwinklige) Tafeln, aus dem Blute der Maus und des Eichhörnchens regelmässige sechsseitige Tafeln, aus dem des Meerschweinchens tetraedrische und aus dem des Kaninchens prisma- tische Krystalle. Im Mageninhalt der Blutegel beob- achtete die Hämatokrystallinkrystalle Budge. Auch diejenigen Krystalle aus verschiedenen Blut- arten, welche übereinstimmende Form zu besitzen schei- nen, zeigen doch eine unverkennbare Verschiedenheit in der Grösse ihrer Winkel. Die Krystalle aus dem Blute der einzelnen Thiere haben etwas Specifisches und Charakteristisches an sich, so dass es bisweilen möglich ist, aus den vorliegen- den Krystallen das Thier, aus dessen Blute sie stammen, zu diagnostisiren. Die Verschiedenheit der Krystallformen hat einen unverkennbaren Einfluss auf die verschiedene Löslichkeit der Krystalle. Lehmann führt die letzteren auf vier Beobachtungen über die Blutkry stalle. 187 Systeme zurück : das tetraedrische, rhomboedrische, hexagonale und prismatische. Es ist wohl zweifellos, dass die Krystalle aus dem Inhalte der Blutzellen entstehen, letztere müssen ihren Inhalt durch Bersten, durch Einwirkung von Wasser aus- treten lassen, um sie zu liefern. Die Hüllen der Blutkörperchen haben keinen Antheil an der Krystallbildung, eben so wenig das Blutserum. Rad lk off er, Lehmann und Bojanowski sind der Ansicht, dass die Krystalle aus dem Globulin beste- hen, und dass der Farbstoff ihnen nur anhängt. Lässt man nämlich die gefärbten Krystalle einige Zeit an der Luft liegen, so werden sie heller und zuletzt farblos. Auch Teich mann beobachtete farblose Blutkrystalle. Kölliker's Bezeichnung als Globulinkrystalle würde alsdann sehr passend sein. Für die Eiweissnatur der Krystalle sprechen nach Bojanowski: 1) dass sie durch Salpetersäure (conc), darauf durch Kali und Ammoniak intensiv orange gefärbt werden (durch Bildung von Xänthoproteinsäure) ; 2) die überaus grosse Aehnlichkeit dieser Krystalle in Form und Verhalten mit den Dotterplättchen der Fischeier ; 3) die von Radikoffer gegebenen Analysen der noch verunreinigten Krystalle von Hunden, die nach Ab- zug der Asche ergaben C = 55,18 — 55,41, H = 7,14 — 7,8, N = 17,27 — 17,40 und O -f S = 20,24 — 20,28 Proc. Sie enthielten 0,718 — 0,938 Asche und in dieser 63,842 Proc. Eisen, 19,814 P05, 5,936 CaO, 0,970 MgO, 5,212 KCl und 3,458 Proc. CaO, SO*. Bojanowski beobachtete niemals innerhalb der Blutkörperchen Krystallbildung, so wenig wie Kunde. Funke und Kölliker wollten eine solche innere Kry- stallbildung gesehen haben. Die Krystalle besitzen in hohem Grade die Eigen- schaft, Feuchtigkeit aus der Luft anzuziehen. 2) Die Häminkry stalle, im Jahre 1853 zuerst von Teich mann durch Einwirkung der Essigsäure auf das Blut entdeckt und beschrieben. Teichmann's Entdeckung ist, wiewohl sie von vielen Seiten (vergl. Lehmanns Zooche- mie y S. 137) nur mit der grössten Verachtung aufge- nommen wurde, indem man die vom Entdecker mitge- theilten Versuche als schmutzige und unsaubere bezeichnete, 188 Beobachtungen über die Blutkry stalle. wenigstens eben so werthvoll, als die Entdeckung der Hämatokrystallinkry stalle. Teichmann's Entdeckung ist geeignet, eine vollständige Reform in der Blutunter- suchung für forensische Zwecke hervorzurufen. Nur mit Murexid könnten die Häminkrystalle verwechselt werden. Das Hämin hat braune Färbung, das Murexid ziegelrothe* Essigsäure löst die Häminkrystalle nicht, wohl aber die des Murexids mit rosenrother Farbe. Kali löst die Hä- minkrystalle mit dunkelgrüner, die des Murexids mit vio- letter Farbe. Glycerin ist ohne Wirkung auf die Kry- stalle des Hämins, Murexid nimmt im Glycerin erst eine grünliche, dann violette Färbung an. Aber die Art des Blutes hat keinen Einfluss auf die Gestalt und das Verhalten der Häminkrystalle, welche in jedem Blute in derselben Qualität und wohl auch Quanti- tät vorhanden sein mögen. Nach Bojanowski ist der wesenlichste, wenn nicht alleinige Bestandtheil der Häminkrystalle das Hämatin. Die schönsten und einförmigsten Häminkrystalle erhält man immer, wenn man zuerst das Blut mit Essigsäure kocht, dann filtrirt und nun erst eine geringe Menge der durchfiltrirten Flüssigkeit mit Eisessig behandelt und die Lösung verdunsten lässt. Alle Krystalle sind dann gleich- massig gefärbt, stark lichtbrechend, und liegen in einer völlig klaren durchsichtigen Mutterlauge. Die Form der Häminkrystalle ist die rhombische, bald rhombi- sche Säulen, bald rhombische Tafeln. Häufig bemerkt man die einem Paragraphenzeichen ähnelnde Ueber- gangsform, welche dadurch zu Stande kommt, dass die stumpfen Winkel des Rhombus sich etwas abrunden, die spitzen Winkel dagegen sehr ausgezogen und bogenförmig gekrümmt sind. Oft sieht man Krystalle, bei denen die beiden stumpfen Winkel sehr gross sind, wodurch die- selben eine doppellanzettlicheForm erhalten. Oft lagern sich die Krystalle kreuzweise übereinander zu Figuren, die einem römischen X oder Sternen frappant ähnlich sind. Die Farbe ist schmutziggelb, von hellgelb bis dunkel- braun, selbst ins Schwarze. Brücke beobachtete, dass ein Zusatz von Kochsalz zur Bildung der Häminkrystalle nöthig sei. Nach Boja- nowski kann auch BaCl, SrCl, KCl, CaCl, KJ,H*NJ das Kochsalz ersetzen. Allein es ist besser, solche Zusätze zu vermeiden. In allen Fällen, wo aus alten Blutflecken keine Krystalle entstehen wollten, erhielt Bojanowski dieselben nach Zusatz einer Spur von Ammoniak. Beobachtungen über die Blut kry stalle. 189 3) Die Hämatinkrystalle konnte Bojanowski weder nach Lehmann 's noch nach v. Wittich 's Me- thode erhalten. Die Angaben über das chemische Ver- halten der Häminkrystalle sind so übereinstimmend mit der Reaction des Hämatins selbst, dass Bojanowski kein Bedenken trägt, ihre Entstehung aus dem Hämatin anzunehmen. Kali bewirkt bei beiden grünliche Fär- bung, Ammoniak eine fast purpurrothe. Aus dem Hä- matin erhält man durch Behandlung mit Eis- essig Häminkrystalle. 4) Das Hämatoi'din, von Virchow entdeckt, ist nicht identisch mit dem Hämatin, aber mit ihm ver- wandt, wie die Versuche von Zwicky, Bruch und Virchow darthun. Es kommt in den Covporibus luteis vor, in alten Ex- travasaten des Gehirns, in obliterirten Venen, hämorrha- gischen Milzinfarcten, Hautsugillationen, Eiterhöhlen der Extremitäten, in faulen Lebern. Es ist kein Bestandtheii des Bluts, sondern ein Umsetzungsproduct des Hämatins. Es krystallisirt in gy psartigen rhombischen Tafeln und Säulen von starkem Lichtbrechungsvermögen, gelb, roth bis rubinroth. Unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, Terpentinöl, löslich in Alkalien. {Zeitschr. für wissensch. Zoologie v. Siebold u. Köllicker, Bd. XII Heft. IV. 17. Nov. 1862.) H. Ludwig. Nach Max Jaffe {Ar eh. f. pathol. Anatom, u. Physiol. Bd. 23. pag. 292 ; daraus in Fresenius' Zeitschr. f. analyt. Chemie, 1862. ß. 259) ist das Hämatoidin mit dem Bili- fulvin identisch. H. L. 190 IT. Literatur und Kritik. H. Karsten, Entwickelungserscheinungen der organi- schen Zelle. Berlin 1863. Abdruck aus Poggen- dorff's Annalen, Band 118. 23 Seiten nebst einer lith. Tafel. Die vorliegende Abhandlung hat den Zweck, die vom Verf. bereits vor 20 Jahren in seiner Inaugural - Dissertation : „De cella vitali" ausgesprochenen und neuerdings in seiner Schrift: „Histo- logische Untersuchungen, Berlin 1862" ausführlicher dargestellten, von der herrschenden Lehre in wichtigen Puncten abweichenden Ansichten über die Entwicklung, Organisation und Thätigkeit der organischen Zelle, insbesondere der Pflanzenzelle, von Neuem gel- tend zu machen. Im Ganzen laufen diese Ansichten darauf hinaus, neben dem Inhalt auch dem andern Bestandtheil der Zelle: der Haut, eine grössere physiologische Bedeutung beizulegen, als dies bei den übrigen Physiologen geschieht. Obgleich von den Letzteren aller- dings der Inhalt als der eigentliche Sitz und Heerd der Zellen- thätigkeit betont zu werden pflegt, so ist doch wohl Niemand, wel- cher die Rolle der Membran als Vermittlerin des Austausches zwi- schen Inhalt und Umgebung, so wie die Entwickelungsfähigkeit derselben in Abrede stellen möchte. Etwas Weiteres namentlich einen unmittelbaren Einfluss der Haut auf den chemischen Process in der Zelle, vermag aber am Ende doch auch Karsten nicht nachzuweisen ; auch kann derselbe unmöglich verkennen, dass die Quelle für die Entwicklung, nämlich für das Wachsthum durch Bildung neuer Zellstoffmasse, ein Grund nicht in dieser selbst, sondern nur in dem flüssigen Inhalt liegen kann. Namentlich steht Karsten mit der herrschenden Ansicht, dass der Inhalt das Pri- märe an der Zelle ist, im Widerspruch, indem er meint, dass die Membran von Anfang an vorhanden sei, und dass es überhaupt keine hautlose Zustände von Zellen gäbe. Es hängt diese seine Ansicht damit zusammen, dass er die verschiedenen Schichten, wo- durch sich die primäre Zellwand nach der gewöhnlichen Ansicht durch Abscheidung von Zellstoff aus dem Inhalte nach und nach verdickt, als ein System von ineinander geschichteten selbststän- digen Zellen betrachtet, deren jede sich für sich entwickele; fer- ner dass er den Primordialschlauch, nämlich die die Innenwand auskleidende Protoplasmaschicht, als eine wirkliche Membran, und zwar als die jüngste innere Zelle, und ebenfalls den Zellen- kern als eine echte aber kernlose Zelle auffasst, wobei er ausser Acht lässt, dass jene Protoplasmaschicht nach Innen gar nicht scharf begrenzt ist, und dass diese, so wie die Haut des Zellen- kerns schon wegen der ganz verschiedenen chemischen Natur eich unmöglich in eine Zellstoffmembran umbilden kann. Literatur. 191 Ausserdem ist nach Karsten der Inhalt der Zelle mit zahl- reichen endogenen, sehr zarten Zellen erfüllt, und letztere zum Theil wieder mit kleineren, weshalb er in der Zelle einen viel complicirteren Organismus sieht, als nach der gewöhnlichen An- sicht, und die Existenz von einzelligen Thieren und Pflanzen be- streitet. Diesen complicirten Bau sucht der Verf. besonders am Brennhaar von Urtica ausführlicher nachzuweisen, indem er die mit wasserheller Flüssigkeit erfüllten Zwischenräume, welche zwi- schen den die Zellenhöhle durchsetzenden Schleimströmchen liegen, für wirkliche, mit einer Membran versehene Zellen hält, welche beim Oeffnen der Haarzelle heraustreten und zum Theil wieder mit Zellen erfüllt sein sollen. Die Circulation des Zellsaftes in jenen Schleimströmchen glaubt Karsten aus der ungleichen Be- schaffenheit des Zellsaftes an verschiedenen Stellen der Zellenhöhle und aus der dadurch bedingten ungleichen endosmotischen Thä- tigkeit der verschiedenen endogenen Zellen, d. h. als eine einfache Diffusionserscheinung erklären zu können *). Noch complicirter erscheint nach Karsten die Organisation der Zellen dadurch, dass er den Begriff Zelle auf eine Menge von Iuhaltskörpern ausdehnt, welche sonst als Bläschen, Körner, Tro- pfen etc. aufgefasst werden, nämlich Amylum-, Chlorophyll- und Kleberkörner, Fett- und Schleimtröpfchen, Vacuolen, welche sämmt- lich mit einer dünnen Membran umgeben sein sollen. Er nennt diese einfachen Zellen zum Unterschied von den Gewebezellen Secretionszellen und theilt denselben die Rolle zu, die im Zellsaft gelöste unorganische Materie in höher und höher combinirte Ver- bindungen umzusetzen, d.h. zu assimiliren, welche „Absonderungs- stoffe" theils zur Ernährung der Haut der Mutterzelle, theils zur Bildung von Tochterzellen verwandt, theils in andere Regionen des Organismus geführt werden. Zu diesem Zweck werden diesel- ben verflüssigt und resorbirt. Auch sollen sich diese Stoffe in einer wechselnden Umsetzung, d. h. Auflösung und Neubildung be- finden, indem kurz nach der Entstehung neuer Gliedzellen jene Stoffe aufgelöst und sogleich darauf in einer neuen Zelle wieder erzeugt werden. (Diese Erscheinung, dass das Chlorophyll u. dgl. vorher Bestandtheile der Mutterzelle und nach der Bildung von Tochterzellen Theile der letzteren sind, ergiebt sich übrigens nach der Theorie von der Vermehrung der Zelle durch Abschnürung des ganzen Inhalts ganz von selbst, ohne die Annahme einer Re- sorption und Wiedererzeugung, indem die Chlorophyllschläuche, welche vor der Theilung in der Mutterzelle eingeschlossen sind, nach der Theilung des Inhalts der letzteren natürlich als Inhalt der Tochterzellen erscheinen. Uebrigens giebt Karsten an, diesen Resorptionsprocess der Chlorophyllschläuche bei Oedogoniitm direct beobachtet zu haben.) Einen andern Hauptpunct der Abhandlung bildet die Ent- stehung neuer Zellen. Karsten bestreitet sowohl die von Seh leiden aufgestellte Theorie, wonach die Neubildung der Zellen von dem Zellkern ausgeht, als auch die von Mirbel und Mo hl eingeführte und* fa6t allgemein anerkannte Ansicht, wonach sich .'die Gewebezellen dadurch vermehren, dass der Primordialschlauch mit dem übrigen Inhalt einer Mutterzelle sich in 2 Portionen abschnürt, von denen jede sich mit einer neuen Zellenmembran y ) Cfr. Histologische Untersuchungen, p. 61. 192 Literatur, umgiebt*). Nach Karsten entstehen neue Zellen nur frei in der Zellflüssigkeit als von Anfang an zwar kleine, aber vollkom- mene Zellen, welche nach und nach sich vergrössernd zusammen- 8tossen und eine Scheidewand bilden. Für diese Ansicht stützt sich Karsten besonders auf Beobachtungen an Spirogyra nitida und orthospira, indem er hier fand, dass die Scheidewand schon vor der scheinbaren Einfaltung vorhanden war. Die letztere hält er nur für eine die Zellenvermehrung passiv begleitende Erschei- nung, namentlich beruhe dieselbe bloss auf einer stellenweisen Zurückziehung des Chlorophylls bei hungernden Conferven oder darauf, dass wenn zwei entstandene Tochterzellen sich unvollstän- dig berühren, die secundäre Zelle (Primordialschlauch) sich falten- artig zwischen dieselben senke. Ebenso geschieht die gleichzeitig mit dem Auftreten zweier Tochterzellen statt findende Theilung der Kern z eile nach Kar- sten nicht, wie die gewöhnliche Ansicht ist, durch Einschnürung der Membrane der letzteren, sondern durch Neubildung zweier Tochterkernzellen frei in dem flüssigen Inhalte der Kernmutter- zelle (cfr. Histolog. Unters. Fig. 83 — 85). Die Tochterzellen des Zellkerns werden entweder zu Gliedeizellen oder wachsen (wie bei Spirogyra Hornschuchii) zu den napfförmigen Kreisfalten der Schei- dewand hervor. Eine Methode, deren sich der Verf. bei seiner Untersuchung mit Erfolg bediente, nämlich Düngung der Conferven mit organi- schen Stickstoffverbindungen, hat auch ein allgemeines Interesse. Es ergiebt sich nämlich, dass dadurch die Entstehung neuer Zellen befördert, dagegen das Wachsthum der Zellhäute beschränkt wird, während Mangel an Düngung umgekehrt die Neubildung von Zel- len hindert, dagegen die bereits gebildeten Zellhäute veranlasst sich zu verdicken oder in Form von centripetalen Kreisfalten zu entwickeln. Ein näheres kritisches Eingehen auf den Inhalt der Abhand- lung würde den für die vorstehende Anzeige zugemessenen Raum überschreiten. W. *) So ist die von Mirbel und Mohl. Von einer Einfaltung der Mutterzellhaut, wie sie Karsten diesen Physiologen unterlegt, ist weder bei Diesem noch bei irgend einem An- dern die Rede und kann nicht die Rede sein, da sich für eine solche Ansicht im ganzen Pflanzenreiche auch nicht die Spur eines Anscheins findet. Hofbuchdrucker©i dor Gebr. Jänccke t» Hannover. ARCHIV DER PHARIIACIE. CLXV. Bandes drittes Heft. I. Physik, Cheniie und praktische Pliariuacie. Analysen von Fluss- nnd (luellwässern Thüringens; mitgetbeilt von Prof. Dr. H. Lud w i g in Jena. 1. Quantitative Bestimmung des Kalks, der Talkerde und der Schwefelsäure im Wasser der Saale und zweier Quellen in der Nähe von Jena; von A. Kromayer, Assistenten am chemisch -pharmaceutischen Institute zu Jena. feämmtliche Wässer wurden am 4. Februar 1860 ge- schöpft und sogleich in Untersuchung genommen. Es war die Frage zu erledigen, ob in denselben wirklich nur Kalk und keine Talkerde vorkomme, oder ob Wacken- roder bei seinen früheren Untersuchungen den Talkerde- gehalt dieser Wässer übersehen habe. A. Quellwasser aus der Quelle im Garten der Neumühle. d) 800 CC. desselben wurden mittelst Oxalsäuren Kalis gefällt, und nach eintägigem Stehen der Oxalsäure Kalk gesammelt; er betrug 0,338 Grm. und lieferte ; 229 Grm. CaO,C02 = 0,128 CaO. Die 0,229 Grm. CaO,C02 in CaO, SO 3 verwandelt lieferten 0,307 Grm. desselben == 0,126 Grm. CaO. Das Mittel ist 0,127 Grm. Kalk. 1000 CC. Wasser würden also 0,158 Grm. Kalk enthalten. b) Die vom Oxalsäuren Kalk abfiltrirte Flüssigkeit wurde mit talkerdefreiem phosphorsauren Natron nebst Ammoniak gefällt. Nach eintägigem Stehen wurde die ent- standene phosphorsaure Ammoniak- Talkerde gesammelt und geglüht. Es wurden 0,088 Grm. 2MgO, PO 5 erhalten Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 3. Hft. 13 194 Kromayerf quaivtitative Bestimmung des Kalks, = 0,0317 MgO = 0,0396 Promille MgO oder abgerundet 0,040 Promille MgO. c) 600 Grm. Wasser wurden mit HCl angesäuert und mit BaCl gefällt. Es wurden erhalten 0,111 Grm. schwe- felsaurer Baryt = 0,038 Grm. Schwefelsäure = 0,06a Promille S(R Also 1000 CC. Wasser der Quelle der Neumühle enthalten : CaO = 0,158 Grm. MgO == 0,040 „ S03 = 0,063 „ Da die Prüfung auf Chlor nur Spuren desselben erkennen Hess, so können alle nicht an SO 3 gebundene Basen an CO 2 gebunden werden. SO 3 : CaO = 0,063: x; 40: 28 = 0,063: x; x = 0,044 CaO an 0,063 SO 3 gebunden zu 0,107 CaO, SO 3 = 0,135 CaO, SO 3 , 2HO. 0,158 CaO — 0,044 CaO = 0114 CaO an CO 2 gebunden. CaO: CaO, CO 2 = 0,114: x; 28: 50= 0,114: x; x=0,20a CaO, CO 2 . MgO: MgO, CO 2 = 0,04: x; 20: 42 =0,04: x; x= 0,084 MgO, CO 2 . 1000 Grm. Wasser der Neumühlenquelle enthalten also (== 0,044 CaO -f- 0,063 S03 CaO, S03 -f 2HO = 0,135 Promille ^ 107 c ^ g^ CaO, C02 = 0,203 „ ( fe Kohlensäure-haltigeD at ^ n™ Afli Wasser als doppeltkohlen- MgO, C02 = 0,084 „ ( sam . e g a]ze gelÖ6t# Chlormetalle Spuren „ Summa 0,422 Promille. Diese Quelle liegt tiefer als die folgende. B. Das Wasser aus der Quelle oberhalb der Papiermühle. a) 800 CC. desselben gaben 0,269 Grm. getrockneten Oxalsäuren Kalk und dieser 0,186 CaO, CO 2 = 0,104 CaO. 0,186 CaO, CO 2 gaben 0,257 Grm. CaO, S03 == 0,106 CaO. Mittel = 0,105 CaO. In 1000 CC. Wasser 0,131 CaO. der Talkerde u. d. Schwefelsäure im Wasser d. Saale etc. 195 b) 800 CG. Wasser gaben 0,067 Grm. 2 MgO, PO* = 0,0241 MgO. In 1000 CC. = 0,0301 MgO. c) 600 CC. Wasser gaben 0,030 BaO, S03 = 0,0103 SO* =a 0,0171 Promille S03. 1000 Wasser enthalten: CaO = 0,131 Promille. MgO = 0,030 S03 = 0,017 Auch dieses Quellwasser enthielt nur Spuren von Chlor. S03 : CaO = 0,017 :x; x = 0,012 CaO an 0,017 S03 zu 0,029 CaO, S03 == 0,037 Promille CaO, S03 + 2 HO und 0,131 — 0,012 = 0,119 CaO an CO 2 gebunden = 0,2125 CaO, C02. MgO: MgO, CO 2 = 0,030 : x; x = 0,063 Promille MgO, C02. 1000 Grm. Wasser der Quelle oberhalb der Papiermühle enthalten (darin 0,012 CaO 4- 0,017 S03 CaO, S03 -f- 2HO = 0,037 Promille V = ,029 Ca<£ S03) CaO, C02 = 0,213 „ 1 beide als doppelt - kohlen- MgO, CO 2 =0,063 „ J saure Salze in Wasser gelöst. Chlormetalle Spuren Summa 0,313 Promille. Diese Quelle entspringt oberhalb der Quelle der Neumühle. Bei den beiden genannten Quellen bestätigt sich aufs Neue das von G. Bischof aufgefundene geologische Ge- setz, dassmit der Höhe des Ursprungs der Gehalt der Quellen an gelösten festen Bestandtheilen abnimmt. Beide angeführten Quellen nehmen ihren Ur- sprung im Mühlthale; die oberhalb der Papiermühle, als die höher gelegene ist ärmer, die im Garten der Neu- mühle, als die tief erliegende ist reicher an festen Bestand- theilen. Der Gehalt an kohlensaurem Kalk in beiden Quellen ist nahezu derselbe, denn beide haben die gleichen Kalkschichten durchsickern müssen, aber Talkerdegehalt 13* 196 Kromayer, undGypsgehaltistbei der Neuinühlenquelle bedeutender, .da sie einen längeren Weg durch die Talkerdeführenden Mergel und den Gyps nehmen rausste. C. Wasser der Saale im Paradiese bei Jena geschöpft. a) 1000 CC. gaben 0,087 Grm. Oxalsäuren Kalk und diese 0,069 Grm. CaO, C02 = 0,0386 CaO. Jene 0,069 CaO, CO 2 in schwefelsauren Kalk umgewan- delt lieferten 0,097 Grm. CaO, SO 3 = 0,039 CaO, Mittel 0,0386 0^0776 = Ca0> 0,0390 2 ; b) 1000 CC. gaben 0,0128 Grm. 2MgO, PO* = = 0,0046 Grm. MgO. c) 600 CC. gaben 0,033 Grm. BaO, SO 3 = 0,0113 Grm. SO 3 = 0,0188 Promille SO 3 . 1000 Grm. Saalwasser enthalten sonach CaO = 0,0388 Grm. MgO = 0,0046 „ SO 3 = 0,0188 „ Das Saalwasser enthielt nur Spuren von Chlor. SO 3 : CaO = 0,0188 :x; x — 0,0131 CaO mit 0,0188 SO 3 zu 0,0319 CaO, SO 3 verbunden = 0,0403 CaO, SO 3 + 2 HO. 0,0388 — 0,0131 — 0,0257 Grm. CaO an CO 2 gebunden. CaO: CaO, CO 2 = 0,0257: x; x = 0,0458 CaO, CO 2 . MgO: MgO, CO 2 . == 0,0046: x == 0,00966 MgO, CO 2 . 1000 Grm. Saalwasser enthalten (= 0,0131 CaO 4- 0,0188 S03 CaO, S03-|-2HO= 0,0403 Grm. _ ^19 CaO, S03) CaO, C02 == 0,0458 „ MgO, C02 — 0,0097 .„ Chlormetalle Spuren Summa 0,0958 Promille. Zusammenstellung A. B. C. CaO, S03 + 2 HO = 0,135 - 0,037 - 0,040 Promille CaO, C02 = 0,203 - 0,213 - 0,046 „ MgO, C02 == 0,084 - 0,063 - 0,010 MCI Spur — Spur — Spur 0,422 — 0,313 — 0,096 Promille. Analyse des Saahoassers von Naschhausen bei Dornburg. 197 2. Analyse des Saalwassers von Naschhausen bei Dornburg; geschöpft im April 1860. 50 Unzen = 1461,6 Grm. Wasser wurden auf Professor L u d w i g's Veranlassung von Hrn. Apotheker Eichemeyer in Dornburg zur Trockne eingedunstet und zur Analyse hierher gesandt. Der Abdampfrückstand war graubräunlich gefärbt und wog bei 1000 C. getrocknet = 0,270 Grm. = 0,185 Promille, davon waren in HO löslich = 0,151 == 0,1033 Promille „ „ unlöslich = 0,119 == 0,0814 „ 0,270 0,1847. A. Analyse der wässerigen Lösung. Die wässerige Lösung wurde auf 24 C C. gebracht und letztere in drei Theile zu je 8 CC. getheilt. 8 CC. Lösung gaben = 0,013 AgCl; mit 3 multiplicirt = 0,039 AgCl == 0,009 Gl = 0,0061 Pro- mille Chlor. Das AgCl war frei von Ag J, wie die Prüfung mit NaO, CO 2 , Auslau- gen der Schmelze mit Wasser etc. bewies. 8CC. Lösung gaben geglühten BaO, SO 3 = 0,040 Grm ; 0,040 . 3 = 0,120 BaO, SO 3 == 0,039 SO 3 = 0,0260 Promille SO 3 . 8 CC. Lösung gaben 0,011 CaO, CO 2 mit 3 multiplicirt = 0,033 CaO, CO 2 = 0,018 CaO = 0,0123 CaO Promille. Die von CaO befreiten 8 C C. Lösung gaben 0,010 Grm. 2MgO, PO 5 = 0,003 MgO mit 3 multiplicirt = 0,009 MgO =0,0061 Promille MgO. Chlor, Kalk und Talkerde wurden in ein und dersel ben Flüssigkeit bestimmt. 8CC. Lösung wurden auf circa 2 C C. eingedunstet und mit einer titrirten Indiglösung (100 C C. der IndiglÖsung ent- sprachen 1 Milligramm KO, NO 5 ) versetzt. Es wurden verbraucht 1,4 CC. Indiglösung = 0,0014 KO, NO 5 , mit 3 multiplicirt = 0,0042 KO, NO 5 = 0,0022 NO 5 = 0,0013 Promille NO 5 . 50 Unzen Saalwasser, ebenfalls von Herrn Eiche- meyer eingedampft (dem Wasser waren vor dem Ein- 198 Kromayer, dampfen 15 Tropfen verdünnter SO 3 zugesetzt worden) wurden auf Ammoniak und Kali untersucht. Die wässerige Lösung des Abdampfrückstandes wurde mittelst BaCl genau von der SO 3 befreit, ohne über- schüssiges BaCl anzuwenden, sodann die Lösung mit Pla- tinchlorid versetzt, zum Syrup eingedunstet und letzterer mit Alkohol aufgenommen. Es bleibt ein äusserst ge- ringer, unwägbarer Rückstand. Der in Wasser unlösliche Theil des Abdampfrück- standes wurde auf Strontain geprüft, indem derselbe mit NaO, CO 2 gekocht wurde; die erhaltenen kohlensauren Salze wurden in HCl gelöst, die Lösung eingedunstet, die Chloride mit Alkohol übergössen und angezündet. Man sah zwar gegen das Ende der Verbrennung einige rothe Flamm chen, jedoch blieb wegen der Kalkflamme die Strontianreaction trüglich. Es hätten nach der Stro- meyer'schen Methode salpetersaure Salze dargestellt wer- den müssen; der CaO, NO 5 löst sich in Alkohol, der SrO,N0 5 nicht, die Alkoholflamme würde mit letzteren allein dann entschiedener ausgefallen sein. Zusammenstellung der Bestandtheile wässeriger Lösung. 1000 Theile enthalten: oder auf Salze berechnet: CaO =0,0123 CaO, SO 3 -f- 2 HO = 0,0377 MgO, S0 3 + 7HO = 0,0168 = 0,0087 [05 =0,0017 MgO =0,0061 SO 3 =0,0266 MgO, MgCl Cl =0,0061 H«NC NO* =0,0013 (Hydratwasser d. CaÖ,S03-f-2HOu.= 0,0165 MgO,S03-f-7HO) Alkali = Spuren 0,0649 0,0689 Ich habe den schwefelsauren Kalk mitHydratw asser berechnet, da letzteres erst bei 120° C. vollständig weggeht, ebenso die schwefelsaure Magnesia, welche ihr Hydratwasser erst bei 150° C. verliert. Analyse des Saalioassers von Naschhansen bei Dornburg. 199 B. Analyse des in Wasser unlöslichen Theiles. Im Rohrclien erhitzt wurde der in HO unlösliche Theil schwarz, es destillirten theerige Producte und es ent- wichen ammoniakalische Dämpfe. Der Glührückstand wurde mit Salzsäure zur Trockne eingedampft, die trockene Masse mit verdünnter Salz- säure wieder aufgenommen und der unlösliche Theil auf einem Filter gesammelt. Das Filter gab nach dem Verbrennen 0,011 Rückstand, davon ab 0,003 Filterasche, bleiben 0,008 Grin. Si02 = 0,0054 SiO 2 Promille. Die salzsaure Lösung wurde auf 24 CG. gebracht und letztere in 3 Theile zu je 8 GG. getheilt. Beim Versetzen mit Ammoniak trübte sich die Lösung durch Abscheidung von Spuren von Thonerde und Eisenoxyd. 8 C 0. Lösung gaben 0,0323 CaO,C0 2 ; dieser mit 3 mul- tiplicirt 0,0969 CaO, CO 2 = 0,0542 GaO = 0,0370 Promille CaO. 8 CC. Lösung gaben 0,004 BaO,S03; 3 .0,004 = 0,0012 = 0,0040 S03 = 0,0027 Promille SO». 8 CC. Lösung wurden mit molybdänsaurem Ammo- niak auf Phosphor säure geprüft, es trat eine s ch w a ch gelbe Färbung ein. Zusammenstellung der Bestan dth eile der sauren Lösung. 1000 Theile Saalwasser enthalten: Einzelne Bestandteile. Verbindungen. CaO = 0,0370 CaO, CO 2 = 0,0628 S03 =±s 0,0027 CaO,S03-f-2HO= 0,0057 SiO 2 = 0,0054 SiO 2 = 0,0054 CO 2 = 0,0276 0,0739 Hydratwasser des CaO, S02 -f 2 H O = 0,0012 0,0739 200 Ludwig, vergleichende Analyse des Wassers A) Summe der Verbindungen wässeriger Lösung = 0,0649 B) saurer Stickstoffhaltige organische Substanzen = 0,0739 0,1388 = 0,0459 0,1847 1000 Theile Saalwasser bei Dornburg (Naschhausen) geschöpft enthalten: an einzelnen Best an d- t heilen. CaO = 0,0493 MgO = 0,0061 H^NO =0,0004 S03 = 0,0293 Cl = 0,0061 N05 =0,0013 Stickstoff- ) haltige org. = 0,0459 Substanzen) P05 1 nicht Fe 2 3 >bestimmbare A12 03] Mengen SiO 2 = 0,0054 an Verbindungen. CaO, CO 2 = 0,0628 CaO, S03 -f 2HO = 0,0434 MgO, SO* + 7ß O = °> 01 ^ MgCl =0,0087 H*NO,N05 =0,0017 Stickstoffhaltige ( _ q 0459 org. Subtanzen Kieselerde Phosphorsäure, Eisenoxyd und Thonerde = 0,0054 Spuren Summe 0,1847 Promille. 0,1238. Das Wasser der Saale bei Dornburg (Naschhausen) ist weit reicher an Talkerde - Salzen als das bei Jena geschöpfte Saalwasser. 3. Vergleichende Analyse des Wassers vom Fürstenbrunnen und des Wassers vom Schwarzberg bei Wöllnitz in der Nähe von Jena. Herr Bürgermeister Hering aus Wöllnitz übertrug mir zu Anfang des Jahres 1857 die Analyse der bei- den genannten Wässer, um zu entscheiden, welches von beiden sich am besten zur Bierbereitung eigne. Hier folgt das Resultat beider Analysen: A. Das Fürstenbrunnenwasser ergab bei unmittelbarer qualitativer Analyse : kleine Men- gen von kohlensaurem Kalk und schwefelsaurem vom Fürstenbninnen u. vom Schwarzberg bei Wöllnitz. 201 Kalk, nebst einer Spur von Chlormetall. Bei Ab- dampfung lieferte es 0,190 Promille festen Rückstand, was annähernd 1 I 5 qqo beträgt (1 Th. gelöste Salze auf 5000 Th. Wasser). Der Rückstand war weiss und seine Analyse ergab neben den obengenannten, im Wasser un- mittelbar nachweisbaren Bestandtheilen auch noch etwas schwefelsaure Talkerde und eineSpur salpeter- sauren Kalk. Bei der quantitativen Analyse lieferten 500 Grm. des Fürstenbrunnenwassers 0,150 Grm. Oxalsäuren Kalk, welche bei schwachem Glühen 0,106 Grm. koh- lensauren Kalk gaben, entsprechend 0,0594 Grm. rei- nem Kalk = 0,1188 Promille Kalk. Dieselben 500 Grm. Wasser gaben 0,008 Grm. ge- linde getrocknete phosphorsaure Ammoniak-Talkerde, ent- sprechend 0,00133 Grm. reiner Talkerde = 0,00266 oder abgerundet 0,002 7 Promille reiner Talkerde. Auf 5000 Th. Wasser beträgt dies 0,5936 Th. Kalk und 0,0133 Th. Talkerde; zusammen 0,6099 Th. Kalk und Talk erde. B. Das Schwarzbergwasser gab bei unmittelbarer qualitativer Untersuchung an Ort und Stelle ebenfalls kohlensauren Kalk und schwe- felsauren Kalk, aber in etwas grösserer Menge als das Fürstenbrunnenwasser, auch eine Spur von Chlormetall. Beim Abdampfen lieferte dieses Wasser 0,30 Pro- mille festen Rückstand oder genau 1 l j 2 Th. auf 5000 Th. Wasser. Der Rückstand war weiss und enthielt neben den obengenannten unmittelbar im Wasser entdeckbaren Bestandtheilen auch etwas schwefelsaure Talkerde (etwas reichlicher als im Fürstenbrunnenwasser vorhanden) und eine deutlicher auftretende Spur salpeter- sauren Kalks als das Fürstenbrunnen wasser. 500 Grm. Schwarzbergwasser gaben 0,193 Grm. Oxal- säuren Kalk, die beim Glühen 0,143 Grm. kohlensauren 202 Ludwig, Kalk hinterliessen, entsprechend 0,0801 Grm. Kalk = 0,1602 Promille CaO. Dieselben 500 Grm. Wasser lieferten 0,036 Grm. phos- pborsaure Ammoniak-Talkerde, darin 0,0059 Grm. Talk- erde === 0,0118 Promille Talkerde (4malmehrMgO als im Fürstenbrunnenwasser). Auf 5000 Theile Schwarzbergwasser beträgt dies 0,8008 Th. Kalk und 0,0587 Th. Talkerde; zusammen 0,8595 Th. Kalk und Talkerde. Organische Stoffe fanden sich weder im Schwarz- bergwasser noch im Fürstenbrunnenwasser, wenigstens konnten sie in jenem Rückstande aus 500 Grm. Wasser nicht nachgewiesen werden. Es möchte also das Fürsten- brunnenwasser als das reinere, dem Schwarzbergwasser zum Bierbrauen vorzuziehen sein. (Jena, d. 8. Febr. 1857.) 4. Das Wasser des Brunnens zu Vierzehnheiligen bei Jena. Der Brunnen (1453 entdeckt), der einzige des Ortes, gab einst die Veranlassung zur Wahl der Stelle zum Bau der Wallfahrtskirche („Wohl durch des Feuers Macht erprobt, vom wilden Kriegessturm umtobt, schaut's jetzt, ein halbzerstörtes Haus, vom Schlachtfeld in das Land hinaus; doch quillt noch drinn', aus Gotteswort, ein Him- melsbrünnlein fröhlich fort, und jeder himmlisch wird erquickt, der gläubig in das Brünnlein blickt!"). Er quillt aus der Tiefe der Erde, ohne irgend einen Fall, an der Stelle zu Tage, wo er gefasst ist, im nördlichen Theile des Dorfes, liefert so viel Wasser, dass nie ein Mangel daran eingetreten ist und bildet den Anfang (Grafft) des Lutzenbachs, welcher über Krippendorf, Altengönne, Lehesten, Nerkewitz, wo er zwei Mühlen treibt, gehet und durch den Neuengönnergrund oberhalb Dornburg in die Saale fliesst. Das Wasser des Brunnens, gleichmässig, welches auch bei anhaltendem Regenwetter sich weder trübt, noch we- sentlich zunimmt, so wie bei Trockenheit nicht schwindet, das Wasser des Brunnens zu Vierzehnheiligen bei Jena. 203 ist bei der grössten Hitze von seltener Frische und Er- quickung und bei der ärgsten Kälte bleibt sein Becken von 4 Fuss Tiefe, von einem Häuschen bedeckt, stets frei von Eis und hält selbst den kleinen Teich, in den es ab- läuft, meist offen. Eine analytische Untersuchung des vor Zeiten für einen Wunder brunn en gehaltenen Was- sers durch Prof. Dr. Ludwig in Jena (Frühling 1858) hat ergeben, dass sich dieses Wasser nicht weit in seiner Zusammensetzung und der Menge seiner gelösten Sub- stanzen von benachbarten Quellen Jenas und der Um- gegend unterscheidet. Es ist ein farblos klares, wohl- schmeckendes Wasser, enthält nur Vssoo (= 0,183 Pro- mille) aufgelöste erdige Stoffe und Salze. Diese bestehen der Hauptsache nach aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Talkerde, beide in Wasser durch Ver- mittelung von Kohlensäure als doppeltkohlensaure Salze in Lösung erhalten und beim Kochen, wegen Ent- weichens der Kohlensäure, als einfach kohlensaure Salze niederfallend. Diesen erdigen Salzen sind Spuren von Kochsalz und Gyps beigesellt. Organische Substanzen sind nicht vorhanden. Wegen seiner Armuth an festen Bestandtheilen und besonders wegen des geringen Gyps geh altes und der Abwesenheit organischer Sub- stanzen verdient es ein reines Wasser genannt zu wer- den, im Vergleich mit vielen Quellwassern der Umgegend, in denen die genannten Salze in grösserer Menge vor- handen sind. Die fast wiesenlose und theils wasserarme Hochebene zwischen der Saale und der Um, auf welcher Vierzehn- heiligen liegt, ist ein Theil der Thüringer Platte, welche sich an die nördlichen Theile des Thüringer Waldes an- schliesst und liegt fast in gleichem Niveau mit den durch das Saalthal getrennten Höhen der osterländi sehen Saale und des meissner Gebiets der Grafschaft Camburg. Ein- schnitte in die Hochebene bilden, ausser vielen kurzen Schluchten am steilen Saalrande 1) das Mühlthal mit dem Leutrabache, das 204 Rückoldt, von Jena in 2 Hauptstrassen (westlich nach Weimar, nördlich nach Apolda) in die Hochebene hinausläuft; 2) der Gönnagrund mit dem Lutzenbache; 3) der Hirsch roder G r u n d mit seinem Bache, nach der lim hin; 4) der Oberndorf er Grund, der südlich von Ka- pellendorf beginnt und bei Herressen ausläuft, und 5) der sanfte Utenbacher Grund, der bei Worm- städt beginnt und nach Apolda ausläuft. Die Abhänge nach der Saale hin haben meist wenig und flüchtige Erdkrume, mit Muschelkalksteinge- rölle und zu Tage liegende Felsenformationen, während die Hochebene selbst zum grossen Theile schweren lehmigen Boden mit fetter Lettenunterlage hat und gänzlichen Mangel an Sand und Bausandsteinen leidet. Auf dem höchsten Puncte dieser Hochebene liegt l 1 ^ Stunde von Jena, eben so weit von Apolda, 2 A / 2 Stunde von Weimar, mitten unter Grossherzogl. Weimarischen Dörfern 4 Stunden von ihrer Amtsstadt Camburg die Herzoglich Meiningische Parcelle Vierzehnheiligen (290 12' 11" L. und 500 58' 15" Br.) an der Strasse von Magdala nach Dornburg, welche Heerweg genannt, den 1150 Fuss hohen Rücken der Hochebene bildet, an dem sich die Wasser der Saale und Um theilen. (Pfarrer Eduard Bohn, Vierzehnheiligen in Thüringen; 1858. S. 1 — 2 und S. 40 — 41). Drei verschiedene Wasserproben aus Quellen in der Nähe von Apolda durch Herrn Fr. U hl stein daselbst geschöpft und mir (im August 1853) zur Analyse über- geben, lieferten 0,18 — 0,24 und 0,82 Promille Abdampf- rückstand. Derselbe bestand bei allen drei Wassern haupt- sächlich aus kohlensaurem Kalk, mit kleinen Mengen von kohlensaurer Talkerde, wenig schwefelsaurem Kalk und Spuren von Chlornatrium. Nähere Angaben über die Quellen selbst habe ich nicht erhalten können. Analysen einiger Quellwässer aus der Nähe v. Buttstädt. 205 5. Analysen einiger Quell wässer ans der Nähe von Buttstädt. Diese Analysen wurden von Hrn. Apotheker Rück oldt in Buttstädt, einem Schüler Wackenroders, in den Jahren 1851 und 1856 mit grosser Sorgfalt angestellt, als es sich darum handelte, Buttstädt mit reinem Trinkwasser zu ver- sorgen. Als Bestandteile sämmtlicher Quellen ergaben sich bei der qualitativen Analyse Kalk, Talkerde, Natron, Kohlensäure, Schwefelsäure, Salzsäure und Spu- ren von Kieselerde. Der Kalk wurde quantitativ bestimmt durch Fäl- lung einer gewogenen Menge von Wasser mittelst Oxal- säuren Kalis bei Gegenwart von etwas freier Oxalsäure; die Talkerde aus der auf solche Weise vom Kalk be- freiten Flüssigkeit durch phosphorsaures Natron und über- schüssiges Ammoniak, Sammeln der nach 24 stündigem Stehen krystallinisch abgeschiedenen phosphorsauren Ammo- niak-Talkerde und Glühen. Der Glührückstand wurde als 2MgO, PO 5 in Rechnung gesetzt. Der erhaltene Oxal- säure Kalk aber wurde durch gelindes Glühen in kohlen- sauren Kalk CaO, CO 2 verwandelt und aus diesem der Kalk berechnet. Die Schwefelsäure wurde durch Ch lorbaryum aus einer neuen Menge des mit etwas Salzsäure angesäuerten Wassers in Form von BaO, SO 3 gefällt und aus dem geglühten Niederschlage die Schwefelsäure berechnet. Ueberall wurde auf die Spuren etwaiger Filterasche Rücksicht genommen. Das Chlor des vorhandenen Chlornatriums wurde aus einer mit Salpetersäure angesäuerten frischen Menge des Wassers mittelst salpetersaurem Silberoxyd gefallt und aus dem scharf getrockneten Ag Cl direct das entsprechende Chlornatrium berechnet. Das Natron wurde direct aus Abdampfrückständen des Wassers mittelst antimonsauren Kalis auch qualitativ nachgewiesen. Die Kieselerde fand sich in unwägbaren Mengen, bei Benutzung von 500 bis 700 Grm. Wassers. Sie wurde 206 Rückoldt, an dem unlöslich bleibenden weissen Rückstände erkannt, sobald man das Wasser zur Trockne verdampft hatte und das Abgedampfte in Salzsäure löste. Mit jedem Wasser und bei jeder einzelnen Bestim- mung des Kalks, der Talkerde, Schwefelsäure und des Chlors wurden 3 quantitative Bestimmungen gemacht und das Mittel daraus auf 1000 Gewichtstheile Wassers be- rechnet. Die analysirten Wässer lassen sich in zwei Klassen bringen : 1) solche, in denen der kohlensaure Kalk vor- herrscht und 2) solche, in denen der schwefelsaure Kalk überwiegt. Bei Benutzung des Wassers in der Haushaltung ist dem Wasser mit kohlensaurem Kalk der Vorzug zu geben vor denen, welche schwefelsauren Kalk (das ist Gyps) enthalten. A. Ouiellwässer mit vorherrschendem kohlensauren Kalk. I. Wasser der Quelle auf dem Wege von Buttstädt nach Niederreissen, unweit der Zie- gelei bei Buttstädt. Zu jeder einzelnen Analyse dienten 554,032 Grm. Wasser. a) Gefundener kohlensaurer Kalk : 0,094 — 0,093 — 0,093 Grm. CaO, CO 2 ; im Mittel also 0,0933 Grm. CaO, CO 2 aus 554,032 Grm. Wasser, mithin in 1000 Grm. Wasser 0,1624 Grm. CaO, CO 2 , entsprechend 0,0909 Pro- mille reinem Kalk CaO. b) Erhalten: phosphorsaure Talkerde 2MgO, PÖ 5 , 0,112 — 0,114 — 0,114 Grm. 2MgO, PO*; im Mittel 0,1133 Grm. 2MgO,P0 5 , welche entsprechen 0,0737 Pro- mille Talkerde MgO. c) Erhalten: 0,011 — 0,011 — 0,008 Grm. schwefel- sauren Baryt; im Mittel 0,010 Grm. BaO, S03 = 0,0181 Promille BaO, SO 3 = 0,0062 Grm. Schwefelsäure in 1000 Grm. Wasser. Analysen einiger Quellwässer aus der Nahe v. Buttstädt. 207 d) Das erhaltene Chlorsilber wog 0,100 — 0,082 — 0,074 Grm.; im Mittel 0,0853 Grm. = 0,1540 Promille AgCl, entsprechend 0,0627 Promille Chlornatrium NaCl. Auf bekannte Weise auf Salze berechnet erhält man folgende Zusammensetzung. 1000 Grm. Quelhvasser enthalten Kohlens. Kalk = CaO, C02 == 0,1541 Grm. (= 0,0866 Grm. CaO) Talkerde = MgO,C02 = 0,1548 „ (=0,0737 „ MgO) Schwefels. Kalk = CaO, S03 =0,0105 „ (=0,0043 CaO -f Chlornatriuin = NaCl = 0,0627 „ 0,0062 S03) Summa der Salze 0,3821 Grm. II. Niederreisser Quelle. (Quelle des grossen Riethes unweit des Pelikanhügels). Zu jeder Kalk- und Talkbestimmung dienten 537,132 Grm. Wasser. a) Gefundener kohlensaurer Kalk 0,102 — 0,100 — 0,100 Grm.; im Mittel 0,1007 Grm. CaO, CO 2 == 0,1874 Promille CaO, CO 2 = 0,1049 Grm. Kalk CaO in 1000 Grm. Wasser. b) Erhaltene phosphorsaure Talkerde 0,048 — 0,038 — 0,030 Grm.; im Mittel 0,0387 Grm. 2 MgO, PO» = 0,0720 Promille 2 MgO PO* =0,0259 Promille Talk - erde MgO. Zur Schwefelsäurebestimmung und Chlorbestimmung dienten jedesmal 716,176 Grm. Wasser. c) Erhaltener schwefelsaurer Baryt 0,012 — 0,007 — 0,007 Grm.; im Mittel 0,0087 Grm. BaO,S03 = 0,0121 Promille BaO, SO* = 0,0041 Promille Schwe- felsäure SO 3 . d) Erhaltenes Chlorsilber 0,010 — 0,010 = 0,005 Grm.; im Mittel 0,0083 Grm. AgCl = 0,0115 Promille AgCl, entsprechend 0,0047 Promille Chlornatrium NaCl. 1000 Gewichtstheile Wasser der Niederreisser Quelle enthalten sonach Kohlens. Kalk CaO, C02 = 0,1821 Gew.-Tb. (=0,1020 CaO) „ Talkerde MgO, C02 =0,0594 „ „ (=0,0259 MgO) Schwefels. Kalk = CaO, S03 = 0,0070 „ „ (=0,0029 CaO Chlornatrmm = NaCl = 0,0047 „ „ -f 0,0041 S03) Summa 0,2532 Gew.-Tb. Salze. 208 Rückoldt, III. Stiebsdorfer Quellwasser. a) Kalkbestimmung: 626,654 Grm. Wasser gaben 0,121 Grm. CaO,C0 2 537,132 „ „ „ 0,105 „ 537,132 „ „ „ 0,101 „ Im Mittel lieferten sonach 1000 Grm. Wasser 0,1924 Grm. CaO, CO 2 = 0,1077 Promille Kalk CaO. b) 626,654 Grm. Wasser gaben 0,117 Grm. 2MgO,P0 5 537,132 „ „ „ 0,079 , 537,132 „ „ „ 0,071 , Auf 1000 Grm. Wasser kommen hiernach 0,1569 Grm. 2 MgO, PO 5 , entsprechend 0,0565 Promille T a 1 k e r d e MgO. c) Zu jeder der 3 Schwefelsäurebestimmungen dien- ten 716,176 Grm. Wasser; es wurden erhalten 0,006 — 0,011 — 0,009 Grm. BaO,S03, im Mittel also 0,0087 Grm. BaO, S03 == 0,0121 Promille BaO, SO 3 = 0,00415 Promille Schwefelsäure. d) Zu jeder der drei Chlorbestimmungen dienten 537,132 Grm. Wasser. Erhalten 0,010 — 0,015 — 0,005 Grm. Chlorsilber; im Mittel also 0,010 Grm. AgCl = 0,0186 Pro- mille AgCl, entsprechend 0,0076 Promille Chlorna- trium NaCl. 1000 Gew. Th. Stiebsdorfer Quellwasser ent- halten demnach Kohlens. Kalk CaO, C02 = 0,1871 Gew.-Th. (=0,1048 CaO) Talkerde MgO, C02= 0,1187 „ „ (=0,0565 MgO) Schwefels. Kalk CaO, S03 = 0,0071 „ „ (=0,0029 CaO Chlornatrium Na Cl = 0,0076 „ „ -{-0,0042 S03) Summa 0,3205 Gew.-Th. Salze. IV. Wasser der Quelle des Seilergrundes. Zu jeder einzelnen Kalk- und Talkerdebestimmung dienten 537,132 Grm. Wasser. a) Erhaltener kohlensaurer Kalk 0,112 — 0,113 — 0,113 Grm.; im Mittel 0,1127 Grm. CaO,C02 = 0,2098 Pro- mille CaO, CO 2 = 0,1175 Promille CaO. Analysen einiger Quellwässer aus der Nähe v. Buttstädt. 209 b) Gefundene phosphorsaure Talkerde 0,033 — 0,063 — 0,037 Grm. ; im Mittel 0,0443 Grm. 2MgO, PO 5 p= 0,0824 Promille 2MgO, PO 5 = 0,0297 Promille MgO. Zu jeder einzelnen Schwefelsäure- und Chlorbestim- mung dienten 626,654 Grm. Wasser. c) Erhaltener schwefelsaurer Baryt 0,014 — 0,011 — 0,015 Grm. ; im Mittel 0,0133 Grm. BaO,S0 3 = 0,0214 Pro- mille BaO, SO 3 == 0,0073 Promille SO 3 . d) Gefundenes Chlorsilber 0,01 7 — 0,011 — 0,006 Grm.; im Mittel 0,0113 Grm. AgCl == 0,0180 Promille AgCl — 0,0073 Promille NaCl. 1000 Gew.-Th. Wasser der Quelle des Seilergrundes enthalten : Kohlens. Kalk, CaO, C02 = 0,2007 (=0,1124 CaO) Talkerde, MgO,CQ2 — 0,0624 (=0,0297 MgO) Schwefels. Kalk, CaO, SO 3 = 0,0124 (=0,0051 CaO Chlornatrium, NaCl == 0,0073 + ;0073SO 3 ) Summa 0,2828 Gew.-Th. Salze. B. Wasser mit vorherrschendem schwefelsauren Kalk. V. Wasser des Klingenteichs. Zu jeder einzelnen Bestimmung des Kalks, der Talk- erde, Schwefelsäure und des Chlors dienten 554,032 Grm. Wasser. a) Kalkbestimmung. Erhalten : 0,702 — 0,494 — 0,586 Grm. kohlensauren Kalk; im Mittel also 0,594 Grm. CaO, C02 = 1,0721 Promille CaO, C02 == 0,6004 Pro- mille Kalk CaO. b) Talk erdebe Stimmung. Erhalten: 0,366 — 0,269 — 0,471 Grm. 2 MgO, PO*; im Mittel also 0,3687 Grm. 2 MgO, PO* == 0,6654 Promille 2MgO, PO* = 0,2398 Promille Talke rde MgO. c) Schwefelsäurebestimmung. Erhalten: 1,918 — 1,839 — 1,879 Grm. BaO, SO 3 ; im Mittel also 1,8787 Grm. BaO, SO 3 = 3,3908 Promille BaO, SO 3 == 1,1642 Pro- mille Schwefelsäure SO 3 . Arch.d. Pharm. CLXV.Bds. 3.Hft. 14 210 Bückoldt, d) Chlorbestimmung. Erhalten: 0,028 — 0,025 — 0,027 Grm. AgCl; im Mittel also 0,0267 Grm. AgCl = 0,0481 Promille AgCl. entsprechend 0,0196 Promille Chlornatrium NaCl. 1000 Gew.-Th. des Wassers des Klingen teichs ent- halten sonach Schwefels. Kalk CaO, S03 = 1,4581 Gew. Tb. (—0,6004 CaO -f- 0,8577 S03) Talkerde MgO,S03 =0,4598 „ „ (= 0,1533 MgO + 0,3065 S03) Kohlens. Talkerde MgO, C02 =0,1816 „ „ (=0,0865 MgO) Chlornatrium Na Gl == 0,0196 „ „ Summa 2~il91 Gew.-ThTSalze. VI. Wasser der Quelle auf der sogenann- ten Kunst. Auch hier dienten zu jeder Einzelbestimmung 554,032 Grm. Wasser. a) Erhalten: 0,486 — 0,515 — 0,709 Grm. kohlensau- ren Kalk; im Mittel also 0,564 Grm. CaO, CO 2 = 1,0179 Promille kohlensauren Kalk = 0,5700 Promille Kalk CaO. b) Phosphorsaure Talkerde = 0,519 — 0,498 — 0,299 Grm. gefunden; im Mittel also 0,4387 Grm. 2MgO,P0 5 t= 0,7917 Promille 2 MgO, PO 5 = 0,2853 Promille Talk- erde MgO. c) Schwefelsauren Baryt == 1,884 — 1,887 — 1,837 Grm. gefunden; im Mittel also 1,8693 Grm. BaO, SO 3 i= 3,3746 Promille BaO, SO 3 = 1,1586 Promille Schwe- felsäure SO 3 . d) Chlorsilber =0,020— 0,130 —0,147 — 0,064 Grm.; im Mittel 0,0902 Grm. AgCl, = 0,1629 Promille AgCl, entsprechend 0,0664 Promille Chlor natrium NaCl. 1000 Gew.-Th. Wasser der sogenannten Kunst enthalten : Schwefels. Kalk CaO,S03 = 1,3843 Gew.-Th. (=0,5700 CaO + 0,8143 S03) Talkerde MgO, S03 =0,5164 „ „ (=0,1721 MgO + 0,3443 SO 3 ) Kohlens. Talkerde MgO, C02 =0,2377 „ „ (= 0,'ll32 MgO) Chlornatrium NaCl = 0,0664 „ Summa 2,2048 Gew.-Th. Salze. Analysen einiger Quellwässer aus der Nähe v. Buttstädt. 211 VII. Wasser aus der Quelle am Kleffer (Klefferbrunnen). Die Kalk- und Talkerdebestimmungen wurden jede mit 447,610 Grm. Wasser ausgeführt. a) Kalkbestimmung. Erhalten: 0,672 — 0,667 — 0,675Grm.CaO,CO2 ; imMittelalso0,6713Grm.CaO,CO2 = 1,500 Promille CaO,(X)2 == 0,840 Promille Kalk CaO. b) Talkerdebestimmung. Erhalten: 0,195 — 0,200 — 0,192 Grm. 2MgO, PO; im Mittel 0,196 Grm. 2MgO, PO* = 0,458 Promille 2MgO, PO* = 0,158 Pro- mille Talkerde MgO. Die Schwefelsäure- und Chlorbestimmungen wurden jede mit 358,522 Grm. Wasser gemacht. c) Schwefelsäurebestimmung. Erhalten: 1,332 1,335 — 1,330 Grm. BaO,S0 3 ; im Mittel 1,3323 Grm. BaO,S03 = 3,715 Promille BaO, SO 3 == 1,2583 Promille Schwefelsäure SO 3 ., d) Chlorbestimmung. Erhalten: 0,295 — 0,275 — 0,287 Grm. AgCl; im Mittel also 0,2857 Grm. AgCl === 0,799 Promille AgCl, entsprechend 0,325 Promille Chlornatrium NaCl. 1000 Gew.-Th. Wasser des Klefferbrunnens enthalten : Schwefels. Kalk CaO, S03 == 2,040 Gew-.Th. (= 0,840 CaO -h 1,200 S03) Talkerde MgO, S03 — 0,087 „ „ (— 0,029 MgO + 0,058 S03) Kohleas. Talkerde MgO, C02 = 0,271 „ „ (= 0,129 MgO) Chlornatrium Na Cl = 0,325 „ Summa 2,723 Gew.-Th. Salze. VIII. Wasser des Pumpbrunnens auf der Windhebe. Enthielt etwas organische Substanz. Bei allen Bestimmungen dienten je 537,132 Grm. Wasser. d) Kalk. Erhalten: 0,863 — 0,857 — 0,867 Grm. CaO, C02; im Mittel also 0,8623 Grm. CaO, C02 = 1,6053 Promille CaO, C02 == 0,899 Promille Kalk CaO. b) Talkerde. Erhalten: 0,182 — 0,207 — 0,175 Grm. 2MgO, P05; im Mittel 0,188 Grm. 2 MgO, PO* = 14* 212 Rückoldt, 0,350 Promille 2 MgO, PO == 0,1261 Promille Talk- erde MgO. c) Schwefelsäure. Erhalten: 2,077 — 2,092 — 2,087 Grm. BaO, SO 3 ; im Mittel also 2,0853 Grm. BaO, SO 3 — 3,8823 Promille BaO, 803 — i ; 333 Promille Schwe- felsäure SO 3 . d) Chlor. Erhalten: 0,425 — 0,409 — 0,412 Grm. AgCl; im Mittel 0,4153 Grm. AgCl == 0,773 Promille AgCl, entsprechend 0,3151 Promille Chlornatrium NaCl. 1000 Gew.-Th. des Wassers enthalten sonach: Schwefels. Kalk CaO, S03 == 2,1833 Gew.-Th. (=0,8990 CaO -f- 1,2843 MgO > Talkerde MgO, S03 =0,0731 „ „ (=0,0244 MgO + 0,0487 S03) Kohlens. Talkerde MgO, C02 =0,2136 „ „ (=0,1017 MgO) Chlornatrium NaCl == 0,3151 „ „ Summa 2/7851 Gew.-Th. Salze. IX. Wasser des Pumpbrunnens auf dem Kuhtanze. Zu jeder Kalk- und Talkerdebestimmung dienten 537,132 Grm. Wasser. a) Kalk. Erhalten: 0,175 — 0,171 — 0,175 Grm. CaO, C02 ; im Mittel also 0,1737 Grm. CaO, CO* = 0,3233 Promille CaO, CO* = 0,1810 Promille Kalk CaO. b) Talkerde. Erhalten: 0,142 — 0,077 -- 0,027 Grm. 2 MgO, PO^; im Mittel also 0,082 Grm. 2 MgO, PO* =5 0,0295 Grm. MgO = 0,0549 Promille Talkerde MgO. Zu jeder Schwefelsäure- und Chlorbestimmung dien- ten 716,176 Grm. Wasser. c) Schwefelsäure. Erhalten: 0,442 — 0,450 — 0,428 Grm. BaO, S03; im Mittel 0,440 Grm. BaO , SO 3 = 0,6143 Promille BaO, SO 3 = 0,2109 Promille S ch w e - feisäure SO 3 . d) Chlor. Erhalten: 0,116 — 0,103 — 0,095 Grm. AgCl; im Mittel also 0,1047 Grm. AgCl ±= 0,1462 Pro- mille AgCl, entsprechend 0,0595 Promille Chlorna- trium NaCl. Analysen einiger Quellwässer aas der Nähe v. Battstädt. 213 1000 Gew. - Th. Wasser enthalten sonach : Schwefels. Kalk CaO, SQ3 = 0,3585 Gew.-Th. (=0,1476 CaO -f 0,2109 S03) Kohlens. Kalk CaO, C02 =0,0598 n „ (=0,0334 CaO) Talkerde MgO, C02 =0,1152 „ „ (-f 0,0549 MgO) Chlornatrium NaCl = 0.0595 „ „ Summa 0,5930 Gew.-Th. Salze. Zusammenstellung aller Analysen. Ä. Wässer mit vorherrschenden kohlensauren Erdalkalien. I. II. III. IV. CaO, C02 0,1541 0,1821 0,1871 0,2007 Promille MgO, C02 0,1548 0,0594 0,1187 0,0624 CaO, S03 0,0105 0,0070 0,0071 0,0124 NaCl 0,0627 0,0047 0,0076 0,0073 0,3821 0,2532 0,3205 0,2831 Promille. B. Wässer mit vorherrschendem schwefelsauren Kalk. V. VI. VII. VIII. IX. CaO, S03 1,4581 1,3843 2,0400 MgO, S03 0,4598 0,5164 0,0870 CaO, C02 - — — MgO,C02 0,1816 0,2377 0,2710 NaCl 0,0196 0,0664 0,3250 2,1191 2,2048 2,7230 2,7851 0,5930 Promille. Allen untersuchten Wässern aus ßuttstädts Nähe ist eine namhafte Menge von Talkerdesalzen eigenthümlich. Der Gehalt an schwefelsaurer Talk er de steigt bis 0,5164 Promille, der Gehalt an koh len säur er Talk- erde bis 0,2710 Promille. Der höchste Gehalt an schwe- felsaurem Kalk ist 2,1833 Promille. Der höchste Koch- salzgehalt 0,3250 Promille. (Fortsetzung folgt.) 2,1833 0,3585 Promille 0,0731 n — 0,0598 0,2136 0,1152 „ 0,3151 0,0595 „ 214 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung Zur Kenntniss der Bildung des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs; von H. Will und W. Körner. (Fortsetzung und Schluss aus Bd. CLXV. Hft. 2. pag. 144.) Die auf einer eigenthümlichen Beweglichkeit der Elemente der Senfölgruppe beruhende Metamorphose der vorstehend beschriebenen Metallverbindungen, — welche constant Schwefelsäure, aber nicht stets Senföl als Zer- setzungsproducte liefern — tritt am Klarsten in dem Ver- halten der Silberverbindung zu Tage, welche wir in die- ser Beziehung einer genaueren Untersuchung unterworfen haben. Dieses Verhalten bietet den Schlüssel zur Erklä- rung der merkwürdigen Thatsache, dass bei der Zer- setzung des myronsauren Kalis unter dem Einfluss eines Ferments neben Senföl, Zucker und Schwefelsäure stets auch freier Schwefel auftritt, eine Erscheinung, welche jedenfalls beweist, dass ausser den genannten vier, noch ein fünftes Gährungsproduct in dem mit Wasser ange- rührten schwarzen Senf enthalten sein muss. Behandelt man die in reinem Wasser aufgeschlämmte Silberverbindung C 8 H 5 NAg 2 S 4 8 , mit Schwefelwasser- stoff, so wird das Gemenge sogleich schwarz und nach vollendeter Zersetzung scheidet sich ein Gemenge von Schwefelsilber und Schwefel ab, welches beide Körper zu gleichen Aequivalenten enthält, wie die folgende Be- stimmung zeigt. 1,3613 Grm. des über Schwefelsäure getrockneten Niederschlages gaben 1,3988 Chlorsilber. Es entspricht dies: In 100 Theilen: berechnet gefunden Ag2 216 77,1 77,3 S< 64 22,9 — 280 100,0. des Senf Öls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 215 Durch Behandlung mit Schwefelkohlenstoff lässt sich dem Niederschlag die Hälfte des Schwefels (gefunden wurden 10,9 Proc.)*) entziehen. — Die von dem Nieder- schlag abfiltrirte, stark sauer reagirende Flüssigkeit riecht, nach Entfernung des überschüssigen Schwefelwasserstoffs in gelinder Wärme oder durch Einleiten eines Luftstroms angenehm, eigenthümlich lauchartig. Sie liefert bei der Destillation farblose Oeltropfen, welche zuerst mit Wasser übergehen und bei weiterer Destillation sich wieder lösen. Der Rückstand von der Destillation enthält keine Spur einer organischen Substanz, sondern nur freie Schwefel- säure, welche die Hälfte des Schwefels der ursprünglichen Verbindung enthält. 0,5795 Grm. der Silberverbindung gaben nämlich, nach dem Abfiltriren des Schwefelwasserstoffniederschla- ges, durch Ausfällen mit Chlorbaryurn 0,312 schwefelsau- ren Baryt, entsprechend 7,4 Proc. Schwefel. Die Silber- verbindung enthält nach unserer Analyse 15,58 Proc. Durch wiederholte Rectification des lauchartig riechen- den Destillats gewinnt man, indem man stets nur die zuerst übergehenden Antheile auffängt, eine wasserhelle, oben aufschwimmende Oelschichte, welche zur weiteren Reinigung, nach dem Abheben und Trocknen über Chlor- calcium, der Rectification unterworfen wird. Der Ölartige Körper ist vollkommen neutral, farblos, von angenehm lauchartigem Geruch und brennend gewürz- haftem Geschmack. Er enthält Stickstoff. Sein Siede- punct liegt zwischen 117 und 118°, sofern bei drei Recti- ficationen mit Präparaten von verschiedener Darstellung die Siedepuncte 1170,4, 1170,7 und 1180,2 (corrigirt 1180,7, 1180,9 und 1190,2) beobachtet wurden. Dienach- stehende Analyse zeigt, dass der ölartige Körper nichts *) Es lieferten nämlich 2,1308 Grm. des Niederschlags durch Be- handeln mit Schwefelkohlenstoff und Verdampfen 0,233 Grm. reinen Schwefel als Rückstand. 216 Will il. Körner, zur Kenntniss der Bildung Anderes als Cyanaäyl C8 H* N == C2N, C6 H*, ist. Das- selbe entsteht aus der Silberverbindung, entsprechend der Gleichung : C8H5NAg2S4 08 + 2HS = C8H5N + 2AgS + 2S + 2(HO,S03). 0,2087 Grm. gaben 0,5399 Kohlensäure und 0,1456 Wasser. Es entspricht dies: berechnet gefunden C« 48 71,65 72,0 Hä 5 7,46 7,7 N 14 20,89 — "67 100,00. Das specif. Gewicht des Cyanallyls ist 0,838$ bei 12°, 8 (für Wasser von 0° als Einheit); die Bestimmung der Dampfdichte nach der Methode von Gay-Lussac gab folgende Resultate: Angewandt 0,0771 Grm. Cyanallyl. Temperatur 167<> C. Beobachtetes Volum 48,8 CC. Dampf. Differenz d. Quecksilbersäulen 86,5 MM. Barometerstand 746 MM. bei 240. Gefundene Dampfdichte 2,32. . Berechnete Dampfdichte 2,31. Bei einer Condensation auf 2 Vol. (H 2 2 = 2 Vol. ) berechnet sich hieraus das mit der Formel C 8 H 5 N über- einstimmende Moleculargewicht 67,01. Die Eigenschaften des aus myronsaurem Kali erhal- tenen Cyanallyls sind wesentlich verschieden von denjeni- gen des Productes, welches Lieke *) durch Behandlung von Cyansilber mit Jodallyl erhielt. Derselbe beschreibt das Cyan- allyl als eine penetrant und höchst unangenehm riechende, an der Luft sich gelb färbende Flüssigkeit von dem Siede- punct 96 bis 106°. Auch gelang es ihm nicht, dieselbe durch Behandlung mit Kali in Crotonsäure und Ammoniak umzu- * ) Annalen der Chem. u. Pharm. CXII. 316. des Senf Öls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 217 wandeln, eine Zersetzung, welche mit dem von uns beschrie- benen Körper leicht vor sich geht. Erhitzt man Cyanallyl mit dem doppelten Volum Kali- lauge von 1,28 spec. Gew. in einer zugeschmolzenen Glas- röhre im Wasserbade, so verschwindet ersteres nach eini- gen Stunden vollkommen, ohne dass sich die Flüssigkeit erheblich färbt. Unterwirft man nach dem Oeffhen des Rohrs die stark ammoniakalisch riechende Flüssigkeit für sich der Destillation, so findet man, wie sich aus nach- stehender Bestimmung ergiebt, in der vorgelegten Salz- säure gewöhnliches Ammoniak. 2,2259 Grm. des erhaltenen Platinsalzes gaben 0,9794 Platin, entsprechend 44,0 (statt 44,3) Proc. Die rückständige alkalische Lösung liefert, nach der Uebersättigung mit Schwefelsäure, bei der Destillation bis fast zur Trockne eine flüchtige Säure, welche bei guter Abkühlung aus dem Destillat in feinen wolligen Nadeln, bei freiwilliger Verdunstung in grossen tafelförmigen Kry- stallen anschiesst. Die Säure schmilzt bei 72°, erstarrt bei 70°,5 und verflüchtigt sich ohne Rückstand unter Ver- breitung eines starken Geruchs nach Buttersäure. Auch beim Trocknen im leeren Raum oder über Schwefelsäure nimmt dieselbe fortwährend an Gewicht ab. Die Analyse der reinen Säure führte zu folgenden Zahlen : 0,335 Grm. gaben 0,679 Kohlensäure und 0,2155 Wasser. Es entspricht dies: In 100 Theilen: berechnet gefunden C8 48 55,81 55,27 H6 6 6,98 7,14 0* 32 37,21 — 86 100,00. Das Silbersalz ist ein weisser, käsiger Nieder- schlag, der im Licht schwarz wird und in warmem Was- ser ziemlich löslich ist. 218 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung 0,1275 Grm. gaben 0,072 Silber — 56,4 Proc. Die Formel C 8 H5Ag0 4 verlangt 55,95 Proc. Das Cyanallyl verhält sich demnach unter dem Einfluss von Alkali wie andere Nitrile. Es spaltet sich in Cro ton- säure und Ammoniak, entsprechend der Gleichung: C8H5N + 4HO =~ C8H60* -f H3N. Die von uns aus Cyanallyl gewonnene Crotonsäure unterscheidet sich von der aus Crotonöl von Th. Schlippe*) erhaltenen wesentlich darin, dass erstere fest, krystallisirbar, letztere aber als Ölartig beschrieben ist. Zur Gewinnung des Cyanallyls, beziehungsweise der Crotonsäure aus myronsaurem Kali in etwas grösserem Massstabe lassen sich die bei der Darstellung des letzte- ren Salzes abfallenden unkrystallisirbaren Mutterlaugen zweckmässig verwerthen. Man erhitzt dieselben zu dem Ende mit etwas kohlensaurem Baryt zum Sieden, säuert das Filtrat mit reiner Salpetersäure an und vermischt die von einem geringen rothbraunen Niederschlag getrennte, erkaltete Flüssigkeit bis zur völligen Ausfällung mit salpeter- saurem Silberoxyd. Die sich nach und nach abscheidende schmutzig-gelbe Silberverbindung wird mit Wasser völlig ausgewaschen, mit Schwefelwasserstoff zerlegt und aus der vom Schwefelsilber getrennten Flüssigkeit das Cyanallyl, wie oben angegeben, durch Destillation gewonnen. Auch unmittelbar aus myronsaurem Kali lässt sich Cyanallyl abscheiden, jedoch verläuft die Reaction nicht ganz so glatt, wie mit der Silber Verbindung. Erhitzt man nämlich eine wässerige Lösung von myronsaurem Kali in einem zugeschmolzenen Rohre mehrere Tage lang auf 110 bis 120°, so verschwindet das Salz. Die Lösung wird biö,ungelb, stark sauer und durch ausgeschiedenen Schwe- fel getrübt. Sie riecht nach Schwefelwasserstoff und Cyanallyl und liefert durch Destillation Oeltropfen, die aus letzterem bestehen. Der Schwefelwasserstoff entsteht ohne Zweifel durch secundäre Einwirkung der frei ge- *) Annal. d. Chem. und Pharm. CV. 1. des Senf öls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 219 wordenen Schwefelsäure auf noch unzersetztes myronsau- res Kali. Die Bildung von Senföl ist hierbei nicht zu beobachten. Die bei den verschiedenen Metamorphosen des myron- sauren Kalis auftretende Zuckerart haben wir in etwas grösserer Quantität aus der Flüssigkeit dargestellt, aus welcher die Silberverbindung, C 8 H 5 NAg 2 S 4 8 , behufs der Bereitung des Cyanallyls ausgefällt worden war. Man fällt aus dieser Flüssigkeit den Silberüberschuss mittelst Schwefelwasserstoff, sättigt das Filtrat mit kohlensaurem Baryt und verdampft. Nach dem Auskrystallisiren des meisten Barytsalpeters behandelt man die eingetrocknete Mutterlauge mit starkem Alkohol und überlässt die ein- geengte alkoholische Lösung der Krystallisation, wo nach einigen Tagen der Zucker in blumenkohlähnlichen War- zen anschiesst. Durch vorsichtiges Waschen des Kry- stallbreies mit wenig kaltem Wasser und wiederholtes Um- krystallisiren aus Wasser und Alkohol erhält man ihn rein. Er setzt sich aus der Lösung in absolutem Alkohol bei längerem Stehen in Warzen ab, welche aus feinen Nadeln bestehen und die nach dem Trocknen über Schwe- felsäure bei 100° nichts mehr an Gewicht verlieren und zwischen 144 bis 146° schmelzen. Aus Wasser krystal- lisirt er in blumenkohlähnlichen Warzen, welche bei 86° zu einer farblosen Flüssigkeit schmelzen und bei 100° unter schwach bräunlicher Färbung den Gehalt an Kry- stallwasser verlieren. Die Analyse des über Schwefel- säure getrockneten Zuckers führt zur Formel C 12 H 14 14 . 0,7889 Grm. gaben 1,051 Kohlensäure und 0,4982 Wasser. Es berechnet sich hieraus: In 100 Theilen: berechnet gefunden C12 72 36,36 36,32 HM 14 7,07 7,00 014 112 56,57 56,68 198 100,00 100,00. 220 Will u. Körner y zur Kemitniss der Bildung Der aus dem myronsauren Kali gewonnene Zucker ist Rechtstraubenzucker; er hat dieselbe Zusammensetzung wie dieser, dreht, wie wir uns überzeugten, die Ebene des polarisirten Lichts nach Rechts und reducirt in alkalischer Lösung die nämliche Menge Kupferoxyd zu Oxydul. 10 CC. einer normalen, mit Traubenzucker aus Honig titrirten alkalischen Kupferlösung erforderten in mehreren übereinstimmenden Versuchen dieselbe Menge (0,05 Grm.) des Zuckers aus myronsaurem Kali. Es entspricht dies auf 1 Aeq. (180 Theile) des letzteren 10 Aeq. Kupferoxyd CuO. Wir wenden uns nun zu einigen Betrachtungen über die Constitution des myronsauren Kalis. Wie schon oben erwähnt, enthält dieser merkwürdige Körper die sechs Elemente, aus welchen er besteht, in drei Verbindungs- gruppen geordnet, welche bis zu einem gewissen Grade seine näheren Bestandtheile sind: C20H18NKS4O20 = C6H5,C2NS2 -f- C12EP2 012 Myronsaures Kali = Aeth. Senföl -j- Rechtstraubenzucker + KO, HO, S2 06 -f- zweifach-schwefelsaures Kali. Es scheint in der That keinem Zweifel zu unterliegen, dass die Zucker- und Schwefelsäuregruppe fertig gebildet in der Verbindung vorhanden sind, für die Senfölgruppe ist dies weniger deutlich ausgesprochen. Das Verhalten des myron- sauren Kalis bei der Gährung und beim Erhitzen mit Wasser, so wie das der Silberverbindung C 8 H 5 NAg 2 S 4 O s deutet vielmehr darauf hin, dass die Elemente des Schwefelcyanallyls in einer Anordnung neben einander liegen, dass bei einer Störung derselben ebensowohl Schwefelcyanallyl C6H5,C2NS2 als Cyanallyl OH5,C2N und freier Schwefel auftreten können. Die Zersetzung des myronsauren Kalis unter dem Einfluss eines Ferments, des Myrosins, ist gleichsam eine aus beiden Fällen ge- mischte Reaction, es bildet sich neben Schwefelcyanallyl gleichzeitig auch Cyanallyl und Schwefel, vorzugsweise aber ersteres. Unter dem Einfluss von Wasser und Wärme des Senf als aus dem Samen des schwarzen Senfs. 221 (wie im myronsauren Kali) oder von Schwefelwasserstoff (wie in der Silber Verbindung) zerfällt die Senfölgruppe dagegen ausschliesslich in Cyanallyl und in Schwefel. Mit Sicherheit ist nur anzunehmen, dass ein Theil des Koh- lenstoffs der Senfölgruppe als Cyan, der andere als Allyl vorhanden ist. Als Glycosid unterscheidet sich das myronsaure Kali von der Mehrzahl seiner bis jetzt genauer untersuchten Verwandten wesentlich dadurch, dass esbei seinem Zerfallen in die näheren Bestandteile nicht die Elemente des Wassers aufnimmt. Der Zucker ist schon fertig gebildet und nicht in der Form des Anhydrids vor- handen. Das myronsaure Kali ist vergleichbar in dieser Beziehung mit der Verbindung des Traubenzuckers mit Kochsalz, mit welcher es auch die äusserst leichte Zer- setzbarkeit theilt. Das myronsaure Kali ist ferner das erste genauer untersuchte Glycosid, welches ausser Stick- stoff auch Schwefel enthält, und es bietet, abgesehen von derselben Zahl der Elemente, besonders bezüglich des Schwefelgehalts einige nicht uninteressante Vergleichungs- puncte mit den Eiweis skörpern oder den Albumi- na ten, von welchen es mehr und mehr wahrscheinlich wird, dass sie der Familie der Glycoside verwandt sind. Die Eiweisskörper sind ihrer Mehrzahl nach verbindungs- fähig mit Basen, wie die Myronsaure ; sie enthalten offen- bar, wie letztere, einen Theil des nur wenige Procente betragenden Schwefelgehalts in der Schwefelsäureform (wie die Taurocholsäure oder das Taurin der Galle), einen anderen Theil dagegen in einer Form, in welcher er leicht in Schwefelwasserstoff oder eine Schwefelcyanverbindung (wie sie im Speichel auftritt) übergeht. Die Verbindungs- gruppen, welche das myronsaure Kali zusammensetzen, sind nur durch so schwache Anziehungskräfte zusammen- gehalten, dass sie gleichsam dem leisesten Druck, den eine andere Anziehung oder bewegende Ursache ausübt, nachgeben. Nach Willkür lässt sich die ganze Verbin- dung spalten in der Art, dass bald eine jede Gruppe für 222 Will u. Körner, zur Kenntniss der Bildung sich auftritt, bald nur die eine, während die anderen bei- den noch vereinigt bleiben. So treten unter dem Ein- fluss eines Ferments oder des Wassers und der Wärme die drei Gruppen für sich auf; durch Salze schwerer Metalle, wie Silber und Quecksilber, wird nur die Zucker- gruppe ausgeschieden, während die Senföl- und Schwefel- säuregruppe verbunden bleiben. Durch vorsichtige Be- handlung mit Baryt lässt sich endlich der Verbindung die Schwefelsäuregruppe allein entziehen, wo dann die beiden anderen Gruppen wieder ihrerseits noch verbun- den bleiben, wenigstens nicht unmittelbar als Zucker und Senföl auftreten. Nachschrift. Die Thatsache, dass bei der Gährung des myronsau- ren Kalis eine Ausscheidung von Schwefel zu beobachten ist, so wie der durch vorstehende Untersuchung geführte Nachweis, dass diese Schwefelausscheidung mit der Bil- dung von Cyanallyl in Zusammenhang steht, führten mich zu der Vermuthung, dass das im Handel vorkommende Senföl neben Schwefelcyanallyl, als dem Hauptbestandtheil, auch Cyanallyl enthalten müsse. In dem von mir*) früher untersuchten, von Herrn Zeise in Altona bezoge- nen Senföl war dasselbe zwar nicht vorhanden, sofern ich einen constanten Siedepunct von 148° und die voll- ständige Umwandlung des Oels in Thiosinnamin beim Stehen mit überschüssigem Ammoniak beobachtete. Ich schrieb damals die Angabe von Robiquet und Bussy, dass das käufliche Senföl einen flüchtigeren, ätherisch riechenden und auf Wasser schwimmenden Körper ent- halte, einer Beimischung eines schwefelfreien Oels zu. Ich habe jetzt die Ueberzeugung, dass dieser flüchtigere Kör- per Cyanallyl ist, und dass das von mir untersuchte Senföl den bei der Rectification des Oels zuletzt übergehenden Antheil bildete. *) Anaal. d. Chem. und Pharm. LIII. 1. des Senföls aus dem Samen des schwarzen Senfs. 223 Herr Apotheker Zeise in Altona, an welchen ich mich mit der Bitte um Mittheilung seiner in dieser Be- ziehung bei der Senföldestillation gemachten Beobachtun- gen wendete, hatte die mich zu lebhaftem Dank verpflich- tende Freundlichkeit, mir zwei Proben Senföl zu übersen- den, welche von ihm selbst zu verschiedenen Zeiten aus braunem hannoverschem Senf gewonnen waren. Eine mehrere tausend Pfund betragende Parthie des Samens lieferte, nach der gefalligen Mittheilung des Herrn Zeise, nach dem Abpressen des fetten Oels durch Destillation der in dem drei- bis fünffachen Gewicht Wasser verteil- ten Kleie mittelst eingeleiteten Wasserdampfs, neben schwe- rem, in Wasser untersinkendem Oel auch gleichzeitig und fast dieselbe Quantität eines leichteren, auf Wasser schwim- menden Oels von 0,965 spec. Gew. Eine andere Parthie hannoverschen Samens gab dagegen bei der Destillation unter sonst ganz gleichen Verhältnissen nur schweres, in Wasser untersinkendes Oel von 1,010 spec. Gew. Ich überzeugte mich leicht, dass beide Proben des Oels, das leichtere wie das schwerere, Cyanallyl erhalten ; letzteres war nur weit ärmer daran. Das leichtere, auf Wasser schwimmende Oel lieferte durch fractionirte Destillation über die Hälfte seines Gewichts eines zwischen 112 bis 120° übergehenden Oels, aus welchem die letzten Antheile des Schwefelcyanallyls und damit auch der Geruch des- selben durch Rectification allein nicht vollkommen zu ent- fernen waren. Bei 12 stündigem Stehen dieses Oels mit verdünntem wässerigem Ammoniak verwandelte sich in- dessen das noch beigemengte Schwefelcyanallyl in Thio- sinnamin, während die abgegossene Flüssigkeit, zuerst für sich, dann unter Zusatz einiger Tropfen Schwefelsäure destillirt, ein farbloses (nahezu das halbe Gewicht des ursprünglichen Präparats betragendes) Oel lieferte, welches alle Eigenschaften des Cyanallyls besitzt. Auch aus dem schwereren Oel wurde in gleicher Weise etwas Cyanallyl erhalten. Die so gewonnene Verbindung zeigte den oonstanten 224 Will u. Körner, zur Kenntniss d. Bildung des Senföls etc. Siedepunct von 116° (corrigirt 118°3). Sie verhält sich, wie auch das Sehwefelcyanallyl, optisch unwirksam. 0,2791 Grm. gaben 0,7326 Kohlensäure und 0,1906 Wasser. Es entspricht dies in 100 Theilen: gefunden berechnet C8H5N Kohlenstoff .... 71,58 71,64 Wasserstoff 7,58 7,46. Es unterliegt hiernach keinem Zweifel, dass das Senföl des Handels neben Sehwefelcyanallyl auch Cyanallyl ent- hält, welches letztere indessen unter scheinbar gleichen Bedingungen in wechselnder, bald grösserer, bald kleine- rer Menge auftritt. Ich habe schliesslich noch eine Beobachtung gemacht, welche in einem gewissen Zusam- menhang steht mit dem oben beschriebenen Verhalten des myronsauren Kalis gegen Wasser bei 100°, und welche vielleicht geeignet ist, die Thatsache einigermassen zu erklären, dass die Menge des sich bildenden Cyanallyls eine sehr verschiedene ist, unter scheinbar gleichen Be- dingungen. Lässt man reines, farbloses, in Wasser unter- sinkendes, also ganz oder vorzugsweise aus Sehwefel- cyanallyl bestehendes Senföl einige Zeit in Berührung mit Wasser stehen, so trübt sich das Wasser mehr und mehr. Destillirt man das Wasser sammt dem Oel, so bleibt in dem Kolben reiner, an der Glaswand haftender Schwefel zurück, und bei jeder folgenden Destillation wird das dann auf dem Wasser schwimmende Oel milder an Geruch. Das Sehwefelcyanallyl setzt sich also in Berührung mit Wasser in Cyanallyl und in Schwefel um. Die bei der Gährung des myronsauren Kalis an und für sich neben Sehwefelcyanallyl entstehende, wahrscheinlich je nach den Bedingungen ebenfalls wechselnde Menge von Cyanallyl kann demnach durch den Destillationsprocess sich ver- grössern, und es unterliegt keinem Zweifel, dass bei einer kupfernen Blase das Metall ebenfalls Antheil an der Bil- dung des Cyanallyls nimmt. Gi essen, im December 1862. WilL Wigand, Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 225 Ueber den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde *) ; von Prof. A. Wigand. Die Frage, in welchem anatomischen Systeme der Chinarinde das Chinin und die andern Basen enthalten sind, ist nicht nur von physiologischem, sondern auch von praktischem Interesse, weil sich dadurch ein wichtiger Gesichtspunct für die Beurtheilung des Werthes der Rinden eröffnet. Die Chinarinde besteht bekanntlich (mit Ausnahme der die Oberfläche bedeckenden Korkschicht) aus zweier- lei Zellgewebe, dem von dünnwandigen Zellen gebildeten Parenchym von korkiger Consistenz und dem faserigen, aus fadenförmigen, stark verdickten Zellen bestehenden Bast. Beide Gewebe sind so angeordnet, dass das Paren- chym bei jüngeren Rinden fast ausschliesslich vorhanden ist, bei älteren Rinden aber die äussere Schicht bildet, während der Bast an der inneren Grenze junger Rinden auftritt und in der Folge stets die innere Schicht bildet, welche mit dem Alter fortwährend sich verdickt, so dass ältere Rinden überwiegend aus Bast bestehen. Uebrigens liegen in dieser Schicht die Bastzellen grösstentheils isolirt, und durch Parenchymgewebe getrennt, wie überhaupt zwischen den beiden genannten Schichten keine ganz scharfe Grenze wahrzunehmen ist, indem das Parenchym nach innen zu, das Bastgewebe dagegen nach aussen zu ziemlich all- *) Der Torstehende Aufsatz, dem Hauptinhalte nach in der bo- tanischen Zeitung, 1862. No. 18. erschienen und zu gleicher Zeit vom Verf. mit einigen dem besonderen Zweck entsprechen- den Modifikationen an die Redaction des Archivs f. Ph. gesandt, gelangte jedoch nicht in deren Hände. Obgleich bereits Jahres- frist verstrichen ist, theilt der Verf., dem Wunsch der Redac- tion gemäss, denselben nochmals mit, um so mehr, da durch Ho ward 's inzwischen erschienenes Werk über die China- rinden in Betreff des Sitzes der Alkaloide eine entgegengesetzte Ansicht vertreten und von dem Berichterstatter über dieses Werk p. 232 des Archivs von diesem Jahre auf die vorliegende Abhandlung Bezug genommen wird. Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 3. Hft 15 226 Wigand, mälig verschwindet. Da von vornherein wahrscheinlich ist, dass so eigentümliche Stoffe wie die Alkaloide nicht in dem ganzen Gewebe der Rinde gleichmässig, sondern entweder von der einen oder andern Zellenart erzeugt werden, so entsteht die Frage, in welcher derselben die Alkaloide gefunden werden. In neuerer Zeit ist, be- sonders nach dem Vorgange Weddell's *), die Ansicht die herrschende geworden, dass die Alkaloide ihren Sitz in den Parenchymzellen, sei es nun in der Parenchym- schicht oder zwischen den Bastzellen, haben. Im Folgen- den theile ich eine Untersuchung mit, bei welcher ich auf verschiedenen Wegen zu dem übereinstimmenden Er- gebniss gelangt bin, dass es im Gegentheil die Bast- z eilen sind, welche in ihrer verdickten Wand die Alka- loide enthalten. I. Die erste von mir zur Beantwortung obiger Frage befolgte Methode gründet sich auf das Verhalten der Zellenwand zu einer Pigmentlösung. Bekanntlich besitzt die reine Pflanzenmembran nicht wie die thierische Faser das Vermögen, aus einer Farblösung, z. B. einem Coche- nilleauszug, das Pigment in concentrirtem Grade in sich aufzunehmen und zu binden, wohl aber wird derselben diese Fähigkeit mitgetheilt durch vorhergehende Behand- lung mit gewissen Stoffen (Beizen), oder manche Zellen- wände besitzen auch diese Eigenschaft von Natur. Hier- her gehört unter anderen die Bastzelle der Chinarinde, und zwar muss aus dem Umstände, dass man durch Aus- ziehen der Bastzellen mit Wasser oder Alkohol jene Fähigkeit entfernen und auf solche Bastzellen, welche das Farbsammlungsvermögen nicht besitzen, z. B. von Linum usitatissimum, durch Tränkung der letzteren mit jenem Auszug übertragen kann, geschlossen werden, dass jene Fähigkeit lediglich auf der Gegenwart eines be- stimmten, der Zellenwand eingelagerten Stoffes beruhe. Da nun auch reines Chinin oder Cinchonin oder deren Salze *) Weddell, histoire nat. des Quiuquinas, p. 25. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 227 den Bastzellen des Flachses eingetränkt die Färbungs- fähigkeit hervorrufen, bez. wesentlich steigern, so liegt die Annahme nahe, dass diese Stoffe auch in den Chinabast- zellen die Ursache der Pigmentsammlung sein mögen, und es bedarf nur des Nachweises, ob nicht etwa andere in der Zel- lenwand vorkommenden Stoffe eine Wirkung bedingen. Ge- gen das Xy logen spricht vor Allem der Umstand, dass die- ser Stoff in der Zellenwand eine weite, die Färbungsfähig- keit dagegen nur eine beschränkte Verbreitung besitzt. Das- selbe gilt für die mineralischen und Protein - Stoße, falls deren Vorkommen in der Bastzellenwand überhaupt ange- nommen werden kann. Die Proteinstoffe sind ohnehin in Alkohol unlöslich, während der die Pigmentsammlung in den Bastzellen bedingende Stoff durch Alkohol ausge- zogen werden kann. Dagegen musste die Wahrnehmung, dass nicht nur bei der Chinarinde gerade die Bastzellen, welche jenes Verhalten gegen Pigmente zeigen, der Sitz des Cyaneogens*) sind, sondern dass im Allgemeinen die Pflanzen, deren Bastzellen pigmentsammelnd sind, zu- gleich dieselben sind, bei denen durch Salzsäure oder Schwefelsäure eine violette Färbung erfolgt, während bei anderen Pflanzen, z. B. Fraxinus, Guajacum officinale y mit der einen Erscheinung zugleich auch die andere fehlt, — auf den Gedanken führen, dass es dieser Stoff sei, welcher die Farbaufnahme bedingt. Indess fällt das Vorkommen beider Erscheinungen nicht voll- kommen zusammen, indem sich auch Pflanzen finden, deren Bastzellen färbungsfähig sind, ohne Cyaneogen zu enthalten, so wie umgekehrt. Auch verhalten sich beide Stoffe in Beziehung auf Ausziehbarkeit verschieden. Aus *) So habe ich einen besonders bei den Holzgewächseu weit verbreiteten, die Membran, namentlich der Bast- und Holz- zellen durchdringenden Stoff benannt, welcher durch Wasser und Alkohol ausziehbar, an sich farblos, durch die Eigen- schaft, durch Salzsäure oder Schwefelsäure violett gefärbt zu werden, nachweisbar, und mit dem Gerbstoff einerseits und mit dem rothen Pigment der Farbhölzer andererseits wenigstens physiologisch verwandt ist. 15* 228 Wigand, den Chinabastzellen lässt sich der die Pigmentsammlung be- dingende Stoff leichter als das Cyaneogen, aus der Ulmen- rinde umgekehrt der letztere leichter als der erstere aus- ziehen. Am evidentesten geht die Unabhängigkeit der Farbsammlung von dem Cyaneogen aus einem Versuche hervor, in welchem die beiderlei Stoffe, aus einer und derselben Rinde ausgezogen und auf Querschnitte von Linum übertragen, sich räumlich trennen und so ver- theilen, dass das Cyaneogen fast ausschliesslich auf die Holzzellen, die Fähigkeit, Farbe zu concentriren, fast ausschliesslich auf die Bastzellen übergeht. — Zu den Stoffen, welche die Zellenwand durchdringen, gehört auch der Gerbstoff, den wir bereits als einen jener die Fär- bung vermittelnden oder vorbereitenden sogen. Beizstoffe kennen, und es ist auffallend, dass die Fähigkeit der Bastzellen, Farbstoff zu sammeln, fast durchweg bei gerb- stoffführenden Pflanzen beobachtet wurde, wogegen sie bei gerbstofffreien Pflanzen, z. B. Cytisus Laburnum, Gua- jacum officinale y Morus alba, Fraxinus excelsior, mangelt. Gleichwohl giebt es auch Beispiele von gerbstofffreien Pflanzen, wie Daphne Mezereum, Hex Aquifolium, bei welchen die Färbung der Bastzellen erfolgt. Namentlich aber ist gegen den Gerbstoff, als Ursache der Färbungsfähig- keit der Chinabastzellen, einzuwenden, dass gerade in diesen, wenn auch das übrige Rindengewebe gerbstoffreich ist, so wie auch die Bastzellen der Weide und Ulme, kein Gerb- stoff nachzuweisen ist, während auf der andern Seite die gerbstoffhaltigen Bastzellen der Eiche die Fähigkeit Farbe aufzunehmen gar nicht, und die gerbstoffreichen Zellen des Kernholzes der Eiche nur in eben so geringem Grade wie die gerbstofffreien Zellen des Splintes zeigen. Ent- scheidend ist besonders folgender Versuch. Calisaya- Chinarinde, deren Bastzellen sich durch Cochenillelösung deutlich färben, wird mit kochendem Wasser ausgezogen, in Folge dessen die genannte Eigenschaft der Bastzellen verschwunden ist; aus dem Auszuge sodann durch Eisen- chlorid die Chinagerbsäure gefällt und mit der klaren über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 229 Flüssigkeit Querschnitte von Linum getränkt, — bei der Behandlung mit Cochenillelösung färben sich die Bast- zellen der letzteren intensiv roth*). Es folgt daraus, dass Gerbstoff, falls er in der Membran der Chinabast- zellen anwesend ist, die Ursache für die Färbungsfähig- keit nicht ist. — So werden wir auf indirectem Wege zu der Annahme geführt, dass es das Chinin oder die anderen Alkaloide sind, auf welchen die Verwandtschaft der Bastzellen zu dem Pigmente beruht, und zur Be- stätigung dient folgender directer Versuch. Calisaya- China- rinde wird mit gesäuertem Wasser infundirt und es werden mit der Flüssigkeit Querschnitte von Linum getränkt; die Bastzellen (zum Theil auch das Holz) werden durch Cochenilleauszug deutlich und dauerhaft blassroth gefärbt. Nun wird aus jenem Chinaauszuge das Chinin etc. durch kohlensaures Natron ausgefällt. Mit der filtrirten (nicht mehr bitter schmeckenden) Flüssigkeit werden Querschnitte von Linum getränkt und darauf mit Cochenilleauszug be- handelt; es erfolgt in den Bastzellen entweder gar keine oder nur eine ganz schwache, bald wieder von selbst verschwindende Färbung. Das Chinin muss also sowohl in dem mit Chinainfusum getränkten Linum -Bast, als auch in den Chinabastzellen selbst die Ursache der Farb- aufnahme gewesen sein. Als der Sitz der China -Alka- loide ergiebt sich hiernach die Wand der Bastzellen, und die Fähigkeit der letzteren, Pigment zu sammeln, kann als Mittel dienen, mit einiger Sicherheit das Vorhanden- sein von Alkaloiden in irgend einer Chinarinde nachzu- weisen. Ob die Alkaloide ausserdem auch in dem In- halte der Bastzellen, so wie in den Parenchymzellen ent- halten sind, ist die obige Methode nicht geeignet zu ent- scheiden. — Zwar färben sich auch die Holzzellen von Cinchona in einem Cochenilleauszug schwach und vor- übergehend roth, aber da in der Wand der Holzzellen *) Dass diese Wirkung nicht etwa dem überschüssigen Eisensalze zuzuschreiben ist, geht daraus hervor, dass dasselbe, wie andere Versuche zeigen, nur sehr schwach als Beizstoff wirkt. 230 Wlgandy Gerbstoff nachgewiesen werden kann, so lässt sich jene Erscheinung schon aus diesem erklären, ohne dass zur Annahme des Vorkommens von Chinin in dem Holze Grund ist. II. Die durch Grahe*) und Batka**) bekannte Erscheinung, dass alkaloidhaltige Chinarinden in einer Glasröhre trocken bis zur Verkohlung erhitzt, eine car- minrothe Substanz entwickeln, welche sich als Anflug an der Wand des Glases ansetzt, kann ebenfalls für unsere Frage Anwendung finden. Dass die Erscheinung nicht, wie Böttger***) meint, durch Chinaroth, sondern durch die Alkaloide verursacht wird, geht daraus hervor, dass die Chinabasen nach Grahe in Verbindung mit orga- nischen, nicht flüchtigen Säuren, nach Batka in Ver- bindung mit Cellulose, Amylum, Dextrin, Zucker, Gummi dieselbe carminrothe Färbung zeigen. Ich füge hinzu, dass die Erscheinung auch bei schwefelsaurem Chinin f), so wie bei reinem Cinchoninff) erfolgt. — Wenn man nun Querschnitte von Chinarinde {Calisaya, Loxd) ver- kohlt, so erscheinen die Bastzellen unter dem Mikroskope zuletzt blutroth (während dies bei den Holzzellen von Cinchona nicht der Fall ist, eben so wenig wie bei den *) Dingler 's polyt. Journal, 1858. p. 120.— Chem. Centralblatt, 1860. No. 13. **) Nova Acta, 1850. - Chem. Centralblatt, 1859. No. 55. ***) Dingler's polyt. Journal, 1858. p. 120. f) Dasselbe schmilzt beim Erhitzen zu einer gelbbraunen Masse, welche beim Erkalten carminroth wird. Auch entwickelt sich beim Erhitzen des schwefelsauren Chinins ein carminrother Anflug. Die geschmolzene Masse schmeckt nicht mehr rein bitter, sondern scharf säuerlich und riecht schwefelartig, dann etwas cumarinartig. Bei weiterem Erhitzen bläht sich die Masse zu einer schwarzen, porösen, geschmacklosen Kohle auf. ff) Das reine Cinchonin schmilzt zuerst zu einer glashellen Masse, wird dann mit schwarzbrauner oder schwarzer Farbe unter Entwickelung weisser Dämpfe sublimirt ; bei weiterem Er- hitzen findet die Sublimation aber auch in Form eines etwas carminrothen Anflugs statt. Bei dem reinen Chinin sah ich weissen Dampf, aber keine rothe Färbung. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 231 Bastzellen von Quercus, welche sich braun oder rothbraun, aber nicht blutroth färben). Auch diese Erscheinung scheint darauf hinzuweisen, dass die Chinabastzellen der Sitz der Alkaloide sind. III. Ein anderer Weg, den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde zu ermitteln, eröffnet sich von Seiten der vergleichenden chemischen Analyse. Und zwar bieten sich für dieselbe verschiedene Angriffspuncte dar. Nachfolgend theile ich eine Reihe von Bestimmungen mit, welche Herr Dr. F. D r o n k e auf meine Veranlassung nach genau von mir geprüftem Material vorzunehmen die Güte hatte. Spec. Chi- Cin- Alka- Gew. nin cho- loide nin überh. 1. Calisaya Ia. (Stammrinde, unbedeckt) 1,29 2,968 0,53 3,498 2. „ Ia. (Zweigrinde, ohne Kork- schicht 1,377 1,124 0,935 2,059 3. „ IIa. (Stammrinde, unbedeckt 1,22 2,368 0,432 2,80 4. Cinchona scrobiculata (Stammrinde, unbedeckt) 1,14 0,42 3,09 3,51 5. China Carthagena (Stammrinde, un- bedeckt) 1,12 1,435 0,324 1,759 6. Calisaya Ia. (Bast *) der Stammrinde 1,45 3,46 0,64 4,10 7. „ Ia. (Parenchym der Stamm- rinde) 1,11 2,365 0,395 2,760 8. „ Ia. (Bast der Zweigrinde)... 1,56 1,242 1,033 2,275 9. „ Ia. (Parenchym der Zweig- rinde) 1,05 0,828 0,688 1,516. 1. Zunächst stimmen alle chemischen Untersuchungen, insbesondere die von Weddell, Reichard t und De- londre darin überein, dass der Gehalt an Alkaloiden mit dem Alter der Chinarinden zunimmt, d. h. in den flachen Stammrinden grösser, als in den dicken, und in diesen wiederum grösser ist, als in den dünnen röhrigen Zweigrinden. Am bestimmtesten tritt dies hervor bei der Vergleichung von ungleich starken Rinden einer und derselben Abstammung. Da man die letztere mit Sicher- *) Ueber den Sinn der Ausdrücke „Bast a und „Parenchym" in dieser und in den folgenden Analysen s. unten. 232 Wigand, heit fast nur für die von Cinchona Calisaga abstammende Königs -Chinarinde kennt, und da gerade diese Sorte in verschiedenem Kaliber als platte und gerollte vorkommt, so eignet sich die Vergleichuüg vorzugsweise für unsern Zweck. Ich stelle hier drei verschiedene Reihen*) von Procentbestimmungen der Alkaloide für die beiden For- men der Königschina zusammen. Stammrinde: I. (Delondre) II. (Reichardt) III. (Dronke) Chin. sulph. 3-3,2 Chinin . . . 2,701 Chinin . . . 2,968 Cinch.sulph. 0,6— 0,8 Cinchonin 0,264 Cinch onin 0,53 zusammen 3,6-4,0 Alkaloid.. 2,965~ Alkaloid.. 3,498 Zweigrinde : Chin. sulph. 1—1,5 Chinin . . . 0,659 Chinin . . . 1,124 Cinch.sulph. 0,6—0,8 Cinchonin 0,327 Cinchonin 0,935 zusammen 1,6—2,3 Alkaloid.. 0,986 Alkaloid.. 2,059~ Ebenso geht für andere Sorten, z. B. Huanuco, Loxa, Huamalies, Jaen, China ruhra, aus den vorhandenen Ana- lysen, so weit sie sich auf Proben von verschiedenem Kaliber für die einzelnen dieser Sorten erstrecken, her- vor, dass der Alkaloidgehalt im Verhältniss wie der Durchmesser des Stammes ab- und zunimmt. Selbst bei der Vergleichung verschiedener Sorten kann man, ob- gleich hier noch andere Momente in Betracht kommen, im Allgemeinen als Regel annehmen, dass der Reichthum an Alkaloiden im Verhältniss steht zu der Dicke der Rinde; so ist die fast nur in starken Röhren vor- kommende China regia convoluta reicher als die in mittel- starken Röhren vorkommende Huanuco, und diese reicher als die stets dünnröhrige Loxa und Jaen, unter denen die ganz feinröhrigen (zugleich bastlosen) Sorten zum Theil gar kein Alkaloid enthalten. Da beim Dickenwachsthum des Stammes die Rinde nur durch Ansetzen nach innen, d. h. durch Verdickung *) Die den obigen Analysen zu Grunde liegende Stammrinde war unbedeckt, d. h. der Korkschicht beraubt, — die Zweig- rinde bei den Analysen, I. und II. bedeckt, bei III. dagegen der Korks chicht beraubt. über' den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 233 der Bastschicht wächst, und daher die Bastschicht im Verhältniss zur Korkschicht und zur zelligen Rinden- schicht immer mehr überwiegend wird, je älter der Stamm wird, — da überdies bei den Stammrinden die Kork- schicht fast immer fehlt, und auch die Parenchymschicht bei älteren Rinden als Borke nach und nach abgelöst wird, so dass die Rinde annähernd nur aus der Bast- schicht besteht, — und da ferner die Bastzellen nach innen im Allgemeinen reichlicher auftreten als nach aussen, so lässt sich der oben aus den Analysen nachgewiesene Zusammenhang des Alkaloidgehaltes mit dem Alter und der Stärke der Rinde auch so ausdrücken, dass der Reichthum an Alkaloiden zunimmt im Verhältniss wie die Menge von Bastzellen wächst. Diese Thatsache führt aber unmittelbar zu der Annahme, dass die Alka- loide eben in den Bastzellen ihren Sitz haben, ja es wird sogar durch jene Beziehungen, unter anderen durch den Umstand, dass ganz feinröhrige Rinden, in denen noch fast gar keine Bastzellen angelegt sind, zum Theil gar kein Alkaloid ergeben, sehr wahrscheinlich, dass die Alkaloiderzeugung nur auf die Bastzellen mit Ausschluss der Parenchymzellen beschränkt ist. 2. Am sichersten würde sich freilich der Antheil beider Gewebe an der Production der Alkaloide fest- stellen lassen, wenn es möglich wäre, Bastzellen und Parenchym zu sondern und jeden Theil für sich nach seinem Alkaloidgehalte zu bestimmen. Bei China regia plana I. und convolitta (ohne Kork) habe ich durch Stossen der Rinde und Durchsieben durch ein feines Sieb ver- sucht, das Parenchym möglichst vom Baste zu trennen. Dies gelingt zwar nur unvollständig, jedoch kann man durch jene Manipulation doch die Masse einer Rinde in zwei Parthien theilen, von denen die eine reicher an Bastzellen, die andere reicher an Parenchym ist. Der Kürze halber habe ich die erste Parthie in der obigen Zusammenstellung schlechtweg als „Bast", die zweite als „Parenchym" bezeichnet, was also nur relativ zu nehmen 234 Wigandy ist. Aus den bei 6. bis 9. mitgetheilten Zahlen ergiebt sich nun, dass der „Bast" bei weitem den grösseren Antheil am gesammten Alkaloidgehalt liefert, indem derselbe bei der Stammrinde 4,1 Proe., das „Parenchym" nur 2,76 Proc., bei der gerollten Königschina 2,275 Proc, das „Parenchym" nur 1,516 Proc. Alkaloid enthält. Gelänge es, das Parenchym vollständig vom Baste zu befreien, so würde dasselbe wahrscheinlich gar kein Alkaloid liefern. — Der von der gerollten Königschina abgeriebene Kork (resp. Borke) ergab sich bei der Untersuchung als alka- loidfrei. Dasselbe gilt vom Holze, dessen bitterer Ge- schmack demnach auf der Chinovasäure zu beruhen scheint. 3, Man hat bereits früher für die Beurtheilung des medicinischen Werthes, nämlich für den Alkaloidgehalt einer Chinarinde, einen empirischen Maassstab in dem speci fischen Gewichte erkannt. Bestimmter geht dies aus der obigen vergleichenden Untersuchung hervor. Mit Ausnahme von der gerollten Calisaya und der Rinde von Cinchona scrvbiculata nimmt hiernach der Alkaloidgehalt mit dem specifischen Gewichte ab und zu. Auch diese Erscheinung erklärt sich ganz einfach, wenn es wahr ist, dass die Chinabasen ausschliesslich oder überwiegend ihren Sitz in den Bastzellen haben; denn die letzteren mit ihren ausserordentlich verdickten Wänden bestimmen in höherem Grade das specifische Gewicht als das dünn- wandige Parenchym, — mit anderen Worten: eine Rinde von grösserem spec. Gewichte muss mehr Masse an Bast- zellenwänden und daher mehr Alkaloid enthalten, und indem wir dies in der Wirklichkeit bestätigt finden, dient diese Thatsache zur Bestätigung jener Annahme. Hier- bei ist noch Folgendes zu bemerken. a) i^us den mit- getheilten Zahlen ergiebt sich, dass zwischen verschiede- nen Rinden der Alkaloidgehalt in einem viel stärkeren Verhältniss steigt und fällt als das spec. Gewicht. Es weist dieser Umstand darauf hin, dass ein Factor vor- handen sein muss, welcher das specifische Gewicht mit- bestimmt, für den Alkaloidgehalt dagegen nicht in Rech- über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 235 mmg kommt, d. h, dass das Parenchym frei von Alkaloid sein muss. Mit dieser Erklärungs weise stimmt auch überein, dass das Verhältniss der specifischen Gewichte sich dem der Alkaloidgehalte in demselben Grade nähert, i'e annähernder die eine Rindenmasse nur aus Bast, die andere nur aus Parenchym besteht. Während zwischen der Calisaya la. und IIa. das Verhältniss der specifischen Gewichte ca. 1,06, das der Alkaloidgehalte 1,25 ist, oder zwischen der Calisaya I. und Carthagena das Verhältniss der spec. Gewichte 1,15, das der Alkaloide ca. 2 ist, ergiebt sich dagegen zwischen „Bast" und „Parenchym" der China Calisaya das Verhältniss der spec. Gewichte als 1,3, das der Alkaloide als 1,5; und für die gerollte China regia das Verhältniss der spec. Gewichte ca. 1,5, für das der Alkaloidgehalte 1,45. b) Die oben nachge- wiesene Beziehung zwischen dem Alkaloidgehalte und dem specifischen Gewichte bedarf jedoch noch einer weiteren Beschränkung. Dieselbe setzt nämlich, so wie sie oben aufgefasst wurde, voraus, dass alle Chinabastzellen in Hinsicht auf ihre Alkaloidproduction sich qualitativ gleich verhalten, d. h. bei gleicher Stärke und Zahl gleich viel Alkaloid erzeugen; nur unter dieser Voraussetzung kann die Masse der Bastzelien einen directen Maassstab für den Gehalt einer Rinde an Basen abgeben. Nun ergiebt sich aber aus unserer Tabelle, dass die Alkaloidgehalte nicht durchweg in dem Verhältniss steigen und fallen wie die specifischen Gewichte, vielmehr nimmt der Alka- loidgehalt z. B. der Carthagena-China gegen die Calisaya la. im Vergleich zu den specifischen Gewichten in einem viel stärkeren Verhältnisse ab, als die Calisaya IIa. zu Calisaya la.; und umgekehrt ist die Rinde der Cinchona scrobicidata, obgleich leichter als die übrigen Rinden, an Alkaloid reicher. Es weist dies darauf hin, dass jene Regel streng genommen nur unter verschiedenen Rinden- sorten gleicher Abstammung gilt, dass aber von Rinden verschiedener Abstammung jede ihren besonderen Maass- stab, d. h. einen in ihrer Natur begründeten specifischen 236 Wigand, Grad von Alkaloiderzeugung besitzt. Ja selbst verschiedene Rinden gleicher Abstammung schreiten in Beziehung auf ihren Alkaloidgehalt nicht ebenmässig nach der Skala der specifischen Gewichte fort, denn wir sehen, dass der Alkaloidgehalt der Zweigrinde von Calisaya viel geringer ist, als man nach deren spec. Gewicht im Vergleich mit der Stammrinde erwarten sollte. Es scheint hieraus zu folgen, dass der Alkaloidgehalt einer jeden einzelnen Bastzelle nicht während der ganzen Entwickelung gleich ist, sondern, wie es auch ganz natürlich ist, mit dem Alter des betreffenden Zweiges oder Stammes (wenigstens bis zu einem gewissen Puncte) zunimmt, — d. h. da in der einzelnen Bastzelle die Erzeugung von Alkaloid bis zu einem gewissen Stadium fortdauert und das gebildete Alkaloid in der Zellen wand abgelagert wird, der absolute Gehalt sich also mit dem Alter steigert, so ist es daraus erklärlich, dass die Rinde eines jungen Stammes selbst bei gleicher Zahl und Grösse, d. h. Masse der Bastzellen, doch nicht so viel Alkaloid liefert, als die eines älteren Stammes derselben Art. — Kurz für den Alkaloidgehalt verschiedener Rinden bestehen nicht bloss quantitative, sondern auch qualitative Unterschiede, und deshalb hat die Beziehung zwischen Werth und Gewicht einer China- rinde nur ganz im Allgemeinen Gültigkeit*). 4. Für den relativen Alkaloidgehalt von Rinden gleichen Alters, aber verschiedener Abstammung, hat Wed- dell ein empirisches Gesetz aufgestellt, welches in prak- tischer Beziehung unstreitig ungleich wichtiger ist, als alle ohnehin vergeblichen Versuche, die verschiedenen Handelssorten zu charakterisiren, welches aber auch für das theoretische Interesse unsere Beachtung verdient, in- dem danach der Gehalt an Alkaloiden (besonders Chinin) in nahem Zusammenhange mit dem anatomischen Bau der Chinarinde, namentlich mit der Grösse und Verthei- *) Nach Karsten (Berliner Monatsberichte, 1858. p. 260) übt der Standort, besonders das Klima, einen wichtigen Einfluss auf die Alkaloiderzeugung in den Chinabäumen. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 237 lunsrsweise der Bastzellen erscheint. Das Gesetz lautet nämlich so: je mehr sich eine Chinarinde in ihrer Struc- tur derjenigen, wie wir sie bei der China Calisaya finden, die Bastzellen durch die ganze Dicke der Rinde mög- lichst gleichmässig vertheilt, und unter einander sowohl in horizontaler als verticaler Richtung möglichst isolirt, die einzelne Bastzelle dick im Verhältniss zur Länge (etwa 1 Iiq), — daher der Bruch durch die ganze Rinde gleichmässig, und kurz-, fein- und steiflaserig, nähert, — desto reicher ist sie, ceteris paribus, an Alkaloid; je mehr sie sich von jener Normalstructur entfernt, je mehr sich also nach aussen eine bastlose Schicht sondert, je mehr die Bastzellen strahlenförmig oder in einzelnen Gruppen verbunden sind, je mehr sich Länge und Dicke der einzelnen Fasern von dem obigen Verhältniss ent- fernen, je mehr also der Bruch nur nach innen zu faserig, je mehr er lang- und weichfaserig, oder kurz-, grob - und stumpffaserig ist, — desto ärmer ist, ceteris y>aribus, die Rinde an Chinin. Wenn es nun wahr ist, wovon ich mich durch ver- schiedene Schätzungen und Messungen überzeugt zu haben glaube, dass bei der Calisaya - Rinde die Gesammt- masse der Bastzellen grösser ist als bei anderen Chinarinden von abweichender Grösse und Anordnung der Bastzellen, so weist diese Erscheinung wiederum dar- auf hin, dass die Bastzellen den Sitz der Alkaloide dar- stellen, und durch die letztere Annahme würde jene auf den ersten Blick auffallende Abhängigkeit der chemischen Beschaffenheit einer Chinarinde von ihrer Structur grossen- theils ihre Erklärung finden und das WeddelFsche empiri- sche Gesetz eine physiologische Begründung erfahren. 5. In Betreff der beiden wichtigsten China - Alkaloide, Chinin und Cinchonin, ergiebt sich aus fast allen vor- handenen chemischen Untersuchungen, dass beide in der Regel in derselben Rinde neben einander vorkommen, jedoch so, dass in den Zweigrinden fast ausnahmslos das Cinchonin über das Chinin, in den Stammrinden dagegen 238 Wigand, im Allgemeinen das Chinin überwiegt. Namentlich zeigt sich dies bei der Vergleichung von Stamm- und Zweig- rinde gleicher Abstammung, z. B. bei der Calisaya in unserer Tabelle. Ferner beweisen die dortigen Angaben, dass das Cinchonin mit dem Lebensalter der Rinde nicht nur relativ (im Verhältniss zum Chinin), sondern auch absolut (d. h. zu Gunsten des Chinins) abnimmt. Dieser letztere Umstand macht es, da ohnehin kein Grund ist anzunehmen, dass zwei so nahe verwandte Stoffe in ver- schiedenen Bastzellen entstehen sollten, sehr wahrschein- lich, dass das Cinchonin sich durch den Lebensprocess*) allmälig in Chinin umwandelt, — eine Annahme, welche auch durch die chemische Aehnlichkeit unterstüzt wird, daher auch bereits von den Chemikern**) als wahrscheinlich ausgesprochen worden ist. Hierbei ist jedoch noch Folgendes zu bemerken. Nach den verschiedenen Analysen ähnlicher Rinden variirt das Verhältniss des Cinchonins zum Chinin in bedeutendem Grade; während in vielen Fällen in den Stammrinden das Chinin und in den Zweigrinden das Cinchonin stark überwiegt, nähern sich in anderen, sowohl Stamm- als Zweigrinden, die beiden Stoffe in ihren Mengen, ja es giebt Zweigrinden, wo das* Chinin überwiegt (z. B. Cli. regia convo- luta s. oben 2.), und es giebt Stammrinden, welche reicher an Cinchonin als an Chinin sind, z. B. C. scrobiculata mit 0,42 Proc. Chinin und 3,09 Proc. Cinchonin (nach Weddell 0,3 — 0,4 Chin. sulph., 0,7—0,8 Cinch. sulph.; Delondre 0,6—0,8 Chin. sulph., 1,2 Cinch. sulph.) ; China flava Maracaibo nach Delondre mit 0,3 — 0,4 Proc. Chin. sulph. und 1,0 Proc. Cinch. sulph. Ueberhaupt sind die Columbischen Rinden im Allgemeinen reicher *) Vielleicht auch erst in der abgeschälten Rinde bei der an den Stammrinden natürlich langsameren Austrocknung. **) Zuerst von Stoltze und Mitscher lieh. Neuerdings ist es Strecker gelungen, das Cinchonin in eine mit dem Chinin zwar nicht identische, aber doch isomere Base überzuführen. Ann. der Ch. u. Ph. Bd. 123. p. 379. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 239 an Cinchonin als die Peruanischen und Boli via - Rinden, und selbst die Stammrinden oft eben so reich oder reicher an Cinchonin als an Chinin. Cinchona pnbescens soll nach Guibourt gar kein Chinin, sondern nur Cinchonin ent- halten. Es geht hieraus hervor, dass das relative Alter der Rinde das Verhältniss der beiden Alkaloide nicht allein bestimmt, sondern dass dabei noch andere Um- stände in Betracht kommen, dass namentlich, wie Cinch. scrobiculata und pubescens beweisen, für gewisse Species ein für allemal die Cinchoninbildung eigenthümlich ist, d. h. die Umwandlung in Chinin hier nur langsam und unvollständig fortschreitet. Jedenfalls ist die von W e d d e 1 1 *) aufgestellte An- sicht, dass das Cinchonin seinen Sitz nicht wie das Chi- nin in der Bastschicht, sondern in der äusseren zelligen Rindenschicht habe, zu verwerfen. Als einziger Grund dafür wird angeführt, dass manche alte Rinden mit er- haltener zelliger Schicht verhältnissmässig reicher an Cin- chonin waren, — was aber doch in Betracht, wie sehr auch bei unbedeckten Stammrinden das Cinchonin oft vorwiegt, nicht in Anschlag kommen kann, zumal da auch bei den ältesten Rinden die zellige Schicht, gesetzt sie enthielte das Cinchonin, niemals in solcher Ausdeh- nung vorkommt, dass dadurch das Ueberwiegen dieses Alkaloids bedingt werden könnte, indem mit dem Alter der Rinde gerade die Bastschicht immer überwiegender wird. IV. Das Ergebniss aus dem Vorstehenden ist der Hauptsache nach der Nachweis, dass das Chinin und Cinchonin in den Bastzellen erzeugt und in der Folge in der Substanz der verdickten Membran der letzteren abgelagert werden; und zwar sind die Bastzellen höchst wahrscheinlich der ausschliessliche Sitz der Alkaloide. Denn dass das Rindenparencbym kein Alkaloid ent- hält, wird deshalb sehr wahrscheinlich, weil Rinden, welche *) Les quinquinas p. 25. 240 Wigand, kaum einzelne Bastzellen enthalten, auch annähernd ohne Alkaloid sind, weil ferner das dem Rindenparenchym so analoge Blattgewebe nachweislich kein Alkaloid enthält, und weil es endlich physiologisch nicht wohl denkbar ist, dass eine so eigenthümliche Stoffbildung dem Baste und den so verschiedenen Parenchymzellen gemeinsam sein sollte. Die Korkschicht ist, wie die directe chemische Prüfung lehrt, vollkommen alkaloidfrei, und dasselbe gilt vom Holze der Chinabäume. Was die physiologische Bedeutung obiger That- sache betrifft, so bietet sie einen neuen Fall für das bereits für die Milchsaft - Familien, namentlich für die Euphorbiaceen, Papaveraceen erkannte Gesetz, dass die besondere Function der Bastzellen in der Erzeugung eigenthümlicher Stoffe, insbesondere der Alkaloide, be- stehe*). Durch Analogie, welche durch das oben ange- führte Färbungsvermögen der Bastzellen unterstüzt wird, dürfen wir jenes Gesetz ohne Bedenken auch auf die übrigen Alkaloide, welche bei den echten und sogenann- ten falschen Chinarinden, d. h. in der Familie der Cincho- naceae vorkommen, und sogar auf andere eigenthümliche Stoffe, wie das Daphnin in Daphne Mezereum, das Sali ein in der Weidenrinde und den bitteren Stoff in der Ulmenrinde ausdehnen. Die Bastzelien der letzten beiden Rinden besitzen, wie oben erwähnt, ein sehr ent- schiedenes Vermögen, Pigment zu sammeln, und verdanken dasselbe gewissen ausziehbaren Stoffen, von welchen oben auf indirecte Weise gezeigt wurde, dass sie nicht wohl etwas Anderes als Gerbstoff oder die diesen Rinden eigen- rhümlichen Bitterstoffe sein können. Abgesehen davon, dass der Gerbstoff aber bei beiden Rinden in der Mem- bran der Bastzelle nicht nachweisbar ist, sprechen bei der Weidenrinde gegen den Gerbstoff als Ursache der Farbsammlung folgende Versuche. 1) Die Bastzellen *) Vergleiche Schacht, Lehrb. der Anat. u. Physiol. I. p. 400, wo derselbe auch bereits die im Vorstehenden nachgewiesene Bedeutung der Chinabastzellen vermuthungsweise ausspricht. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 241 einer mit Wasser ausgezogenen Weidenrinde haben die Fähigkeit, sich mit Cochenillelösung zu färben, verloren, dagegen wird diese Fähigkeit durch Tränkung von Quer- schnitten von Linum mit jenem Auszuge auf die Bast- zellen der letzteren übertragen. 2) Wird aus diesem Auszuge der Gerbstoff, sei es durch Hausenblase oder durch Eisenchlorid, gefällt, so behält derselbe gleichwohl die Eigenschaft, in den Linum - Bastzellen die Pigment- saramlung zu verursachen. 3) Auch wenn man Weiden- rinde so lange auszieht, dass sich kaum mehr eine Spur von Gerbstoff in dem letzten Auszuge nachweisen lässt, bleibt in dem letzteren die Eigenschaft, auf Linum - Bast übertragen, demselben die Fähigkeit mitzutheilen, sich mit Cochenille zu färben. Es ist wohl kaum zu be- zweifeln, dass das Salicin dieser Stoff ist, welcher dem- nach ebenfalls seinen Sitz und Ursprung in den Bast- zellen hat*). Auch von praktischem Interesse ist die Nachwei- sung, dass die China -Alkaloide ihren Sitz in den Bast- zellen haben, indem dadurch gewisse allgemeine, bisher nur auf Erfahrung beruhende Kriterien für den relativen Werth verschiedener Chinarinden, namentlich dass der Werth einer Rinde ceteris paribus zunimmt mit der Stärke, d. h. mit dem Alter, und dass unbedeckte Rinden werth- voller sind als bedeckte, ihre theoretische Erklärung und eben dadurch ihre um so festere Begründung finden. Es ist namentlich zu erwarten, dass hiernach gewisse gang- bare Verkehrtheiten in der Beurtheilung des Werthes der Chinasorten mehr und mehr verschwinden werden. Dass es nicht an solchen fehlt, geht schon aus den Han- delspreisen hervor, welche auch immer im stärksten Miss- verhältniss zu dem wahren Werthe stehen, ähnlich wie *) womit jedoch die bekannte Erscheinung, dass der Bast der Weidenrinde durch Schwefelsäure roth gefärbt wird, nicht, wie man gewöhnlich annimmt, zusammenhängt, indem die letztere Reaction von dem oben erwähnten Cyanogen herrührt und bei salicinlosen Rinden eben so gut statt findet. Arch. d. Pharm. CLXV. Bds. 3. Hft. 16 242 Wigand, dies bei der moskowitischen und sibirischen Rhabarber und bei dem sibirischen und canadischen Castoreum der Fall ist, was aber bei den Chinarinden deshalb besonders auffallend ist, weil hier der den Werth bestimmende Factor, der Gehalt an Alkaloid, besonders an Chinin, so evident ist. Zwar ist man in neuerer Zeit von dem früheren Vorurtheil, wonach man die feinröhrigen Rinden, besonders die Loxa, für die besten hielt, nach und nach abge- kommen; gleichwohl entspricht der Preis noch durchaus jenem Vorurtheil; denn obgleich die Loxa-China höchstens (bei den dicksten Röhren) 0,7 Proc. Chinin und 1 Proc. Cinchonin enthält, so ist doch der Preis höher als der der stets alkaloidreicheren Huanuco, und sogar fast eben so hoch als der der unbedeckten Calisaya, deren Chiningehalt den der Loxa wenigstens um das Vierfache, meist aber noch viel mehr übertrifft, indem derselbe bei der letzteren oft ganz verschwindend und auch der Cinchoningehalt bei jener meist grösser als bei der Loxa ist. Die platte unbedeckte Calisaya enthält nach Dronke's Analyse fast doppelt so viel Alkaloid und darunter fast 3 mal so viel Chinin, als die gerollte (wobei noch überdies die 17,6 Proc. betragende Korkschicht abgezogen ist), nach Reich ardt 3 mal so viel Alkaloid und 4 — 5 mal so viel Chinin, nach Delondre 2 mal so viel schwefelsaures Alkaloid und 3 mal so viel schwefelsaures Chinin als die gerollte, und darnach stehen beide Sorten ungefähr in gleichem Preis. Calisaya I. enthält doppelt so viel Alkaloid und etwas mehr als doppelt so viel Chinin als die Car- thagena, während sich der Preise wie 7 : 1 verhält. Car- thagena enthält 18 / 7 mal so viel Alkaloid, doppelt so viel Chinin als die beste Loxa, die je untersucht worden ist (für die meisten Loxa -Rinden ist das Verhältniss noch viel ungünstiger, da sie meist so gut als kein Chinin und nicht viel mehr Cinchonin enthalten), und dennoch ist die Loxa circa 5 mal so theuer als die Carthagena *). Marburg, im Juni 1862. *) Die Preiswürdigkeit einer Waare steht im Verhältniss über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 243 Nachtrag. Es bleiben mir nun noch einige Bemer- kungen über die Gründe übrig, womit von Howard in seinen Illustrations of the nueva Quinologia of Pavon die der meinigen entgegengesetzte Ansicht, wonach die China-Alkaloide nur im Parenchym enthalten seien, ver- theidigt wird, und zwar muss ich mich, da mir das Werk selbst bis jetzt nicht zu Gebote steht, auf den ohnehin fast ausschliesslich diesen Punkt hervorhebenden Bericht von H. Karsten in diesem Archiv pag. 232 beziehen. Die Gründe, welche in diesem Bericht für die Ansicht Howard's angeführt werden, sind folgende: 1) Die Entdeckung krystallisirter Alkaloide inner- halb der Parenchymzellen von Cinchona succirubra. Dies würde allerdings ein unwidersprechlicher Beweis sein, vorausgesetzt, dass die Alkaloidnatur der „concentrisch gruppirten Krystalle" wirklich nachgewiesen ist; bei Karsten wird nur angegeben, dass sie sich in Alkohol und Aether lösen. Die bei gewissen Chinarinden in Menge in den Parenchymzellen vorkommenden unlöslichen Kry- stalldrusen werden gewöhnlich für Oxalsäuren Kalk ge- halten. 2) Nach mehreren Beobachtungen von Spruce und Cordover, in Uebereinstimmung mit Karsten's eigener Erfahrung, ist die China rubra aus tiefer gelegenen, wär- meren Gegenden ärmer an Alkaloiden, als von höher ge- legenen Orten, und dem entsprechend fand Spruce die Rinden der C. Calisaya in tiefer gelegenen Gegenden hol- zum Werthe und im umgekehrten Verhältniss zum Preise. Nehmen wir als Maassstab für den Werth der Chinarinde den Chiningehalt, und als Preis den Durchschnitt von 5 Jahren an, so ergeben sich für die oben angeführten Sorten folgende Beziehungen : Die unbedeckte Königschina ist 3 mal preiswürdiger als die gerollte und auch 3 mal preiswürdiger als die beste Loxa. Die Carthagena- Rinde ist, verglichen mit der unbedeckten Königschina, 3'/2nnal, mit der bedeckten 11 mal, mit der Loxa 13 mal preiswürdiger. 16* 244 Wigand, zig, in höheren dagegen reicher an Parenchym. Abge- sehen davon, dass diese Beobachtungen wenigstens nach dem Bericht nur sehr unbestimmt erscheinen, glaube ich auf dieses Argument kein grosses Gewicht legen zu kön- nen, theils weil die China rubra ein zu unbestimmter Be- griff ist, theils weil sich der zweite Theil des Beweises auf eine andere Art bezieht als der erste. 3) Wichtiger ist die Angabe, dass Howard in der parenchymatösen Aussenrinde von C. lancifolia Mut. mit wenig Bastgewebe mehr Alkaloid fand, als in der nur aus Bastgewebe bestehenden Innenrinde, und ebenso in dem äusseren Theile der Stammrinde von C. succirubra Pav. mit wenig Bast grösseren Alkaloidgehalt als in dem inne- ren nur aus Bast bestehenden Theile. Da diese Ergeb- nisse in auffallendem Widerspruch mit den von mir oben pag. 139 und 140 mitgetheilten Analysen der nach Bast und Parenchym möglichst gesonderten Königschina, an deren Genauigkeit ich keinen Grund habe zu zweifeln, stehen *), so muss die Frage nach dieser Seite hin einst- weilen dahin gestellt bleiben, bis weitere Untersuchungen die eine oder die andere Beobachtung bestätigen. Vor der Hand spricht die allgemeine Ansicht und namentlich sprechen die Analysen von Pelletier, Rei chardt und D elondre, wonach die unbedeckte Königschina reicher an Alkaloiden ist als die bedeckte, sowie die Analyse von D elondre," wonach die platte Ch. rubra de Cusco si7ie epid. alkaloid- haltiger ist als die gerollte, zu meinen Gunsten. 4) Derselbe Widerspruch zeigt sich zwischen Ho ward's und meinen vergleichenden Analysen von jüngeren und älteren Rinden gleicher Art. Howard fand in dünnen grossentheils aus Zellgeweben bestehenden Röhren von *) Das Resultat der Analyse der zweiten Rinde ist um so auffal- lender, als der die beiden Schichten, wie angegeben wird, trennende „Harzring" nichts anderes sein kann als das Peri- derma, und folglich die äussere an Parenchym reichere Schicht die Borke ist, welche man bisher weit entfernt war für den Hauptsitz der Alkaloide anzusehen. über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 245 C. lancifolia mehr Alkaloid als in mittleren und noch we- niger in fast platten 1 / 2 " dicken Rinden, welche vorwie- gend aus Bastgewebe bestanden, während ich für die Calisaya das entgegengesetzte Resultat gewonnen habe. Dass Zweigrinden ärmer an Alkaloid sind als Stammrin- den ist übrigens von jeher, wie von Howard und Kar- st e n selbst anerkannt wird, (p. 233) eine so ausgemachte Sache *), dass es wohl kaum noch einer Entscheidung in diesem Differenzpunct bedarf. Doch kann ich nicht um- hin zwei Gewährsmänner für mich anzuführen: Howard, welcher (p. 233) durch Analysen von dünneren und dicke- ren Astrinden und Stammrinden von C. Calisaya (also an derselben Pflanzenart wie ich) zu dem Resultat kam, dass der Alkaloidgehalt mit dem Alter zunehme, und Kar- sten, welcher**) dasselbe an C. lancifolia Mut. (also an derselben Pflanzenart, für welche es von Howard bestrit- ten wurde) dadurch nachwies, dass er in der Stammrinde l J / 2 Procent schwefelsaure Alkaloide, in jungen Zweig- rinden dagegen gar keine organische Basen sind. Den Widerspruch zwischen den Resultaten von Ho ward's Analyse der C. lancifolia und der C. Calisaya sucht Karsten (p. 237) daraus zu erklären, dass von den älteren Handelsrinden (nur auf C. Calisaya kann sich dies beziehen) die parenchymatöse Aussenschicht wie gewöhn- lich durch die Sammler abgekratzt gewesen sei, während doch unmittelbar darauf angegeben wird, dass jene Rin- den von C. Calisaya speciell für Howard's Untersuchun- gen, wie es scheine von Herrn Spruce gesammelt seien. Abgesehen aber davon würde ja das Abkratzen der Aussen- schicht nach Howard's Ansicht umgekehrt einen gerin- gen Alkaloidgehalt für die Stammrinde von C Calisaya *) Doch ist als Ausnahme dieser Regel zu erwähnen, dass Reichel (vergl. Schlei den's Pharmakognosie p. 285) zwar in mittleren Rinden von C. lancifolia mehr Alkaloid fand als in jungen, dagegen in alten weniger. **) Monatsberichte der Berliner Akademie 1858, p. 261. 246 Wigand, zur Folge haben, also, da das Resultat der Analyse das entgegengesetzte ist, das Gegentheil beweisen. Das Abnorme von Howard's Analyse der Rinden von C. laticifolia zeigt sich übrigens weniger in Beziehung auf den Gesammtgehalt an Alkaloiden, indem dieser bei jungen und alten Rinden fast constant erscheint, (so dass daraus fast ebensowenig ein Argument für Ho ward's An- sicht als für die meinige entnommen werden kann), als in Beziehung auf die einzelne Alkaloide, von denen das Chinin mit dem Alter der Rinde abnehmen, das Cinchonin aber zunehmen soll, während doch nach allen sonstigen Erfahrungen entweder beide Alkaloide mit dem Alter zu- nehmen oder nur das Chinin zu- dagegen das Cinchonin abnimmt. Karsten macht (p. 238) gegen die vergleichenden Analysen, auf welche ich meine Ansicht stütze, den Ein- wurf, dass dabei die Zusammengehörigkeit der Rinden hinsichts des Standortes und der Individualität ausser Acht gelassen sei. Ich räume ein, dass, wenn es mir vergönnt gewesen wäre, verschiedene Rinden eines und desselben Baumes von C. Calisaya zu untersuchen, die Analysen vielleicht etwas andere Zahlen ergeben hätten. Indess wird doch Karsten der Verschiedenheit vom Stand- ort und Individuum gewiss nicht eine solche Bedeutung zuschreiben wollen, dass dadurch sich Zweig- und Stamm- rinden in Beziehung auf den Alkaloidgehalt geradezu um- kehren sollten, und vollends undenkbar ist es, dass dieser ungünstige Zufall bei allen Analysen, welche je von un- gleich starken Rinden einer Art angestellt worden sind, sich hätte wiederholen sollen. Was aber wegen jener Mangelhaftigkeit des Materials meinem Beweis an Exact- heit gebricht, das bin ich so glücklich mit Hilfe meiner wichtigen Gewährsmänner Howard und Karsten zu ergänzen, denn p. 233 wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die verschiedenen Rindenstücke des C. Calisaya, welche zu Ho ward's Analysen dienten, von dem gleichen Standorte gesammelt waren, und Karstens oben ange- über den Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. 247 führte Analyse von C. lancifolia bezieht sich nach sei- ner eigenen Angabe auf einen und denselben Baum. Es stimmen also geradezu diejenigen Untersuchungen jener Beiden, welche in Beziehung auf das Material allen An- forderungen genügen, mit dem Resultat meiner Analyse von C. Calisaya überein; — wogegen gerade von derjeni- gen vergleichenden Analyse Ho ward's, welche von K a r- sten meiner Ansicht entgegengestellt wird, nämlich der- jenigen von C. lancifolia nicht angeführt wird (wenigstens in Karstens Bericht), dass das Material mit Berücksich- tigung der genannten Umstände gesammelt worden sei. So erscheint also der Einwurf, womit Karsten meine Ansicht zu widerlegen versuchte, in Wahrheit als eine Be- kräftigung meiner Ansicht, während sich derselbe gegen Ho ward's Ansicht umgewendet hat. Auf den anderen Theil meiner vergleichenden Ana- lysen, die Vergleichung des Alkaloidgehalts vom Rinden- gewebe mit vorwiegendem Parenchym und vorwiegendem Bast, findet natürlich Karstens Einwurf gar keine An- wendung; gleichwohl wird dieser Beweis, obwohl in direc- tem Widerspruch mit den betreffenden von Karsten stark betonten Analysen Ho ward's, von Ersterem nicht berücksichtigt. . Auch meine anderen Beweise finden we- der bei Howard noch Karsten Widerlegung. Zum Schluss muss ich noch einige andere in dem Bericht Karstens vorkommende Puncte berühren. Zunächst soll nach Howard mit der gesteigerten Bildung oder Anhäufung von Alkaloiden die Grenze zwi- schen Bast und Zellgewebe mehr und mehr verschwin- den (p. 231). Abgesehen davon, dass bei den Chinarinden bekanntlich überhaupt keine scharfe Grenze zwischen Bast- und Parenchym-Schicht existirt, ist nicht einzusehen, wie eine solche Grenze verschwinden könnte und namentlich wie dies mit einer Anhäufung von Alkaloiden zusammen- hängen könnte, die Erklärung wenigstens, welche Kar- sten von dieser Erscheinung giebt, nämlich eine allmäh- liche Umänderung der Bastschicht in parenchymatisches 248 Wigand, Sitz der Alkaloide in der Chinarinde. Gewebe und schliesslich in Kork- und Bastgewebe dadurch, dass alle Elementarorgane ihre Function und Structur ändern (d. h. also, dass die Bastzellen sich in Parenchym- zellen verwandeln), ist auch von vorn herein schwer ein- zusehen, weil alsdann die Verdickungsschichten der Bast- zellen aufgelöst werden und neue Zellen innerhalb der letzteren durch Quertheilung entstehen müssten, was mei- nes Wissens nach in der Pflanzenanatomie unerhört ist. Deshalb verstehe ich auch nicht, was Karsten mit der „Mittelrinde" meint, welche nach seiner Ansicht höchst wahrscheinlich der Hauptsitz der Alkaloide sein soll. Alle Chinarinden bestehen nur aus der primären Parenchym- schicht und der secundären oder Bastschicht, welche beide ohne scharfe Grenze in einander übergehen; eine Mittel- rinde als eine von der ersteren verschiedene Schicht existirt bei keiner Chinarinde. Zur Bestätigung des Zusammenhangs des Bruchs mit dem Alkaloidgehalt wird p. 235 eine Stelle vonWeddell (p. 25) angeführt, wonach diejenigen Rinden, deren Bruch sich dem korkigen näheren mehr Chinin, diejenigen, deren Bruch kurzfaserig sei, mehr Cinchonin enthielten. Diese Stelle lautet jedoch bei Weddell gerade umgekehrt, nämlich: „Ainsi, plus la surface de la fracture transverse d' un quinquina s'approchera de la forme subereuse, plus on pourra presumer, qu'il renferme cinchonine; plus, au con- traire, eile s'approchera de la forme courtement fibreuse, plus on devra etre porte ä croire qu'il contient de quin- quine." Ohnehin steht aber diese Stelle in gar keiner Beziehung zu der angeführten Ansicht von Howard, in- dem hier von Alkaloidgehalt überhaupt, bei Weddell dagegen vom Verhältniss des Chinin- zum Cinchoninge- halt die Rede ist. Endlich muss ich die Behauptung, dass auch Kork und Borke Alkaloid enthalten, bestreiten; Karsten hätte in der directen chemischen Analyse, auf welche ich mich (p. 142) berufe, einen besseren Grund anerkennen müssen als in den „carminrothen Dämpfen der Zersetzungspro- Chiningehalt ostindischer China-Rinden u. Blätter. 249 ducte;" aber auch diese Angaben kann ich nicht bestäti- gen, weder Kork noch Borke zeigen mir beim Verkohlen in der Glasröhre rothe Dämpfe, auch die Parenchymschicht nicht, während dies bei dem Bast sehr deutlich statt fin- det. Auch schmecken weder Kork noch Borke bitter, die Parenchymschicht nur schwach, der Bast dagegen stark bitter. — Sonach sind die einzigen Puncte, welche aus Ho ward's Untersuchung meiner Ansicht gegenüber in Betracht kom- men können : die angebliche Entdeckung von krystallisirten Alkaloiden in den Parenchymzellen in der rothen China- rinde, und die Angabe, dass er in der äusseren parenchyme- tischen Schicht derselben Rinde mehr Alkaloid gefunden habe als in dem Bastgewebe. Möchten die Chemiker durch Nachprüfung dieser Puncte die bestehende Differenz über die im Vorstehenden behandelte wichtige Frage zur Entscheidung bringen. Marburg, im Juni 1863. Chiningehalt ostindischer China-Rinden und Blätter. Die von den Engländern in Ostindien im Neilgherry- Gebirge seit dem Jahre 1801 angepflanzten Cinchonen lieferten schon jetzt, nach den chemischen Analysen Ho ward's das interessante Ergebniss, dass sie hinsichts ihres Gehaltes an organischen Basen den guten südame- rikanischen Rinden gleichkommen. Vorzugsweise wurde in Ostindien die C. succirubra Pav. angepflanzt. Von dem Ende 1862 vorhandenen 25,000 Cinchonen-Bäumchen ge- hörten die Hälfte dieser Art an. Howard erhielt aus 15 Monate alter Binde dieser Species 3,30 — 3,40 Proc. organische Basen, wovon durch Aether 2,40 Proc. Chinin mit etwas Cinchonidin vermischt ausgezogen wurde und 0,60 Cinchonin zurückblieb. (Verlust 0,30 — 0,40 Proc.) Eine andere Analyse einjähriger Rinde lieferte 2,59 Proc. organische Basen, wovon 2,55 Proc. in Aether 250 Kemper, löslich, mithin Chinin und Cinchonidin zu sein schienen. Der Cinchoningehalt war merklich geringer, nämlich 0,04 Proc. Diese Resultate sprechen nicht zu Gunsten der Hypothese Mit seh er lieh's, dass Chinin aus dem Cincho- nin durch Aufnahme von Sauerstoff entstehe. Eine sehr schätzbare Eigenschaft der Rinden ist die Leichtigkeit der Reindarstellung ihrer organischen Basen, im Vergleich mit den aus südamerikanischen Rinden ge- wonnenen, die an Chinasäure, Chinaroth, Harz etc. reicher zu sein scheinen, welche Stoffe ihnen hartnäckig anhängen. Von ganz besonderem Interesse ist es, dass es H o w a r d gelang, auch aus getrockneten Cinchonen- Blättern, von denen er einige Unzen aus Ostindien erhielt, organische Basen darzustellen und zwar in verschiedenen Analysen 0,11 Proc. und 0,19 Proc, welche reines schwefelsaures und oxalsaures Chinin gaben, ein Resultat, das wegen Nichterscheinens der rothen Dämpfe beim Erhitzen kaum vermuthet worden war. H. K. N2 02 führen. Das Nitrosodiäthylin ist unter gewöhnlichem Luft- drucke, selbst bei Ausschluss der Luft destillirt, ein schwach gelblich gefärbtes Oel, das in Berührung mit der Luft allmälig eine dunklere Farbe annimmt. Es besitzt den corrigirten Siedepunct 176,°9 und das spec. Gewicht 0,951 bei 17,°5. Es hat einen eigentümlichen aromatischen Geruch und brennenden Geschmack. — Man kann die Vermuthung hegen, dass das von Hof mann bei der Zersetzung des salzsauren Aethylamins in gerin- ger Menge erhaltene oben erwähnte Oel eben diese Ver- bindung war, die ihren Ursprung einer im Aethylamin- salz enthaltenen kleinen Menge Diäthylaminsalzes ver- dankte. Interessant ist das Verhalten des Nitrosodiäthylins gegen concentrirte wässerige Salzsäure. Es löst sich darin vollkommen und leicht auf, die Lösung entwickelt beim Einwirkung von salpetriys. Kali auf salzs. Diäthylamin. 17 Erhitzen viel Stickoxydgas und hinterlässt beim Eindampfen ein an der Luft zerfliessliches grossblättrig krystallisiren- des Salz, aus welchem Natronlauge eine ölförmige, leichte, sehr flüchtige, wie Diäthylamin riechende Base frei macht und dessen wässerige Lösung mit Platinchlorid versetzt beim Eindampfen grosse rhombische Krystalle eines Dop- pelsalzes liefert. Die Analyse der im luftleeren Räume über Schwefel- säure getrockneten salzsauren Verbindung sowohl, als die Analyse des Platindoppelsalzes zeigen nun in der That, dass die darin enthaltene Base Diäthylamin ist. Auch die Winkel des Platindoppelsalzes stimmen nach den Messungen des Herrn Stud. Strüver mit denen überein, welclie S ch a b u s für das Diätbylamindoppelsalz gefun- den hat. Beides, die Entstehung des Nitrosodiäthylins in neu- traler Lösung aus dem Diäthylamin sowohl, als die Rück- bildung des Letzteren aus Ersterem durch Säuren, ist in der einen Gleichung gegeben: C8HHN 4- NQ3 =* C8H10N2O2 -f- HO. Die bei der Bildung des Diäthylamins frei werdende salpetrige Säure zersetzt sich sogleich in Stickoxyd und Salpetersäure. Da zu der Rückbildung des Diäthylamins aus dem Nitrosodiäthylin nothwendig Wasser gehört, so wird ferner zu untersuchen sein, welche Producte bei der Einwirkung des trocknen Chlorwasserstoffgases entstehen. Dasselbe wird vollständig von der reinen Verbindung absorbirt, indem sie sich in eine dicke Flüssigkeit von etwas dunk- lerer Farbe verwandelt. Entfernt man den Ueberschuss des absorbirten Gases durch einen Strom trocknen Koh- säuregases, so entstehen ebenfalls grössere Mengen blättri- ger, farbloser, in Wasser leicht löslicher Krystalle. Auch trocknes Chlorgas bewirkt die Verwandlung der Verbin- dung in krystallinische Producte. Die Existenz des Nitrosodiäthylins bekundet nicht bloss eine auffallende Verschiedenheit, welche zwischen Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 1. Hft. 2 18 Geuther, über das Verhalten des Kobaltsesquioxyds primären und secundären Aminbasen in der fetten Säure- reihe besteht, sie lehrt auch einen neuen Zusammenhang zwischen den wasserstoffreichen Verbindungen eben die- ser Reihe und den wasserstoffarmeren anderen Reihen kennen. mSii&Q* lieber das Verhalten des Kobaltsesquioxyds zu neutralem schwefligsauren Ammoniak, Kali und Natron; von Demselben. Das Ammoniak steht zu den basischen Metalloxyden in demselben Verhältniss, wie die Wasserstoffsäuren zu den Sauerstoffsäuren, und mit dem nämlichen Rechte, mit dem man erstere von letzteren unterscheidet als zwei neben einander herlaufende Reihen, ihren chemischen Eigenschaften nach ähnlicher, aber ihrer Constitution nach verschiedener Körper, mit dem nämlichen Rechte muss man das Ammoniak, gewisse Kohlenwasserstoffe etc. den basischen Metalloxyden gegenüberstellen und sie als Was- serstoffbasen von den letzteren, als den Sauerstoffba- sen, unterscheiden. Thut man dies, so lässt sich folgende Regel aufstellen: Basen und Säuren gleichen Namens können sich direct zu Salzen vereinigen (Sauerstoff- salze: BaO,S0 3 ; Wasserstoffsalze: H 3 N,HC1), Basen und Säuren verschiedenen Namens dagegen nicht; nur w r enn, entweder eine Umsetzung und Abscheidung von Wasser (Haloidsalze: PbO + HCl == PbCl + HO), oder aber eine Aufnahme von Wasser stattfindet Hyd eon- salze*): Cr 2 3 ; H 3 3 , H 3 C1 3 d. i. grünes Chromchlorid; H 3 N, HO, SO 3 ), kann dies geschehen. Für die Wasserstoffbasen lässt sich ferner die Idee der mehrsäurigen Basen so gut vermuthen, wie für die fe ) Von üSuip, Wasser, und S£u>, bedürfen. zu neutralem schwefligsauren Ammoniak etc. 19 Sauerstoffbasen ; es giebt ein säurige (H 3 N;C 4 H 4 etc.), z w ei säurige (C 4 H 2 im Glycolalkohol), dreisäurige (C 6 H 2 , im Glycerin) und vielleicht noch mehr säurige. Jede die- ser Basen giebt zu so viel Reihen durch die Natur der Base bedingten Salzen Veranlassung, als wie viele Basici- täten sie enthält, da eine nach der andern davon durch Säuren neutralisirt sein kann. Als Verbindungen dreisäuriger Wasserstoff- basen lassen sich die Roseo- (Purpureo-), Xantho- und Luteokobaltsalze auffassen. In den Roseo -Purpureo- und Xanthosalzen ist eine und die nämliche Basis enthalten: Co2N5Hi2 = (Co2N, H3N) 3H3N. Die Roseosalze sind die dreisäurigen oder neutralen Salze, die Purpureosalze die zweisäurigen und die Xanthosalze ebenfalls dreisäurige, in denen aber eine Basicität stets durch salpetrige Säure (NO 3 ) neutralisirt ist. Von der einsäurigen Reihe ist bis jetzt kein Salz bekannt. Die Luteo- kobaltsalze dagegen enthalten eine um 1 Mgt. Ammoniak reichere Basis: »i in Co2N6Hi5 = (Co2N, 2H3N) 3H3N. I. Roseokobaltoxydhydrat : (Co2N,H3N)3H3N)H3 03 (H3 03 Einsäurige Reihe: (unbekannt) a) (Co 2 N, H3N) 3H3 N )H2 02 JH2 02 MU b) JH2 02HO IH202X S = Einer Säurebasicität einer wasserfreien Sauerstoff- säure. 2* 20 Geuther, über das Verhalten des Kobaltsesquioxyds Zwei säurige Reihe: (Purpureosalze) a)^2NTH3N)3H3NjHO jHO b) /HO HO HO IHOlfir Drei säurige Reihe: (Roseosalze) a) (Co2 N, H3N) 3H3NJH3 C13 b) ;HOHOHO Ist von den drei S die eine gleich (NO 3 ), so hat man die Xantho salze. II. Luteokobaltoxydhydrat: (Co2N, 2H3N) 3H3NIH3 03 JH3 03' Salze, den vorigen entsprechend. Wenn man nun so die Mannigfaltigkeit der Roseo-, Pupureo-, Xantho- und Luteokobaltverbindungen auf Salze zweier dreisäur iger Wasserstoff basen zurückführen kann, so bleiben- doch noch einige Verbindungen übrig, welche mit jenen in naher Beziehung stehen und die scheinbar eine solche Zurückführung auf die beiden Basen nicht erlauben ; es sind die von K ü n z e 1 *) durch die Einwir- kung von schwefliger Säure und Ammoniak auf Pur- pureochlorid erhaltenen Verbindungen. Bei näherer Prü- fung zeigt sich indess eine Möglichkeit, dann nämlich, wenn sie schwefligsaure resp. unterschwefelsaure Doppelsalze von Roseo- oder Luteobasis mit Kobalt oxyd sind: *) Chem. Ceiitralbl. für 1858. S. 193. zu neutralem schweflig sauren Ammoniak etc. 21 1. Schwefligsaures Triaminkobaltsesquioxyd : 2 (Co2 03, 3 H3N, 3 S02 4. HO) = 5^«55^g|Hg + Co20 3,3 S02 + 2aq . (Luteodoppelsalz). 2. Schwefligsaures Biaminkobaltsesquioxyd : 3 (Co2 03, 2 H3N, 3 S02 -f. 5 HO) = ^Co2N 2H 3 N > | 3H 3 N)H 3 3 ^o JN,-Sö ss)ön i^n^ + 2 [Co2 03,3 802] 4 15 aq. (Luteodoppelsalz). 3. Schwefligsaures Pentaminkobaltsesquioxyd : 2 Co2 03, 5 H3N, 6 S02 4. 9 HO = (C^NTH3N)TirN,H3 03 + Co203; 3g02 + 9aq (Roseodoppelsalz). 4. Unterschwefelsaures Tetraminkobaltsesquioxyd : 3(Co2 03, 4H3N, 2S2 05) f4- 2 HO]*) == ^Co^2H€^H3N)HOH202-| jHO,2S205j + Co °> 2b ° (Zweisäuriges Luteodoppelsalz). Aber, entsteht die Frage, wenn eine solche Auffas- sung auch möglich ist, ist sie denn auch wahrscheinlich? *) Künzel giebt dem Salz die Formel ohne 2 Wasser, das kann aber nicht sein, da es sich sonst gar nicht den andern Sal- zen analog zusammengesetzt zeigen würde. Die Aufnahme der 2 HO in die Formel verändert die Uebereinstimmung der ge- fundenen, mit den berechneten Werthen nicht: berechnet gefunden (Künzel) Co« = 19,6 19,8 12 H3N = 22,6 22,9 S12 = 21,3 21,5 039 = 34,5 _ 2 HO =* 2,0 — 100,0 22 Geuiher, über das Verhalten des Kobaltsesquioxyds Man weiss, dass das Kobaltoxyd eine äusserst schwache, leicht zersetzbare Basis ist, dass es in Berührung mit Säuren leicht unter Sauerstoffentwickelung in Oxydul übergeht, dass vor Allem die schweflige Säure diese Ver- änderung bewirkt: kann man annehmen, dass wenn die Möglichkeit einer Doppelsalzbildung vorliegt, diese leichte Zersetzbarkeit des Kobaltoxydes in eine grosse Be- ständigkeit, selbst reducirenden Säuren, wie der schwefligen Säure, gegenüber, verwandelt werde? Die Existenz eines analogen Salzes, des salpetrigsauren Kobaltoxyd-Kali's spricht freilich entschieden dafür. Auch die folgenden Untersuchungen, welche Herr Stud. Birn- baum auf meine Veranlassung ausgeführt hat, zeigen die Existenz von schwefligsauren Kobaltoxyd -Doppelsalzen und machen ausserdem die oben ausgeführte Deutung der Künzel'schen Salze äusserst wahrscheinlich. Zunächst wurde die Darstellung von schwefligsauren Ammoniak-Kobaltoxydsalzen versucht. Auf die gewöhn- liche Weise bereitetes Kobaltoxydhydrat wurde noch feucht in eine concentrirte Lösung von schwefligsaurem Ammoniak, die weder nach schwefliger Säure, noch nach Ammoniak roch, und eben alkalische Reaction zeigte, ein- getragen. Das Kobaltoxyd beginnt alsbald, in der Kälte langsam, beim Erwärmen rasch, sich mit dunkelbrauner Farbe zu lösen und Ammoniak zu entbinden. Der Geruch des letzteren tritt immer deutlicher auf, die alka- lische Reaction wird sehr stark. Je nach der Con- centration der Lösung und der Menge des angewandten schwefligsauren Ammoniaks entstehen verschiedene Ver- bindungen. Ist die Lösung sehr gesättigt, so findet nach einiger Zeit die Abscheidung eines röthlichgelben Pul- vers (A) aus der dunkelrothbraunen Lösung (B) Statt. Das Pulver A ist nicht unverändert in Wasser löslich; wenn es abfiltrirt und dann mit Wasser ausgewaschen wird, so löst es sich auf und aus dieser Lösung scheiden sich kleine gelbbraune Krystalle neben einem helleren gelben krystallinischen Pulver ab. Die Analyse hat er- -zu neutralem schwefligsauren Ammoniak etc. 23 geben, dass beide gleich zusammengesetzt, dass sie mit dem schwefligsauren Pentaminkobaltsesqui- oxyd Künzel's identisch sind. Aus der braunen Mutterlauge B schieden sich beim Stehen einmal dunkel-olivenbraune blättrige Krystalle ab, die sich aber beim Aufbewahren sowohl, als bei der Be- handlung mit Wasser zersetzten in eine braune Lösung und ein gelbes Pulver, das von Natronlauge in der Kälte nicht verändert wurde, dessen Zusammensetzung jedoch den Resultaten der Analyse zufolge keiner einfachen For- mel entsprach; andere Male wurden aus der Mutterlauge B Krystalle, von den früheren durch dunklere Farbe und andere Form unterschieden, erhalten, die sich ebenfalls beim Aufbewahren veränderten und mit Wasser gekocht gleichfalls ein gelbes, sehr deutlich krystallinisches Pul- ver lieferten, das auch erst beim Kochen mit Natron- lauge schwarzes Kobaltoxyd abschied. Eigenschaften und analytische Resultate zeigten, dass es identisch ist mit der von Künzel als schwefligsaures Triaminko- baltsesquioxyd bezeichneten Verbindung. Diese Versuche zeigen, dass das Kobaltoxydhydrat aus dem schwefligsauren Ammoniak das Ammoniak aus- zutreiben im Stande ist, dass bei dieser Einwirkung aber, wenigstens die beständigeren und analysirbaren Endproducte nicht einfache Kobaltoxyd-Ammoniak-Doppel- salze sind, sondern dass sie Kobaltaminbasen enthalten. Diese directe Entstehung der Künzels'chen Salze aus Kobaltoxydhydrat ist von grosser Bedeutung für die Frage ob sie Kobaltoxyd -Doppelsalze sind oder nicht, sie wird entschieden zu Gunsten dieser Ansicht sprechen, wenn die Existenz wirklicher schwefligsaurer Kobaltoxyd -Doppel- salze dargethan wird. Dasselbe geschieht nun leicht, wenn man sich des schwefligsauren Kali's oder Natron's anstatt des Ammo- niaks bedient. Fügt man zu völlig neutral reagirendem schwefligsauren Kali oder Natron, Kobaltoxydhydrat, so tritt, in der Kälte langsam, rasch beim Erwärmen, eine 24 Kraut und Schlün, Veränderung des Oxyds ein. Dasselbe verwandelt sich, indem die Flüssigkeit immer stärkere alkalische Reaction annimmt, in einen gelbröthlichen, in Wasser unlöslichen, in der Kälte von Natronlauge unverändert bleibenden, beim Kochen damit aber sogleich schwarzes Oxyd bildenden Körper, der mit stärkeren Säuren schweflige Säure entwickelt und Kali resp. Natron enthält, also ein wahres schwefligsaures Kobaltoxyd-Kali (Natron) ist. Gewiss höchst überraschend ist hierbei die Thatsache, dassdas Kobaltoxydhydrat das Kali und Natron aus ihrer Verbindung mit schwefliger Säure frei zu machen im Stande ist. Die Zusammensetzung dieser Doppelsalze soll in einer späteren Mittheilung folgen. Dieselben entstehen also auf ganz analoge Weise und unter den Erscheinungen, wie es von den Kunze 1' sehen Salzen oben gezeigt ist. Der Möglichkeit und Richtigkeit der für letztere ausgeführten Deutung steht also nichts mehr im Wege. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass das Kobaltoxyd- hydrat das ganz neutrale salpetrigsaure Kali (von schwach alkalischer Reaction) nicht zu verändern im Stande ist, dass, so wie aber durch nur einen Tropfen einer Säure eine geringe Menge salpetrige Säure in Freiheit ge- setzt wird, augenblicklich die Bildung des gelben Doppcl- salzes beginnt. Ans dem Laboratorium der polytechnischen Schule in Hannover; von Karl Kraut. 14t Heber Anethol und isomere Verbindungen, von K. Kraut und Fr. Schlun. Als Anethol hat einer von uns den nach der Formel C 20 H I2 O 2 zusammengesetzten Bestandtheil des Anis-, Fenchelöls und ähnlicher Oele bezeichnet, welcher wie Anethol und isomere Verbindungen. 25 bekannt in zwei verschiedenen Modifikationen auftritt. Es erschien als möglich, dass in dem festen und flüssigen Anethol *) Körper mit abweichenden optischen Eigen- schaften etwa der Weinstein- und Traubensäure ent- sprechendvorlagen, zumal Luboldt und später Buign et gefunden hatten, dass Anisöl inactiv, Fenchelöl rechts- drehend ist. Diese Erwartung hat sich als unrichtig er- wiesen, es sind beide Arten des Anethols optisch unwirk- sam. In Bezug auf die übrigen Eigenschaften der genannten Körper haben unsere Versuche Folgendes erge- ben. Sie wurden mit Oelen zweifelloser Reinheit ange- stellt, welche Herr Berg-Commissair Apotheker Retschy in Uten für uns zu destilliren die Güte hatte. 1. Anisöl. Dasselbe besitzt kein Molecularrotations- vermögen. Beim Schmelzen und Erkälten zeigte es bei 13°4 einzelne Krystallblättchen, die sich beim Sinken der Temperatur auf 10°8 rasch vermehrten. Ohne dass das Oel aus der Kältemischung entfernt wurde, stieg die Temperatur auf 12^3 und blieb hier während der ganzen Zeit des Erstarrens constant. — Die erstarrte Masse wurde gepresst und aus Weingeist umkrystallisirt, so lange der Schmelzpunct noch dadurch erhöht werden konnte. Das so erhaltene Product ist das feste Anethol. Es schmilzt bei 21&1, siedet (corrigirt) bei 232<> und zeigt bei 28° 0,989 spec. Gewicht. Aus Fenchelöl kann es in gleicher Weise von demselben Schmelzpunct, ebenfalls ohne Rota- tionsvermögen erhalten werden. 2. Fenchelöl. Aus dem Samen destillirtes Oel zeigte ein Molecularrotations vermögen nach rechts von [exjj = 1706; käufliches Oel zeigte kleineres [a]j ==; 11°4, Buign et (Anal. Zeitschr. 1, 233) fand es zu 8<>13, Luboldt zu 16°2. Es wurde durch gebrochene Destillation in verschiedene Producte zerlegt, von denen das ') Gmelin VII, 183. 26 Kraut und Schlvn, 1) unter 2000 Uebergehende 31°6 2) bei 200 bis 2240 Uebergehende 18^0 3) bei 224 bis 2340 Uebergehende 408 Rotation für 100 Millimeter zeigte. Durch wiederholtes Rectificiren und alleiniges Auffangen der zuerst überge- henden Antheile gelang es den leicht flüchtigen Antheil des Fenchelöls von 93°4 Drehungsvermögen und ziem- lich constantem Siedpunct (ein Mal 175°, ein zweites Mal 182°) zu gewinnen. In dem Maasse wie dieser Antheil, der nach Gerhardts Untersuchungen bekanntlich ein dem Terpenthinöl isomerer Kohlenwasserstoff ist, ausge- sondert wurde, sank das Rotationsvermögen der später übergehenden Antheile. Allerdings ist es uns nicht ge- lungen, aus dem Fenchelöl ein Product zu isoliren, wel- ches weder Rotationsvermögen zeigte, noch in der Kälte erstarrte, also weder den Kohlenwasserstoff noch das feste Anethol des Fenchelöls enthielt, aber aus dem Vorkom- men des flüchtigen Anethols in dem inactiven Anisöl einerseits, so wie andererseits aus dem Umstände, dass die reinsten Antheile des flüssigen Anethols, welches wir aus dem Fenchelöl zu isoliren vermochten, nur 1 bis 2° Drehungsvermögen zeigten, müssen wir den Schluss zie- hen, dass auch das flüssige Anethol optisch inactiv ist. — Fenchelöl und Anisöl sind demnach beide Gemenge von flüssigem und festem Anethol, zu welchen Bestandtheilen beim Fenchelöl noch ein rechtsdrehender Kohlenwasser- stoff C 20 H 16 in wechselnder Menge kommt. 3. Anisoin. Es lässt sich bequemer aus Anisöl wie aus Fenchelöl darstellen. Wendet man dabei Zwei- fach- Jodkalium an, wie dieses früher {Gm. VII, 189) beschrieben wurde, so muss die Jodkaliumlösung durch- aus gesättigt sein. Die Anwendung des Vitriolöls ist vor- zuziehen. Ein besonderer Versuch hat uns gezeigt, dass auch das flüssige Anethol in Anisoin überzugehen vermag. Bei der trocknen Destillation des Aniso'ins haben wir niemals Krystalle des von Gerhardt beschriebenen Met- anetholcamphers {Gm. Vll, 190) auftreten sehen, auch Anethol und isomere Verbindungen. 27 dann nicht, wenn ganz reines Anisoin angewandt wurde. Dasselbe lieferte in allen Fällen, mochte es aus flüssigem oder festem Anethol dargestellt sein, zwei Producte, näm- lich das (nach Gerhardt) bei 206° siedende Metanethol und einen braun gefärbten Rückstand, der auch bei 360° nicht überging und etwa die Hälfte des angewandten Anisoins betrug. Derselbe stellt eine neue isomere Mo- dification des Anethols dar, welche wir als Isanethol be- zeichnen. 4. Metanethol. Wir haben den Siedpunct des durch trockne Destillation von Anisoin erhaltenen zu 232°5, das spec. Gewicht zu 0,9706 bei 18° gefunden und fest- gestellt, dass es auf gewöhnlichem Wege in Anisoin über- geführt werden kann. Wird es im zugeschmolzenen Rohre mehrere Stunden auf 320° erhitzt, so geht es theilweis in Isanethol über, welches beim Destilliren zurückbleibt. 5. Isanethol. Es bildet eine dickflüssige, zähe, dem venetianischen Terpenthin ähnliche Masse, die nach wiederholtem Schütteln ihrer ätherischen Lösung mit Thier- kohie hellgelb gefärbt erscheint und bis auf 380° erhitzt werden kann ohne Veränderungen zu erleiden. Es scheint bei dieser Temperatur noch kleine Reste von Metanethol zurückzuhalten, wenigstens erhärtete eine Probe des so stark erhitzten Products bei mehrmonatlichem Stehen neben Vitriolöl zuletzt so, dass sie kaum den Eindruck des Fingers wahrnehmen Hess, wobei sich das Vitriolöl (durch Aufnahme von Metanethol?) roth färbte. Die Analysen ergaben: 20 C 120 81,08 a 81,21 b 80,72 12 H 12 8,11 8,42 8,24 20 16 10,81 C20R12O2 U8 100,00 a) durch Erhitzen von Anisoin, b) durch Erhitzen von Metanethol erhalten. Isanethol wird durch gesättigtes weingeistiges Kali auch bei mehrstündigem Kochen nicht zersetzt. Schmel- 28 Kraut und ScMun, Anethol und isomere Verbindungen. zendes Kali wirkt anfangs nicht ein, später verkohlt es das Isanethol theilweis, wobei kleine Mengen Metanethol regenerirt zu werden scheinen. Vitriolöl bildet aufs Neue Anisoin, dasselbe Product wird auch durch Jodwasserstoff- säure in kleiner Menge erzeugt. — Das Isanethol löst sich leicht in Aether, schwieriger in Weingeist. Mit Hinzurechnung des Metanetholcamphers, an des- sen Existenz wir nicht zweifeln können, wenngleich uns seine Darstellung nicht gelang, sind demnach 6 isomere Verbindungen bekannt, die aus AnisÖl erhalten werden können. Aber wir halten es für möglich, dass flüssiges Anethol und Metanethol ein und derselbe Körper ist, und dass die abweichenden Angaben bei eingehender Unter- suchung beider Substanzen sich als unrichtig erweisen werden. 6. Monochloranethol. Wird Fünffach- Chlorphos- phor mit der äquivalenten Menge festen Anethols zusam- mengebracht, so findet in der Kälte anfangs keine Ein- wirkung statt, nach einigem Stehen erhitzt sich das Ge- menge und erstarrt darauf zur körnigen Masse. Das Product wurde mit Wasser versetzt, durch anhaltendes Waschen von aller anhängenden Säure befreit und, da sich zeigte, dass es nicht ohne Zersetzung destillirbar ist, neben Vitriolöl getrocknet. Es bildet ein dickflüssiges schwach gefärbtes Oel, welches nach der Gleichung: C20H12O2 -f PCI* = C20HHC1O2 -f PC13 -f HCl gebildet ist. Die gleichzeitige Bildung von Dreifach-Chlor- phosphor wurde nachgewiesen. Die Analysen, bei denen wegen Uebergehens von Kupferchlorür der Wasserstoff zu hoch gefunden wurde, lassen gleichwohl an der Formel der Verbindung keinen Zweifel. 20 C 120 65,75 65,66 65,48 Cl 35,5 19,45 19,53 18,45 11 H 11 6,02 7,60 7,04 2 16 8,78 C20C1HHO2 182,5 100,00. JR'öders, über den Bienenhonig. 29 15. Heber den Bienenhonig, von E. Köders aus Soltau. Wenn Bienen ausschliesslich mit käuflichem Trauben- zucker gefüttert werden, so erzeugen sie einen harten gelbweissen Honig, welcher weniger süss schmeckt als der gewöhnliche. Herr Apotheker Dr. Kern per in Bis- sendorf hatte die Güte, einen solchen Fütterungs versuch auf meine Veranlassung anzustellen und mir den gewon- nenen Honig zur Untersuchung zu übersenden. Die Unter- suchung ist unter meiner Leitung von Herrn Köders mit grosser Ausdauer und Sorgfalt ausgeführt worden. Menge und Natur des Zuckers wurden in dem er- wähnten, so wie in zwei anderen Honigsorten nach folgen- den Methoden bestimmt: 1. Durch Reduction mit Fehling' scher KupferlÖ- sung. Zur Controle wurde reiner Rohrzucker mit l j l0 Salz- säure bei 60 bis 70° invertirt *). Im Mittel zahlreicher Versuche waren 27,6 CC. einer Lösung, welche 0,002 Grm. Rohrzucker im Cubikcentimeter enthielt, nöthig um IOC C. Kupferlösung zu reduciren. Berechnet Gefunden 0,05774 0,05776 Grm. Invertzucker. 2. Durch die Drehung der Polarisationsebene, welche die Lösung bewirkten. — Der angewandte Apparat kann ein Rohr von 251 Mm. Länge aufnehmen. Es wurde die specifische Drehkraft (das Molecularrotationsvermögen) bei 15° angenommen für: *) Beim Hinstellen oder Erwärmen mit verdünnten Säuren ver- liert Rohrzucker sein Rotationsvermögen nach rechts und erlangt ein Rotationsvermögen nach links, welches, wenn die Umwand- lung (Inversion) vollständig erfolgt ist, für je 100 Grad des urspünglichen nach rechts 38 Grad nach links bei 14° beträgt. Biot. Diese Veränderung beruht darauf, dass der Rohrzucker unter Aufnahme von 5 Proc. Wasser in Invertzucker, das ist in ein Gemenge von Linksfruchtzucker und Rechtstrauben- zucker zerfallt. Dubrunfaut. C24H"022-|-2HO = C12H12012 + C12H12 012 (Gmelin VII, 689). 30 Röders, Rohrzucker = [«] j -j- 73 ° 8 Rechtstraubenzucker . . . = „ -f- 57°6 Linksfruchtzucker === „ — 106° Invertzucker == „ — 26°. War die Beobachtung (bei den beiden linksdrehenden Zuckerarten) bei anderen Temperaturen ausgeführt, so wurde [nachBuignet (Gmelin VII, 769)] für jeden Grad unter 15° ein Steigen, für jeden Grad über 15° ein Sin- ken von 0,74° für Linksfruchtzucker, von 0,37° für Invert- zucker angenommen. — Die Rechnung erfolgte nach Berthelot's Formel: a = [«] — £- v worin [a] die specifische Drehkraft, 1 die Länge des Roh- res in Decimetern, p das Gewicht des Zuckers in Gram- men im v = Cubikcentimeter der Lösung bedeutet. A. Trau benzuck er honig. 10 Grm. des von den Zellenhäuten möglichst befreiten Honigs wurden in wenig Wasser gelöst und nach dem Entfärben der Lösung mit feuchter Thierkohle auf 100 CC. aufgefüllt. Das Rota- tionsvermögen der Lösung im 251 Mm. langem Rohre betrug + 12,38« im Mittel von 12 Versuchen. Es wurden 3CC. der Lösung zu 100 CC. aufgefüllt und hiervon zur vollständigen Reduction von 10 CC. Kupferlösung gebraucht 26,0 CC. im Mittel von 8 Versuchen. Hieraus berechnet sich die Menge des in Lösung befindlichen Traubenzuckers (Linksfruchtzuckers, Invert- zuckers) zu 7,4 Grm. und unter der Voraussetzung, der vorhandene Zucker sei Rechtstraubenzucker, das Rotations- vermögen der Lösung zu + 10,690. (Gefunden + 12,380). Um zuerst nachzuweisen, ob der Honig überhaupt Rechtstraubenzucker enthielt, wurde derselbe mit kochen- dem Weingeist ausgezogen und die filtrirte Lösung neben Kalk eingeengt. Es erschienen bald Krystallkrusten, die über den Bienenhonig. 31 bei 84° etwas zusammensinterten, bei 144° schmolzen und deren Lösung im Wasser frisch bereitet + 10,00 nach dem Constantwerden des Rotationsvermögens -f- 5,6° Ablenkung bewirkte. Der erhaltene Zucker zeigte also die Birotation, so wie alle anderen Eigenschaften des Rechtstraubenzuckers. Dagegen zeigt obiger Reductions- versuch, verglichen mit der Ablenkung der Lösung, dass ausser dem Rechtstraubenzucker eine rechtsdrehende, Kupferlösung nicht reducirende, Substanz zugegen war. a) Die drehende Substanz konnte Rohrzucker sein. — Ein Theil der Lösung wurde mit l l lQ Salzsäure in der oben angegebenen Weise auf 60 bis 70° erwärmt. Das Rotationsvermögen betrug (bei gleicher Concentration der Lösung), nach dem Behandeln mit Säure -f- 12,40° (Mittel von 10 Versuchen), vorher -f- 12,38°. Zur Reduction von 10 CC. Kupferlösung wurden (bei gleicher Concentration) wie vor dem Behandeln mit Säu- ren 26,0 CC. gebraucht. — Die rechtsdrehende Substanz ist demnach kein Rohrzucker, sie erlangt, wenn man sie unter den Umständen, unter welchen Rohrzucker inver- tirt wird, mit Säuren behandelt, weder ein Rotationsver- mögen nach links, noch ein Reductionsvermögen für Kupfer- lösung. b) Die rechtsdrehende Substanz konnte Dextrin sein. — Zur Entscheidung wurde eine Lösung, deren Drehungs- vermögen zu -f~ 24,98° (Mittel aus 10 Versuchen) gefun- den, zu -f- 21,02 aus dem Kupferreductionsvermögen (8 Versuche) berechnet war, mit verdünnter Schwefelsäure gekocht, indess ohne dass die Lösung jetzt mehr Kupfer zu reduciren vermochte. Bestimmter noch als dieser Ver- such beweisen die folgenden, dass der unbekannte rechts- drehende Bestandtheil des vorliegenden Honigs vom Dex- trin verschieden war. 32 Eöders, Eine Lösung, welche 24,04° Rechtsrotation (12 Ver- suche) und ein Reductionsvermögen zeigte, welches einer Rechtstraubenzuckerlösung bei Abwesenheit anderer acti- ven Substanzen 19,96° Rotation ertheilt haben würde, wurde wiederum mit 1 j iQ Maass rauchender Salzsäure auf 60 bis 70° erwärmt, ohne dass Veränderungen eintraten. Das saure Gemisch wurde hierauf im zugeschmolzenen Rohre eine Stunde auf 105° erhitzt. Die gelbe Lösung zeigte nunmehr 17,49° Rechtsrotation (8 Versuche, auf die ursprüng- liche Concentration berechnet), dagegen war das Reductionsvermögen gestiegen, so dass, wäre es allein durch vorhandenen Rechtstraubenzucker veranlasst worden, die Lösung 21,45° Rechtsrotation hätte zeigen müssen. — Der Versuch wurde mit gleichem Resultate wiederholt, wie folgende Uebersicht darlegt. I. Rechtsrotation der Lösung = -j- 18,36° (8 Versuche), nach dem Erwärmen (60 — 70°) mit Salzsäure = -f- 18,23° (8 Versuche). Die Reductionskraft der Lösung, vorausgesetzt, dass sie von Rechtstraubenzucker herrühre, würde bei Abwe- senheit anderer activen Substanzen einem Rotations vermö- gen von -f- 15,72° vor dem Behandeln mit Säuren -[- 15,71° nach „ „ entsprechen. 11. Rechtsrotation der Lösung nach dem Erhitzen mit Säu- ren auf 104° (auf die ursprüngliche Verdünnung berechnet) = 13,31° Aus dem Reductionsvermögen = 15,9°. Die erörterten und einige andere Versuche sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt. a) Gehalt der Lösung an Rechtstraubenzucker, in Grammen in 100 CC, aus dem Reductionsvermögen ge- gen Kupferlösung berechnet. über den Bienenhonig. 33 b) Berechnete Drehung der Polarisationsebene, welche eine Rechtstraubenzuckerlösung mit dem in a gefundenen Gehalt im 251 Mm. langen Rohre bewirken würde. c) Beobachtetes Rechtsdrehungsvermögen der Lösung (Uebergangsfarbe). d) Verhältniss von b zu c. Nr. a. b. V o r und n a ch dein Erhitzen mit Säure auf 60-70». c. Vor und n a ch dem Erhitzen mit Säure auf 60— 700. d. 1. 7,4 + 10,690 +- 10,690 12,380 12,40 10: :11,6 2. 14,54 -f- 21,020 -f- 21,02° 24,98 — 10 :11,9 3. 13,81 -f- 19,960 _f_ I9 ? 9ß0 24,04 23,88 10 : 12,0 4. 10,87 -f- 15,710 -f 15,720 18,36 18,23 10: 11,7 5. 9,50 + 13,750 — 16,34 — 10 : 11,85 6. 9,28 + 13,420 - 16,20 — 10 :12,0 e) Reductionsfähigkeit der Lösung nach dem Erhitzen mit Säure auf 105°, in derselben Weise wie bei b aus- gedrückt. f ) Nach dem Erhitzen mit Säuren auf 105° beobach- tete Drehung. g) Verhältniss von e zu /. e. f. g. 3. 4- 21,45° 17,490 io : 8,15 4. 4- 15,9° 13,31° 10 : 8,36 Der Honig, welchen die mit käuflichem Traubenzucker gefütterten Bienen bereiteten, hält demnach vorwiegend Rechtstraubenzucker. In kleinerer Menge findet sich eine ebenfalls rechtsdrehende Substanz, welche alkalische Kupferlösung nicht reducirt, und welche durch Erwärmen Aren. d. Pharm. CLXVI. Bds. 1. Hft. 3 34 BöderSj mit Säuren weder ein Reductionsvermögen erlangt, noch ihr Rotationsvermögen verändert. Wird diese Substanz mit Säuren auf 105° erhitzt, so wird sie reducirend und linksdrehend. Dass letzteres wirklich der Fall ist, geht auf das Bestimmteste aus dem Vergleich zwischen fr und/ hervor. Das Rotationsvermögen hatte in beiden Ver- suchen über dasjenige hinaus abgenommen, welches der vorhandene Rechtstraubenzucker allein bewirken musste. Im Uebrigen ist diese Substanz nicht gährungsfähig und nicht durch Dialyse vom Rechtstraubenzucker zu trennen *). Der untersuchte Traubenzuckerhonig verlor neben Vitriolöl 10 Proc. Wasser, der Gehalt an Rechtstrauben- zucker wurde, (nach Aussonderung der Zellen) gefunden durch Reduetion zu 74,0 j „ 72,7 ' im Mittel zu 72,6 Proc. durch Gährung „ 71,1 ] B. Amerikanischer oderCuba-Honig. — Der- selbe war halbflüssig, von schwach weinigem Geruch und schon über ein Jahr alt. Die optische Probe ergab zunächst, dass dieser Honig ein Linksdrehungsvermögen besitzt, welches wie das des Invertzuckers oder Linksfruchtzuckers mit der Tempe- ratur der Lösung veränderlich ist. Die Reductionsprobe zeigte, dass das Drehungsvermögen nicht ausschliesslich durch Invertzucker bewirkt sein konnte. Wiederholungen beider Proben nach dem Behandeln mit Säuren legten die Abwesenheit des Rohrzuckers dar. — Durch Reduetion wurden in diesem Honig 76,4, durch Gährung 72,1 Proc. Zucker gefunden. Die übrigen Resultate sind in nach- stehender Tabelle zusammengestellt. a) Zuckergehalt in Grammen in 100 CC. Lösung, aus den Reductionsversuchen berechnet. *) Rechtstraubenzucker und Linksfruchtzucker diffundiren mit gleicher Leichtigkeit durch Pergamentpapier und können daher durch Dialyse nicht getrennt werden. Hiermit verschwindet auch die Aussicht, die Dialyse für die Gewinnung von Rohr- zucker aus der Melasse nutzbar zu machen. Krt. über end Bienenhonig. 35 b) Berechnete Drehung der Polarisationsebene, welche eine Invertzuckerlösung von dem in a) gefundenen Gehalt im 251 Mm. langen Rohre bei 22° bewirken würde. c) Beobachtetes Drehungsvermögen der Lösung. ! d) Hieraus berechneter Gehalt an Invertzucker und an Rechtstraubenzucker. a. b. c. d. In 100 Theilen Invertz. Rechtstr. Invertz. Rechter 7,647 - 4,490 -2,02» 6,431 1,216 98,35 1,65 17,60 - 10,336« - 4,540 14,75 2,85 98,38 1,62 Der Cubahonig enthält also nach einjährigem Auf- bewahren etwas freien Rechtstraubenzucker. Der Grund dieser Erscheinung kann in einer partiellen Gährung lie- gen, die zuerst den Linksfruchtszucker ergreift. C. Heller H ei d hon ig. 6 bis 7 Monate alt und durch Aufbewahren der Waben in Papier vollständig er- halten. Der zum Versuch 1 war flüssig geblieben der zu 2 und 3 krystallisch erstarrt. — Der Honio- hielt 75 Proc. Invertzucker, weder Rohrzucker noch freien Rechtstraubenzucker. b. c. „ , , ,, Aus a berechnete Drehung Beobachtete Drehung Zuckergehalt 6 bei 190 ö , T .. vor und nach " C1 \ v der Losung vor und nach dem Beha ndeln mit Sauren dem Behaiid.mit Säuren. 13,51 Proc. - 8,30 : 8,67o _ 8>6 60 ^8J10 16,66 „ - 10,410 _ _ 10 ,240 9,84 „ - 6,050 _ 6> oio Es vermag demnach die Biene die Beschaffenheit des Zuckers, welchen sie zu Honig verarbeitet, nicht zu verändern, es sei denn, dass von den Bienen gesammelter Rohrzucker eine Inversion, d. h. eine Spaltung in Rechts- traubenzucker und Linksfruchtzucker erlitte. Im Uebri- gen häuft sie gesammelten Traubenzucker sowohl, wie gesammelten Invertzucker als solchen in den Zellen an. 3* 36 Kraut, 16. Notizen, d) lieber eine Verbindung des Eisenoxyds mit Magnesia, Vermischt man Lösungen von Bittersalz und Eisen- chlorid in dem Verhältniss, dass auf 6 At. MgO 1 At. Fe 2 O 3 vorhanden ist, giesst dieses Gemenge in über- schüssige kalte Kalilauge von 1,1 spec. Gewicht und kocht mehrere Stunden, so wird der anfangs braune Niederschlag völlig weiss und verräth seinen Gehalt an Eisenöxyd nicht mehr durch seine Farbe. Bei sehr concentrirter Kalilauge tritt die Farbenveränderung nicht ein, auch bei verdünn- ter Lauge nicht, wenn weniger als 6 At. MgO auf 1 At. Fe 2 O 3 vorhanden sind. — Der Niederschlag zeigte sich nach dem Auswaschen frei von Alkali, Chlor und Schwe- felsäure. Er färbt sich, wenn er im feuchten Zustande mit Schwefelammonium übergössen wird, anfangs gar nicht und erst nach 24 Stunden grün, während Magnesiahydrat, welches mit viel kleineren Mengen Eisenoxydhydrat ge- mengt ist, sofort schwarz wird. Kaltes und kochendes wässriges Ammoniak sind ohne Einfluss, Salmiak löst bei gelindem Erwärmen die Magnesia und lässt Eisen- oxydhydrat zurück, Schwefel wasserstoffwässer färbt sogleich schwarz. Der Niederschlag kann getrocknet werden, ohne seine Farbe zu verändern, selbst bei 120° erscheint er noch weiss. Er zieht mit gleicher oder vielleicht noch grösserer Begierde wie Magnesiahydrat Kohlensäure aus der Luft an, so dass es nicht gelungen ist ihn kohlen- säurefrei zu erhalten. Die feuchte, nicht die trockne Verbindung bräunt sich beim Ueberleiten von Kohlen- säure. Sein Wassergehalt entsprach bei 120° etwa der Formel Fe 2 3 , 6 MgO + 9 HO; bei 2100 ist erst die Hälfte des Wassers zugleich mit einem Theil der Kohlen- säure entwichen. Es ist möglich, dass diese Verbindung auf die Formel VI Fe 4 6 , 6 MgO + 6 MgO, HO zu be- ziehen ist, doch hat es uns nicht gelingen wollen, das nach dieser Formel als überschüssig anzusehende Wasser zu entfernen, bevor die Verbindung braun geworden war. — Kohlensaures Natron verhält sich dem Aetznatron ähnlich Notizen. 37 gegen Eisenoxyd-Magnesialösungen, doch färben sich die Niederschläge auch bei grösserem Gehalt an Magnesia (12 At. auf 1 At. Fe 2 3 ) mit Schwefelammonium sogleich schwarz. Die Thatsache, dass es nicht gelingt, Magnesia und Thonerde durch Kochen mit Kalilauge von einander zu trennen, könnte die Existenz einer ähnlichen Thonerde- Magnesiaverbindung vermuthen lassen *). b) Bestimmung de?* Phosphorsäure als phosphorsaures Wismuthoxyd, G. Chance 1 hat vor einigen Jahren zur Bestimmung der Phosphorsäure empfohlen, dieselbe mit saurem salpe- tersauren Wismuthoxyd aus schwefelsaure- und salzsäure- freien Lösungen auszufällen. Nach Versuchen, welche Herr H o 1 z b e r g er im hiesigen Laboratorium ausführte, ist diese Methode durchaus nicht geeignet genaue Kesultate zu liefern. Verfährt man genau nach Chancel, so mengt sich dem Niederschlage von phosphorsaurem Wismuthoxvd basisch-salpetersaures Salz bei, welches auch nach voll- ständigem Auswaschen im Niederschlage nachgewiesen wurde. Diese Beimengung findet sogar dann noch statt, wenn mit Wasser, welches 1,5 Proc. Salpetersäureanhy- drid hält, ausgewaschen wird. Dieses Wasser, oder solches, welches mehr Salpetersäure hält, löst aber schon etwas phosphorsaures Wismuthoxyd, so dass dasselbe nach Ent- fernung des überschüssigen Wismuths im Filtrat mit Magnesia nachgewiesen werden konnte. Bei 7 Versuchen wurden aus Lösungen, welchen 0,328 Grm. Bi0 3 ,P0 5 hätten liefern müssen, zwischen 0,324 und 0,345 Grm. schwankende Mengen erhalten, nur 1 Mal zeigte der Nie- derschlag das richtige Gewicht. Es war zum Auswaschen *) Diese Beobachtungen gewähren ein besonderes Interesse auch dadurch, dass bei dem Antidot um Arsenici der Hannover- schen Pharmakopoe und der Pharmac. boruss. ed. VII. ebenfalls Eisenoxydhydrat und Talkerde zusammentreffen und möglicher- weise eine Verbindung eiugehen, die gegen vorhandene arsenige Säure indifferent bleibt. H. Ludwig. 38 Kraut, stets Wasser mit l l fa Procent Salpetersäure benutzt. — Bei dieser Gelegenheit möge bemerkt werden, dass das basisch-salpetersaure Wismuthoxyd des Handels wieder- holt eisenhaltig gefunden wurde. c) Stassfurther Abraumsalz. Beim Auflösen dieses Salzes in Wasser bleibt ein geringfügiger krystallischer Rückstand, welcher durch Abschlämmen in Krystalle und Pulver gesondert werden kann. Die ersteren wurden als Anhydrit (nicht als Gyps) erkannt. Das Pulver war oder enthielt Stassfurthit, des- sen Menge nach der von mir früher angegebenen Methode zu 0,013 Proc. vom Abraumsalz bestimmt wurde. Die wässrige Lösung zeigte sich frei von Borsäure, Jod und Lithion ; Rubidium ist bereits von O. L. Erdmann im Abraumsalz nachgewiesen. Die Menge des Broms wurde zu 0,064 Proc. bestimmt. d) Essigsaures Ammoniak. Das neutrale Salz, durch Einleiten von Ammoniak in Eisessig von 1,066 spec. Gew. dargestellt, schmilzt bei 89°. Es hält 18,29 Proc. Stickstoff, der Formel C4H3(NH4)04 entsprechend (Rechnung 18,18 Proc. N). Neben Vitriolöl scheint es sich in das saure Salz zu verwandeln, wenig- stens nahm es in 9 Tagen um 9,1 Proc. an Gewicht ab, wobei Ammoniak fortging. — Das saure Salz wird auch, wie neuerdings Kündig (Ann. Pharm. 105, 277) wiederum bemerkte, beim Erhitzen des neutralen Salzes erhalten, es entweicht anfangs viel Ammoniak, dann geht zwischen 140 und 150° eine farblose Flüssigkeit über, die durch Einlegen eines Krystalls vom neutralen oder sauren Salz sofort erstarrt. 0,352 Grm. dieser unter 50° schmelzenden Krystall- masse, mit kohlensaurem Natron zerlegt, lieferten Ammo- niak, das 5,04 CC. Säure ( L/ 2000 At. im Liter) sättigte. 0,525 Grm. lieferten Ammoniak, das 8,03 CC. Säure sättigte. Notizen. 39 C* H3 (NH4) 04, C*H4 O* == 10,22 Proc. Stickstoff Gefunden 10,03 ; 10,71 Proc. Diese Bestimmungen sind von Herrn D. Uelsmann ausgeführt. e) Hippursäure. Die trockne Destillation der Hippursäure mit wasser- freien Basen (Kalk) verläuft in ähnlicher Weise, wie die Destillation der Hippursäure für sich, es werden Benzo- nitril und Ammoniak erhalten, wobei der Rückstand ver- kohlt. — Dagegen wird beim Destilliren von Hippursäure mit 3 Th. Barythydrat keine Kohle ausgeschieden, das Destillat hält Benzol, Ammoniak und viel Methylamin. Es wurde nach dem Neutralisiren mit Salzsäure vom Benzol befreit, mit Kalilauge destillirt und das wieder in Salz- säure aufgefangene Destillat in Platindoppelsalz verwan- delt. 20 Grm. Hippursäure lieferten etwa 1 Grm. salz- saures Methylamin - Platinchlorid. 0,5209 Grm. Platindoppels, lieferten 0,2173 Grm. = 41,7 Proc. Platin. 0,288 , „ .„ 0,1185 „ =41,6 „ 0,2023 „ , „ 0,0847 , =41,86 „ Rechnung für C2NH5, HCl,PtC12 = 41,68 Proc. Pt. Es ist schwer, sich von dem Vorgange, der zum Auf- treten von Benzonitril bei der trocknen Destillation der Hippursäure Veranlassung giebt, eine klare Vorstellung zu machen. Die bis auf 240 — 250° erhitzte Hippursäure hat kaum 7 Proc. an Gewicht verloren, der Verlust be- steht in Benzoesäure und Kohlensäure, Ammoniak wird erst gleichzeitig mit dem Benzonitril entwickelt. Unter- bricht man den Versuch zu diesem Zeitpuncte, so hält der Rückstand nur noch wenig Hippursäure und Benzoe- säure, aus der Lösung in kohlensaurem Natron fällt Salz- säure ein braunes amorphes Pulver. — Ich vermuthete, das Benzonitril der Hippursäure könne in Wahrheit C 16 NH 7 sein, oder von dieser Verbindung enthalten, mit welcher Formel es durch Austritt von 2 At. Wasser und 2 At. Kohlensäure aus der Hippursäure entstanden wäre. Da ich aber beim Zerlegen des so erhaltenen Benzönitrils mit weingeistigem Kali nur Ammoniak und durchaus kein 40 Kraut, Notizen. Methylamin erhielt, habe ich diese Ansicht aufgeben müs- sen. — Durch ähnliche Beziehungen geleitet hat W el tz i e n für das Hipparaffin von Schwarz die Formel 16 NH 9 O 2 , die sich von derjenigen der Hippursäure durch minus 2 At. Kohlensäure unterscheidet, aufgestellt. Aber Lim- p rieht (Lehrb., Braunschiu. 186.1, 894) fand die Formel von Schwarz bestätigt und entdeckte auch einen leicht schmelzbaren, in heissem Wasser löslichen Körper, der sich beim Einwirken von Schwefelsäure und Bleisuper- oxyd auf Hippursäure bei massiger Wärme bildet, und seiner Formel C 16 H 9 N0 4 gemäss als Ausgangspunct des HipparafFms (C 16 H 7 N0 2 ) betrachtet werden kann. Somit bleibt das eigentliche Benzoylmethylamin noch aufzufinden. f) Sebaminsäure. (Gmelin VII, 454.) Sie wird auch durch trockne Destillation des balb- sebacylsauren (neutralen) Ammoniaks erhalten. Man löst das anfangs farblos, später gelblich übergehende Destillat in wässrigem Ammoniak, filtrirt, fällt mit Salzsäure und krystallisirt aus kochendem Wasser um. — Krystallische, weisse Masse, die erst nach längerem Kochen mit concen- trirter Kalilauge Ammoniak entwickelt, aus kohlensaurem Kalk Kohlensäure austreibt und ein in Wasser wenig lösliches Kalksalz bildet. — Erhitzt man sebaminsaures Natron mit Chlorbenzoyl, so wird ausser Kochsalz ein durch Aether ausziehbares Oel erhalten, das nicht erstarrt, mit Kalihy- drat geschmolzen Ammoniak entwickelt, sich nicht in Was- ser, wässrigem Ammoniak und kohlensaurem Natron löst, sondern beim Waschen damit nur etwas freie Säure abgiebt. 0,268 Grm. der über Vitriolöl getrockneten Sebamin- säure gaben 0,5895 Grm. Kohlensäure und 0,2365 Grm. Wasser. — 0,146 Grm. gaben Ammoniak, das eine 0,01036 Grm. Stickstoff entsprechende Menge Säure sättigte. Gefunden. 20 C 120 59,70 59,98 N 14 6,97 7,09 19 H 19 9,45 9,81 6 48 23,88 C2«NH19 06 201 100,00. Feldhaus t über Bittermandelicasser. 41 g) Brenzliches Oel des Campliers. Unter diesem Namen ist von Bouillon-Lagrange ein Oel beschrieben, das er durch Destillation eines Gemenges von Thon mit Campher erhielt. Aus einem so bereiteten Product, das sich in der Sammlung des hiesigen Laboratoriums fand, Hess sich durch fractionirte Destillation, durch Erkälten des Destillates und Aussondern des erstarrten Theils einerseits viel Campher und anderer- seits Cymen isoliren. Das letztere wurde im Siedpunct, Verhalten gegen Salpetersäure und gegen Vitriolöl mit dem gewöhnlichen Cymen übereinstimmend gefunden. Das Oel ist demnach ein Gemenge von Cymen und un- zersetztem Campher. Ueber Bittermandelwasser; VOD Sigismiintl Feldbaus. Zu den Studien über das Bittermandelwasser, die in dem Aprilhefte des Archivs Aufnahme gefunden, trage ich Einiges nach, betreffend den Nachweis des Cyanam- moniums in dem Bittermandelwasser, die Bestimmung des Cyangehaltes in demselben und den Amygdalinge- halt verschiedener im Handel vorkommender bittern Man- deln. Scheidet man mit Kali oder Natron und Silber alles Cyan aus dem Bittermandelwasser ab, so darf man mit Sicherheit annehmen, dass hierdurch keine Ammoniak Ver- bindung gebildet worden ist. War eine Ammoniakverbin- dung zugegen, so ist das Ammonium an die verwendete Säure gebunden, in der vom Cyansilber abfiltrirten Flüssig- keit enthalten, aus welcher es durch Kochen mit Kali oder Natronlösung frei gemacht werden kann. Da aus Nitraten durch Kochen mit überschüssiger Alkalilösung kein Ammoniak gebildet wird, so ist die Verwendung von Silbersalpeter und Salpetersäure gestattet. Verfährt 42 Feldhaus, man nun in dieser Weise, fällt durch Natronhydrat, Silber- nitrat und Salpetersäure alles Cyan aus dem Bittermandel- wasser vollständig aus, concentrirt das Filtrat, wobei alles Benzaldehyd zu Benzoesäure oxydirt wird, und kocht mit überschüssigem Aetznatron, so erhält man starke Reactionen auf Ammoniak. — Durch Einleiten der Dämpfe in salz- säurehaltiges Wasser, Concentriren dieses chlorammonium- haltigen Wassers und Vermischen mit Platinchlorid unter Zusatz von Weingeist, wurde eine quantitative Bestim- mung vorgenommen. 100 Grm. ganz frisches Bittermandel- wasser gaben in dieser Weise 0,0522 Grm. H4NCI, PtCl 2 welches nach dem Glühen reines Platin zurückliess. Es ist hierdurch die Gegenwart von 0,0135 Grm. Cyan- ammoniura in den 100 Grm. Bittermandelwasser bestimmt nachgewiesen. Nach der früher mitgetheilten Ausführung enthält das Bit- termandelwasser wesentlich cyanwasserstoffsaures Benzalde- hyd, ausserdem freie Blausäure und freien Benzaldehyd, zu denen nun auch noch Cyanammonium kommt. Diese Be- standteile finden sich nicht in constantem Verhältnisse, sondern da die letztern Zersetzungsproducte der ersten Ver- bindung durch die Wärme sind, so müssen schon hierdurch, abgesehen von der mehr oder minder vollständigen Ver- dichtung, je nach der Dauer und der Höhe dieses Einflusses quantitative Verschiedenheiten auftreten, die' indess gewisse Grenzen nicht überschreiten können. Man darf annehmen, dass die Verbindung von Cyan- wasserstoff mit Benzaldehyd aus gleichen Aequivalenten besteht, und dass durch die Wärme auf ein Aequivalent Cyanwasserstoff auch ein Aequivalent Benzaldehyd frei wird. Dieser freie Benzaldehyd wird sich in dem Bitter- mandelwasser unverändert vorfinden bis auf einen kleinen Theil, der während der Destillation zu Benzoesäure oxydirt werden konnte. Der frei gewordene Cyanwasserstoff findet sich zum Theil in dem Destillate, ein Theil entweicht unverdichtet und ein Theil wird in Cyanammonium um- geändert. über Bittermandelwasser. 43 Nach genauen Cyanbestimmungen und unter Zu- grundelegung dieser Reactionen berechnen sich beispiels- weise für 100 Theile des Bittermandelwassers, welches zu der obigen Cyanammoniumbestimmung diente, folgende Zahlen : Cyanwasserstoffsaurer Benzaldehyd . . . 0,6848 Freier Cyanwasserstoff 0,0159 Cyanamraoniura 0,0135 Freier Benzaldehyd. 0,1186. Obgleich aus den angeführten Gründen diese Zahlen nicht auf jedes Bittermandel wasser Anwendung finden, so sind sie doch geeignet, ein Bild von der chemischen Natur »dieses Präparates zu geben. Eine Reihe von Thatsachen, deren Aufzählung hier zu weit führen würde, sprechen dafür, dass das Cyan- ammonium oder wenn man will, das freie Ammoniak im Bittermandelwasser die Verbindung des Benzaldehyd mit dem Cyanwasserstoff unter Abscheidung von in Wasser unlöslichen Substanzen zersetzt. Indifferent gegen den cyanwasserstoffsauren Benzaldehyd verhalten sich die neu- tralen Salze des Ammoniums mit Säuren, die stärker sind als die Cyanwasserstoffsäure. Man kann also nach der quantitativen Ermittelung des Ammoniums im Bitter- mandelwasser die Mengen Säure berechnen, welche das- selbe neutralisiren und damit die Quelle der spontanen milchigen Trübung wegnehmen müssen. 0,0135 Cyanammonium werden zerlegt durch 0,0123 S03; 0,0162 NO; 0,0110 HCl etc. — Für 1000 Bitter- mandelwasser bedarf man hiernach etwa 1 Acid. sidf. dilut., 2 / 3 Acid. nitric, */ 2 Acid. hydrochlorat. oder: 1 Tropfen verdünnte Schwefelsäure für 2 Unz. Mandelwasser 1 „ officinelle Salpetersäure für 3 „ „ 1 „ „ Salzsäure für 4 „ „ Diese kleinen Mengen Säuren, gleich nach der Destilla- tion dem Bitterraandelwasser zugesetzt, reichen in der That aus, dasselbe vollkommen klar und unzersetzt zu 44 Feldhaus erhalten, sogar in der starken Verdünnung als Aq. cerasor, anii/gdalata. — Da der cyanwasserstoffsaure Benzaldehyd von Silber- nitrat bei gewöhnlicher Temperatur nicht verändert wird, so rauss derselbe, um das Cyan an Silber zu binden, vor- ab durch Kali oder Ammoniak zersetzt werden. Aus der schwachen Basicität des Benzaldehyds scheint der Schluss gerechtfertigt, dass ein Aequivalent Kali oder Ammoniak zur vollständigen Zersetzung ausreichend wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall und da durch dies Ver- halten bei der Prüfung des Bittermandelwassers leicht Irrungen entstehen können, so erscheint ein näheres Ein- gehen hierauf nicht überflüssig. Für 0,150 Grm. HCy, die in 100 Grm. Bittermandel- wasser durchschnittlich vorausgesetzt werden dürfen, er- giebt sich aus den Aequivalentgewichten 0,0945 Grm. IPN, 0,2622 Grm. KO und 0,9444 Grm. AgO,N0 5 , in runden Zahlen demnach: 100 Grm. Bittermandelwasser 1 „ Silbernitrat 1 CG. lOprocentige Ammoniaklösung 2,5 CC. lOprocentige Kalilösung. Versetzt man Bittermandelwasser mit einem Aequi- valent Kali, so entsteht Cyankalium und freier Benzalde- hyd. Nach dem Ansäuern mit Salpetersäure erhält man eine starke Ausscheidung von Cyansilber, aber es ist bei weitem noch nicht alles im Bittermandelwasser enthaltene Cyan durch Silber fällbar geworden. Da Cyanwasser- stoff und Benzaldehyd sich auf directem Wege nicht ver- einigen, so geht hieraus bestimmt hervor, dass durch ein Aequivalent Kali ein Aequivalent cyanwasserstoff- saurer Benzaldehyd nicht zerlegt wird. Sogar nach dem Vermischen mit 10 bis 15 Aequivalenten Kali ist nach Ansäuern mit Salpetersäure noch eine kleine, aber nicht ganz unbedeutende Menge Cyan in dem Bittermandelwasser zugegen, welches durch Silberlösung nicht ausgefällt wurde. Genau wie das Kali verhält sich das Ammoniak. — Da über Bittermandelwasser. 45 eine längere Einwirkung von überschüssigem Kali und besonders von Ammoniak Zersetzungen im Bittermandel- wasser hervorruft, so darf man die vollständige Zerlegung des cyanwasserstoffsauren Benzaldehyds durch eine längere Einwirkung von Kali oder Ammoniak nicht versuchen. Es kann mithin der Cyangehalt des Bittermandel- wassers nicht in der Weise ermittelt werden, dass man erst Kali oder Ammoniak im Ueberschuss, dann Salpeter- säure und darauf Silberlösung zusetzt. Anders gestaltet sich dieser Vorgang, wenn man Silbernitrat zu der alkalischen Flüssigkeit hinzufügt und darnach erst mit Salpetersäure ansäuert. Es tritt jetzt die Unlöslichkeit des Silbercyanids, so wie dessen grosse Neigung, mit Cyanalkalimetallen leicht lösliche Doppelver- bindungen einzugehen, mit ins Spiel, so dass durch eine viel geringere Menge Alkali als eben angeführt, eine vollständige Zersetzung des cyanwasserstoffsauren Benz- aldehyds erreicht wird. Rose sagt über diese Prüfungsweise, Handbuch der analyt. Chemie, Bd. 1. Seite 679 : um die ganze Menge Blausäure im Bittermandelwasser in Cyansilber zu ver- wandeln, muss man dem zu prüfenden Wasser, nachdem man salpetersaure Silberoxydlösung hinzugefügt hat, etwas Ammoniak zusetzen, wodurch die unbedeutende Trübung des sich ausscheidenden Cyansilbers verschwindet. Nach dem Uebersättigen mit Salpetersäure erhält man alle Cyanwasserstoffsäure als Cyansilber ausgeschieden. — Die Ermittelung der Menge Ammoniaklösung, welche zur vollständigen Abtrennung des Cyans erforderlich ist, schien mir nicht unwichtig zu sein, ebenso die Unter- suchung, ob ein so grosser Ueberschuss von Ammoniak, welcher erforderlich ist, um das im Anfang ausscheidende Cyansilber wieder in Lösung zu bringen, auf die Menge des zu wägenden Niederschlags ohne Einfluss bleibt. Das Kali ist zum Ausfällen des Cyans mittelst Silber nicht so gut geeignet, weil es aus Silbersalzen Silberoxyd ausfällt, welches von dem Cyansilber nur durch längere 46 Feldhaus } gelinde Digestion mit verdünnter Salpetersäure vollständig getrennt werden kann. — Setzt man zu Bittermandel- wasser, worin man Silbernitrat aufgelöst hat, allmälig sehr verdünnte Kalilösung, so entsteht erst dann eine braune Färbung von Silberoxyd, wenn ein Aequivalent Kali zu- gesetzt ist. Dieser Punct ist so deutlich, dass sich dar- auf eine maassanalytische Methode gründen liesse, wenn dieselbe nicht durch die vorzügliche Liebig'sche durchaus überflüssig wäre. — Eine vollständige Ausfällung des Cyans durch Silber und Kali ist nach meiner Erfahrung ohne gleichzeitige Ausscheidung von Silberoxyd nicht thunlich, und aus diesem Grunde ist es viel zweckmässiger sich des Ammoniaks dabei zu bedienen. Vermischt man Bittermandelwasser, dem man ein Aequivalent Silbernitrat zugesetzt hat, mit einem Aequi- valent Ammoniaklösung, so scheidet sofort viel Cyansilber aus und die Flüssigkeit reagirt deutlich alkalisch, ein Beweis, dass noch freies Ammoniak zugegen ist. Setzt man jetzt Salpetersäure zu, so hat man im Filtrat noch cyanwasserstoffsauren Benzaldehyd neben salpetersaurem Silberoxyd. Die Menge des nicht ausgefällten Cyans ist in diesem Falle jedoch viel geringer, als wenn man bei gleichen Mengen das Silber nach der Ansäuerung mit Salpetersäure zugesetzt hat. — Es wurde nun durch Versuche ermittelt, dass zwei Aequivalente Ammoniak- lösung zu der vollständigen Ausscheidung des Cyans aus- reichen. Die Zersetzung ist augenblicklich, und der Ver- such erfordert nicht so viel Zeit, dass man eine Neben- wirkung des Ammoniaks zu befürchten hätte. Das Cyan- silber scheidet sich fast vollständig aus, noch ehe man einen Tropfen Säure zusetzt. Um das ausgeschiedene Cyan- silber durch Ammoniak in Lösung zu bringen, bedarf man eines sehr grossen Ueberschusses und es gelingt auch, durch eine grosse Menge Ammoniaklösung nicht einmal eine ganz klare Lösung zu erhalten. Eine ziemlich klare Flüssigkeit bekommt man, wenn man zu dem Bitter- mandelwasser zuerst eine grosse Menge Ammoniaklösung Über Bittermandelwasser. 47 und dann ein Aequivalent Silbernitrat zusetzt, jedoch auch hierin zeigt sich sehr bald eine Trübung durch kleine flimmernde Körper. In dem so eben erörterten Verhalten des Bitter- mandelwassers und des Cyansilbers gegen Ammoniak- lösung ist der Grund zu der unter den Pharmaceuten viel verbreiteten Meinung zu suchen, dass die Fällungsmethode keine genauen und übereinstimmenden Resultate gebe. Ehe ich Zahlen mittheile, die aus Fällungen unter verschiedenen Verhältnissen erhalten wurden, erlaube ich mir zwei Bemerkungen vorauszuschicken. Um sicher zu gehen, dass man alles Cyan als Cyansilber zur Wägung bringt, prüfe man einige Tropfen der abriltrirten Flüssig- keit mit Salzsäure, ob ein geringer Ueberschuss von Silbernitrat zugegen ist. Eine etwas grössere Menge, die Silbernitrat enthält, macht man mit Ammoniak stark alkalisch und dann mit Salpetersäure wieder sauer, es darf keine Trübung entstehen, sonst war nicht alles cyan- wasserstoffsaure Benzaldehyd zersetzt. Beide Proben sollte man nie unterlassen. — Die Wägung des Cyan- silbers kann nur auf vorher trocken gewogenen Filtern geschehen, da eine anscheinend vollständige Trennung niemals ein genaues Resultat giebt. Dass man grossen Fehlern ausgesetzt ist, wenn man zwei gleich grosse Filter ohne Weiteres für gleich schwer nimmt, bedarf wohl kaum der Erwägung. Der Bequemlichkeit halber sucht man häutig die Menge Blausäure aus dem Cyansilber durch Division mit 5 zu berechnen, indess ist dies nicht genau, da AgCylo-1 und HCy27 ist. Bei den nachfolgenden Versuchen waren die Filtra aus schwedischem Papier trocken gewogen, die Nieder- schläge mit den Filtern bei 100 — HOC. völlig ausge- trocknet und nach dem Erkalten neben Schwefelsäure zwischen Uhrgläsern gewogen. Das Silbernitrat wurde in tiltrirter Lösung zugesetzt, die auf 10 CC. 1 Grm. Silbersalpeter enthielt. Die Ammoniaklösung war chlor- frei, spec. Gewicht 0,960. Salpetersäure wurde bis zur 48 Feldhaus, deutlich sauren Reaction zugesetzt, grosser Ueberschuss vermieden. Das Auswaschen der Niederschläge wurde so lange fortgesetzt, als im Waschwasser noch eine Spur Silber aufzufinden war. Das Bittermandelwasser, welches zu diesen Versuchen diente, war so klar und hell wie chemisch reines Wasser. 1) 100 Grm. Bittermandelwasser, 1,3 Grm. Silbernitrat, dann 2 CC. Ammoniaklösung, darnach Salpetersäure im geringen Ueberschuss, wie bei allen Versuchen. 2) 100 Grm. Bittermandelwasser, 2 CC. Ammoniaklösung, dann 1,3 Grm. Silbernitrat. 3) 100 Grm. Bittermandelwasser, 10 CC. Ammoniaklösung, dann 1,3 Grm. Silbernitrat. 4) 100 Grm. Bittermandelwasser, 1,3 Grm. Silbernitrat, dann 20 CC. Ammmoniaklösung. 5) 100 Grm. Bittermandelwasser, 2 CC. Ammoniaklösung, dann 5 Grm. Silbernitrat. Das Filtrat aus dem letzten Versuch gab nach dem Verdünnen mit Wasser und Zusatz von Ammoniak, bei der Ansäuerung mit Salpetersäure eine deutliche Trübung. Ich stelle die Resultate der Wägungen zusammen und füge die Berechnung auf Cyanwasserstoff hinzu, wobei vorausgesetzt worden, dass die Niederschläge AgCy waren. 1. a) 0,8103 AgCy — 0,1633 HCy b) 0,8095 n 33 0,1631 n o) 0,8082 r> =■ 0,1628 n 2. 0,8075 n — 0,1624 n 3. a) 0,8190 n = 0,1650 » V) 0,8152 n = 0,1642 V 4. a) 0,8215 n — 0,1655 » h) 0,8430 n 3=5 0,1698 n 5. 0,7076 n — 0,1427 n über Blttermaiulelwasser. 49 Die Versuche 1 und 2 stimmen so gut überein, dass es gleichgültig ist, ob zuerst Silbernitrat oder Ammoniak zugesetzt wird, ich halte diese Resultate für die richtigen. Aus den Versuchen 3 und 4 geht hervor, dass ein grosser Ueberschuss von Ammoniak die Menge des Nieder- schlags vermehrt, entweder durch hartnäckig vom Cyan- silber zurückgehaltenes Ammoniak, oder durch die un- löslichen Verbindungen die aus Ammoniak und Benzalde- hyd leicht entstehen. Im Versuch 5 wäre der Ausfall an Silbercyanid wohl nicht so gross gewesen, wenn die Ammoniaklösung im Verhältniss zum Silbernitrat vermehrt worden wäre, der Versuch zeigt aber, dass man auch nicht beliebig viel Silbernitrat zusetzen darf, obgleich ein ge- ringer nothwendiger Ueberschuss nicht schadet. Aus diesen und vielen andern Versuchen habe ich die Ueber- zeugung gewonnen, dass die quantitative Bestimmung des Cyans im Bittermandelwasser durch Fällung mit Silber sicher und genau ausgeführt werden kann, wenn man von den in den Versuchen 1 und 2 angewendeten Mengen nicht zu weit abweicht. Indess beanspruchen genaue Bestimmungen wegen des Trocknens der Filter und der Niederschläge, welche hartnäckig die letzten Spuren Wasser festhalten, viel Zeit und Mühe. Da in der leichten und raschen Ausführbarkeit die Titrirbe- stimmungen grosse Vorzüge besitzen, so war eine Ver- gleichung der beiden Methoden bei dem Bittermandel- wasser von Interesse. Die Liebig'sche Titrirmethode beruht bekanntlich dar- auf, dass in Cyankaliumlösung durch Silbersalz zunächst nur das leicht lösliche Cyansilberkalium entsteht und dass diese Verbindung durch weitern Zusatz von Silber- salz unter Abscheidung von Cyansilber zersetzt wird. Aelteres Bittermandelwasser, dessen Cyanammonium nicht durch Säure zersetzt worden, ist fast ohne Aus- nahme so milchig, dass die erste geringe Ausscheidung von Silbercyanid darin nicht gut bemerkt werden kann. Dieser Uebelstand tritt bei dem gleich nach der Berei- Arch. d. Pharm. CLXVI.Bds.l. Hft 4 50 Feldhaus } tung mit etwas Säure versetzten Bittermandelwasser nie ein, da es völlig frei von dem milchigen Aussehen bleibt. Die erste Ausscheidung des Cyansilbers, welche die Been- digung des maassanalytischen Versuches anzeigt, beob- achtet man am besten in einer verdünnten ganz klaren und wasserhellen Lösung des krystallisirten K Cy, Ag Cy, durch 1 oder 2 Tropfen 1 j 10 Normal - Silberlösung. Es ist nur eine Opalisirung der Flüssigkeit, die aber nicht wieder verschwindet, weder durch längeres Stehen noch durch Erwärmen. In dem mit Kali versetzten Bitter- mandelwasser entsteht diese Opalisirung und verschwindet nach mehren Stunden wieder, rascher beim Erwärmen. Es ist klar, dass in einer Flüssigkeit die nur noch ein Minimum von KCy enthält, dieses nicht momentan das an andern Stellen ausgeschiedene AgCy auflösen kann. Man compensirt diesen Umstand dadurch, dass man bei diesen Prüfungen so viel Silbernitrat zusetzt, dass eine deutliche Ausscheidung von Cyansilber eintritt. Ueber die Menge Kali, welches dem Bittermandelwasser zuzu- setzen ist, finde ich keine Angabe. Mit einem Aequi- valent Kali ist der Versuch nicht zu Ende zu führen, aber zwei Aequivalente reichen vollständig aus, auch schadet ein ziemlich grosser Ueberschuss von Kali bei stark verdünnter Lösung nichts. Stark alkalische fertig- titrirte Flüssigkeiten bräunen oder schwärzen sich durch den reducirenden Einfluss des freien Benzaldehyds nach einiger Zeit. Auf 54 Grm. Bittermandelwasser nimmt man deshalb etwa 2 — 3 C.C. lOprocentige Kalilösung oder etwa 1 2 Grm. geschmolzenes Kalihydrat. Eine Verdünnung mit ungefähr 200 C.C. Wasser ist durchaus zu empfeh- len. Auf dunklem Grunde kann man dann das erste Auftreten des Opalisirens ausgezeichnet scharf beobach- ten und die Uebereinstimmung verschiedener Versuche hängt nur von dem aufmerksamen Experimentiren ab. Ich führe ein paar Titrirungen an, die mit demselben Bitter- mandelwasser, dessen Cyangehalt in den oben mitgetheilten über Bittermandelwasser. 51 Wägungen zu 0,163 Proc. Cyanwasserstoff gefunden wor- den, angestellt sind. 54 Gramm Bittermandelwasser, 0,35 Gramm geschmolzenes Kalihydrat, 200 CC. Wasser, 16,4 CC. J 10 N- Silberlösung = 0,164 Proc. HCy. 54 Gramm Bittermandel wasser, 0,5 Gramm Kalihydrat, 200 CC. Wasser, 16.3 CC. Vie N- Silberlösung = 0,163 Proc. HCy. 54 Gramm Bittermandelwasser, 1 Gramm Kalihydrat, 200 CC. Wasser, 16.4 CC. i/ l0 N- Silberlösung = 0,164 Proc. HCy. Ich empfehle es, die fertigtitriten Flüssigkeiten einige Stunden stehen zu lassen, ob etwa die geringe Menge des ausgeschiedenen Cyansilbers noch wieder klar auf- gelöst wird. Es handelt sich hierbei allerdings nur um wenige Cubikmillimeter der Probeflüssigkeit. — Man sieht, dass durch die Maassanalyse ebenso wie bei der freien Blausäure, so auch beim Bittermandelwasser der Cyan- gehalt sicher und sehr genau gefunden werden kann. Ich nehme die Aeusserung, dass die Titrirungen mit sorg- fältig ausgeführten Wägungen nicht übereinstimmten, zu- rück, sie hatte ihren Grund in einem kleinen Irrthum, der mit der Probeflüssigkeit begangen worden, und der erst später entdeckt wurde. Im Handel kommen verschiedene Sorten bittere Man- deln vor, die sich äusserlich besonders durch ihre Grösse unterscheiden. Die kleinen sind als Amygd. amar. bar- baric.j die grossen als sicUian. oder provincial. bekannt. Ausserdem wird jetzt eine Teneriffa- Sorte angeboten, die aus. ganz ungleich grossen Samen besteht.' Ueber den Amygdalingehalt dieser verschiedenen Sorten fehlt es an genauen Angaben und einen grossen Werth haben darauf gerichtete Untersuchungen allerdings nicht. Es geht mit dieser Drogue wie mit den Chinarinden und anderen, 4* 52 Feldhaus, sie sind keine chemische Präparate, sondern ihre Be- schaffenheit unterliegt wechselnden Einflüssen. Doch wird eine gewisse Beständigkeit vorausgesetzt werden können. — Der directen Bestimmung des Amygdalins steht die Schwierigkeit, wo nicht die Unausführbarkeit der Rein- darstellung ohne Verlust entgegen. Leichter und jeden- falls von ausreichend praktischem Nutzen sind Cyanbestinv- mungen, die ich in folgender Weise ausgeführt habe. 500 Grm. bittere Mandeln wurden möglichst vom Oel befreit, und der fünfte Theil des feingepulverten Rückstandes mit 400 CC. Wasser 24 Stunden macerirt und dann aus Glasgefässen durch hineingeleiteten Dampf destillirt, mit der Vorkehrung, dass der unverdichtet entweichende Cyan- wasserstoffin ammoniakhaltig. Wasser aufgenommen wurde. Unter den oben angegebenen Cautelen wurde dann alles Cyan an Silber gebunden, und aus dem gewogenen Oyan- silber der Amygdalingehalt berechnet, unter der Annahme, dass ein Aequivalent Amygdalin ein Aequivalent Cyan gebe. 1. Amygdal. amar. sicil. 100 Stück, etwa 50 Grm. schwer, fast kein Bruch; 100 Grm. gaben 0,8745 Grm. AgCy — 3,307 Grm. Amygdalin. 2. Amygdal. amar. Teneriffa. 100 Stück, etwa 38 bis 40 Grm. schwer, sehr ungleich gross und viel Bruch. 100 Grm. gaben 0,7740 Grm. AgCy == 2,773 Grm. Amygdalin. 3. Amygdal. amar. barbaric. 100 Stück, etwa 25 Grm. wiegend, gleichmässig gross, ohne Bruch. 100 Grm. gaben 0,8165 Grm. AgCy ==? 3,004 Grm. Amygdalin Nach Liebig geben bittere Mandeln 1,5 Proc, nach Bette 2,8 Procent Amygdalin, die obigen Ergebnisse stimmen mit der letzten Angabe sehr gut überein. Ein Versuch zur directen Amygdalinbestimmung wurde in folgender Weise ausgeführt. Die von Oel befreiten fein gepulverten Mandeln wurden in siedendes Wasser eingetragen und etwa 10 Minuten gekocht. Diese über Bittermandelwasser. 53 Lösung wurde der Dialyse unterworfen, nach den An- gaben von Graham, Fresenius' Zeitschrift, Seite 269. Nach 24 Stunden wurde die klare amygdalinhaltige Flüs- sigkeit zur Trockne abgedampft, mit 80procentigem Wein- geist ausgekocht, dieser verdunstet und der Rückstand neben Schwefelsäure ausgetrocknet. 13 Grm. sicilianische Mandeln gaben 0,4585 Grm. Amygdalin = 3,44 Proc, welches Spuren von Krystallisation zeigte, aber wohl noch nicht ganz rein war. Da ich nur diesen einen Versuch mit einem kleinen improvisirten Dialysator an- gestellt habe, so kann ich nicht sagen, ob die Ueberein- stimmung mit der Cyanbestimmung nur eine zufällige ist. Jedenfalls ist dieses Resultat sehr ermunternd für weitere in grösserem Maassstabe auszuführende Versuche. Hinsichtlich der Aq. amygd. amar. bin ich der Pharm, bor. VII. gegenüber, die bekanntlich in 720 Theilen einen Theil Cyanwasserstoff verlangt, der Ansicht, dass man stärkere Destillate mit Wasser, welches l / 6 Alko- hol enthält, bis zu diesem Punct verdünnen, dann aber durch Zerlegung des Oyanammoniums mittelst entsprechend wenig Mineralsäure die freiwillige Zersetzung des Präpa- rats verhindern muss. Ich nenne es eine Absurdität, wenn eingeworfen wird, der Zusatz dieser Säure sei aus dem Grunde unstatthaft, weil ihn die Pharmakopoe nicht vor- schreibt. Wenn es der Mühe lohnte, wäre es leicht, dieser sonderbaren Scrupulosität die Unwesentlichkeit nachzuweisen *). *) Der Zusatz von Spuren verdünnter Schwefelsäure in den weiter oben angegebenen Verhältnissen (1 Tropfen verdünnte Schwefel- säure auf 2 Unzen Bittermandelwasser) hat durchaus nichts Be- denkliches, sobald er mit Zustimmung der das Bittermandel- wasser verordnenden Aerzte geschieht. H.Ludwig. 54 Stein, Weitere Notizen über das Melin und seine Umwandlung in Meletin; von W. Stein*). In meiner letzten Arbeit **) über das Melin habe ich nachgewiesen, dass dasselbe nicht identisch mit Querci- melin ist, wie Hlasiwetz behauptet hatte, sondern sich im vollkommen trocknen Zustande von letzterem durch ein Mehr von Wasserelementen unterscheidet. Ich sprach zugleich die Vermuthung aus, dass die Beziehungen zwi- schen der Zusammensetzung des Meletins und der beiden genannten Körper, sobald die Analysen des ersteren un- zweifelhaft festgestellt seien, sich durch ein Hinzutreten der Elemente der Ameisensäure zu den Elementen des Melins und Quercimelins unter Austritt von den Elementen des Wassers veranschaulichen lassen. Auf die Bemerkungen, zu welchen meine Arbeit Herrn Prof. Hlasiwetz veranlasst hat, näher einzugehen, glaube ich unterlassen zu dürfen. Ich spreche nur das Bedauern aus, dass er meine gewiss schonende Wider- legung seiner Ansichten nicht richtiger zu würdigen wusste. Wichtiger ist es, dass unabhängig, aber mit mir zu gleicher Zeit, die Herren Zw enger und Dronke über denselben Gegenstand gearbeitet haben, und, was das Thatsächliche betrifft, zu denselben Resultaten gelangt sind wie ich***). Nur unsere Interpretationen der gewon- nenen Resultate weichen von einander ab. Sie haben sogar, was mir zu meinem Bedauern früher entgangen ist, schon vorher einen werthvollen Beleg für den von mir aufgestellten Satz geliefert, dass es eine Gruppe von natürlich vorkommenden gelben Farb- stoffen gebe, welche unter einander in ähnlichen Be- *) Vom Herrn Verfasser als Separatabdruck eingesandt. Ludwig. **) Journ. für prakt. Chemie. LXXXV, 351 und Programm der polyt. Schule zu Dresden 1862. Vgl. d. Arch. d. Ph. Bd. CLXII, 97. ***) Ann. d. Chem. u. Pharm. CXX11I, 145. über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. 55 Ziehungen stehen wie die verschiedenen Zuckerarten. Das von ihnen entdeckte Robinin *) steht nämlich zwischen Melin und Quercimelin, indem es mehr Wasserelemente als letzteres und weniger als ersteres enthält, mitten inne. Nach ihnen hat: Melin die Formel Q^YL^O^ Robinin C5°H30()32 Quercimelin O^R^O™. Ich erlaube mir daher, ihnen vorzuschlagen, dass sie demselben den Namen Robinimelin oder, weil es aus den Blüthen gewonnen wird, Anthomelin geben möchten. Der Körper, den ich in den Blüthen von Cornus mascula beobachtet und seinen Reactionen nach für Melin gehalten habe, ist möglicher Weise nichts anderes als Robinin. Leicht möglich, dass eine weitere Verschiedenheit dieser Verbindungen in der verschiedenen Gruppirung der Atome liegt, und die eine mehr, die andere weniger Saccharid enthält, worauf Zw enger und Dronke in ihrer Arbeit Rücksicht nehmen. Ich glaube jedoch, dass dies vorläufig noch nicht bewiesen ist, da ich bei gleicher Arbeit mit demselben Material sehr verschiedene Mengen von Meletin erhalten habe. Indessen giebt doch die hier- über von Rochleder, der auf diesem Gebiete der For- schung Meister ist, abgegebene Meinung der Erscheinung ein grösseres Gewicht. Vergleicht man die Formeln, welche Zw enger und Dronke dem Melin und Quercimelin gegeben haben, mit der von ihnen für das Meletin angenommenen, so ergiebt sich, dass zwischen beiden die von mir hervorgehobene Beziehung vorhanden ist. Denn fügt man zu: C50H32O34 = Melin die Elemente v. Ameisensäure 213 S- C52H33Q37 und zieht hiervon ab 13 13 = 13 At. Wasser, so bleiben C52H20O24, *) Ann. d. Chem. ü. Pharm. Suppl. I. 257. 56 Stein, d.i. zwei Atome Meletin nach der Formel C 26 H 1( >0 12 , die es von den genannten Herren erhalten hat. Was man auch gegen die von mir zur Veranschau- lichung der Beziehungen zwischen Meletin und einigen anderen Körpern angenommene Ansicht einzuwenden haben möchte, man wird ihr die aus den Resultaten der Ana- lyse ungezwungen hervorgehende Berechtigung und die Uebersichtlichkeit nicht bestreiten können, auch wenn man nicht zugeben will, dass zugleich die Entstehungs- weise des Meletius durch sie angedeutet werde. Diese Beziehungen sind sogar hervorgetreten, ungeachtet die Herren Zw enger und Dronke den fraglichen Verbin- dungen ganz andere Formeln beilegen als ich. In den verschiedenen Formeln liegt überhaupt der einzige Diffe- renzpunct, der noch zu entscheiden übrig bleibt, und zwar fragt es sich, ob im Melin und Quercimelin Sauer- stoff und Wasserstoff zu gleichen Atomen, und wie viel Kohlenstoffatome in diesem und dem Meletin angenom- men werden müssen. Die erste Frage lässt sich aus den Elementaranalysen beantworten, und ihre Beantwortung ist, wie mich dünkt, nicht schwer. Die zweite muss aus den relativen Mengen der Spaltungsproducte beantwortet werden und ist schwieriger. Die Beantwortung der ersten Frage erscheint mir leicht, weil es nur gilt, das Verhältniss zwischen Wasser- stoff und Sauerstoff zu prüfen, wie es die vielen vorhande- nen Analysen nachweisen. Man kann und muss dies vor allen Dingen ohne Rücksicht darauf thun, dass aus dem Melin das sauerstoffreichere Meletin durch Spaltung entsteht. Wollte man dies nicht thun, so würde man der Speculation ein grösseres Recht einräumen als den Thatsachen, was doch offenbar unstatthaft wäre. Aus den Mittelzahlen der vorhandenen Analysen er- geben sich nun die folgenden Verhältnisszahlen: Bornträger. Rochleder und Hlasiwetz. H 5,54 : O 44,16 H 5,70 : O 44,15 = 1 : 7,971. = 1 : 7,745. über das .Velin und seine Umwandlung in Meletin. 57 Stein (1853). Stein (1862). H 5,545 : O 43,608 H 5,65 : O 44,39 = 1 : 7,864 = 1 : 7,856. Zwenger und Dronke Zwenger und Dronke (ans Raute). (aus Cappern). H 5,52 : O 45,04 H 5,425 : O 45,005 = 1 : 8,158. = 1 ; 8,295. Man könnte glauben, die früher analysirten Producte von grünlicher Farbe seien sauerstoffärmer gewesen in Folge einer Beimengung von Phytochlor. Wäre dies aber die wahre Ursache des Sauerstoffverhältnisses, dann müssten sie nothwendig auch einen höheren Wasserstoff- gehalt zeigen, und es müsste das im Jahre 1862 von mir analysirte Product, was auf das vollkommenste gereinigt war, doch eine markirte Verschiedenheit zeigen. Um indessen hierüber alle Zweifel zu beseitigen, stellte ich nochmals nicht weniger als l j 2 Pfund Melin aus chinesischen Gelbbeeren dar, löste das rohe Product in Weingeist und fällte es mit Bleiessig in fünf Portionen aus. Den dritten Bleiniederschlag zersetzte ich mit Schwefelwasserstoff und analysirte das durch Ausziehen des Schwefelbleis mit Alkohol erhaltene und durch Wasser ausgefällte, rein gelbe Product. 0,218 hinterliessen keine Asche und lieferten 0,400 Kohlensäure = 0,109090 C, 0,111 Wasser = 0,012333 H; in 100 Theilen: C 50,041 H 5,657 O 44,302 H : O == 1 : 7,831. Da diese Analyse mit dem Mittel meiner Analysen von 1862 vollkommen übereinstimmt, so ist dadurch der Beweis geliefert, dass ich in beiden Fällen reines Material unter den Händen hatte, und ich glaubte von weiteren Analysen absehen zu dürfen. Zugleich beweisen die Resultate aber auch, dass die Zahl der Sauerstoffatome 58 Stein, im Melin nicht grösser sein kann als die der Wasser- stoffatome. Die von mir wiederholt gefundenen Verhältnisse stehen in Uebereinstimmung mit allen übrigen, nur die von Zwenger und Dronke weichen davon ab, indem sie ein grösseres Sauerstoffverhältniss nachweisen. Ich glaube indessen für die Abweichung die Erklärung geben zu können. Um zu ermitteln, ob es vielleicht möglich sei, die Elemente der Ameisensäure dem Melin direct einzuver- leiben und es dadurch in Meletin überzuführen, stellte ich eine grosse Zahl verschieden abgeänderter Versuche an, ohne indessen mit Sicherheit zu dem erwarteten Resultate zu gelangen. Ich machte dabei die Beobach- tung, dass die Ameisensäure bei sehr kurzdauernder Berührung schon das Melin spaltet. Zum Beweise dessen führe ich die Resultate eines Versuches an, wo ich in concentrirter wässeriger Ameisensäure Melin kochend löste, das beim Erkalten wieder Abgeschiedene nach vollstän- digem Auswaschen der Säure in Alkohol löste und diese Lösung in verschiedenen Portionen mit Wasser fällte. Die Analysen der verschiedenen Producte führe ich unter 1, 2 und 3 an, ohne damit die Reihenfolge ihrer Aus- scheidung zu bezeichnen, auf die ich nicht geachtet habe. 1) 0,250. — Asche 0,00025. Kohlensäure 0,4495 — 0,1225908 C. Wasser 0,107 = 0,01188 H. 2) 0,273. — Asche 0,0005. Kohlensäure 0,520 = 0,141818 C. Wasser 0,117 = 0,01300 H. 3) 0,101. — Asche 0,00075. Kohlensäure 0,2175= 0,059316 C. Wasser 0,037 == 0,004111 1 In 100 Theilen: 1. 2. 3. C 49,085 52,043 59,168 H 4,760 4,770 4,100 46,155 43,187 36,732 über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. 59 Vergleicht man das Verhältniss des Wasserstoffs zum Sauerstoff in diesen Analysen mit dem wie es das Meletin zeigt, so stellt es sich wie 1 : 9 ; also mit letzterem gleich dar, und man könnte wohl annehmen, es seien alle drei Producte Meletin, 1 und 2 aber mit einem grösseren Wassergehalt, der bei 110° nicht entfernbar ist. Indessen erfordert dies doch noch weitere Versuche, von denen ich vorläufig absehen muss. Bei höherer Temperatur in geschlossenen Röhren, wie später angeführt werden wird, wirkt die Ameisen- säure wie Schwefelsäure. 1 Grm. Melin mit 60 Tropfen wässeriger Ameisensäure auf 110° erhitzt, lieferte nach Abzug des Ulmins 0,462 Meletin. Die Ameisensäure besitzt überdies in bemerkbarer Weise das Vermögen, die Löslichkeit des Melins in Wasser zu vermehren und es in eine in Wasser lösliche, im Ver- halten dem Farbstoffe des Strohes und der gelben Blätter ähnelnde Substanz zu verwandeln. Es erinnert dies an die Umwandlung des krystallisirbaren Zuckers in Schleim- zucker, und man könnte das so veränderte Product „Schleimmelin" nennen. Analog der Ameisensäure, nur schwächer, wirkt die Essigsäure, wie die folgenden Analysen 1 und 2 beweisen. Das Material zu denselben ist dadurch erhalten worden, dass ich in Essigsäure von circa 60 Proc. Hydratgehalt Melin kochend löste, das nach dem Erkalten anskrystalli- sirte in Alkohol löste und die alkoholische Lösung durch Wasser fällte. 1) 0,265. — Asche 0,0005. Kohlensäure 0,505 == 0,137724 C. Wasser 0,121 = 0,013444 H. 2) 0,226. — Asche 0,0005. Kohlensäure 0,4285= 0,116863 C. Wasser 0,1015= 0,011277 H. Beide Proben waren bei 120° im trocknen Luft- strome getrocknet und zeigten daneben das Eigentüm- liche, dass ihre etwas grünliche Farbe in eine rein gelbe 60 Stein, überging. Ihre Lösungen reducirten die alkalische Kupfer- lösung. In 100 Theilen: 1. 2. C 52,069 51,823 H 5,082 5,000 O 42,847 43,177 Verhältniss von H : O — 1 : 8,4. — 1 : 8,6. Die Essigsäure lässt also das Melin nicht unver- ändert auskrystallisiren, wie man früher annahm, sondern erhöht unverkennbar den Sauerstoff- und Kohlenstoffgehalt, d. h. sie bringt eine partielle Spaltung desselben hervor. Daraus erklärt sich das Resultat der von mir 1852 mitgetheilten Analyse, welche Herrn Prof. Hlasiwetz, obgleich sie nur vereinzelt dastand, von einem meinerSchüler ausgeführt war, und von allen andern bis dahin bekannten abwich, zur Aufstellung seiner irr- thümlichen Ansicht verleitete. Die Herren Zw eng er und Dronke haben nun ihr sonst wohl gereinigtes Material mit einer Flüssigkeit, welche Essigsäure enthielt, erhitzt, bis die Säure ver- dunstet war, und dies genügt, wie ich glaube, um das grössere SauerstoffVerhältniss, was sie gefunden haben, zu erklären. Uebrigens ist ausserdem noch zu berücksichtigen, dass das Melin, namentlich, wie es scheint, im aufgelösten Zustande, gar nicht unveränderlich ist. Wenn man die alkoholischen Lösungen verdunstet, so bildet sich nach meinen Beobachtungen an den Stellen, wo ein Theil ver- trocknet, eine bräunliche Substanz, auch wenn das ge- löste Material sehr rein war. Wenn man andererseits die alkoholischen Lösungen mit Wasser fällt, so erhält man eine Mutterlauge, die bräunlich gefärbt ist, kein krystallinisches Melin mehr liefert, und nach dem Ver- dunsten einen braunen amorphen Rückstand (Schleim- melin) hinterlässt. Von verschiedenen Darstellungen zeigte derselbe die nämlichen Eigenschaften. Er war in Wasser über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. Gl leicht löslich, wurde, durch Schwefelsäure nicht mehr in Meletin verwandelt, reducirte Kupferoxydlösung schwach, wurde von Leirolösung gefällt, verhielt sich aber im Uebrigen wie unreines Melin. — Die folgenden Proben 1 und 2 sind von verschiedenen Darstellungen und bei 1000 getrocknet. 1) 0,224. — Asche 0,030. Kohlensäure 0,344 = 0,09381818 C. Wasser 0,093 = 0,010333 H. 2) 0,2515. — Asche 0,007. Kohlensäure 0,4505 = 0,12286365 C. Wasser 0,122 =s 0,012 In 100 Theilen: 1. 2. C 48,366 50,250 H 5,326 5,089 46,308 44,661 Die Beantwortung der zweiten Frage verlangt die Bestimmung der Menge und Zusammensetzung der Spal- tungsproducte des Melins, die jedoch vorläufig, was die Menge betrifft, noch mit einiger Unsicherheit behaftet ist. Die folgenden Versuche, welche ich zur Beantwor- tung dieser Frage unternommen habe, sind in zuge- schmolzenen Röhren ausgeführt worden, um die Bedin- gungen, unter denen die Ausführung erfolgte, nicht bloss für die verschiedenen Versuche jeder Reihe gleichförmig zu haben, sondern sie überhaupt genauer bestimmen zu können. I. 2 Röhren mit je 2 Grm. lufttrocknem Melin von 4,4 Proc. Wassergehalt bei 100«, 20 CC. Wasser und 15 Tropfen rectificirter Schwefelsäure bei 100° 5 Stunden lang erhitzt. Gewicht des Meletins bei 100° getrocknet: 1. 2. 0,995 0,975 Von 100 Theilen wasserfreien Melins: 0,520 0,510. 62 Stein, IL Drei Röhren, (1, 2, 3) enthielten je 1 Grm. luft- trocknes Melin mit einem Wassergehalt von 6,4 Proc, 20 CC. destillirtes Wasser und 1 und 2 je 5; 3 10 Tropfen rectificirte Schwefelsäure. Der Versuch dauerte 5 Stunden und die Temperatur wurde auf 100° C. erhalten. Beim Oeffnen der Röhren nach dem Erkalten war eine Luft- verminderung zu beobachten, die, wenigstens der Haupt- sache nach, auf Rechnung der Luftverdünnung beim Zuschmelzen der Röhren zu setzen ist. Das gebildete Meletin wurde auf einem gewogenen und bei 100° getrock- neten Filtrum gesammelt, ausgewaschen, bis das Wasch- wasser nicht mehr sauer reagirte, bei 110° getrocknet und gewogen, hierauf in 90proc. Weingeiste gelöst und das Filter, auf welchem ein brauner Körper (Ulmin) zu- rückblieb, nochmals gewogen. Das Filtrat, welches neben dem Saccharid noch un- verkennbar Meletin enthielt, wurde mit kohlensaurem Bleioxyd neutralisirt, das schwefelsaure Bleioxyd abfiltrirt, die Flüssigkeit durch Schwefel Wasserstoff von aufgelöstem Bleioxyd befreit und schliesslich theils im Vacuum, theils bei 100° abgedampft, wobei es im einen wie im anderen Falle als brauner amorpher Körper zurückblieb. Nach Abzug des Ulminrückstandes wog das erhaltene: 1. 2. 3. Meletin 0,439 0,438 0,449. Bei 3 beobachtete ich zu spät erst, dass ein Glas- splitter auf das Filtrum gekommen war; es ist also an- zunehmen, dass die Menge des Meletins auch in diesem Versuche mit den beiden anderen übereinstimmt. 1. 2. Gewicht des Saccharids 0,443 0,375. Von 3 verunglückte der Versuch. Auf wasserfreies Melin berechnet sind die erhaltenen Mengen : 1. 2. von Melin 0,469 0,467 von Saccharid . . . 0,473 0,400 0,942 0,867. über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. 63 Die Bestimmung des Saccharids von 2 kann, wie man sieht, unmöglich richtig sein, obgleich ich nicht weiss, wo und wie ein Fehler dabei untergelaufen ist. III. Vier Röhren enthielten je 1 Grm. lufttrocknes Melin mit 5,6 Proc. Wassergehalt, eine fünfte 2 Grm. desselben und je 10 Tropfen Schwefelsäure. Der Versuch dauerte 24 Stunden, die Temperatur war 110° C. Im Uebrigen war Alles wie bei II. Gewicht des Meletins nach Abzug des Ulmins: 1. 2. 3. 4. 5. 0,470 0,439 0,451 0,454 0,930 Für 5 beträgt also das Gewicht pr. 1 Grm. 0,465 Gewicht des Saccharids: 0,441 0,442 0,446 0,656 1,002 bei 5 kommen auf 1 Grm. 0,501 Auf wasserfreie Substanz berechnet: Meletin .... 0,497 0,466 0,477 0,480 0,492 Saccharid. 0,467 0,468 0,472 0,694 0,530 0,964 0,934 0,949 1,174 1,022. IV. Fünf Röhren mit je 1 Grm. wasserfreien Melins, im Uebrigen wie II. Die Lösung des Saccharids wurde mit essigsaurem Baryt vorsichtig ausgefällt und bei 80 — 90° abgedampft und ausgetrocknet. 1. 2. 3. 4. 5. Meletin 0,473 0,467 0,473 0,468 0,540 Saccharid.. 0,448 0,474 — — 0,469 0,921 0,941 1,009. Nimmt man aus meinen Versuchen das Mittel mit Ausschluss der Zahlen, welche unter 0,40 und über 0,49 liegen, so erhält man für: Meletin aus 11 Versuchen die Zahl 0,475 Saccharid aus 8 „ „ „ 0,459 0,934. 64 Stein, Zwenger und Dronke haben 39 ; 24 bis 43,25 Proc. Meletin gefunden, die Menge des Saccharids ist von ihnen nicht bestimmt worden. Es würde leicht sein, die Abweichungen der einzelnen Versuche unter einander mit dem Hinweis darauf zu er- klären, dass ein Theil Meletin stets in die Lösung des Saccharids übergeht. Es folgt aber auch ein Theil Ul- min dem Meletin, wenn man, wie ich bei meinen Bestim- mungen gethan, es mit Alkohol löst. Diese beiden ent- gegengesetzt wirkenden Fehlerquellen dürfen aber sich nahezu compensiren. Man könnte ferner denken, dass in den Fällen, wo auffallend mehr Meletin erhalten wor- den ist, die Spaltung nicht vollständig stattgefunden habe. Ich habe deshalb das Meletin vom Versuche 5, III., ohne es weiter zu reinigen, analysirt: 0,244; Asche unwägbar. 0,533 Kohlensäure = 59,575 Proc. C. 0,0975 Wasser = 4,439 Proc. H. Ein durch Bleiessig gereinigtes, ungewöhnlich schön krystallisirtes Meletin hat mir folgende Zahlen geliefert: 0,2285; Asche unwägbar. 0,4985 Kohlensäure == C 59,498 Proc. 0,0760 Wasser == H 3,701 Proc. Der Wasserstoffüberschuss von 5. III. hat seinen Grund offenbar in dem schon aus dem braunen Ansehen des Präparates erkenntlichen Gehalt an Ulmin. Die Zersetz- barkeit des Meletins selbst durch Säuren reicht endlich ebenfalls nicht hin, um die grösseren Abweichungen zu erklären. Denn 0,899 Grm. trockenes Meletin lieferten, mit 20 CC. Wasser und 10 Tropfen Schwefelsäure 12 Stunden lang erhitzt u. s. w., 0,885 bei gleicher Temperatur ge- trockneten Rückstand; der Verlust war also sehr unbe- deutend. Hiernach scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass die Mehrausbeute an Meletin ihren Grund in einer un vollkommenen Spaltung oder einer theilweisen Zersetzung des Meletins habe. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. 65 weder das Meletin noch ein Zucker im Melin vorgebildet existirt, so wenig als Kohlensäure und Alkohol im Zucker, aus dem sie sich bei der Gährung abscheiden, und dass deshalb bei der Zersetzung des letzteren durch vielleicht rein zufällige Umstände bald etwas mehr, bald etwas weniger davon erzeugt werden kann. Allerdings wird unter im Wesentlichen gleichen Um- ständen das gestörte Gleichgewicht zwischen den Mole- külen der Verbindung in gleicher Weise sich wieder her- zustellen suchen, und deshalb werden der Regel nach die Mengen der einzelnen Zersetzungsproducte bei verschiedenen Versuchen nicht sehr bedeutend von einander abweichen, allein auch bedeutendere Abweichungen wird man nicht eher als in der innern Constitution der Substanz begründet ansehen können, als bis ihr Auftreten als constant für eine solche erwiesen ist. Liefert nun aber das Melin durchschnittlich 47,5 Proc. Meletin und dieses 59,627 Proc. Kohlenstoff, so repräsen- tiren erstere 28,322 dieses Elementes, welche bei der Spaltung aus dem Melin austreten. Setzt man diese Kohlen- stoffmenge gleich 20 Atomen, so sind die 50,041 Proc. Kohlenstoff des Melins = 36 Atomen und danach er- geben sich folgende Formeln: für Melin C36H2402* „ Meletin C20H? 09 „ das Saccharid.. C^H^O 1 * Die hier angenommenen Formeln empfehlen sich durch ihre Einfachheit und stehen im Einklang mit den analytischen Bestimmungen, man wird sie also wohl so lange annehmen können, bis weitere Untersuchungen die Notwendigkeit complicirter Formeln ergeben. In Procenten ausgedrückt würde das „Saccharid" genannte Product enthalten müssen: C = 41,2, H = 7,3 und O = 51,5 Proc. und der Wasserstoff verhielte sich zum Sauerstoff wie 1 : 7. Die Analysen, welche ich mit demselben ange- stellt habe, zeigen ein solches Verhältniss, und zwar Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 1. Hft. 5 66 Siein, die im vorigen Jahre von mir bekannt gemachten drei 1 : 6,7, 1 : 7,1 und 1 : 7,2. Die eine Analyse hatte sogar nahe die obigen Zahlen ergeben, nämlich: Kohlenstoff 42,9 Wasserstoff 7,0 Sauerstoff 50,1. Die neuerdings wieder angestellten Analysen zeigen etwas Aehnliches, nämlich 1) 0,263 (nach Abzug der 6,2 Proc. betragenden Asche) Kohlensäure 0,398. Wasser 0,172. 2) 0,1645. Kohlensäure 0,258. Wasser 0,114. 3) 0,144. Kohlensäure 0,221. Wasser 0,103. 4) 0,222. Kohlensäure 0,377. Wasser 0,142. 5) 0,2925. Asche 0,002. Kohlensäure 0,4605. Wasser 0,1825. 1. 2. 3. 4. 5.*) C 41,27 42,77 41,85 46,31 43,23 H 7,26 7,70 7,94 7,10 6,93 51,47 49,53 50,21 46,58 49,84 H : = 1 : 7,08 1 : 6,43 1 : 6,32 1 : 6,52 1 : 7,19 Die Abweichungen erklären sich theils durch die Schwierigkeit der Austrocknung, theils durch die Ver- änderlichkeit der Substanz schon bei 100° C. Im Wasser und Alkohol war das von mir dargestellte Product nicht mehr vollständig löslich, es blieb ein brauner ulminartiger Rückstand. Ich habe gefunden, dass beim Sättigen der Schwefelsäure mit kohlensaurem Bleioxyd sowohl als mit * kohlensaurem Baryt etwas von den Basen in Lösung überging, was durch Kohlensäure nicht ausgefällt werden konnte. Das Spaltungsproduct ist demnach ein Gemenge *) Diese Probe war nach Auflösung zweier Portionen durch Aether, wovon die mittlere Portion 42,185 C, 6,419 H und 51,396 enthielt, also ein Kohlenhydrat war, durch Verdampfen der ätherischen Mutterlauge erhalten und bei 80 — 90° getrocknet worden. über das Melin und seine Umwandlung in Meletin. 67 von mehreren Stoffen, worunter einer den Charakter einer Säure besitzt. Dass darunter ein den Kohlenhydraten gleich zusammengesetzter Körper, von zuerst süssem, hintennach bitterem Geschmack sich befindet, davon habe ich bei meinen neuesten Versuchen mich überzeugt, in- dem ich die Schwefelsäure durch essigsauren Baryt ent- fernte und die alkoholische Lösung der getrockneten Masse in verschiedenen Portionen durch Aether fällte. Man könnte Zweifel gegen die Beweiskraft der an- geführten Analysen erheben, indem man auf die Ver- änderlichkeit der Substanz hinweist. Diesem gegenüber muss aber bemerkt werden, dass die Zusammensetzung des zweiten Theiles der Spaltungsproducte im Allgemeinen schon durch die Analysen des Melins und Meletins fest- gestellt ist, welche nicht mehr zweifelhaft erscheinen. Die angeführten Analysen haben also im vorliegenden Falle nur den Werth eines Beweismittels zweiter Ord- nung. Dessen ungeachtet konnte ich ihre Anführung nicht für* überflüssig halten, weil sie einen Wasserstoff- überschuss geliefert haben, die Substanz mochte im Vacuum oder bei Zutritt der Luft aus der Lösung abgeschieden worden sein. Zum Schlüsse gestatte ich mir einer Beobachtung Erwähnung zu thun, welche mir von einem Freunde, Herrn Tempsky in Prag, den ich auf die Beziehungen der gelben und grünen Farben aufmerksam gemacht hatte, mitgetheilt wurde. Herr Tempsky besitzt näm- lich ein Herbarium, in welchem 70 Jahre alte Pflanzen sich befinden, und es zeigen sich daran die Blüthen der Primulaceen blau und blaugrün geworden, während die der Eanunculaceen nur abgeblasst sind. Auch auf das Blauwerden der Mercurialis in den Herbarien machte mich derselbe aufmerksam und offenbar sind diese Er- scheinungen wohl geeignet zum Ausgangspuncte für weitere Forschungen zu dienen. Ich habe mich im Vorstehenden auf die Besprechung des Melins beschränkt und behalte mir vor, in einer 5* 68 Stein, natürliches Vorkommen des Paracarthamins. späteren Abhandlung auf das Quercimelin zurückzu- kommen. Nachtrag. Notiz aber das natürliche Vorkommen des Paracarthamins. Der Stoff, den ich in meiner letzten Arbeit als Para- carthamin bezeichnete, ist vorzugsweise durch sein Ver- halten gegen Säuren und Alkalien charakterisirt. Während er nämlich im neutralen Zustande grüngelb oder bräun- lich gefärbt erscheint, nimmt er durch Säuren eine rothe und durch Aetzkali (auch Bleiessig) eine grüne Farbe an. Zieht man mit Alkohol, der mit salzsaurem Gase gesättigt ist, gewöhnlichen Kork aus, so erhält man eine schön rothe Lösung, welche sich ebenso verhält, wie die Lösung von Paracarthamin. Auch die rothe Rinde von Cornus sanguinea wird mit alkoholischer Kalilosung bis- weilen über und über, bisweilen nur an einzelnen Stellen grün, und dass das beschriebene Verhalten mit dem des Dahlienfarbstoffs übereinstimmt, fällt sofort in die Augen. Das aus dem Pflanzengelb künstlich herstellbare Roth scheint demnach mehrfach in dem Pflanzenreiche fertig gebildet vorhanden zu sein. 69 II. Monatsbericht* Interschied von Portland - f erneut und gewöhnlichem hydraulischen Kalk. Im Portland- Ceraent ist der thonige Bestandteil ge- schmolzen und schützt den Kalkbestandtheil mit einer Glasdecke, im gewöhnlichen hydraulischen Kalk liegt der Kalk frei. Daher zieht dieser mehr Wasser und Koh- lensäure aus der Luft an als jener und verdirbt leichter. Die Engländer finden den Unterschied durch Kosten ; den ätzend schmeckenden verwerfen sie, den von mildem Geschmack (der Aetzkalk ist dann von der glasigen Decke umhüllt) erkennen sie für gut. Zum Trocknen, Brennen und Mahlen von einer Tonne Portland-Cement wird etwa eine Tonne Steinkohlen verbraucht. Eine Dampfmaschine von 12 Pferdekräften kann täglich 50 Tonnen mahlen. Die Kosten einer Tonne belaufen sich noch nicht auf 2 Thlr., in Berlin wird dieselbe für 4^ Thlr ? verkauft: also über 100 Proc. Gewinn. (Zeitschr. für Bauhandicerker — Gemeinn. Wochenschrift Nr. 5.) B. leber Verkieselung der Cemente. Alle Cemente, von welcher Beschaffenheit sie auch sein mögen, haben noch grosse Uebelstände bei ihrer Verwendung. Allen diesen Uebelständen soll durch die Verkieselung abgeholfen werden, die man mittelst einer Auflösung von kieselsaurem Kali oder Natron (Wasser- glaslösung) durch oberflächliche Anwendung einer 22- bis 23grädigen Lösung bewirkt. Durch dieses neue und wohlfeile Verfahren — pro Quadrameter nicht mehr als 25 bis 30 Centimes kostend — erhält der Cement eine sehr grosse Härte und kann in diesem Zustande von der Luft und der Feuchtigkeit nicht angegriffen werden; auch widersteht er den härte- sten Frösten, der Wirkung des Meerwassers und der Sal- peterbildung ; er kann ferner mit allen Farben angestrichen werden und man kann durch den kieseligen Anstrich den 70 Kitt für Serpentin ge fasse. von Cement hergestellten künstlichen Steinen alle Nuancen der gewöhnlichen Malerei geben, wobei man jedoch die An- wendung des Kremmserweisses (Bleiweiss) ausschliessen inuss, das man sehr gut durch sogenanntes Blanc fixe (künstlichen feinzertheilten schwefelsauren Baryt) oder durch Zinkweiss ersetzt. ( Försters Bauztg. 1861. S. 136.) - B. lieber das Einkitten der Poreellanschalen. Zur Verwendung eines Kittes, welcher der Wärme und dem Wasserdampfe widerstehen muss oder um pas- sende Abdampfschalen von Porcellan in den Schlussring zu befestigen, empfiehlt Rick er den Portland -Cement. Nach demselben verfährt man am besten auf folgende Weise: man stülpt die Schale umgekehit auf einen Trä- ger, so dass die Handhaben des aufgelegten Messingrin- ges frei herabhängen, verschmiert die Fuge zwischen dem untern Rand des Ringes und der Schale mit Thon und giesst alsdann von oben einen Brei ein, den man sich aus Portland -Cement und Wasser unter Zusatz von etwas Wasserglas bereitet hat, bis der Raum zwischen Ring und Schale vollständig ausgefüllt ist ; alsdann streut man so lange trockenen Cement darauf, als noch aufge- genommen wird, streicht beständig mit dem Finger glatt und stellt, nachdem man mit einem feuchten Schwämme f. lies Ueberflüssige weggenommen, die Schale einige Tage bei Seite, worauf man sie dann zur Benutzung verwenden kann. (N. Jahrb. der Pharm. Bd. 18. 3.) ß. Kitt für Serpeiitingefässe. Eine Serpentins chale, deren Boden in einem Stück weggebrochen war, kittete H an stein auf fol- gende Weise. Er schmolz in einem eisernen Löffel mit Ausguss 1 Th. Pix burgund. und 3 Th. Flor, sulfur. Nachdem die Schale und das Bodenstück so heiss gemacht worden, dass der Kitt, auf die ßruchfläche gegossen, voll- ständig im Fluss bleiben konnte, goss er solchen auf und drückte schnell Schale und Boden fest an einander, um- band den Mörser mit starker Schnur und nach vollstän- digem Erkalten und Abkratzen des überflüssigen Kittes, hatte die Reibschale einen ganz reinen Klang und konnte wieder wie neu verwendet werden. {Pharm. Wochenbl.) B. Amalgamiren galvanischer Zinkelemente. 71 Weisse Glasur für Ofenkacheln fertigt man in folgender Weise an: 100 Theile reinstes spanisches Blei und 50 Theile englisches Zinn werden in einer eisernen Pfanne unter Umrühren calcinirt ; das Pro- duct wird gesiebt und dann gemahlen. Zu 100 Theilen der calcinirten Masse werden beigemischt 100 Theile Sand, etwa 16 Theile calcinirte Soda (calcinirtes reines kohlen- saures Natron), 6 Theile Kochsalz, 15 Theile Mennige, worauf das Gemisch in flachen mit Kreide ausgestrichenen verglühten Thonnäpfen geschmolzen und so eine grünlich- weisse Masse gewonnen wird, welche gekocht und auf das Feinste nass gemahlen zum Glasiren der verglühten Kacheln verwendet wird. — Um eine reine weisse Gla- sur zu erhalten, ist es durchaus nothwendig, ganz reine eisenfreie Materialien anzuwenden; ebenso ist der Zusatz von Mennige erforderlich, denn ohne denselben wird zu- weilen eine schwärzliche, statt einer weissen Glasur, er- halten, weil möglicherweise Zinnoxydul vorhanden sein kann, welches durch den Sauerstoff der Mennige in Zinn- oxyd übergeführt und so unschädlich gemacht wird. (Monatsbl. des Oberland. Kunst- u. Geicerbever. — Gemeinn. Wochenschrift Nr. 5.) B. Das Amalgaiuircn galvanischer Zinkelemente: von Dr. Schwarz. Bei dieser überaus lästigen Arbeit erscheiut jede kleine Erleichterung derselben wünschenswerth. Bei der gewöhn- lichen Methode das Quecksilber mit dem Finger oder einem Wergbäuschchen auf der mit verdünnter Schwefel- säure angebeizten Zinkfläche zu vertheilen, ist es schwie- rig die Quecksilberkügelchen aufzufassen und aufzutragen, weil sie an dem Werge nicht haften. Ausserdem greift die Säure die Haut an und somit dürfte die länger dauernde Berührung mit dem Quecksilber nachtheilig wirken. Die Amalgamation von 70 grossen ringförmigen Elementen zur Bereitung des elektrischen Lichtes gelang überraschend schnell und vollständig, indem man diesel- ben erst in einer Zelle mit sehr verdünnter Schwefelsäure so lange stehen liess, bis ein kräftiges Aufbrausen eintrat, und alsdann mit einer gewöhnlichen Metall - Kratzbürste, die vorher in Säure getaucht war, das in einer Schale enthaltene Quecksilber aufnahm und einrieb. Die sich rasch amalgamirenden Messingdrähte boten dem Quecksil- 72 Metalle mit Aluminium zu überziehen. ber vollständige Adhäsion und entfernten gleichzeitig durch ihre Reibung die fester sitzenden Oxydtheilchen. In wenig Stunden und mit einem sehr kleinen Aufwände von Quecksilber war die Arbeit vollendet. {Breslauer Gewerbebl. 1862. Nr. 2.) ^ Bkb. Metalle mit Aluminium oder dessen Legirungen zu über- ziehen; von Thomas Bell in Gateshead. Der Verfasser verwendet zu diesem Zweck ein Bad bestehend aus dem Doppelchlorid von Aluminium und Na- trium im wasserfreien Zustande an und erhält dies bei der Temperatur von 182° C. im geschmolzenen Zustande. Die negative Elektrode bildet das Stück von Kupfer oder sonstigem Metall, welches mit Aluminium überzogen werden soll. Als auflösliche positive Elektrode kann man Alumi- nium anwenden, doch ist es vorteilhafter, eine Composi^ tion von Kohle und wasserfreier Thonerde zu benutzen. Aus dieser Composition presst man Cylinder und calcinirt dieselben vor ihrer Anwendung in einem geschlossenen Behälter. Bei diesem Process wird das Chloraluminium mit dem Chlor erzeugt, welches sich durch die Wirkung des elektrischen Stromes entbindet. Sehr gut kann man ein Geraisch von Thonerde und Steinkohlentheer, geformt und calcinirt, oder aus Gas-Kokes angefertigte positive Elektroden benutzen. Bei Anwendung einer aus Kohlenstoff mit oder ohne Zusatz von Thonerde bestehenden positiven Elektrode lösen sich während der Operation kleine Kohlenstückchen ab ; um dieser Verunreinigung vorzubeugen kann man die Elektrode in ein poröses thönernes Gefäss einschliessen und dieses in das, das Doppelchlorid enthaltende Bad stellen. Auch kann man Kryolith statt des Doppelchorids verwenden, doch erfordert dies eine höhere Temperatur zum Schmelzen. Ist eine Ablagerung des Aluminiums auf Kupfer be- wirkt, so entsteht bei Anwendung einer geeigneten Tem- peratur, wobei sich beide Metalle verbinden, eine Verän- derung der Oberfläche des Kupfers in Aluminium- bronze. {London Journ. of arts. Januar 1862. S. 28. — Dinglers Journ. Bd. 164. Hft. 4. S. 285.) Bkb. Ueber den indischen Gvssstahl ( Wootz). 73 Chemische Hülfsmittcl bei Bohrungen in Stahl; von Adolph Sehe den. Bekanntlich wendet man schon seit längerer Zeit beim Bohren von Glas Terpentinöl und noch mit mehr Erfolg Terpentinöl mit Kampfer an. Dieses Mittels hatte sich Herr Scheden beim Bohren von Stahl und Gusseisen bedient, und der Erfolg war ein sehr günstiger. Nach demselben soll jedes andere harzfreie Kohlen was- serstofföl z. B. Photogen dasselbe leisten, nur muss auch hier gehörige Rücksicht darauf genommen werden, dass nicht zu viel Oel auf ein Mal genommen wird. Die Theorie der Wirkung scheint in der Hauptsache die zu sein, dass die flüchtigen KohlenwasserstofTöle die Fähigkeit besitzen, sich mit Hülfe der durch die Reibung hervorgebrachten Wärme zwischen die zunächst liegenden einzelnen Kry- stallpartikelchen des Eisens oder der kieselsauren Verbin- dungen zu drängen, und so die Cohäsion des betreffenden Körpers zu lockern. Ausserdem haben Bohiwersuche in Stein und Fels unter Anwendung der mehrgedachten Stoffe schon die günstigsten Resultate geliefert. (Deutsche Industiezeitung. — Dinglers Journ. Bd. 164. Hfl. 5. S. 393.) Bkb. leber den indischen Gussstahl (Wootz). Die Fabrikation des Wootz besteht darin, dass Stab- eisen in kleine Stücke zerschroten und diese mit trocke- nen Holzspänen von Cassia auriculata und einigen grünen Blättern von Asclepias gigantea oder von Convolvulusl.au- rifolia in kleinen Tiegeln einer entsprechenden Hitze ausgesetzt werden. Fremv erblickt in dieser Methode der Darstellung eine Bestätigung seiner Ansicht, dass der Kohlenstoff nicht das einzige stahlerzeugende Element sei, sondern dass dazu noch Stickstoff oder ein Körper gehöre/ welcher den Stickstoff chemisch vertreten könne, z. B. Phosphor. Er hat nämlich gefunden, dass die Pflan- zenstoffe, welche zur Erzeugung des Wootzstahls benutzt werden, viel Phosphor und Stickstoff enthalten. Die Blät- ter der Asclepias, welche reich an milchigem Safte sind, liefern den Stickstoff, das Holz der Cassia, dessen Asche fast ausschliesslich fast nur aus phosphorsauren Salzen besteht, den Phosphor. Auch die Natur des Stabeisens, aus welchem der Wootz bereitet wird, kann auf dessen 74 Darstellung des grünen Zinnobers. Güte einen Einfluss haben. Dasselbe wird nämlich stets bei sehr niedriger Temperatur erzeugt und Freray weiss aus seinen Untersuchungen über Stahlbildung, dass solches Eisen stets sehr leicht in Stahl übergeht, weil es viel weniger mit Silicium, Schwefel und Arsenik verunreinigt ist, als Stabeisen, welches aus einem bei heissem Winde erblasenen Roheisen gemacht wird. (Compt rend. T. 54. — Chem. Centralbl. 1862. Nr. 87.) B. Kobaltgelb. Nach Hayes lässt sich Kobaltgelb leicht darstellen, wenn man Dämpfe von Untersalpetersäure in eine Lösung von salpetersaurem Kobaltoxydul, welche etwas Kali ent- hält, leitet. Setzt man von Zeit zu Zeit etwas neues Kali hinzu, so wird alles Kobalt in Kobaltgelb übergeführt. (Wagner' s techn. Jahresber. 1861. — Polytechn. Centralbl. 1862. S. 1307.) E. Verfahren, Kupfer auf nassem Wege aus Erzen auszuziehen. Das Erz wird nach P. Spence zunächst behufs der Austreibung des Schwefels und der Oxydation gerö- stet und dann möglichst fein zertheilt. Man bringt darauf je 5 Tonnen desselben mit einer Mischung von 5 Centner Salzsäure und dem doppelten Volum Wasser, worin 1 Centner salpetersaures Natron gelöst ist, in Berührung und lässt die Mischung in einem hölzernen Behälter 24 Stunden lang stehen. Nachher wird die Flüssigkeit abgezapft und das Kupfer durch Eisen daraus niederge- schlagen. Der Rückstand wird, nachdem er zuvor wie- der calcinirt ist, noch ein Mal derselben Behandlung un- terworfen. Vermöge des Gehalts der Flüssigkeit an Salpetersäure wird das Kupfer leichter und rascher als durch blosse Salzsäure ausgezogen, wogegen das Eisen nur in geringer Menge in Lösung geht. (Rep. ofpat. inv. 1861.) B. leber Darstellung des grünen Zinnobers. Vogel hat eine Vorschrift zur Bereitung des grünen Zinnobers gegeben, wobei direct die Lösung des Berliner- blaus mit Umgehung eines essigsauren Eisensalzes ange- wendet wird. Man bereitet sich eine Lösung von Ber- Neutrale schwefligsaure Balze bei der Zucker fabrikation. 75 liner Blau mittelst etwas Oxalsäure in Wasser und ver- mischt dieselbe mit einer wässerigen Lösung von chrom- saurem Kali. Es färbt sich die Flüssigkeit tiefdunkel- griin und auf Zusatz einer Bleizuckerlösung entsteht ein grüner Niederschlag, welcher sich bald absetzt und mit kaltem Wasser ausgewaschen wird. Nach dem Trocknen auf dem Filtrum wird er fein gepulvert und stellt nun ein gleichmässiges Pulver von schönem Grün dar. Nach dem relativen Mengenverhältnisse der 3 Lösungen, des Berlinerblaus, chromsauren Kalis und des Bleizuckers, erhält man den grünen Zinnober in den verschiedensten Nuancen, von tiefem Blaugrün bis zum hellsten Saftgrün. Um den grünen Zinnober nicht nur eisenfrei, sondern auch bleifrei herzustellen, wendet Vogel statt des Blei- zuckers Barytsalze an. Man verfährt dabei wie oben angegeben, und erhält dadurch nach dem Trocknen und Pulvern einen Farbstoff in den verschiedensten Nuancen des Grüns je nach den angewandten Quantitäten der Lösungen. (N. Jahrb. f. Pharm. Bd. 18. 3.) B. Anwendung neutraler scliwefligsaurer Salze bei der Zuckerfabrikation ; aus einein Briefe von Alvaro Reynoso an Dumas. Der zweifach -schwefligsaure Kalk wird auf der Insel Cuba in grossem Maasstabe angewendet, sei es als solcher, wie er aus New-Ürleans bezogen wird, sei es indem man einen Strom schwefliger Säure in den kalkhaltigen Zuckersaft leitet. Jedermann ist mit Reynosos Methode zufrieden und die Resultate sind ausgezeichnet. Anfangs verstand man dieses Salz nicht anzuwenden, man befolgte das Verfahren von M e 1 s e n s, welcher darin fehlte, dass er zuviel saures schwefligsaures Salz und zuwenig Kalk verlangte, während nach Reynos'o immer in alkalisch bleibender Flüssigkeit zu operiren ist. Darin liegt die ganze Schwierigkeit und das ganze Ge- heimniss, um zum Ziele zu gelangen. Der zweifach - schwefligsaure Kalk widersetzt sich 1) den Gährungen, 2) entfernt er gewisse Substanzen, 3) entfärbt er die Säfte, 4) verwandelt er gewisse Sub- stanzen, die sonst nicht ausscheidbar sind durch Kalk, Wärme oder Kohle in leicht abscheidbare Substanzen. (A. Reynoso.) 76 Methode zur Klärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten etc. Payen erinnert daran, dass Perier und Possoz ebenfalls die neutralen schwefligsauren Salze in die Fabrikation des Rohrzuckers eingeführt haben. Auf den Rübenzucker angewendet, seien die Resultate nicht ebenso zufriedenstellend. Sie wenden schon seit 1861 Hi bis 1 Promille des schwach alkalischen schweflig- sauren Natrons an. (Compt. rend. 6. Octbr. 1862.) H. Ludwig. Anwendung der schwefligen Säure bei der Znckerfabrikation. Calvert theilt mit, dass er bereits vor 10 Jahren Versuche über die Anwendung der schwefligen Säure zu dem erwähnten Zwecke gemacht und sich von der Nützlichkeit des Verfahrens überzeugt habe. Er fügte zu 100 Litern Syrup, wie derselbe aus dem Kohlen- filter läuft, 2 Liter wässerige schweflige Säure, welche Menge genügt, um den Saft bis zu dem Augen- blicke, wo er in die Siedepfanne kommt, vor Gährung zu bewahren. Die Färbung des Syrups während der Concentration wird unter dem Einflüsse der schwefligen Säure sehr vermindert. Nach Beendigung der Concen- tration ist auch die Säure vollständig entwichen. Zur Darstellung der Letzteren wird Schwefel verbrannt und das Gas durch hohe und weite, mit Bimssteinstücken ge- füllte hölzerne Gefässe geleitet, während Wasser von oben herabfliesst und sich sättigt. (Compt. rend. 55. — Chem. Centralbl. 1863. 6.) B. Methode zur Klärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten und Säfte und zur Wiederbelebung der in der Zucker- fabrikation benutzten Thierkohle. Nach H. Leplay und J. Cubinier lassen sich die absorbirenden Eigenschaften der Kohle für die ver- schiedenartigen Stoffe in drei Classen theilen, deren Wirk- samkeit von sehr verschiedener Dauer ist. Die erste Classe von Eigenschaften wirkt auf die schleimigen, stickstoffhaltigen, ammoniakalischen, übel- schmeckenden und riechenden Stoffe. Die Absorp- tionsfähigkeit für diese Körper ist durchschnittlich in 4 Stunden erschöpft, kann aber völlig wieder hergestellt werden, indem man einen Dampfstrom durch das Filter streichen lässt. Das Vermögen, Alkalien, Kalk, Kalk- salze und andere Salze aufzunehmen, soll, je nach Die Hoff 1 sehen Malzpräparate. 77 der Alkalität der gereinigten Säfte und Syrupe, 6—8 Mal so lange dauern; es wird durch Uebergiessen mit ver- dünnter Salzsäure und Waschen mit Wasser wieder er- neuert. Die dritte Classe begreift das Entfärbungs- vermögen der Kohle; es soll 30 — 40 Mal so lange währen, wie die Eigenschaften der ersten Classe, und dann durch Kochen mit verdünnter Aetzlauge wieder her- gestellt werden. — Durch diese Wiederbelebungsprocesse, die entweder in den Filtern selbst oder in diesen ähnlichen, besonderen Apparaten vorgenommen werden, soll die Absorptionsfähigkeit der Kohle stets wieder auf den ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden können, ohne dass sich jedoch dieselbe über diesen hinaus da- durch steigern Hesse. Letzteres wollen L e p 1 a y und Cubinier durch Uebergiessen der Kohle mit verdünnter Lösung von saurem phosphorsauren Kalke erreichen^ wodurch die Fähigkeit der Kohle, fremde Stoffe aufzu- nehmen, sehr erhöht werde und welches Verfahren sich beliebig vornehmen lasse. (Chem. News. 1862. 3.) B. Die Hoff'schcn Malzpräparate. Wittstein macht im Nachstehenden seine Erfah- rungen zum Besten resp. zur Warnung des Publicums über die Hoff'schen Malzpräparate, diesen neuesten gross- artigen medicinisch-diätetischen Schwindel, bekannt. Das Malzextract (Gesundheitsbier) ist nichts weiter als ein extractreiches Bier, stark mit Kohlensäure impräg- nirt. Wittstein prüfte es hallymetrisch und fand in 1000 Gewichtstheilen : 0,5 Kohlensäure 33,5 Alkohol 94,5 Extract 871,5 Wasser 1000,0. Diese Zusammensetzung entspricht annähernd derje- nigen der stärkeren Münchener Biere. (Bockbier und Salvatorbier). Das aromatische Bädermalz erwies sich lediglich als grob zerquetschtes Gerstenmalz. Das Kraftbrustmalz ist etwas feiner gepulvertes und mit Anisöl aromatisirtes Gerstenmalz. ( Wittsteiris Vierteljahr schrift. Bd. 11. 4.) B. 78 Umgeschlagener Wein. Chemisches Verfahren, Getreidekörner zu enthülsen: von Lemoine. Es besteht in der Behandlung des Weizens, Hafers, der Gerste, der Sonnenrosensamen, der Madiasaraen, der Bohnen, Linsen, Wicken, Haselnüsse, süssen Mandeln etc. in der Kälte mit concentrirter Schwefelsäure (z. B. 100 Kilogr. Weizen mit 15 Kilogr. HO, SO 3 ) 15 — 20 Minuten lang dauerndem Schütteln, Zusatz von Was- ser, Auswaschen und Trocknen der ungelösten Körner. Die Hülsen sind aufgelöst. (Compt. rend. 13. Octbr. 1862.) H. Ludwig. leher den umgeschlagenen Wein. Die rothen Weine aus dem Herault- Departement enthalten nach B e ch a m p im Liter selten weniger als 21 Grm. organische Substanz, meistens 22 — 1 25 Grm. Die Weine der geringeren Lager oder der jungen Stöcke enthalten nur noch 18 — 19 Grm. Durch das Umschlagen wird der Kaligehalt erhöht, der Extractgehalt aber nicht vermindert. Um die Veränderungen zu bestimmen, welche die näheren Bestandtheile des Weines beim Umschlagen desselben erleiden, muss man die Zusammensetzung der Extracte der gesunden Weine kennen. P a s t e u r hat darin Glycerin und Bernsteinsäure nachgewiesen. Bekannt- lich enthalten sie ursprünglich Weinstein und vielleicht auch freie Weinsäure. Der Zucker ist ebenfalls ein constanter Bestandtheil der Weine. Endlich bleibt nach Erschöpfung des Extracts mit alkoholhaltigem Aether und hiernach mit Alkohol ein schleimiges dextrinartiges Pro- duct zurück, welches rechtsdrehend ist und durch ver- dünnte Schwefelsäure in Zucker übergeführt werden kann. Das chemische Kennzeichen eines umgeschlagenen Wei- nes ist, dass er keinen Zucker mehr enthält und bei gänz- licher Verderbniss weder Glycerin noch eine in Zucker zu verwandelnde Substanz. Diese Stoffe, das Glycerin ausgenommen, finden sich als Milchsäure vor, woraus sich der Umstand erklärt, dass der Extractgehalt sich nicht ändert. Seitdem Bechamp diese Thatsachen und die Zunahme des Kalis in den umgeschlagenen Weinen con- statirt hatte, erfuhr er, dass man stets das Verschwinden des Weinsteins aus den Fässern bei längerer Berührung derselben mit umgeschlagenen Weinen wahrnimmt. Das Destillationsproduct aller Weine ist sauer, aber das vom umgeschlagenen Weine ist es in einem noch höheren Galldsäure im Bündner Rotlnveine. 79 Grade. Baiard hat das Milehsäureferment in den um- geschlagenen Weinen gefunden. Dem Erscheinen dessel- ben gehen ähnliche Kügelchen wie bei der Hefe vorher und wenn der ganz umgeschlagene Wein in ein weiteres Stadium der Verderbniss (die Fäulniss) übergeht, so findet man ausser dem Milchsäurefermente eine Masse Vibrio - nen darin. J. Ni ekles führt die Erhöhung des Kaligehaltes und die Entstehung der Propionsäure nach Bechamp im umgeschlagenen Weine auf ein und dieselbe Ursache zurück. Der in den Weinfässern sich absetzende rothe Weinstein oder das doppelt -weinsaure Kali enthält nämlich alle erforderlichen Elemente zur Erzeugung sowohl des Kalis, als einer Säure von der Formel C 6 H 6 4 , der Propionsäure oder der ihr isomeren Butteressigsäure. Die Annahme von Bechamp, dass die fragliche Säure vom Glycerin herstamme, ist eine Hypothese, welche den Ursprung des im umgeschlagenen Weine enthaltenen über- schüssigen Kalis nicht erklärt, auch giebt sie keinen Auf- schluss, was aus der Weinsäure wird, wenn der Wein- stein in Berührung mit dem so veränderten Weine ver- schwindet. (Comjrt. rend. T. 54. — Dinglers polyt. Joimi. Bd. 166). B. Gallussäure im Bündiier Rothweine; Löslichkeit des Traubeiifarbstoffs. Gallussäure ist bis jetzt in keinem Weine aufgefun- den worden; Mulder hält es indess für sehr wahrschein- lich, dass sie darin vorkomme. Es ist nicht schwer, Gallussäure in den Bündner Rothweine sehr deutlich nach- zuweisen. Aus 100 CC. Wein wurde die Gerbsäure mit Fischleim entfernt, dann das Filtrat mit Wasser ver- dünnt, bis die Farbe hell genug war, um eine Verän- derung zu erkennen, jetzt Eisenchlorid zugesetzt. Es ent- stand eine grünbraune Färbung, die bei stärkerer Verdün- nung, an der Luft stehend, allmälig violett wurde und schliesslich schwarzblaue Flocken fallen Hess. Bei der Weinbereitungsraethode jener Gegend, nach welcher der junge Wein Wochen, ja Monate lang auf den Trestern offen stehen bleibt, wäre die Abwesenheit der Gerbsäure schwer zu begreifen. Scheidet man aus Wein nach Mulders Methode den blauen Traubenfarbstoff ab, was R. Th. Simler oft gethan hat, so findet man, dass dieses Traubenblau, welches in dünnen Schichten auf einem 80 Darstellung eines haltbaren Lackmus- Präparates. Uhrglase schön irisirt, wie in der Traube selbst, auch in den sogenannten Fruchtäthern (wenigstens in essigsau- rem und buttersaurem Aethyloxyd) etwas mit violetter, fast rein blauer Farbe löslich ist und durch Verdunsten derselben wieder im ursprünglichen Zustande erhalten werden kann. Ammoniak macht es erst grün und zer- stört es dann zu einer braunen Substanz. (Poggend. Ann. Bd. 115). B. lieber die Darstellung eines haltbaren Lackmus - Präparates. Das Verfahren zur Herstellung des Präparates ist nach Vogel Folgendes: 16 Grm. käufliches fein gepulvertes Lackmus werden in einem Cylinderglase mit 120 CC. kalten destillirten Wassers übergössen und 24 Stunden lang öfters umge- rührt stehen gelassen. Dieser erste Auszug wird wegge- gossen und der Rückstand im Cylinderglase mit einer neuen Menge destillirten Wassers (120 CC.) während 24 Stunden wie angegeben behandelt. Den nun zum zweiten Male abgegossenen Auszug theilt man in zwei gleiche Theile und rührt den einen Theil mit einem in verdünnte Salpetersäure getauchten Glasstabe um, bis dass die Farbe eben roth erscheint und setzt nun die andere blaue Flüs- sigkeit hinzu, wodurch eine rothlichblaue Flüssigkeit entsteht. Durch dieses Verfahren erhält man eine mög- lichst neutrale Lackmustinctur. Dieselbe lässt man hier- auf in einer bedeckten Porcellanschale im Wasserbade ohne zu kochen verdampfen. Es bleibt eine amorphe körnige Masse zurück, welche man in einem gut verschlos- senen Glase aufbewahrt. Sie löst sich im Wasser voll- kommen ohne Rückstand auf und giebt je nach der Ver- dünnung eine hellblaue oder tiefblau gefärbte Lösung. So oft man Lackmustinctur namentlich zu Titrirversuchen gebraucht, hat man nur nöthig, ungefähr ein Stecknadel- knopf grosses Stück von der abgerauchten Masse in einem Becherglase mit Wasser zu übergiessen, wodurch sogleich eine sehr brauchbare Lackmustinctur erhalten wird. Der abgerauchte Farbstoff des Lackmus erhält sich Jahre lang unverändert. (N. Jahresb. f. Pharm. Bd. 18. 3.) B. Mittel zur Unterscheidung von Copal und Bernstein. 81 Chlorgehalt des schwedischen Filtrirpapicrs. Wittstein hat sich durch verschiedene Versuche überzeugt, dass das jetzige schwedische Filtrirpapier fast immer chlorhaltig ist; die Quelle dieser Verunreinigung sei ohne Zweifel in der Behandlung der zur Darstellung dieses Papiers verwendeten Lumpenmasse mit Chlor oder Chlorkalk zu suchen. Noch vor ein Paar Jahren war der Chlorgehalt desselben ziemlich gleich Null, denn v. Wich fand bei der Untersuchung einer bedeutenden Menge Asche dieses Papiers nur Spuren von Chlor. Der Aschengehalt jener chlorhaltigen Papiere betrug nach Wittstein Q,4G8 Procent. Derselbe empfiehlt daher, das fragliche Papier vor dem Gebrauche auf Chlorgehalt zu prüfen. ( Wittsteins Vierteljahrs ehr. Bd. 11. 4.) B. Heber Bereitung des Wachspapiers. Nach A. Rick er erzielt man auf eine billige und schnelle Weise mittelst Anwendung des Bügeleisens ein gleichförmiges und schönes Wachspapier. Als Papier wählt man am besten ein grosses Format von Druckpapier, man öffnet ein Buch desselben, legt es flach auf den Tisch, und führt, nachdem man den heissen Stahl ins Bügeleisen (Plätte) geschoben, schnell mit demselben auf dem Papier herum, während man mit der linken Hand ein Stück japanisches Wachs die Fähr- ten des Bügeleisens begleiten lässt, indem man dasselbe dicht daran hält; ein wenig Uebung reicht hin, um die Menge des abzufliessenden Wachses zu ermessen; dasselbe dringt schnell ein und ein etwaiger Ueberfluss imprägirt sich schon dem unterliegenden Bogen, der dadurch halb zu Wachspapier wird; sobald die Ausbreitung des Wachses und das Abfliessen desselben nicht mehr schnell genug vor sich geht, wird der Stahl durch einen heisseren ersetzt und man kann sich so in einigen Stunden seinen Vorrath an Wachspapier für's ganze Jahr anfertigen. (N. Jahrb. für Pharm. Bd. 18. 3.) B. Mittel zur Unterscheidung von Copal und Bernstein. Napier-Draper hat gefunden, dass Cajeputöl den Copal schon bei gewöhnlicher Temperatur vollstän- dig auflöst. Die Lösung liefert, wenn man eine Fläche damit überzieht, einen sehr glänzenden Firniss. Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds . 1 . Hft. 6 82 Ueber den Dammarharzbaum. Der Bernstein ist dagegen in Cajeputöl, selbst beim Siedepunct, vollkommen unlöslich. Dieser Unterschied der beiden Harze hat um so mehr Nutzen, als manche Copal- sorten durch ihre äussern Eigenschaften kaum vom Bern- stein zu unterscheiden sind. (Le Technologiste, Aoüt 1862. — Polyt. Centralbl. 1862 S. 1312.) E. Das Bleichen des Schellacks. Mit Chlor gebleichter Schellack eignet sich nicht zur Politur auf Holzarbeiten, welche Metalleinlegungen ent- halten, da letztere durch die kleinsten Mengen Chlor, welche stets am Schellack zurückbleiben, blind und unan- sehnlich werden. Ein in dieser Beziehung fehlerfreies Product erhält man durch Behandeln einer weingeistigen Schellacklösung mit Thierkohle, was am zweckmässigsten folgendermaassen ausgeführt wird : Der rohe Schellack wird in 90 procentigem Weingeist aufgelöst und so viel gekörnte Knochenkohle zugesetzt, dass ein dünner Brei entsteht ; dann setzt man die Mischung mehrere Tage den directen Sonnenstrahlen aus, schüttelt öfters um, und filtrirt nach völliger Bleichung durch Papier. (Deutsche Jndustrieztg. 1862. Nr. 18. — Dingler 1 s Journ. Bd. 164 Heft 5. S. 397.) Bkb. lieber den Dammarharzbaum. Einer der werthvollsten Bäume des neuseeländischen Urwaldes ist die Kauri- Fichte (Dammara australis). Dieser prächtige, 80 bis 120 Fuss hohe Baum liefert dem englischen Schiffsbau jährlich eine grosse Anzahl von Rundhölzern von 74 — 84 Fuss Länge, welche alle andern Fichtenhölzern vorzuziehen sind. Er liefert zugleich das unter dem Namen Dammar bekannte Harz, an welchem dieser nützliche Waldbaum so überaus reich ist, dass dasselbe sogar an Orten, wo die Kauribäume ausgerodet wurden, in ungeheuren Massen in der Erde in völlig trockenem Zustande vorgefunden wird. Das Kauri-Harz, wie es im Handel vorkommt, wird daher nicht, wie das unserer Tannen, von dem Baume selbst durch Einschnitte gewonnen, sondern muss förmlich aus der Erde gegraben werden. Die Dammar -Fichte kommt nur auf der nörd- lichen Insel, im nördlichen Theile derselben vor. Firniss für Eisen - und Stahlwaaren gegen Rost. 83 In Auckland wurden einzelne Stücke Kauri- Harzes gesehen, welche bis zu 100 Pfund wogen. Im Jahre 1857 wurden 2521 Tonnen (ä 2000 Pfund) dieses werthvollen Harzes im Betrage von 35250 Pfund Sterling ausgeführt. ( Wittsleins Vierteljahrsschr. Bd. 11. Heft 4.) B. Siccatif zu Zinfcanstrich. Nach Girardin besteht das Siccatif, welches die Societe de la Vieille-Montagne in den Handel bringt, aus 6,66 wasserfreiem schwefelsauren Manganoxyd 6,66 essigsaurem Manganoxydul 6,68 Zinkvitriol 980,00 Zinkweiss. Von diesem Gemenge werden 2 bis 3 Procent dem Zinkweiss zugesetzt, wodurch dasselbe leicht trocken wird. {Wagner' 's Jahresb. d. ehem. Technologie, 1861. — Polytechn. Centralbl. 1862. S. 1246.) E. Firniss für Eisen- und Stahlwaaren gegen Rost. Das von Conte angegebene Verfahren besteht darin, dass man die Stücke, welche gefirnisst werden sollen, mit einer stark alkalischen Lauge rein putzt, sie sodann mit reinem Wasser abwäscht und mit reinem Leinenzeug abtrocknet. Man nimmt hierauf sogenannten dicken Oelfirniss, dessen Hauptbestandteil Copal ist, und zwar den weissesten, den man haben kann und mischt zur Hälfte bis 4 / 5 ein gut rectificirtes Terpenthinöl hinzu, je nachdem man den Metallglanz der Stücke mehr oder weniger bewahren will. Die Mischung erhält sich ohne Veränderung, wenn sie gut verschlossen ist. Bei der Anwendung dieses Firnisses nimmt man ein kleines Stück feinen ausgewaschenen Schwamm, taucht es, um das Was- ser zu entfernen > in Terpentinöl, giebt darauf ein wenig Firniss in ein Gefäss, legt den Schwamm hinein bis er vollgesogen ist, und drückt ihn zwischen den Fingern, so dass nur eine ganz kleine Menge Firniss darin bleibt. In diesem Zustande fährt man damit leicht über das Stück, mit der Vorsicht, dass man nicht wieder zurückfährt, wenn die Essenz einmal verflogen ist, weil dadurch der Anstrich rauh und ungleich wird. Man lässt ihn dann an einem vor Staub geschützten Orte treoknen. Die Erfahrung hat gelehrt, dass Eisen- und Stahl- 6* 84 Zufälle bei Anwendung von Mennigkitt in Bleichereien. waaren auf diese Weise behandelt, ihren Metallglanz be- halten, auch wenn sie mit den Händen gerieben worden und zum täglichen Gebrauch dienen. Dieser Firniss lässt sich auch auf Kupfer anwenden, wenn man dieselbe Rück- sicht beobachtet wie bei Eisen und Stahl. Man muss nur dafür sorgen, dass die Stücke nicht in dem Augen- blicke gebraucht werden, wo das Kupfer eben erst ge- schliffen wurde. Man reinigt es und lässt es an der Luft liegen, wobei es eine dem Golde ähnliche Farbe annimmt, und kann man sie dann nach dem angegebenen Verfahren firnissen. Hierdurch ist es vor aller oxydirenden Ein- wirkung geschützt und behält Politur und Farbe. Physi- kalische Instrumente können auf diese Art überzogen, bei Experimenten, bei welchen man sich des Wassers bedient, gebraucht werden, ohne die geringste Verände- rung zu erleiden. (JRecueü de la soc. polytechn.) _____ Bkb. lieber die Zufalle, welche bei Anwendung von Mennig- kitt in Bleichereien etc. statt finden können. Bekanntlich tritt in den gebleichten, gefärbten, ge- druckten Geweben zuweilen ein Fleckigwerden während des Processes selbst ein und dieser Zufall scheint zuwei- len unerklärlich. Persoz sucht nun den Grund darin, dass das Wasser oder der Wasserdampf, welcher zu obigen Industriezweigen verwandt wird, häufig durch Metallröh- ren geleitet werde, deren Verbindungsstücke mit Mennig- kitt verbunden sind. Gewöhnlich bilden sich am Kitte solcher Verbindungsstücke Auftreibungen und es werden davon Theile fortgerissen. Gelangen diese nun in die Farbeflotte etc., so sind sie die sehr unangenehme Ver- anlassung zur Entstehung gedachter Flecken, wie sich Persoz durch Untersuchung solcher fleckig gewordenen Stoffe überzeugt hat. Derselbe wies Blei darin nach ohne dass dieselben mit Bleipräparaten gefärbt oder bedruckt waren. Es ist daher wünschenswerth, statt des Kittes aus Mennige einen nicht bleihaltigen Kitt zu verwenden. (Msner's ehem. - techn. Mittheilungen d. Jahres 1860 — 1861.) Bkb. Anstrich hölzerner Fnssböden mit Leinölfirniss. Nach der hier folgenden Vorschrift sind nach Am- mermüller seit einer längeren Reihe von Jahren viele Anstrich hölzerner Fussböden mit Leinölfirniss. 85 Fussböden angestrichen worden, die schön ausgefallen und dauerhaft geblieben sind. Den dazu verwendeten Leinölfirniss bereitet man, indem man Leinöl in einem eisernen Geschirr mit fein gepulvertem Braunstein über einem Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren bis zum schwachen Rauchen des Oels erhitzt. Sobald das Oel sich dabei zu bräunen an- fängt, wird es vom Feuer genommen. Auf je 6 Pfund Leinöl reicht 1 Loth Braunstein aus. Der Fussböden muss gehörig gereinigt und von allem Sand befreit und vor dem Anstriche vollkommen getrocknet werden. Während des Anstreichens muss nun der Firniss so heiss wie möglich gehalten werden, damit er recht dünn- flüssig ist, in das Holz gut eindringt und gut verrieben werden kann. Der Firniss muss daher, so lange ange- strichen wird, immer auf dem Dampfapparate stehen und häufig umgerührt werden. Man giebt dem Boden gewöhnlich drei Anstriche, welche so gleichmässig als möglich aufzutragen sind. Sobald der erste Anstrich trocken ist, ungefähr nach 24 Stunden, kann der zweite gemacht werden und eben so der dritte. Der erste Anstrich zieht sich schnell ins Holz ein, eben so der zweite, wenigstens in den weichen Holztheilen, während der harte Theil der Jahresringe früher glänzend wird. Sollten einzelne Stellen nach dem dritten Anstriche noch matt aussehen, so kann man diese noch mit einem vierten Anstrich versehen. Man kann den Anstrich mit einem wollenen Lappen oder mit einem dicken steifen Anstrichpinsel vornehmen. Letzterer hat den Vorzug der Bequemlichkeit und dass man das Oel dabei heisser halten kann. Bei tannenen Böden sieht der Oelanstrich ohne allen Zusatz von Farbe, wenigstens von Anfang an, weniger gut aus, denn er hat das Ansehen eines eben frisch auf- gewaschenen Holzbodens, was sich erst mit der Zeit durch Eintreten von Staub verliert. Es ist daher zu rathen, beim zweiten Anstriche dem Firniss so viel braune Farbe — Umbraun oder Kasseler Braun — zuzusetzen, dass der Boden eine helle Färbung wie helle Nussbaummöbel er- hält. Nach dem dritten Anstriche ist es für die Haltbar- keit des Firnisses zweckmässig, den Boden ungefähr noch 8 Tage unbenutzt zu lassen, so lange nämlich, bis er nicht mehr klebt. Hauptbedingungen für das Gelingen des Anstriches sind : 1) heisses Oel während dess Antreichens, 2) gleiches 86 Bienenwachs von Pflanzenwachs zu unterscheiden. Auftragen des Firnisses und 3) dünnes Verreiben, nament- lich des dritten Anstrichs. Man kann tannene und eichene, neue und alte Fuss- böden so behandeln. Bei alten Böden zeigen sich aber meistens schon beim ersten Anstriche alte Flecke als dunk- lere Platten. Dann muss man bei dem zweiten Aufstrich etwas mehr Farbe zusetzen, so viel, dass die Flecke mög- lichst verdeckt werden, wodurch freilich die Farbe des Bodens überhaupt dunkler und unfreundlicher wird. ( Würz- burg. Gemeinn. Wochenschr. 1862. 25). B. Nachweisung von Mohnöl und andern trocknenden Oelen in Mandelöl oder Olivenöl. Das Elain der nicht trocknenden Oele verwandelt sich bekanntlich durch Einwirkung von salpetriger Säure in festes Elaidin, nicht aber das Elain der trocknenden Oele. Auf dieses Verhalten hat man nun eine Prüfung der ersteren, um eine Verfälschung mit letzteren zu erken- nen, gegründet, z. B. um Mohnöl in Mandelöl oder Olivenöl nachzuweisen. Diese Prüfung wird am besten auf die Weise ange- stellt, dass man die aus Salpetersäure und Eisenfeilspänen entwickelte salpetrige Säure mittelst einer Glasröhre in Wasser leitet, auf welchem eine Portion des fraglichen Oels schwimmt. Ist dasselbe rein, so verwandelt es sich vollständig in eine feste Masse ; andernfalls bleibt es schmie- rig oder ganz flüssig. (Journ. de Med. de Br. 1862. — Wittsteins Vierteljahr sehr. Bd. 11. 4.) B. Verfahren um Bienenwachs von Pflanzenwachs zu unterscheiden. Robineaud gründet sein Verfahren zu diesem Zweck auf den Grad der Löslichkeit beider Wachssorten in rectificirtem Aether. Er verwendet dazu 1 Theil Bienenwachs und 50 Theile Aether, befördert die Lösung durch Schütteln und giebt den Inhalt nach Veränderung sämmtlicher Wachsstücken in einen voluminösen Absatz auf ein gewogenes Filter, wäscht mit kaltem Aether gründ- lich aus, lässt das Filter ohne Trichter zur Verdunstung des Aethers mehrere Stunden an der Luft liegen und wiegt es dann. Der vom Aether nicht gelöste Theil betrug zuweilen Einige Anwendungen des Paraffins. 87 50 Proc. Bienenwachs 5 Pflanzen wachs so behandelt Hess nur 5 Proc. Rückstand und Robineaud betrachtete diese kleine Menge bei Mischungen als nicht zu beachten. Derselbe schlägt deshalb vor, den vom Aether nicht gelösten Theil des fraglichen Wachses einfach auf Rechnung des Bienen- wachses zu setzen. Unterwirft man nun 1 Grm. Wachs der Untersuchung und bleiben 0,35 Grm. ungelöst, so ent- sprechen diese 70 Proc. Bienenwachs und die Beimischung von Pflanzen wachs betrug 30 Proc. (Zeitschr. f. analytische Chem. 1862. & 115. — Dingl. Journ. Bd. 163, Hft. 1. S. 80.) Bkb. Einige Anwendungen des Paraffins. Nach A. Vogel lässt sich das Paraffin statt des Oels für Oelbäder anwenden. Abgesehen von der grössern Rein- lichkeit verträgt dasselbe eine mehrmalige und lange dauernde Erhitzung bis zu 300° C, ohne wie das Oel Zer- setzung zu erleiden ; über 300° C. wird es unzersetzt verflüch- tigt. Während das Oel nach öfterem Erhitzen schwarz und dickflüssig wird, bleibt das Paraffin constant dünnflüssig und wasserhell, so dass die im Bade befindlichen Trocken- apparate immer deutlich gesehen werden können. Der niedere Schmelzpunct (45° C.) gestattet das gefahrlose Ein- setzen der Glasgefässe. Die Reinigung der Apparate vom Paraffin geschieht durch Benzol. Durch schmelzendes Paraffin gezogenes Filtrirpapier wird von concentrirter Schwefelsäure, selbst nach wochen- langer Berührung, nicht angegriffen und kann demnach das Paraffin sehr zweckmässig zur Deckung von Etiketten auf Standgelassen für Säuren und Alkalien verwendet wer- den. Um das Eindringen des Paraffins in das Papier zu verhindern, wodurch letzteres durchscheinend würde, ist ein Ueberzug von arabischem Gummi auf den Etiketten zu empfehlen. Nachdem dieser getrocknet ist, überstreicht man dieselben mit schmelzendem Paraffin, das bis 100° C. erhitzt werden muss, um die Schicht nicht zu dick zu erhalten. Auch der Einwirkung der Flusssäure widersteht das Paraffin und man kann diese daher in Flaschen auf- bewahren, welche an den inneren Wandungen mit einer dünnen Schicht Paraffin überzogen sind. Um dies zu be- werkstelligen, bringt man geschmolzenes Paraffin in die erwärmte Glasflasche, vertheilt es durch Schütteln gleich- 88 Wiedergewinnung der Alkalien und Säuren. massig an den Wandungen, giesst das Ueberschüssige aus und taucht nun die Flasche in kaltes Wasser. Schwämme und Papier mit Paraffin getränkt sind den bekannten Wachspräparaten hinsichtlich der Stabilität noch vorzuziehen. Zur Conservirung der Früchte scheint das Paraffin auch anwendbar zu sein, so wie zur Erhaltung der Eier etc. Professor Kobell machte den Verfasser darauf auf- merksam, das Paraffin als Schutzmitel gegen Oxydation anzuwenden. Statt daher Auflösungen eisenoxydulhaltiger Mineralien, sowie Reductionen von Eisenerzen zur Titrirung mit Chamäleon in einer Kohlensäure-Atmosphäre vorzuneh- men, könnte man nun diese Operationen in offener Schale ausführen, indem man zugleich einige Stücken Paraffins schmilzt und die ganze Oberfläche bedecken lässt. (Chem. Centrbl. Nr. 9. 1862). B. Wiedergewinnung der Alkalien und Säuren, welche in Mineralölfabriken zum Reinigen der Oele benutzt worden sind? von H. Perutz. 1. Wiedergewinnung der Alkalien. Die beim Reinigen der Mineralöle angewandten Alkalien bleiben in der Blase zurück. Man verbrennt resp. glüht sie dann in einem gut ziehenden Ofen bis aller Kohlenstoff verbrannt ist und behandelt sie mit der durch den Rost gefallenen Asche wieder. Da die Alkalien nur im ätzenden Zustande anwendbar sind, beim Verbrennen aber Kohlensäure ge- bildet wird, welche sich mit den Alkalien verbindet, so muss die Kohlensäure auf gewöhnlichem Wege durch Kalk entfernt werden. Der Unreinheit des Kalkes wegen nimmt der Verfasser auf 53 Th. wasserfreie Soda 33 Th. Kalk und auf 1 Ctr. Soda 300 Liter Wasser und kocht dieses Gemisch unter fortwährendem Umrühren 1 ] / 2 Stunde lang. Um sicher zu sein, dass die Kohlensäure der Soda völlig entzogen wird, darf man auf 1 Ctr. nicht weniger als 250 Liter Wasser nehmen. Nach dem Kochen wird das Gemisch in ein passendes Gefäss gegeben und 1 Tag lang alle 3 Stunden gut umgerührt. Während der Nacht hat sich dann der Kalk gehörig abgesetzt und man zieht nun die klare Aetznatronlauge mittelst eines Hebers ab, kocht sie ein bis sie bei 120 R. 3ß0 Baume zeigt und füllt sie in gut verschliessbare, gegen den Einfluss der Luft ge- sicherte Gefässe. Nur Laugen von dieser Stärke eignen Baumwollensamenöl. 89 sich nach Perutz zum erwähnten Zwecke, wogegen Laugen von 25° B. nicht im Stande sind die Phenyl- säure, das Kreosot und Brandharz vollständig dem Oele zu entziehen. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, wenn man Mineralöl zuerst mit verdünnter, dann mit con- centrirter Natronlauge behandelt. Wenn auch im ersten Falle etwas Phenylsäure gelöst wird, so bleibt doch immer ein grosser Theil zurück, welcher nur durch concentrirte Lauge entfernt werden kann. Noch unvortheilhafter ist der Gehalt der Laugen an Kohlensäure, weshalb man grössere Mengen der Lauge wie oben angegeben hermetisch verschliessen muss. Auch ist es gut, beim Reinigen der Oele 8 Proc. frisch bereitete Kalkmilch mit anzuwenden, da die Phenylsäure mit über- schüssiger Kalkmilch ein im Wasser lösliches basisches Kalksalz bildet und man gleichzeitig den Vortheil hat, dass die Laugen von einem etwaigen Kohlensäuregehalte befreit werden. Die Brandharze lösen sich gleichfalls vollkommen in kohlensäurefreien concentrirten alkalischen Laugen. 2. Benutzung der beim Reinigen der Mineralöle erhal- tenen schwefelsauren Flüssigkeiten. Diese geschieht durch Verwendung zur Eisenvitriol fabrikation. Man bringt sie in eine mit Blei gefütterte schmiedeeiserne Pfanne, welche durch Dampf, den man bei irgend einer Operation in der Fabrik kostenlos gewinnt, erhitzt, setzt sodann nach Berechnung die nöthige Quantität alten Eisenblechs zu, wozu sich am besten eine Lösung von 1,1410 (== 18» ß.) welche 20 Proc. Schwefelsäurehydrat enthält, eignet. Die äquivalente Menge Eisen wird nach der Formel FeO, SO 3 berechnet, doch setzt man bekannt- lich etwas mehr Eisen zu, um fremde Metalle zu fällen und die Bildung von Oxyd zu vermindern. Die sich auf der Oberfläche sammelnden Oeltheile müssen entfernt wer- den. Wird kein Wasserstoffgas mehr entwickelt, so filtrirt man heiss durch ein Sand filter, wobei auch alle jUnreinig- keiten, Oeltheile und schwefelsaures Eisenoxyd zurück- bleiben. Durch Verdampfung des klaren Filtrats zur Kry- stallisation gewinnt man den grössten Theil der angewende- ten Schwefelsäure in Form von Eisenvitriol wieder. (Dingl. Journ. Bd. 163. Heft 1. S. 65). Bkb. Baumwollensamenöl. Die verschiedenen Meinungen über den Werth des Baumwollensamenöls, welches seit Kurzem der Centner zu 90 Baumwollensamenöl. 9 Thlr. vielfach in den Handel gebracht worden ist, veran- lassten Lipowitz, dasselbe näher zu prüfen und er hat gefunden, dass dasselbe wegen seiner guten Eigenschaften im gereinigten Zustande und wegen seiner Billigkeit sehr bald gesucht werden wird. Das in Handel gelangende Oel hat eine tiefbraune, nur in dünnen Lagen durchscheinende Farbe. Es ist fast ganz geruchlos und der Geschmack ist milde und ange- nehm. Das Eigengewicht des Oels ist 0,928 bei -)- 15° C. und erstarrt das rohe Oel weit schwerer als das gereinigte, es wird erst unter 0° dickflüssig und bei etwa — 2 bis 3° fest. Nach Lipowitz' s Versuchen ist das Oel zu den trock- nenden Oelen zu zählen. Den Flüssigkeitsgrad des rohen Oels fand Lipowitz 29 bis 30 Mal geringer als den des Wassers. Das Oel kann durch Behandlung mit den alkalischen Laugen sehr leicht von seinem färbenden Princip getrennt werden. Dieses färbende Oel verbindet sich beim Schüt- teln schon in der Kälte mit den Laugen, ein klares Oel von gelber Farbe scheidet sich oberhalb der braun- rothen Seife ab und kann leicht getrennt werden. Je nach der vollständigen Abscheidung gewinnt man 80 bis 85 Proc. eines hellgelben, fast ganz geruchlosen und im Geschmack an feinstes Provenceröl und Mohnöl erinnern- den Oeles, welches bei -f- 3° bis 0° C. erstarrt. Es zeigt ein specifisches Gewicht von 0,9206 und ist 17 Mal schwer- flüssiger als Wasser. Diese Eigenschaften werden nicht verfehlen, dieses Oel sehr bald seiner Billigkeit wegen zu einem gesuchten Handelsartikel zu machen. Der leicht verseif bare, 15 bis 20 Proc. des Baum- wollensamenöls betragende und daraus leicht mit Säu- ren abscheidbare Fettantheil stellt ein braunes oder grü- nes Fett dar, von schwach butterartiger, dem Gänseschmalz ähnlicher Consistenz. Dasselbe wird sich eben so gut zur Maschinen- und Wagenschmiere eignen, da es selbst in der Wärme lange fliessend bleibt ohne zu verharzen, als es sich auch zur Bereitung geruchloser Natron- oder weicher Kaliseifen eignet. Dieser verseif bare Stoff ist nach Lipowitz ein Fett und kein Harz. Lipowitz ist gern bereit, nähere Auskunft über zweckmässige Bearbeitung des Oels zu geben. (Polyt. Int.-Bl) B. Chemische Untersuchung der Lopezwurzel. 91 Chinesische Mottentinctur. In eine Quantität besten Spiritus thut man ungefähr den achten Theil Kampfer und eben so viel von der ge- stossenen Schale des Spanischen Pfeffers, macerirt bis der Kampfer aufgelöst ist, presst die Flüssigkeit durch Leinwand und besprengt mit derselben das aufzubewahrende Pelz- werk oder die Kleider gleichmässig, wickelt sie zusam- men und schlägt sie in starke Leinwand ein. Statt des Pfeffers kann man auch gestossene Coloquinthen nehmen. (Kühtze's Notizen. 1862. Nr. 8.) B. Chemische Untersuchung der Lopezwurzel. Die wesentlichen Bestandtheile der Rinde der Lopez- wurzel sind nach Fr. Schnitzers chemischen Unter- suchung folgende: Ein in Aether und in Alkohol leicht lösliches Harz, „ „ „ leicht und in Alkohol schwer lös- liches Harz, n „ „ nicht, aber in Alkohol leicht lös- liches Harz, Aetherisches Oel, Bitterstoff, Gerbestoff, Gummi, Zucker, Pektin, Stärk m eh 1, Oxalsäure, Citronensäure. 6 Unzen des lufttrockenen Holzes lieferten beim Ver- brennen 18,32875 Gr. — 0,636 Procent Asche; diese fand sich in 100 zusammengesetzt aus: 32,215 Alkalien 25,275 Kalk 7,982 Magnesia 0,829 Thonerde 0,881 Eisenoxyd 3,308 Manganoxyduloxyd 0,152 Chlor 2,059 Schwefelsäure 6,777 Phosphorsäure 3,556 Kieselsäure 16,879 Kohlensäure 99,943. ( Wittst. Vierteljahrsschr, Bd. IL Heft 1.) B. 92 Saft der Frucht des Solanum Lycopersicum. Chemische Untersuchung der Rinde von Atherosperma moschatum. N. J. Z e y e r theilt darüber Folgendes nach O.Bergs Nachrichten über diese südaustralische Drogue mit. Die Rinde bildet harte, schwere, ein wenig rinnenförmige oder gerollte, l^bis 3 Linien dicke Stücke von verschiedener Länge und Breite. Auf der Aussenfläche erscheint sie schmutzig graubraun, theilweise mit weisslichem Flechten- anfluge bestreut und mit vorwaltenden derben, geschlän- gelten, in der Mittellinie gespaltenen Längsleisten versehen. Die Bruchfläche ist uneben körnig, von blassbrauner Farbe. Die Unterfläche zeigt sich dem unbewaffneten Auge eben, dunkler braun, zart gestreift. Geschmack und Geruch der Rinde sind nach Berg deutlich und ziemlich stark muscatartig; Zeyer findet jedoch, dass beide nicht rein muscatartig sind, sondern auch etwas an Sassafras erinnern. Die Gattung Atherosperma y von der bis jetzt nur zwei in Neuholland einheimische Arten bekannt sind, gehört zu der Familie der Monimiaceen; die Monimiaceen sind meist aromatische, immergrüne Sträucher und Bäume. Zeyer s Untersuchung hat nun festgestellt, dass das von ihm aufgefundene Alkaloid der Rinde von Atherosperma moschatum als eigenthümlich betrachtet werden muss und den Namen — Atherospernim — verdient, ausser- dem enthält die Rinde noch ätherisches Oel, fettes Oel, Farbstoff, Wachs, Albumin, Gummi, Zucker, Stärkmehl, Harz, eisengrünende Gerbsäure, Buttersäure und Oxalsäure. ( Wittsteiris Vierteljahrsschr. Bd. 10. Heft 4.) B. lieber den Saft der Frucht des Solanum Lycopersicum. J. B. Enz's Untersuchung zufolge enthält der Saft der Frucht des Solanum Lycopersicum folgende Bestandtheile : Kali, Kalk und etwas Magnesia, verbunden mit Aepfelsäure, Weinsäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Chlor, dextrinartiges Gummi, Eiweiss, Stärkmehl, Cellulose, fettige und harzige Materie, rothen Farbstoff, Zucker. Solanin konnte in dem Safte nicht aufgefunden wer- den, denn dieses hsi ättech durch # einen bittern, ekelhaf- ten, im Schlünde kratzenden Geschmack verrathen müssen. Die Fruchtkerne dagegen gaben ein geistiges Extract von bitterem und scharfem Geschmack, und enthalten daher vielleicht Solanin, worüber Enz später berichten wird. ( Wittsteins Vierteljahrsschr. Bd. 11. 3.) B, Chemische Untersuchung der Rinde von Cedrela febrifuga. 93 Chemische Untersuchung der Kinde von Cedrela febrifuga. Zu den vielen seltenen Droguen, welche heutzutage als nützliche raedicinische Heilmittel aus den südöstlichen Ländern und Inseln Asiens zu uns gelangen, gehört auch die Rinde von Cedrela febrifuga, welche bei uns eine ziemlich unbekannte Rinde ist. Rumph gedenkt der Rinde zuerst als eines guten Fiebermittels ; später empfahlen sie B e x t o n und Blume gegen intermittirende und selbst typhöse Fieber; Kennedy und auch B ex ton innerlich und äusserlich bei Geschwüren und Brand. Waitz nennt sie eine göttliche Rinde, durch die er mehreren Menschen das Leben gerettet habe, und wendet sie an in Form von Decoct, Tinctur und Extract. Cedrela febrifuga Blume (Swietenia Sureni BL, Cedrela Toona Roxburgh) gehört zur Familie der Meliaceen, zur V. Classe I. Ordnung des Linne' sehen Systems, und ist ein 50 — 60 Fuss hoher und 14 — 15 Fuss im Umfange haltender Baum, welcher auf Java und andern sundischen Inseln vorkommt. Das Holz des Stammes ist dem Mahagoniholze an Farbe äusserlich ähnlich, jedoch weicher. Die Rinde, malayisch Suren genannt, wird von den jüngeren Aesten gesammelt und kommt in halb oder ganz gerollten, auch eingerollten, bis 2 Fuss und darüber lan- gen, 3 4 bis 1 l 2 Zoll im Durchmesser haltenden, 1 — 2 Linien dicken Stücken zu uns. Es liegt bis jetzt nur eine einzige Untersuchung der Rinde von Nees v. Esenbeck vor, weshalb W. Lindau sich veranlasst sah, eine neue Untersuchung der Rinde vor- zunehmen. Die Untersuchung hat folgende Bestandtheile ergeben: Stärkmehl, Wachs, Oxalsäure, Citronensäure, phlobaphenartigen Körper, Bitterstoff und eisengrünende Gerbsäure. Die letztere ist vom medicinischen Stand- punete aus der wichtigste Bestandtheil. Sie nähert sich unter^den bereits bekannten, eisengrünenden Gerbsäuren am meisten der Chinagerbsäure, welche zwar ein weit kleineres Aequivalent, aber (im freien Zustande) fast dieselbe procentische Zusammensetzung hat, wie nach- stehende Uebersicht zeigt: 94 lieber die Gährung. Cedrelagerbsiiure Chiimgßrbsäurc *= C34H20O22 =- C^HSO^ Kohlenstoff 51,00 51,22 Wasserstoff 5,00 4,87 Sauerstoff 44,00 43,91 100,00. 100,00. Die Analyse der Asche zeigte folgende procentrische Zusammensetzung : Kali 0,072 Natron 2,716 Chlornatrium . . 2,045 I J|*j £a Kalk 56,820 Magnesia 3,114 Eisenoxyd 0,369 Schwefelsäure 0,922 Phosphorsäure 1,263 Kieselsäure 1,150 Kohlensäure 31,250 " 99,721.~~ ( Wittstein's Vierleljahrssckr. Bd. 10. Heft. S.) B. lieber die Gährung. Bringt man nach Paste ur Hefe in eine zucker- und eiweisshaltige Flüssigkeit, welche gänzlich von Luft befreit worden ist, so vermehren sich die Hefenzellen und die Gäh- rung geht vor sich ; der deutlichste Beweis, dass die Hefe unter diesem Umstände leben und die Gährung in Flüssig- keiten hervorrufen kann, die vom freien Sauerstoff abge- schlossen sind. Pasteur fand ferner, dass bei Gegenwart von Luft in oder über einer mit Hefe versetzten Flüssig- keit die Bildung neuer Hefenzellen bedeutend schneller vor sich geht, als im erstgenannten Falle. Diese Hefe zeigt jedoch während ihrer Entwickelung eine sehr schwache gährungserregende Wirkung auf die zuckerhal- tige Flüssigkeit, welche aber nicht energisch eintritt, wenn man dieselbe mit der letzteren unter Abschluss von Sauerstoff zusammenbringt. jEs ist Pasteur gelungen, der Hefe den Charakter als Ferment grösstenteils zu benehmen, wobei trotz- 4em die Hefenzellen den Sauerstoff der Luft aufnehmen und Kohlensäure abgeben, somit in gleicher Weise wie aM,e niedern Pflanzen yegetiren. — Diese Thatsachen be- kunden, dass die Hefe mit Hülfe freien Sauerstoffs leben kann und dass durch dessen Einfluss sie sich bedeutend Ueber die Natur der Gase lebender Pflanzen. 95 entwickelt, sie also in dieser Beziehung als Analogon der andern Pflanzen zu betrachten ist. Ihre Wirkung als Ferment tritt hingegen unter diesen Umständen zurück, um dem einzigen Phänomen der Ernährung der Pflanze Platz zu machen. Es ist diesen Erscheinungen zufolge nicht unwahrscheinlich, dass die Lebensart der Pflanze sowohl bei Gegenwart als auch bei Abwesenheit freien Sauerstoffs dieselbe ist, während im letzteren Falle der zur Vegetation nöthige Sauerstoff von der gähr enden Substanz geliefert wird. Pasteurs Beobachtungen zufolge würde man also in einem physiologischen Act den Ursprung der Gährung zu suchen haben. (Journ.de Pharm, et de Cliim. Tom. XL. Aout 1861.) H. Schreiner. Ueber die Natur der Gase, welche von den lebenden Pflanzen während der Zersetzung der Kohlensäure durch die Blät- ter im Sonnenlichte ausgehaucht werden, sind von Boussingault Versuche angestellt worden, welche zu dem interessanten Resultate geführt haben, dass die Pflanze für 1 Volumen absorbirtes Kohlensäuregas nicht ganz 1 Volumen Sauerstoff gas aushauchen und mit diesem ein Gas, welches nicht Stickgas, sondern ein Gemenge von Kohlenoxydgas und Sumpfgas ist. Das Licht ist zur Einleitung dieser Zersetzung nothwendig. Fasst man die Geschichte der schönen Beobachtun- gen über die Beziehungen der Pflanze zur Atmosphäre zusammen, so findet man, dass Bonnet die Aushauchung von Gas durch die Blätter beobachtete, Priestley dieses Gas als Sauerstoffgas erkannte, Ingenhouss die Notwendigkeit einer Mitwirkung des Sonnenlichts zur Einleitung dieser Sauerstoffentwickelung darthat und Sennebier zeigte, dass das unter diesen Umständen entwickelte Sauerstoffgas das Resultat einer Zersetzung des kohlensauren Gases sei. Was uns zuerst frappirt, ist das Bestreben dieser Gelehrten, die Aufmerksamkeit bei dieser Untersuchung mehr auf den Gesichtspunct der Salubrität, als auf den der Pflanzenphysiologie zu lenken. Priestley verkündete seine glänzende Entdeckung mit den Worten: die Pflanzen besitzen die Fähigkeit, die Luft zu reinigen, welche durch den Athmungsprocess der Thiere verdorben worden ist. Erscheint es nun nicht sonderbar, dass beinahe 100 Jahre 96 lieber die Vorkeime der Charen. später man feststellt, dieselben Blätter, welche Sauerstoff- gas aushauchen, das die Atmosphäre verbessert, auch eins der schädlichsten Gase entwickeln, das man kennt, das Kohlenoxydgas ? Ist es nicht erlaubt, anzunehmen, dass die Emanation dieses Gases eine der Ursachen der Insalu- brität der morastigen Gegenden ist, weil gerade die Blät- ter der Wasserpflanzen jenes Kohlenoxyd- und Sumpfgas- haltige Sauerstoffgas entwickeln? (Boussingault, Compt. rend. 18. Novbr. 1862.) H. Ludwig. leber die Vorkeime der Charen. Von den zahlreichen Beobachtern der Keimung der Charen wird allgemein angenommen, dass ihre Sporen bei der Keimung unmittelbar die Pflanze hervorbringen. Dennoch ist diese Auffassung falsch und Pringsheim hat sicher nachgewiesen, dass die keimende Spore die junge Pflanze nicht unmittelbar hervorruft, sondern dass auch bei den Charen, wie bei den höheren Kryptogamen, bei der Keimung zuerst ein Vor keim gebildet wird, aus welchem erst später die ersten Zweige der Pflanze durch eine normale Knospung hervorsprossen. Dieser Nachweis des Vorkeiraes bei den Charen füllt eine fühlbare Lücke in der Entwickelungsgeschichte dieser Pflanzen aus. Die Existenz blattloser Vorgebilde, aus welchen die Zweige hervorsprossen, unterstützt die von der Bildungs- geschichte der Theile entlehnte Auffassung der Charen- Zweige als beblätterter Spross, und stellt die nahe Ver- wandtschaft der Charen mit den Moosen in das hellste Licht. Ferner lässt das unerwartete Auftreten der Vorkeime bei den Charen es als ein allgemeines Gesetz erscheinen, welchem neben Farrnkräutern und Moosen der früheren Ansicht entgegen auch die Charen sich unterordnen, dass bei allen Blattpflanzen die Spore niemals unmittelbar zur Vegetationsspitze der ersten beblätterten Achse werden kann. (Monatsb. der Akad. der Wissemch. zu Berlin. Ap7-il 1862.) A.O. Preisaufgabe der Hagen - Bucholz'schen Stiftung pro 1864 und 1865. Für das Jahr 1864 und 1865 wird die frühere Preisfrage wieder- holt: „über die vergleichende Prüfung einheimischer Giftpflanzen auf die wirksamen Bestandteile von cultivirten wie natürlichen Stand- orten". Die darüber sprechenden Arbeiten sind vor dem 1. August 1865 an den Oberdirector Medicinalrath Dr. Bley in Bernburg franco einzusenden und müssen mit versiegeltem Curriculum Vitae % Lehr- zeugniss, Zeugniss des Principals oder Professors der Universität, so wie mit Motto und Devisenzettel versehen sein. Für 1864 ist die neue Preisfrage gestellt: „Wie wird am sichersten der Aconitgehalt in den Aconit- wurzeln, so wie der Pflanze überhaupt ausgemittelt?" Die darüber sprechenden Arbeiten sind mit Proben des Präpa- rats versehen, unter denselben Bestimmungen wie oben an den Ober- director Dr. Bley einzusenden vor 1. August 1864. Preisaufgabe für die Lehrlinge. „Ausmittelung der chemischen Bestandtheile der im Handel vorkommenden Sorten von einfachem wie doppelt -kohlen- saurem Natron, so wie deren Verunreinigungen". Die Arbeiten müssen mit Zeugniss des Principals, Curriculum Vitae, Motto und Devisenzettel versehen und nebst Proben des Prä- parats an den Oberdirector Medicinalrath Dr. Bley vor 1. August 1864 franco eingesandt werden. Das Directorium. ARCHIV DER Hl Hill Uli CLXVI. Bandes zweites Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Untersuchungen über die einbasischen Säuren; von A. Geuther*), Professor in Jena. I. Essigsäure. 1. Abhandlung. V\ enn man die Formel der Essigsäure schreibt: C 2 H 2 , C 2 2 ■ . so hat man eine Gruppirung der Elemente, durch welche die verschiedenartigsten chemischen Beziehun- gen dieser Säure auf einfache, der Natur der Bestandtheile entsprechende Weise veranschaulicht werden können, eine Gruppirungsweise, welche frei ist von jedem seiner Natur nach undarstellbaren (hypothetischen) Bestandtheil. Die Formeln für die nächsten mit ihr zusammenhängenden Körper sind dann: Neutrale Sauerstoffsalze .... C 2 H2 ? C20 2 J^q Wasserstoffsalze . . . C2H 2 C 2 02 j §£ „,« 1 \ HO, H 3 N Essigäther ° 2H2 > ° 2 ° 2 JhO^H* Chlorür C2H2, C2()2}HC1 Amid C2H2, C2Q2JH3N. *) Vom Herrn Verfasser als Separatabdruck aus den Göttinger gelehrten Anzeigen dem Unterzeichneten gütigst mitgetheilt. H. Ludwig. Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 2. Hft. 7 98 Geuther, Die Essigsäure erscheint, mit dem Kohlenwasserstoff verglichen, aus dem sie durch Oxydation hervorgeht, mit dem Aethylen (im Alkohol) nämlich, als ein „Oxyäthylen". Vom Aethylen trennt sich ein Theil Kohlenstoff und Was- serstoff im Verhältniss von C 2 H 2 ; derselbe wird oxydirt zu C 2 2 und H 2 2 : Beide Oxydationsproducte bleiben in Verbindung mit dem Rest des Kohlenwasserstoffs (C 2 H 2 ) — ein Verhalten, das bei der Bildung der „Oxy- säuren" immer vorkommt und geeignet ist die Eigenthüm- lichkeiten derselben zu erklären, ein Verhalten, von dem ich in einer späteren Mittheilung ausführlicher zu reden gedenke. Wenn nun auch die Essigsäure als „Oxyäthylen" auf- geführt werden kann, so unterscheidet sie sich doch von den „Oxysäuren" dadurch, dass die in ihr, durch Oxyda- tion entstandenen, denkbaren 2 Mgt. Wasser nur zur Hälfte durch Metalloxyde bis jetzt haben ersetzt werden können (essigsaure Salze), während dagegen in den Oxy- säuren häufig sämmtliches durch Oxydation entstandene denkbare Wasser durch Metalloxyde vertreten werden kann, wie die bei ihnen mögliche dritte Reihe von Salzen, die sogen, basischen, zeigen. Es entsteht nur die Frage, ist dieser Unterschied ein fundamentaler, gelingt es wirklich auf keine Weise jenes bis jetzt nicht ersetzte Wasser der essigsauren Salze durch andere Oxvde zu ersetzen? Um sie zu beantworten, wur- den 2 essigsaure Salze der Einwirkung des Natriums unterworfen, das wasserfreie essigsaure Natron im geschmol- zenen Zustande und der Essigäther. Bei der Einwirkung von Natrium auf die erstere Verbindung, die nur wenig über ihren Schmelzpunct erhitzt worden ist, findet in der That Wasserstoffentwickelung statt, allein es entstehen bei dieser Einwirkung gleich so viele secundäre Producte, dass keine Hoffnung vorhanden ist, mit Hülfe dieses Sal- zes zu einem Resultat zu gelangen. Es wurde deshalb das bei gewöhnlicher Temperatur flüssige Aethylensalz der Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 99 Essigsäure, der Essigäther, angewandt. Derselbe war auf die gewöhnliche Weise dargestellt und wiederholten Recti- ficationen unterworfen worden, so dass er genau den für ihn angegebenen Siedepunct (74°) zeigte. Es wurde nun in einer tubulirten Retorte, deren Hals aufrecht gestellt und mit einem Kühlapparat verbunden war, auf denselben Natriumstückchen geworfen und ein Strom trocknen Was- serstoffgases dauernd darüber geleitet. Dieselben überzo- gen sich sogleich unter Wasserstoffentwickelung mit einem weissen voluminösen Salze, welches sich in dem Maasse, als sie sich auflösten, vermehrte und allmälig den Essig- äther in einen dichten Brei verwandelte. Nach und nach war eine geringe bräunliche Färbung des Aethers einge- treten. Ueberall, wo das Natrium darin sichtbar wurde, erschien seine Oberfläche nicht blank sondern immer mit dem im Essigäther unlöslichen Salz überzogen. Nach- dem eine beträchtliche Menge des festen Productes ent- standen und das Natrium verschwunden war, wurde zur Untersuchung des ersteren der Essigäther aus dem Was- serbade fast völlig abdestillirt, der bräunliche Retorten- rückstand mit wasserfreiem Aether, worin der Farbstoff allein löslich war, gewaschen, ^bfiltrirt, das weisse Salz rasch ausgepresst und über Schwefelsäure im leeren Raum getrocknet. Die Analyse zeigte, dass es wasserfreies essigsaures Natron war. Das braun gefärbte ätherische Filtrat wurde nun im Wasserbade vom Aether und Essig- äther befreit. Es blieb w T enig eines braun gefärbten Oels zurück. Um davon mehr zu erhalten, wurde der vom essigsauren Natron abdestillirte Essigäther zum zweiten Male auf die nämliche Weise der Einwirkung des Natriums unterworfen. Anfangs fand wiederum über die ganze Oberfläche des Natriums die Bildung des weissen unlös- lichen Salzes (unter allmäliger Bräunung der Flüssigkeit) statt, später jedoch hörte dieselbe auf, das Metall wurde blank, es löste sich jetzt unter Wasserstoffentwickelung vollkommen in Essigäther. Als dieser Zeitpunct einge- treten war, wurde der Essigäther wiederum abdestillirt und 7* 100 Geuther, von Neuem der Einwirkung des Natriums unterworfen. Jetzt löste sich dasselbe sogleich vollkommen auf, ohne Abscheidung irgend welchen Salzes und wie früher unter allmäliger Bräunung der Flüssigkeit. Aus diesen Versuchen geht zweierlei hervor : 1) dass die anfängliche Bildung des essigsauren Natrons einer Verunreinigung des angewandten Essigäthers, trotz häu- figer Rectiflcationen und trotz des constanten Siedepunc- tes von 74°, an Essigsäure und vielleicht auch an Alkohol, zuzuschreiben ist, dass reiner Essigäther ein ganz anderes Verhalten zeigt ; 2) dass der letztere chemisch rein durch die bis jetzt angegebenen Weisen nicht erhalten werden kann. Der mit Natrium gereinigte Essigäther besitzt den niedrigen Siedepunct 72°, 78 (corr.) — In dem Maasse, als das Natrium verschwindet, verdickt sich die Flüssigkeit unter Bräunung und verlangsamt sich die Einwirkung so, dass man durch gelindes Erwärmen dieselbe zu befördern hat. Wenn die verbrauchte Menge des Na- triums 12 Proc. vom Gewicht des angewandten Essigäthers beträgt, ist sie so langsam geworden, dass man gut thut mit dein Zusatz von Natrium aufzuhören. Man lässt nun im Wasserstrome erkalten. Der ganze Retorteninhalt erstarrt zu einer festen Krystallmasse. Durch gelindes Erwär- men, zuerst im Wasserbade, macht man sie wieder flüssig, wobei gewöhnlich wenige Krusten von essigsaurem Natron ungelöst bleiben und giesst von diesen ab durch den Tubulus die warme dick fliessende Masse in ein oder mehrere wohl getrocknete und mit guten Stöpseln ver- schliessbare Kochflaschen. Beim Erkalten erstarrt Alles wieder zu einer strahlig krystallinischen Masse, welche durch wiederholtes Auskochen mit wasserfreiem Aether allmälig fast völlig vom Farbstoff, der in Lösung geht, befreit werden kann. Es wird abfiltrirt, die weisse Kry- stallmasse rasch ausgepresst und über Schwefelsäure ge- trocknet. Aus dem ätherischen Filtrat, das gut verschlos- sen aufbewahrt werden muss, scheidet sich nach längerem Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 101 Stehen noch mehr von der Verbindung ab, mit der ebenso verfahren wird. Da dies entstandene Salz durch Wasser äusserst leicht verändert wird, so rauss bei dieser Waschung und Reinigung möglichst rasch operirt werden, um die Feuchtigkeit der Luft abzuhalten. Da dieses, vollkommen zu erreichen, nicht möglich ist, so ist auch das so erhal- tene Product stets mit den durch das Wasser entstehenden Zersetzungsproducten, hauptsächlich mit essigsaurem Natron, in geringer Menge verunreinigt, welche Verunreinigung durch die Wirkung des, während des Zerschneidens von Natrium an der Luft auf seiner Oberfläche gebildeten, Natronhydrats auf den Essigäther sich noch vermehrt. Die durch die Analyse der Natriumverbindung erhaltenen Werthe müssen also nothwendig im Sinne einer Verunrei- nigung durch essigsaures Natron gedeutet werden. Die Analyse des über Schwefelsäure im luftleeren Raum ge- trockneten, noch durch etwas Farbstoff gelblich gefärbten Salzes ergab 26,4 Proc. Natron im Mittel, 41,8 Proc. Koh- lenstoff und 5,5 Proc. Wasse ' Ein weisseres Salz von einer zweiten Darstellung: 24,2 Proc. Natron, 40,0 Proc. Kohlenstoff und 5,5 Proc. Wasserstoff. Die reine Verbin- dung würde demnach, da das hier verunreinigende essig- saure Natron mehr Natron (37,8 Proc.) und weniger Koh- lenstoff (29,3 Proc.) und Wasserstoff (3,7) Proc.) enthält, einen noch höheren Kohlenstoff und Wasserstoffgehalt und einen niedrigeren Natrongehalt ergeben haben. Die oben erwähnte Eigenschaft der Verbindung in Aether etwas löslich, und die Eigenschaft des essigsauren Natrons darin unlöslich zu sein, wurde nun benutzt, beide zu trennen. Das durch Auskochen mit Aether nach dem Erkalten im Filtrat in Form weisser verfilzter Nadeln abgeschiedene Product wurde rasch abfiltrirt, ausgepresst und im leeren Raum über Schwefelsäure getrocknet. Sein Natrongehalt betrug 19,3 Proc, während der von Aether ungelöst gebliebenen Rückstandes sich auf 32,6 Proc. erhöht hatte. Die geringe Löslichkeit der Verbindung in reinem Aether aber gestattet in kurzer Zeit und bei 102 Geuther, möglichstem Luftabschluss nicht wohl eine grössere Menge der Verbindung zu reinigen, was leichter auf folgende Weise erreicht wird. Man kocht das Salz längere Zeit mit einem Gemisch von etwa 6 Th. Aether und 1 Th. wasserfreiem Alkohol, so dass nur wenig Aether dabei ver- dunstet, filtrirt in einen wohl getrockneten Stöpselcylinder durch vorher getrocknete Trichter und Filter und fügt nun etwa ein gleiches Volum wasserfreien Aethers zu. Die Flüssigkeit trübt sich schwach, nach einiger Zeit sammelt sich das Trübende in Form von Flocken, die man durch rasche Filtration in einen zweiten Stöpselcylinder beseitigt. Nach und nach beginnt nun die Bildung schö- ner langer federartiger, von einzelnen Puncten ausgehen- der Nadeln der reinen Verbindung. Dieselbe wird rasch abfiltrirt, mit reinem Aether mehrmals gewaschen, rasch ausgepresst und über Schwefelsäure im leeren Raum ge- trocknet. Ihre Analyse ergab folgende Zahlen : 46,2 Proc. Kohlenstoff, 6,2 Proc. Wasserstoff und 21,9 Proc. Natron. Die Formel: NaO,C 12 H9()5 verlangt: 47,4 Proc. Kohlen- stoff, 5,9 Proc. Wasserstoff und 20,4 Proc. Natron. Er- wägt man nun, dass durch den Einfluss der Feuchtigkeit der Luft während des Auspressens, während des Wagens u. s. w. eine geringe Zersetzung unter Bildung von essig- saurem Natron nothwendig statt haben musste, so unter- liegt es darnach schon keinem Zweifel mehr, dass der Verbindung die erwähnte Zusammensetzung wirklich zu- kommt. Vollkommen wird dies aber durch die Zusam- mensetzung der mit Jodäthyl und Jodmethyl sich bilden- den Umsetzungsproducte, bestätigt. Bei der Einwirkung von Natrium auf Essigäther treten also 2 Mgt. de3 letzteren in Wechselwirkung, es trennt sich davon 1 Mgt. Alkohol, welcher zur Bildung von i^ether- Natron, das durch den Aether weggewaschen wird, Veranlassung giebt und in den zusammenbleibenden Rest tritt für ein Mgt. Wasserstoff 1 Mgt. Natrium ein. 2(c*H*,C«0»/gg C4H( ) + 2 Na Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 103 (NaO, C* H«, HO) + ( ™l> g g 2 2 } g£ c< R4 ) + 2 H. Daraus folgt somit, dass die Ersetzung jenes Wassers in den essigsauren Salzen durch Basen allerdings möglich ist, dass dabei aber Verbindungen entstehen, die von zwei Mgt. Säure sich ableiten. Die, von der nachträglich im Waschäther entstande- nen Krystallisation der Natronverbindung, durch Filtration getrennte ätherische Lösung wurde nun durch Destillation im Wasserbade vom Aether und unverändert gebliebenen Essigäther befreit, der braune feste Rückstand, der offen- bar noch viel von der Natronverbindung enthielt neben dem gebildeten Aether -Natron hierauf mit Wasser zer- setzt und der Destillation unterworfen. Das Destillat be- stand, ausser aus Wasser, aus viel Alkohol und wenig Aceton, welch letzteres durch häufige fractionirte De- stillation vom Alkohol getrennt, durch seinen Geruch, Siedepunct und die Analyse erkannt wurde. Der Alkohol tritt hier als Zersetzungsproduct des Aether-Natrons sowohl, als der anderen Natronverbindung auf, das Aceton kann allein der letzteren angehören. Die braune wässerige Lösung reagirt stark alkalisch, enthält ausser freiem Natron kohlensaures und essigsaures Salz, nebenbei noch wenig eines durch Schütteln der alkalischen Flüssigkeit mit Aether ausziehbaren Oels und wenig einer Natronverbindung, die auf Zusatz von überschüssiger Säure unter Trübung zersetzt wird. Letztere entsteht durch einen mittelst Aether ebenfalls ausziehbaren ölförmigen Körper. Ehe ich die Umsetzungsproducte unserer neuen Natron- verbindung beschreibe, ist es der Einfachheit und des Verständnisses halber nothwendig, einen Namen dafür zu schaffen. Es versteht sich, dass, da ich kein Anhän- ger der Radicallehre bin, ich die von jener gebrauchten Namen nur soweit annehmen kann und um Verwirrung zu vermeiden, annehmen darf, als sie frei von Radical- begriffen gedacht werden können. Ich glaube am besten zu verfahren, wenn ich in der systematisch -Wissenschaft- 104 Geuther, liehen Sprache das Kohlenoxyd (C 2 2 ) Carbon nenne, die Kohlensäure: Carboxysäure, die Ameisensäure: Carbonsäure, die Essigsäure: Methylencarbon- säure, die Propionsäure: A ethylencarbonsäure etc., den Methylalkohol: Methylenalkohol etc. Darnach bezeichne ich unsere Natronverbindung : C2H2 C202\NaO , rv .vi ■ a+ , C2H2 C 2 2 J Hü c4H4 alsDimetn y lencarDOnathv " lenäthernatron. /. Einwirkung von Jodwasserstoff- Aethylen {Jodäthyl) und Jodwasserstoff - Methylen (Jodmethyl) auf Dimethylencarhon- äthernatron. Zu diesen Versuchen, sowie zu allen folgenden, wurde die ursprüngliche durch blosses Waschen mit Aether ge- reinigte und dann über Schwefelsäure getrocknete Natron- verbindung verwandt- 1 Mgt. derselben (10 Th.) mit etwas mehr als 1 Mgt. von Jodäthyl (16 Th ) wurden in verschlossenen Röhren im Oelbade allmälig bis auf 180° erhitzt und damit circa 2 Tage fortgefahren. Die erst lockere Natronverbindung zergeht allmälig, es bildet sich viel Flüssigkeit, während das feste Salz pulverförmiger wird. Der Röhreninhalt wird nun mit Wasser geschüttelt, das feste Salz ; Jodnatrium, löst sich auf, das ölige Product, welches den Farbstoff des angewandten Salzes, das über- schüssig zugefügte Jodäthyl und die durch Umsetzung entstandene Verbindung enthält, wird nun durch Destilla- tion aus dem Wasserbade vom Jodäthyl befreit und dann mit Wasser wiederholt destillirt. Der Farbstoff bleibt dabei als eine harzartige braune Masse in der Retorte, während die neue Verbindung fast farblos mit den Was- serdämpfen überdestillirt. Sie wird mit Chlorcalcium ent- wässert und von Neuem destillirt. Ihr Siedepunct liegt bei 195 — 196° (198° corr.) ihre Zusammensetzung wird durch die empirische Formel: C 8 H 7 3 ausgedrückt, wo- nach sie also die Elemente von 1 Mgt. Essigäther minus 1 Mgt. Wasser enthält. Ihre rationelle Formel wird, ihrer Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 105 Bildung aus der Natronverbindung zU Folge, sein müssen : C2 H2, C2 02 \ HO, C4 H4 / C2 H2, 02 02 > NaO \ C2 H2 ; C2 02 / HO, C* II 4 clenn ^ C2 H2 ; C2 02 / HO, C4 H4 ) 4-C4H4HJ-NaJ , C2H2, 0*0* \ HO, C4H4 -j- L 11 HJ _ JNaJ f- C 2H2 ; C202 j HO, C4H4 Die farblose reine Verbindung besitzt einen dumpfen eigentümlichen ätherischen Geruch und ein spec. Gew. von 0,998 bei 12°. Sie ist etwas in Wasser löslich, in kaltem mehr, als in warmem, sie reagirt nicht auf Pflan- zenfarben und kann mit alkalihaltigem Wasser ohne Zer- setzung gekocht werden. Ich nenne diese Verbindung: Dimethylencarbonäthylenäther. Wendet man anstatt des Jodwasserstoff- Aethylens, das Jodwasserstoff- Methylen an und verfährt sonst gleich, so erhält man eine ganz ähnliche Verbindung, die bei 1830 (186,08 corr.) siedet, farblos und leichter als Was- ser ist, einen etwas mehr ätherischen Geruch als die vor- hergehende besitzt, in ihren sonstigen Eigenschaften aber mit jener übereinstimmt. Ihre Zusammensetzung wird durch die Formel: C ,4 H 12 6 ausgedrückt. Da ihre Bil- dung aus der Natronverbindung der Bildung der vorigen analog verläuft, so ist sie als Dim ethylencarbon m ethy- lenäther zu bezeichnen und ihre rationelle Formel: C2H2, C202 i'HO,C?H* , .t C2R2, C202 | HO, C4H4 ZU schreiben. Bei der Bildung dieser beiden Verbindungen aus der Natronverbindung tritt ausser sehr geringen Mengen von Essigsäureäthyl — resp. Methyläther und Jodnatrium kein anderes Product auf. Dies, so wie ihre Zusammensetzung, beweist indirect die Richtigkeit der für die Natronverbin- dung aufgestellten Formel. IL Einwirkung des Ammoniaks auf Dimethylencarbon- äthylenäther. Uebergiesst man Dimethylencarbonäthylenäther in einem mit Glasstöpsel verschliessbaren Cylinder mit dem 6 fachen Volum massig concentrirten Ammoniaks und 106 Geuther, schüttelt häufig durch, so geht dasselbe allraälig (nach Verlauf von einigen Tagen) zur Hälfte in Lösung, wäh- rend die andere Hälfte sich in eine schon krystallisirte, in Wasser unlösliche Verbindung verwandelt. 5 Grm. des Aethers gaben 2 J / 2 Grm. in Wasser unlösliche Kry- stalle. In dem überschüssigen wässerigen Ammoniak ist ausser Alkohol nur eine Substanz gelöst, welche nach dem allmäligen Verdunsten über Schwefelsäure als prachtvoll langstrahlig krystalli sirende weisse Masse zurückbleibt. Sie ist sehr leicht in Wasser löslich. 1. Die in Wasser unlöslichen Krystalle be- sitzen einen süsslich angenehm an Pfeffermünzöl erinnern- den Geruch. Sie lösen sich leicht in Alkohol und Aether, schmelzen bei 59°,5 zu einem farblosen Oel, das bei etwa 53° (manchmal aber auch bei niedriger Temperatur erst) erstarrt. Sie sind klinorbombische Tafeln, enthalten Stick- stoff und besitzen die Zusammensetzung: C 16 H 15 N0 4 . Sie können dreierlei sein: C 2 H2 C 2 2 \ C 4 H 4 ; C 2 H 2 , C 2 2 j C 4 H 4 C2R2, C202 j oder 2) C 2 H 2 , C 2 2 l C 4 H 4 , H3N C 4 H 4 j C 2 H 2 , C202 ] , Q , C 2 H 2 ,C 2 2 H , XT oder 3) C *m H N 5 C^H 4 d.h. entweder: 1) Dimethylencarbondiäthy lenaru- moniak; oder 2)Aethylendimethylencarbonäthy- lenammoniak; oder 3) Diäthy len dimethy len car- bonammoniak, oder im gewöhnlichen Sprachgebrauch ausgedrückt: entweder das Diäthylamid einer Diacetsäure, oder das Aethylamid einer Aethyldiacetsäure oder das Amid einer Diäthyldiacetsäure. Welche von den 3 mög- lichen rationellen Formeln und Auffassungsweisen die rich- tige ist, das müssen weitere Versuche entscheiden. Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 107 2. Die in Wasser lösliche kry stallinische Verbindung ist in reinem Zustande geruchlos, manch- mal zeigt sie einen eigenthümlichen an gebrannte Cichorien erinnernden Geruch, der wahrscheinlich einem in geringer Menge, vielleicht durch die Einwirkung von Sauerstoff, aus ihr entstehenden braunen Körper zuzuschreiben ist. Sie löst sich leicht in Alkohol und Aether und krystalli- sirt daraus unverändert, sie schmilzt bei 90° und sublimirt langsam schon bei 100° in langen verfilzten Nadeln. Die Analyse führt zur Formel: C 12 H n N0 4 ; sie kann demnach angesehen werden: 1) als Dimethylencarbonäthylenammoniak C2H2 C 2 2 \ — Ky n , v^ \j I Q4H4 H3N ~"C2H2, C202|^ ' 2) als Aethylendimethylencarbonammoniak = C2H2, C202 1H3N; d.h. C4H4J 1) als das Aethylamid einer Diacetsäure oder 2) als das Amid einer Aethyldiacetsäure. Welche von beiden Auffassungsweisen die richtige ist, auch darüber können erst weitere Untersuchungen entscheiden. Die beiden vorhergehenden Verbindungen bilden sich je zu 1 Mgt. neben 1 Mgt. Alkohol und 2 Mgt. Wasser bei der Wechselwirkung von 2 Mgt. Dimethylencarbon- äthylenäther und 2 Mgt. Ammoniak nach folgendem Schema : (C2H2,C202 t HO,C4Hn , H3N _ * VC2H2, C202 / HO, C4H4J i- ^^ IN _ /C2H2,C202\C4H4 \ /C2H2,C202 l „ 3N \ ^C2H2 ; C202JC4H4,H3Nj"T-VC2H2, C202|^ n > a * ) + ( C4H4 'Hg) + 2HO - 108 Geuther, III. Verhalten des Dimethylencarbonäthernatrons in der Wärme im Kohlensäurestrom. In einem gewogenen Rohr mit ausgezogener, abwärts gerichteter Spitze, das sich in einem Luftbade befand, wurde über 8,45 Grm. der Natronverbindung unter all- mäliger Erhitzung von 100° — 200<> trocknes Kohlensäure- gas geleitet. Es destillirten circa 2,01 Grm. einer fast ganz farblosen Flüssigkeit ab. Die im Rohr zurückgebliebene Salzmasse hatte dabei einen Verlust von 2,13 Grm. erlitten, es hatte also einfache Abdestillation statt gefunden. 1) Das Destillat. Das ölförmige Product wurde der Rectification unter- worfen, bei 70 — 80° ging nur ein geringer Theil vom Gerüche des Essigäthers über, das Thermometer stieg rasch auf 170», zwischen 1750—1770 (1800,8 corr.) destillirte der Rest bis auf wenige Tropfen farblos. Die Verbindung ist ein farbloses, im concentrirten Zustande dumpf obstartig riechendes, im verdünnten den Geruch der Erdbeeren besitzendes Oel, das auf blaues Lackmus fast ohne Wirkung ist und davon unverändert abdunstet, das in Wasser untersinkt, indem sich ein Theil davon auflöst und ersterem stark saure Reaction verleiht. Diese Verbindung hat die Zusammensetzung: C l2 N 10 O 6 und es kommt ihr, da sie den obigen Eigenschaften nach sich wie eine Aetherart und nicht wie eine Säure verhält, die rationelle Formel: C2H2,C202^ HO C2H2, C202/HO, C4H4 d. h. sie ist Di meth ylencarbonsäureäthylenäther, der Aether einer Diacetsäure. Bei der Auflösung derselben in Wasser scheint sich ein Theil in die Dimethylencarbonsäure und Alkohol zu zersetzen, wenigstens deutet darauf hin einmal die saure Reaction des Wassers, dann aber die charakteristische Reaction, welches diese Lösung mit neutralem Eisenchlorid giebt und wodurch sie zugleich sich von einer Essigsäure- Untersuchungen über die einbasischen Säuren. 109 lösung unterschieden zeigt. Es entsteht damit nämlich eine prächtig dunkelviolette Färbung. Dieselbe Reaction tritt selbst dann noch auf, wenn das saure Was- ser mit Natron im Ueberschuss gekocht und dann mit Salzsäure wieder neutralisirt worden ist, was auf eine grosse Beständigkeit der Salze schliessen lässt. Versuche in dieser Richtung werden erst eine nähere Kenntniss der- selben bringen können. 2) Der Rückstand. Der bräunlich aussehende Rückstand im Rohr löst sich volkommen in Wasser, er enthält kohlensaures Na- tron, den vom angewandten Salz herrührenden Farbstoff und das Natronsalz einer neuen Säure. Durch Schüt- teln der alkalischen Lösung mit Aether kann man einen Theil des Farbstoffs entfernen. Versetzt man nun die Lösung mit Salzsäure im Ueberschuss, so scheidet sich eine krystallinische Substanz ab, die durch Schütteln mit Aether von demselben gelöst wird und nach dem Abdam- pfen desselben in noch braun gefärbten schönen nadei- förmigen Krystallen, die ausserordentlich leicht in Aether löslich sind, zurückbleibt. Diese Säure habe ich ihrer Zusammensetzung nach noch nicht untersucht; weiss von ihr aber, dass sie leicht schmelzbar ist, schon bei gewöhn- licher Temperatur in farblosen Nadeln sublimirt, aber erst über 1900 siedet. IV. Einwirkung von trocknem Chlorwasserstoff gas auf Di- methylencarbonäthernatron . Leitet man trocknes Chlorwasserstoffgas über die in einer, mit abwärts gebogener Spitze versehenen, Röhre be- findliche Natronverbindung, so erwärmt sich dieselbe unter vollständiger Absorption des Gases und es entsteht eine Flüs- sigkeit, welche durch gelinde Wärme im Salzsäurestrom vom gebildeten Kochsalz abdestillirt wurde. Dieselbe hat Chlorwasserstoff absorbirt und raucht wohl deshalb an der Luft, vielleicht auch weil sie geringe Mengen 110 Geuther, Untersuchungen über die einbasischen Säuren. Chloracetyl enthält. Sie fängt, der Destillation unterwor- fen, unter Ausgabe von viel Chlorwasserston früh an zu sieden, gegen 80° bleibt das Thermometer etwas constant, dann steigt es wieder rascher bis gegen 170°. Bei 200° ist alles bis auf eine braune Masse überdestillirt. Durch Waschen des Gesammtdestillats mit Wasser wurde die Salzsäure entfernt, dasselbe hierauf mit Chlorcalcium ent- wässert und wiederholten Fractionen unterworfen. Dabei zeigte sich, dass es aus drei Producten, den nämlichen, die bei der Erhitzung des Dimethylencarbonäthernatrons im Kohlensäurestrom aufgetreten sind, nämlich aus Essig- äther (der hier in reichlicherer Menge auftritt), aus Di- methylencar bonsäureäther und, soviel sich ohne Analyse Bestimmtes aus dem ganz gleichen Verhalten schliessen lässt, aus der festen, flüchtigen über 190° destil- lirenden Säure. Die beiden ersten Producte wurden nicht bloss an ihren Siedepuncten und ihren anderen Eigenschaften, sondern auch durch die Analyse als solche erkannt. Der im Rohr bleibende Rückstand ist etwas grau ge- färbtes, sonst reines Chlornatrium, so dass, wie quanti- tative Versuche gezeigt haben, diese Behandlungsweise der Natronverbindung zur Bestimmung ihres Natriumge- halts benutzt werden kann. Auf analoge Weise, wie der Essigäther, soll nun auch der Ameisensäureäther behandelt werden. Schliesslich kann ich nicht umhin, der Hülfe dankend zu erwähnen, die Herr Stud. Aisberg mir bei diesen Versuchen geleistet hat. Erlenmeyer und Wanklyn, über Hexylverbindungen. 111 Ueber Hexylverbindungen ; von Erlenmeyer und Wanklyn. Als wir gerade mit der ausführlichen Untersuchung des aus Mannit gewonnenen Hexyljodürs und seiner Deri- vate beschäftigt waren, kam uns eine Abhandlung, S. 287, von A. Wurtz „Ueber die Hydrate der Kohlenwasser- stoffe" zu Gesicht, welche es uns als zweckmässig er- scheinen lässt, unsere bis hierher erhaltenen Resultate schon jetzt vor Beendigung unserer Arbeit zu veröffent- lichen. 1 . Hexyljodür. Das unmittelbare Product*) der Einwirkung des Jodwasserstoffs auf Mannit stellt nach der Reinigung von Jod eine olivengrüne Flüssigkeit dar, aus welcher sich bei längerem Stehen feste Krusten von brauner Farbe absetzen, die nur wenig an Alkohol abgeben. Die ab- gegossene Flüssigkeit hat ihre Farbe fast nicht geändert. Die Analyse dieses rohen mit geschmolzenem Chlorcal- cium getrockneten Jodürs ergab 35,01 Kohlenstoff statt 33,96 und 58,50 Jod statt 59,91. Dasselbe wurde dann zu destilliren versucht. Es zeigte sich aber sogleich beim Erwärmen, ehe Sieden eintrat, Zersetzung unter Entwickelung von Jod und Jod- wasserstoff. Es wurde deshalb Wasser zugesetzt und in *) Die genauere Darstellungsweise des Hexyljodürs wurde am 7. März 1862 dem naturhist.-med. Verein zu Heidelberg mit- getheilt: „Es zeigte sich, dass man fast die theoretische Menge von Hexyljodür erhält, wenn man 24 Grm. Mannit (es ist nicht gut mehr anzuwenden, weil sonst theilweise Verkohlung eintritt) mit 300 C.C. Jodwasserstoffsäure von 126° Siedepunct in einem raschen Kohlensäurestrom der Destillation unterwirft. Das Destillat, welches in etwa einer Stunde übergegangen ist, bildet zwei dunkle Schichten, von denen die untere, aus rohem, fast schwarz erscheinendem Hexyljodür besteht." 112 Erlenmeyer und Wanklyn, einem Salzbade von 110°, während ein Kohlensäurestrom hindurchgeleitet wurde, erhitzt. Das Destillat bestand aus Wasser und vollkommen farblosem Jodiir. Bei einer zweiten Operation wurde die Reinigung in der Weise vorgenommen, dass durch das rohe Jodür in einer Retorte ein Strom von Wasserdampf hindurchgeleitet wurde. Die Destillation verlief so weit rascher und mit geringerem Verlust. Das erhaltene Jodür wurde mit Chlorcalcium getrocknet und analysirt. Angewandte Substanz 0,4102 0,3878 Kohlenstoff Wasserstoff *) Jod **) gefunden. . . 34,03 6,19 59,87 berechnet 33,96 6,13 59,91 für die Formel C^H^J. Aus diesen Resultaten geht wohl unzweifelhaft hervor, dass das directe Product der Einwirkung von Jodwasserstoff aufMannit die Zusammensetzung C 12 H 13 J besitzt und ein homogener Körper ist, d. h. nicht ein Gemenge verschiede- ner Jodüre mit geringerem Kohlenstoffgehalt als C 12 darstellt. Das specifische Gewicht dieses reinen Jodürs wurde bei 0° bezogen auf Wasser bei 4° == 1,4447, bei 50° = 1,3812 gefunden. Dies entspricht einem Aus- dehnungscoefficienten für 50° von 0,0460 (ungefähr J / 4 der Gase). Unsere früheren Angaben über das spec. Gewicht in den Verhandlungen des naturh. -med. Vereins zu Hei- delberg sind die folgenden: Das spec. Gewicht dieser stark lichtbrechenden Flüssig- keit wurde bei 00 — 1,4396 und bei 79« == 1,3348 gefunden. *) Die Kohlenstoff- und Wa,sserstoffbestimmung wnrde mit chrom- saurem Bleioxyd und doppeltchromsaurem Kali mit vorge- legtem Kupfer ausgeführt. **) Die Jodbestimmung wurde in der Weise vorgenommen, dass das Jodür mit einer Lösung von Natriumalkoholat einen Tag lang im zugeschmolzenen Rohre bei 100° erhitzt, und dass, nachdem Alkohol und die kohlenstoffhaltigen Zer- setzungsproducte abdetillirt waren, aus dem Rückstande das Jod mit Silber auf gewöhnliche Weise gefällt und bestimmt wurde. über Hexylverbindungen. 113 Der Siedepunct wurde bei 753 Mm. Druck zu 167,5 corrigirt gefunden. Während der Destillation trat eine schwache Färbung in Folge von geringer Zer- setzung ein. Um eine ungefähre Vorstellung von der Zersetzbar- keit des Jodiirs in höherer Temperatur zu haben, wurden 16,5 Grm. bei 165° im Oelbade in einem langsamen Strom von Kohlensäure erhitzt, bis noch 9,2 Grm. zurück- geblieben waren. Dieser Rückstand war von freiem Jod gefärbt, zeigte einen corrigirten Siedepunct von 167° und ein spec. Gewicht von 1,4639 bei 0°. Ferner wurde eine kleine Menge von Hexyljodür in einem zugeschmolzenen Rohre längere Zeit auf 230° er- hitzt. Es wurde etwas Jod in Freiheit gesetzt, aber kein Gas gebildet und der mit saurem schwefligsauren Natron gereinigte Röhreninhalt schien fast unverändertes Jodür zu sein. Unsere früheren den Siedepunct betreffende Angaben sind die folgenden: „Die Flüssigkeit begann bei 158° zu destilliren, das Thermometer stieg auf 167°, und als das Destillations- gefäss trocken war, zeigte das Thermometer 170°. u Bezüglich der Löslich keit des Jodürs machten wir vorläufig folgende Erfahrungen: In Aether löst es sich in allen Verhältnissen, von absolutem Alkohol ver- langt es mehr als sein gleiches Volum. Wenig Wasser verringert das Lösungsvermögen des Alkohols sehr be- deutend, so dass das Jodür in sehr verdünntem Alkohol fast unlöslich ist. Chemisches Verhalten des Hexyljodürs. Weingeistige Kalilösung. Die am meisten in die Augen springende Zersetzung des Jodürs, welche, wie wir schon bei unserer ersten Mittheilung über das- selbe angaben, mit der grössten Leichtigkeit statt findet, ist die, welche es beim Behandeln mit weingeistiger Kalihydratlösung erleidet. Wenn man Hexyljodür mit Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 2. Hft. 8 114 Erlenmeyer und Wanklyn, einer solchen Lösung nur kurze Zeit bei 100° in Be- rührung lässt, so wird es, wenn man eine zur Lösung hinreichende Menge von Alkohol angewendet hat, unter Abscheidung von Jodkalium in Hexylen zersetzt. Es scheinen hierbei noch verschiedene Nebenproducte aufzu- treten, und wir sind im Augenblick mit der Bestimmung derselben bei Auwendung einer grösseren Menge von Jodür beschäftigt. Die Resultate, welche dabei erhalten werden, sollen später mitgetheilt werden. (Natriumalko- holat wirkt ebenso.) Bei einem Versuch wurden von 29 Grm. Jodür 5,5 Grm. trocknes Hexylen erhalten. Wenn bei der Zersetzung das Hexylen einziges Product wäre, so hätten 11,49 Grm. erhalten werden müssen. Wasser. Ungefähr gleiche Volumen Wasser und Hexyljodür wurden im zu geschmolzenen Rohr längere Zeit auf 190° bis 200° erhitzt. Die wässerige Flüssigkeit lieferte mit essigsaurem Bleioxyd einen bedeutenden Nieder- schlag von Jodblei und die ölige Flüssigkeit zeigte sich bestehend aus Hexylen und noch unzersetztem Jodür. Essigsäure. Fast absoluter Eisessig (4 Vol.) löste Hexyljodür (1 Vol.) zu einer vollständig homogenen Flüs- sigkeit auf; diese Lösung im zugeschmolzenen Rohr längere Zeit auf 160° erhitzt, erlitt keine bemerkbare Verände- rung. Essigsaures Bleioxyd. Zu einer Lösung des Hexyl- jodürs in Essigsäure wurde Bleizucker hinzugesetzt und in einer Retorte erhitzt. Es schied sich viel Jodblei aus, aber es bildet sich kein Essigäther. Das einzige bis jetzt bestimmt erkannte Product war Hexylen. Quecksilber wirkte in einem zugeschmolzenen Rohr im Sonnenlicht sogleich auf Hexyljodür ein, es bildete sich viel Jodquecksilber und eine Flüssigkeit, welche bei ungefähr 70° siedete. Gas wurde nicht erzeugt. Die Reaction verlief wahrscheinlich nach folgender Glei- chung : 2(C12H13J) _|_ 2 Hg = 2HgJ + C12H12 -f C«H". über Hexylverbindungen. 115 Natrium schien schon bei gewöhnlicher Temperatur auf das Hexyljodür zu wirken, es bildete sich um das Metall eine blaue Kruste. Im Wasserbade im zugeschmolze- nen Rohr erhitzt ging die Reaction weiter. Beim Oeffnen der Röhre entwich ein brennbares Gas (wahrscheinlich Wasserstoff). Die vorhandene Flüssigkeit enthielt einen bei ungefähr 70° siedenden Theil und unzersetztes Jodür. Ein anderes Product wurde nicht nachgewiesen. Wahr- scheinlich verliefen zwei Reactionen neben einander her : 1) (Ci2Hi3J)2_f_Na2 = C12H12 _j_ C12HH _f_ ( NaJ)2 2) (C»2H13J)2 _|_ Na2 = (C»2H»2)2 _j_ H2 -f (NaJ)2. Denn die Fraction 70° wurde nur zum Theil von Schwefelsäure aufgenommen und der unlösliche Theil zeigte unzweifelhaft den Geruch des Hexylhydrürs. Oxalsaures Silberoxyd in lufttrockenem Zustande 1) ohne Zusatz: 7,5 Grm. und 9,2 Grm. reines Hexyljodür wurden im Wasserbade im zugeschmolzenen Rohr längere Zeit erhitzt. Es bildete sich Jodsilber. Die Flüssigkeit im Wasserbade destillirt, lieferte 1,1 Grm. Product vom Siedepunct und Geruch des Hexylens, welches heftig auf Brom wirkte und von Schwefelsäure aufgenommen wurde, indem es Hexylalkohoi lieferte. (Siehe unten bei Hexylen.) Der Rückstand in der Röhre wurde mit Wasser gemischt und über freier Flamme destillirt. Es ging anfangs mit den W'asserdämpfen noch etwas Hexylen über und zuletzt Hess sich deutlich der Geruch des Hexylalkohols erkennen. Es scheint sonach etwas oxalsaurer Hexyläther gebildet worden zu sein. Es ist noch zu bemerken, dass die wässerige Flüssigkeit vor der Destillation eine stark saure Reaction zeigte und mit Chlorcalcium einen bedeutenden Niederschlag lieferte. 2) Unter Zusatz von Wasser. 20 Grm. rohes Jodür wurden mit 15 Grm. oxalsaurem Silberoxyd und etwas Wasser bei 100° erhitzt, es bildete sich Jodsilber und aus dem Destillat wurden 5 Grm. reines Hexylen und ein höher als dieses siedender Theil von dem Geruch des Hexylalkohols gewonnen, aus dem Rück- stande krystallisirte Oxalsäure. 3) Unter Zusatz von 8* 116 Erlenmeyer und Wanklyn, Aether. 12,5 Grm. rohes Jodür wurden mit 10 Grm. oxalsaurem Silberoxyd und 25 Grin. Aether im Wasserbade mit aufsteigendem Kühlrohr erhitzt. Es bildete sich sehr langsam Jodsilber und blieb sehr viel Hexyljodür unzer- setzt. Im Destillat konnte mit Sicherheit nur Hexylen nachgewiesen werden. Es muss bemerkt werden, dass die beiden letzten Versuche früher angestellt wurden als der unter 1 angegebene. Zink und Wasser. 28 Grm. reines Hexyljodür wurden mit vorher durch Schwefelsäure corrodirtem Zink und mit Wasser im zugeschmolzenen Rohr im Oelbade bei 160° bis 170° erhitzt. Das erhaltene Destillat roch stark nach Hexylen, es wurde mit Brom und hierauf mit saurem schwefligsauren Natron behandelt, gewaschen, über geschmolzenem Chlorcalcium getrocknet und im Was- serbade destillirt. Die übergehende Flüssigkeit zeigte den Siedepunct 69° und betrug 4,5 C.C. Ihr spec. Gewicht betrug bei 16<> 0,6671. Zink und Alkohol. In 2 zugeschmolzenen Röhren wurden je 28 Grm. reines Hexyljodür mit Alkohol und corrodirtem Zink mehrere Stunden im Wasserbade erhitzt, das durch Wasser abgeschiedene Product aus beiden Röhren betrug 20,7 Grm. Es wurde aus einer Retorte mit aufsteigendem Hals und absteigender Kühlröhre bei in die Flüssigkeit eintauchendem Thermometer fractionirt und in 3 Portionen getrennt. 1) Unter 100° wurden 10 Grm. aufgefangen. Diese Fraction roch stark nach Hexylen. 2) Zwischen 1000 un d 170O. 3) Ueber 170° blieb in der Retorte zurück. Von 2 wurde bei einer 2ten Destillation noch ein grosser Theil unter 100° gewonnen. Ein geringer Theil ging zwischen 100 und 130° über und es blieb ein ge- ringer Rückstand. Die Fraction 100/130° wurde zu 2 ge- geben. Die Fractionen unter 100° wurden mit Schwefelsäure behandelt, es blieben davon im Ganzen 8,7 Grm. unver- über Hexylverbindungen. 117 bunden. Diese wurden mit Kali getrocknet und destillirt. Etwa 6,7 Grm. zeigten den Siedepunct 68,5 bis 70° bei 754,3 M.M. Druck. Die Analyse mit Kupferoxyd und überchlorsaurem Kali am Ende des Rohrs lieferte von 0,2736 Grm. Substanz: Kohlenstoff Wasserstoff gefunden 82,21 16,12 berechnet 83,72 16,28 für die Formel C«H". Die spec. Gewichtsbestimmung ergab 0,6645 bei 16°,5. Nach der Analyse zu urtheilen, war das Hexylhy- drür nicht ganz rein (es enthielt wahrscheinlich noch etwas Jodür), aber trotzdem fanden wir das spec. Gewicht desselben geringer als Pelouze und Cahours, 0,669, und Schorlemmer 0,678 bei 15°,5 das spec. Gewicht des aus Petroleum durch Fractionirung erhaltenen Hexyl- hydrürs angeben. Es ist in unserem Falle kein Grund zu der Annahme vorhanden, dass das Hexylhydrür Amyl- hydrür beigemischt enthielt und dadurch das spec. Gewicht erniedrigt worden sei. Wir brachten dieses noch nicht ganz reine Product mit Chlor zusammen, indem wir es zu einem Gemisch von doppelt- chromsaurem Kali und Salzsäure hinzufügten. Nach längerer Berührung destillirte es unverändert über. Ein gleiches Resultat wurde erhalten, als Jod in dem Hydrür aufgelöst und Chlor eingeleitet wurde. Nach dem Reinigen der in Wasser unlöslichen Flüssigkeit mit saurem schwefligsauren Natron und Kalihydrat, Waschen und Trocknen über Chlorcalcium zeigte sie das spec. Ge- wicht des Hydrürs. Brom wirkte auf das Hydrür nur sehr langsam ein. Die braune Flüssigkeit veränderte ihre Farbe während mehrerer Tage im directen Sonnenlicht nicht bemerkbar, ebenso nicht beim Erhitzen auf 160°, als sie aber nach dem Erhitzen wieder dem Sonnenlicht ausgesetzt wurde, entfärbte sie sich. Beim Oeffnen des Rohrs entwickelten sich unter siedenähnlichem Aufwallen Ströme von Brom- 118 Erlenmeyer und Wanklyn, Wasserstoff, die den grössten Theil des Products mit fort- rissen. Silberoxyd und Wasser. 195 Grm. rohes Hexyl- jodür wurden im Wasserbade mit der stöehiometrischen Menge in Wasser vertheiltem Silberoxyd längere Zeit erhitzt. Es hatte sich viel Jodsilber gebildet, aber das mit Wasser destillirte Product wurde von Neuem mit feuchtem Silberoxyd digerirt, wieder mit Wasser destil- Hrt und dann mit kohlensaurem Kali getrocknet und fractionirt. Bei 70° trat Sieden ein, das Thermometer stieg all- mälig über 170°. Das Destillat wurde in 3 Fractionen getrennt. 1) Ein Drittel des Ganzen bestand aus Hexylen. 2) Eine weitere Fraction ging zwischen 137° und 170° über. 3) 13 Grm. destillirten über 170° und nahmen eine gelbe Färbung an. Die zweite Fraction wurde über Nacht mit entwäs- sertem Kupfervitriol zusammengestellt und fractionirt. Zwischen 138° 150° ging die grösste Menge über, ein kleiner Theil zeigte höheren Siedepunct. Die Fraction 138° 150° wurde wieder mit Kupfervitriol zusammenge- stellt und nochmals destillirt. Ehe das Thermometer 138° erreicht hatte, gingen einige Tropfen über, welche getrennt aufgefangen wurden. Der Rest siedete beinahe constant bei 138° bis 142°. Nochmals fractionirt: der- selbe Siedepunct. Bei einer weiteren Destillation wurde der über 140° siedende Theil besonders gesammelt und der unter 140° destillirte Theil verwendet. Das erhaltene Product wurde auf Jod geprüft, es enthielt eine deutlich nachweisbare Menge und die Ana- lyse ergab 63,5 Proc. Kohlenstoff. Um das Jod zu entfernen, wurde mit Kalihydrat digerirt und getrocknet. Bei der Destillation ging zuerst Hexylen über. Der Rest zeigte einen Siedepunct von 135°/137°. über Hexylverbindungen. 119 Die Analyse desselben ergab 67,28 Proc. Kohlen- stoff. Das Product war noch jodhaltig. Es wurde des- halb nochmals mit feuchtem Silberoxyd längere Zeit digerirt, dann erhitzt, um das Hexylen wegzudampfen und nun mit Wasser destillirt, durch eine Glashahnburette getrennt und über Kupfervitriol getrocknet. Bei der Destillation ging zuerst etwas Hexylen über. Es wurde dann bis über 130° erhitzt und jetzt erst die Vorlage gewechselt. Der Rest zeigte einen constanten Siedepunct von 1360 bei 758 Mm. Druck und 600 Qnecksilberfaden über dem Kork. Die Analyse ergab nun : Angewandte Substanz Kohlenstoff Wasserstoff I. 0,1476 gefunden: 70,21 13,84 IL 0,2453 gefunden: 70,00 13,88 berechnet: 70,59 f3,73. Diese Resultate sprechen dafür, dass das erhaltene Product die Zusammensetzung von Hexylalkohol hat. Specifische Gewichtsbestimmungen: bei 00 = 0,8327 bei 160 — 0,8209 bei 990 == 0,7482 *). (100 Vol. von 00 dehnen sich also auf 111,3 Vol. bei 1000 aus .) Die dritte Fraction, welche über 170° siedete, wurde von Neuem destillirt und in 2 Portionen aufgefangen, die erste zwischen 178° und 188°, die zweite zwischen 1880 und 2000. Bei einer Verbrennung der zweiten Portion wurden 60,82 Proc. Kohlenstoff und 11,22 Wasserstoff erhalten; die Flüssigkeit zeigte sich jodhaltig, es war also noch unzersetztes Hexyljodür darin. Sie wurde in einem Oel- bade über 100° erhitzt nnd in einem Strom Kohlensäure *) Bei dieser letzten Bestimmung ist für die Glasausdehnung keine Correctur vorgenommen. 120 JEh-lenmeyer und Wanklyn, ungefähr die Hälfte weggedampft. Der Rückstand be- gann bei 195° zu sieden. Eine Analyse desselben er- gab 67,9 Proc. Kohlenstoff und 11,90 Proc. Wasserstoff. Auch diesmal konnte noch Jod darin nachgewiesen werden. Die Flüssigkeit wurde von neuem in einem* Strom Kohlensäure erhitzt, bis in den übergehenden Tropfen kein Jod mehr nachgewiesen werden konnte. Die rück- ständige Flüssigkeit siedete jetzt zwischen 200° und 205° bei 752 Mm. Druck und 120° Quecksilberfaden ausser- halb des Korks. Die Analyse dieser Fraction, welche mit chrom- saurem Bleioxyd und doppeltchromsaurem Kali ausgeführt wurde, lieferte folgende Resultate: Angewandte Substanz. Kohlenstoff. Wasserstoff. 1.0,1248 gefunden 76,01 14,07 IL 0,2455 „. 75,99 13,42 berechnet 77,42 13,98 für die Formel C24H26()2 = (C«H'30, C12H130). Wenn auch die Resultate der beiden Analysen nicht vollkommen mit der Berechnung stimmen (wahrscheinlich war noch eine geringe Menge Jodür zugegen), so ist doch kein Zweifel, dass der Körper, welchen wir unter den Händen hatten, die Zusammensetzung von Hexyläther hat. (Der corrigirte Siedepunct liegt zwischen 203°,5 bis 2080,5 bei 752 Mm. Druck.) Um zu entscheiden, ob dieser Körper in der That der Aether(Ci2Hi30,Ci2Hi30) oder vielleicht ein Alkohol CJ24H26 2 (Lethal oder dessen Isomeres) ist, soll er mit Jod, Phosphor und Wasser in Jodür übergeführt werden. Von besonderer Wichtigkeit schien uns noch das Verhalten des Hexyljodürs zu Brom zu sein. Wir brachten zu 10,6 Grm. reinem Hexyljodür all- mälig 6 Grm. Brom (für 1 Aeq. Jod l l j 2 Aeq. Brom). Es trat sofort ein sehr heftiges Zischen und Spritzen ein und es schied sich eine beträchtliche Menge festes Jod ab. Das erhaltene Product wurde mit saurem schweflig- über Hexylverbindungen. 121 sauren Natron von Jod und Brom gereinigt, mit Wasser gewaschen, über geschmolzenem Chlorcalcium getrocknet und sein spec. Gewicht ermittelt. Dieses ergab sich bei 11° auf Wasser von 4° als Einheit bezogen zu 1,375. Aus dem Verlauf der Reaction und diesem spec. Gewicht ersieht man, dass das erhaltene Product nicht C 12 H 12 Br 2 gewesen ist. Am wahrscheinlichsten war es C 12 H 13 Br oder ein Gemenge dieses Bromürs mit C 12 H 12 Br 2 , oder mit noch unzersetztem C 12 H 13 J. Es wurde mit Wasser gemischt und in einem Kohlen- säurestrom der grössere Theil davon abdestillirt. Das getrocknete Destillat ergab dann ein spec. Gewicht von 1,3010. Die meisten in Vorstehendem mitgetheilten Versuche wurden vorläufig angestellt, um den besten Weg für die ausführliche Untersuchung ausfindig zu machen. Man sieht leicht, dass fast keine von den angestellten Reac- tionen glatt verläuft, sondern gewöhnlich dabei mehrere Processe nach verschiedenen Richtungen neben einander hergehen. 2. Hexylen. Die Darstellungsweise des Hexylens wurde oben mit- getheilt. Es ist eine leicht bewegliche Flüssigkeit, leichter als Wasser, von ähnlichem Geruch wie Amylen und einem Siedepunct, der zwischen 68° und 70° liegt. Die Dampfdichte wurde zu 2,88 und 2,97 statt 2,9022 ge- funden. Mit Brom verbindet es sich unter starkem Zischen und bildet eine schwere in Wasser untersinkende Ölisre Flüssigkeit von der Zusammensetzung C 12 H 12 Br 2 . Für jetzt wollen wir von dem Hexylen nur einige Reactionen mittheilen, die uns von ganz besonderer Wich- tigkeit zu sein scheinen. Hexylen und Schwefelsäure. 1) Wenn man Hexylen mit Schwefelsäure von 99,3 Proc. HO, SO 3 Ge- halt mischt, so tritt eine ziemlich heftige Reaction ein. Das Gemisch erwärmt sich und ein Theil des Hexylens geräth ins Sieden. Die Mischung färbt sich rothbraun 122 Erlenmeyer und Wanklyn, und entwickelt schweflige Säure. Beim Verdünnen mit Wasser wird eine dicke Ölige Flüssigkeit abgeschieden, die wahrscheinlich Parahexylen ist. 2) Vermischt man 3 Vol. der Schwefelsäure von der genannten Stärke mit 1 Vol. Wasser und lässt erkalten, bringt dann zu 1. Vol. dieser Säure 1 Vol. Hexylen, so findet beim Schütteln allmälige Verbindung statt. Es ist gut, die geringe Erwärmung, welche besonders eintritt, wenn man während der Reaction noch einige Tropfen Schwefelsäure hinzusetzt, durch Eintauchen des Gefässes in kaltes Wasser zu unterdrücken. Schweflige Säure wird nicht entwickelt und es tritt kaum eine gelbliche Färbung ein. Wenn man, sogleich nach der Vereinigung der beiden Substanzen, mit Wasser verdünnt, so scheidet sich auf der Oberfläche eine ölige Flüssigkeit ab, welche nach dem Waschen und Trocknen über Kupfervitriol alle Eigenschaften des früher von uns aus dem Hexyljodür erhaltenen Alkohols zeigt*). Sie siedet bei 137<> unter 756 Mm. Druck. Die Analyse mit Kupferoxyd und überchlorsaurem Kali ergab folgende Resultate: Kohlenstoff Wasserstoff 0,2513 Substanz gaben 69,63 13,67 berechnet 70,59 13,73 für die Formel C ^ H 14 02. Wenn man die wässerige Flüssigkeit, welche von dem Alkohol getrennt wurde, der Destillation unterwirft, so geht mit den Wasserdämpfen noch eine gewisse Menge Alkohol über. Sättigt man sie statt zu destilliren mit kohlensaurem Baryt, so erhält man eine Lösung, die viel Baryt enthält und beim Abdampfen auf dem Wasserbade neben etwas kohlensaurem und schwefelsaurem Baryt ein Salz hinterlässt, welches in Weingeist von 95 Proc. be- *) Man kann sich nach dieser Methode mit der allergrößten Leichtigkeit beliebige Mengen von Alkohol aus dem so leicht zu gewinnenden Hexylen darstellen. über Hexylverbindungen. 123 sonders beim Erwärmen löslich ist und beim Glühen 45,4 Proc. schwefelsauren Baryt ergiebt. Jodwasserstoff mit Hexylen. Wenn man über- schüssige Jodwasserstofflösung von 126° Siedepunct mit Hexylen in ein Rohr einschmilzt und im Oelbade längere Zeit bei 165° bis 170° erhitzt, so bildet sich eine Flüssig- keit schwerer als Wasser. Sie begann bei 160° zu sieden, bei 105° ging die grösste Menge über, bei 169° war das Gefäss trocken (Barometerstand 753 Mm.). Dieses Verhalten stimmt vollständig überein mit dem des Hexyl- jodürs, welches durch Jodwasserstoff aus Mannit erzeugt wird, so dass man wohl mit ziemlicher Sicherheit darauf rechnen kann, dass sich die Identität der beiden Jodüre durch vollständige Uebereinstimmung in ihrem sonstigen Verhalten ergeben wird. Brom wasserstoffsäur e von 1,37 spec. Gewicht scheint sich sehr langsam mit Hexylen zu verbinden, wenig- stens erhielten wir nur eine sehr geringe Menge einer Bromverbindung neben sehr viel unverändertem Hexylen. 3. Hexylalkohol. Wie angegeben, haben wir Hexylalkohol auf zwei verschiedenen Wegen erhalten, einmal, indem wir auf das Jodür wässeriges Silberoxyd einwirken Hessen, dann aber in einfacherer Weise, indem wir Hexylen mit einer nicht ganz concentrirten Schwefelsäure mischten und dann mit Wasser verdünnten, beziehungsweise da- mit destillirten. Früher wurde von Faget aus dem Weinfuselöl durch Fractionirung zwischen 148° und 154° eine Flüssigkeit erhalten, welche als Hexyl- oder Caproyl- alkohol bezeichnet wurde, und in neuerer Zeit haben Pelouze und Cahours aus Hexylhydrür, das sie aus dem amerikanischen Steinöl aufgefunden haben, einen Alkohol dargestellt, welcher nach der Beschreibung einen ganz andern Siedepunct (150°) wie unser Alkohol (137°) besitzt und im Geruch dem Amylalkohol sehr ähnlich 124 Erlenmeyer und Wanklyn, über Hexylverbindungen. sein soll, während unser Alkohol nicht entfernt wie Amyl- alkohol*), sondern angenehm obstartig riecht. Unser Alkohol zeigte folgendes Verhalten: Mit Na- trium, welches sich in dem Alkohol unter Wasserstoff- entwickelung löste, entstand eine bei 100° butterartig weiche, bei gewöhnlicher Temperatur feste Masse. Brom reagirte sehr heftig auf den Alkohol. Schwefelsäure. 1) 0,600 Grm. des Alkohols wurden mit dem doppelten Volum Schwefelsäurehydrat gemischt. Beide Flüssigkeiten waren vorher auf 0° abgekühlt, und die Mischung selbst wurde in Eiswasser eingesetzt. Es entstand eine dicke ölige, vollkommen homogene Flüssig- keit von kaum gelblicher Farbe. Nach und nach trübte sich dieselbe. Ueber Nacht hatte sich über der Schwefel- säure eine klare dickliche Flüssigkeit abgeschieden. Die ganze Masse wurde mit 10 Theilen Wasser verdünnt und das ölige Liquidum mit Wasser gewaschen und mit Kupfervitriol getrocknet. Die Analyse ergab die Zu- sammensetzung eines Olefins. Brom wirkte heftig dar- auf ein. Es war wahrscheinlich Parahexylen entstanden. Die wässerige Flüssigkeit wurde mit kohlensaurem Baryt gesättigt, und filtrirt; abgedampft hinterliess sie einen Rückstand von 0,016 Grm., der vollkommen in Salzsäure unter Entwickelung von Kohlensäure löslich war. — 2) Wenn man die Reactionen in der Weise abändert, dass man statt der concentrirtesten Schwefelsäure wie bei dem Hexylen eine verdünntere, aus 3 Vol. 99,3pro- centiger Säure und 1 Vol. Wasser bestehende anwendet und gleich, nachdem sich der Alkohol zu einer vollkom- men klaren Flüssigkeit gemischt hat, mit Wasser ver- dünnt, so erhält man unter Ausscheidung einer gewissen Menge des Alkohols eine wässerige Flüssigkeit, aus der sich ein Barytsalz darstellen lässt, das identisch zu sein scheint mit dem, welches bei der Einwirkung von Hexylen auf Schwefelsäure entsteht. *) Vergl. Proceed. roy. soc. Edinb. 1861 62, IV, 567 und Zeitschr. für Chemie und Pharmaeie V, 419, Anmerk. Schlie)ikamp, Milchprüfung. 125 Doppelt chromsaures Kali und Schwefelsäure wirkt auf den Alkohol in der Weise ein, dass sich eine angenehm obstartig, aber zugleich durchdringend scharf riechende Flüssigkeit bildet. Wir bemerken noch im Allgemeinen, dass das Hexyl- jodür sich ganz besonders dadurch auszeichnet, dass bei allen oder fast allen von uns angestellten Versuchen zweier- lei Reactionen neben einander herlaufen, die einen liefern als Resultat immer Hexylen, die andern verlaufen in analoger Weise wie bei den bis jetzt bekannten Alkohol- jodüren. Ausserdem scheint sich ein Theil des Jodürs regelmässig der Reaction zu entziehen. Es kann deshalb keine Verwunderung erregen, dass die Reindarstellung und Ausbeutebestimmung der verschiedenen Producte, welche wir untersuchten, mit der grössten Schwierigkeit verbunden ist. Trotz sehr häufig wiederholter Fractioni- rung und vielfach in Anwendung gebrachter besonderer Methoden ist es uns nur sehr selten gelungen, absolut reine Producte zu erhalten. Heidelberg, den 1. Mai 1863. Milchprüfung. Im December- Hefte des Archivs von 1859 wird Seite 257 gesagt: „Es ist recht sehr zu bedauern, wenn wohlthätige Maassregeln der Behörden, die durch das Eindringen der Wissenschaft in's praktische Leben her- vorgerufen sind, dadurch wieder in Frage gestellt werden, dass Männer der Wissenschaft die Behörden stutzig machen, indem sie die Richtigkeit des Verfahrens angreifen, nur — weil sie wissenschaftliche Schärfe nicht mit der Praxis des Lebens zu vereinbaren wissen." Vorstehend ausgesprochene Ansicht theile ich und sie allein veranlasst mich, nach der Arbeit des Herrn Dr. Witt stein, Juni- und Juli -Heft des Archivs, zu Nachfolgendem. 126 Schlienkamp, Milchprilfuny . Auf die vielen, über Milchprüfung gemachten Mit- theilungen kann und will ich nicht specieller zurück- kommen; empfehle denen, die sich noch damit vertraut machen wollen: 1) Klencke's Verfälschung der Nahrungsmittel u. s. w. Leipzig 1858 bei J. J. Weber; 2) Archiv der Pharmacie vom Jahre 1859, August- und December-Heft; 3) Archiv der Pharmacie vom Jahre 1860, Januar-Heft. Die hier eingeführte Milchwage wirkt in der Hand unsers eingeübten und mit gesunden Augen ausgerüsteten Marktmeisters sehr wohlthätig: man hängt die grossen Diebe und lässt die kleinen laufen. Erst die Milch wird als gefälscht angesehen, die nach der Milchwage einen Zusatz von über 5 Procent Wasser hat. Die Marktpolizei kann sich auf mikroskopische und chemische Untersuchungen nicht einlassen ; kommen be- sondere Erscheinungen vor, so muss die Milch einem Chemiker übergeben werden. Im Januar -Hefte von 1860 findet sich eine Beschrei- bung der hier gebräuchlichen Milchwage, sie stimmt mit der überein, die Dr. Wittstein zu seinen Prüfungen hat anfertigen lassen. Bei der hiesigen Milchwage ist. das Volum des Schwimmers zur Scala wie 150 zu 1, bei Wittstein's Milchwage wie 148 zu 1. Die Verfälschungen der Nahrungsmittel kommen so häufig, in so grober und auch so feiner Weise vor, dass jedes Mittel, denselben abzuhelfen resp. dieselben zu ver- mindern, freudig aufgenommen werden muss und daher möchte ich mit diesen Zeilen einer Massregel das Wort reden, die wohlthätig wirkt. Düsseldorf, August 1863. Dr. Schlienkamp. Hoyermanns Verfahren, die Kuhmilch zu prüfen. 127 Ueber ein einfaches Verfahren, die Kuhmilch anf ihren Handelswerth zu prüfen; von G. Hoy ermann, Apotheker in Hoheneggelsen. Im Juni- und Julihefte des Archivs hat Witt st ein „Versuche zur Auffindung eines leichten, sichern und schnellen Verfahrens, die thierische Milch auf ihren Han- delswerth zu prüfen", mitgetheilt, und obgleich der Ver- fasser seine Abhandlung mit dem Geständnisse schliessen muss, dass diese Versuche nicht zu dem gewünschten Resultate führten, so haben dieselben doch ihren grossen Werth durch die Feststellung der Thatsache, dass das spec. Gewicht der Milch keine Beurtheilung ihrer Güte gestattet, und deshalb die in neuerer Zeit vielfach in Gebrauch gezogenen Aräometer ihrem Zwecke nicht ent- sprechen. Wittstein geht daher auf das einfachste und bekannteste Verfahren zurück, durch mehrstündiges Stehenlassen der Milch die Menge des dann abgeschie- denen Kahms zu messen. Der grosse Zeitaufwand, den dieses Verfahren bedingt, macht dasselbe jedoch in den meisten Fällen völlig unbrauchbar, und es schien mir daher nicht ohne Werth zu sein, die Versuche Witt- stein's in anderer Richtung fortzusetzen. Bekanntlich lässt man zur Gewinnung der Butter die frische Milch bis zur Abscheidung des Rahms in flachen Gefässen stehen, nimmt dann den Rahm ab und bewirkt in Butterfässern oder Buttermaschinen durch starke schlagende Bewegung die Ausscheidung der darin ent- haltenen Butter. Wenn es richtig ist — und es zweifelt wohl jetzt Niemand mehr daran — dass die Wirkung des Butterns in der Zerschlagung der die Butterkügel- chen umgebenden und von einander trennenden Käse- hüllchen besteht, so sieht man nicht ein, weshalb nicht auch in der frischen Milch durch heftige Bewegungen dieselbe Wirkung sollte hervorgebracht werden. Der ; _ - Hjyei mann, a bewies die Richtigkeit dieser Folgerung voll- kommen. Füllt man ein Glas zur Hälfte mit Milch und schüttelt dasselbe 5 — 10 Minuten lang kräftig durch, so findet man. dass sich Klümpchen von Butter abgeschie- den haben. Ich stellte diese Versuche an, um zu bestimmen, ob auf diese Weise die in der Milch enthaltene Butter voll- ständig abgeschieden werden könne, und gelangte da- durch zu einem eben so leichten als sichern Verfahren, den Werth der Milch zu prüfen. Die nachstehend mitgetheilten Versuche dürften zur Bestätigung dieser Angabe genügen. Dieselben wurden mit ein jh gemolkenen, schwach sauer reagirenden Milch angestellt, die ein spec. Gew. von 1,030 hatte und die im graduirten Cvlinder 12 Stunden lang der Ruhe überlass-: 3 Prot I.ahm absetzte. Da sich bei den frü- heren Versuchen die Erfahrung bestätigt hatte, dass bei einer Temperatur der Milch von 12 — 15° R. die Butter am schnellsten abgeschieden wird, so wurde die Milch vor dem Schütteln stets auf diese Temperatur abgekühlt, wurde in einem Arzneiglase, das ungefähr zur Hälfte von der zum Versuche genommenen Quantität angefüllt wurde, die Milch abgewogen, nachdem das Vorrathsgefäss jedesmal vorher durchgeschüttelt war, um die schon in kurz- Zeil fettreicheren oberen Schichten mit den un- teren zu vermischen. Es wurde dann die Milch in dem Glase die bei jedem Versuche angegebene Zeit hindurch krär jhüttelt, die nach jeder Schüttelung abgeschie- dene Butter auf einem Stückchen Gaze gesammelt, ab- aschen, gewogen und die durchgelaufene Milch von :1t. I. Tran Milch von 140 R. aüttelung [5 Minuten gab 32 Gran Butter 2te 5 - 3te . . ) „ 20 . . Summa. . . 75 Gran Butter = 2,50 Procent. einfaches Verfahren die Kuhmilch zu prüfen. 129 IL Eine gleiche Menge Milch mit 2000 Gran Wasser vermischt und geschüttelt. Das Resultat war von dem vorigen nicht wesentlich abweichend. III. 3000 Gran Milch wurden mit 500 Gran schwefel- saurem Natron versetzt und dann geschüttelt. Die Gesammtmenge der in drei eben so lange dau- ernden Schüttelungen abgeschiedenen Butter war 81 Gran. Die von diesen drei Versuchen zurückbleibende Milch schied während 1 2stündiger Ruhe noch bedeutende Quan- titäten Rahm ab; die Abscheidung der Butter war also unvollkommen. IV. 3000 Gran Milch wurden zum Sieden erhitzt, so- fort in ein Glas gebracht, darin auf 13° R. abge- kühlt und geschüttelt. Istes Schütteln: 5 Minuten, gab 70 Gran Butter 2tes n 5 » n 26 n 3tes n 5 n n 5 » Summa. .101 Gran Butter — 3,37 Procent. V. 3000 Gran Milch wurden zum Sieden erhitzt, mit 2000 Gran Wasser versetzt, abgekühlt und ge- schüttelt. Istes Schütteln: 5 Minuten, gab 61 Gran Butter 2tes ,4 5 „ „ 32 „ „ otes n o „ „ U „ „ Summa... 102 Gran Butter = 3,40 Procent. VI. 3000 Gran aufgekochte Milch wurden abgekühlt, mit 500 Gran schwefelsaurem Natron versetzt und geschüttelt. Istes Schütteln: 5 Minuten, 72 Gran Butter 2tes „ 5 ,„ 24 „ otes n o „ d n « Summa. . . 102 Gran Butter == 3,40 Proc. Dass bei diesen drei Versuchen die Butter vollstän- dig ausgeschieden war, ging daraus hervor, dass die Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 2. Hft. 9 130 Hoyermann, einf. Verfahren die Kuhmilch zu prüfen. zurückbleibende Milch nach 15 stündiger Ruhe nur höchst unbedeutende Flöckchen Rahm abschied. Ausser schwe- felsaurem Natron wurden Proben auch mit andern Salzen versetzt, jedoch eine schnellere Abscheidung der Butter dadurch nicht bewirkt. Es hat der Zusatz dieser Salze nur den Vortheil, dass durch die bei der Auflösung der- selben eintretendeTemperaturerniedrigung die Milch schnel- ler auf die angeführte Temperatur abgekühlt wird. Auf Grund dieser Versuche schlage ich nun das fol- gende Verfahren zur Prüfung der Milch vor. Eine gewogene oder gemessene Quantität Milch (ca. G — 8 Unzen) wird eben zum Sieden erhitzt, noch heiss in ein Arzneiglas von doppeltem Rauminhalte gegossen und durch Einstellen in kaltes Wasser oder besser durch Bewegen in einem Wasserstrahle auf 12 — 15° R abge- kühlt. Darauf schüttelt man heftig so lange, bis sich zusammenhängende Klümpchen Butter abgeschieden ha- ben, was meistens in 5 Minuten der Fall sein wird. Auf einem Trichter, in den man ein Stückchen feuchter Gaze gelegt hat und der auf einem andern Arzneiglase glei- cher Grösse steht, sammelt man nun die ausgeschiedene Butter und wiederholt die Operation noch zwei Mal. Die gesammelte Butter spült man auf dem Zeuge mit recht kaltem Wasser zusammen, drückt sie sanft aus und wägt dieselbe. Die Manipulationen sind so einfach, dass jeder Polizeidiener eine derartige Untersuchung ausführen kann ; ausserdem wird es in allen Fällen nicht nöthig sein, dass die Schüttelung drei Mal wiederholt werde, da das bei der ersten erhaltene Butterquantum schon einen Schluss .auf den Gesammtgehalt zu ziehen gestattet. Wichtig ist die Frage, wie viel Butter die Milch enthalten muss, um als unverfälscht gelten zu können, da die Fütterungsweise und besonders die Race der Kühe auf diesen Punct den grössten Einfluss hat. Wittstein nimmt an, dass alle Milch als verfälscht zu betrachten sei, die weniger als 5 Proc. Rahm absondere. Nimmt man den Buttergehalt des Rahms zu 40 Procent an, so Verhalten der Essigsäure beim Verdünnen mit Wasser. 131 würde das genannte Quantum einem .Buttergehalte von 2 Proc. entsprechen, und damit stimmen auch meine Erfahrungen überein. Meistens enthält gute Milch zwi- schen 3 und 4 Proc. Butter. Ich darf schliesslich nicht unerwähnt lassen, dass eine mit Ziegenmilch in obiger Weise angestellte Unter- suchung nicht zu einem brauchbaren Resultate führte. Einen Grund hierfür weiss ich vorläufig nicht anzugeben. Hoheneggelsen, den 18. August 1863. Versuch einer Erklärung des Verhaltens der Essig- säure beim Verdünnen mit Wasser; von H. Drummer, Stud. phannac. in Berlin. Wenn von der Legirung zweier Metalle A und B das Gewicht a und der Gewichtsverlust im Wasser b gegeben sind, und wenn man ferner weiss, dass r Ge- wichtstheile von A im Wasser p Gewichtstheile, und s Ge- wichtstheile von B im Wasser t Gewichtstheile verlieren,, so lassen sich nach diesen Angaben bekanntlich die Men- gen, welche von A und B in der Legirung enthalten sind,, in folgender Weise berechnen. Bezeichnet man das von A in der Legirung enthaltene Quantum mit x, so ist der Gewichtsverlust dieses Theils der Legirung im Wasser p x = -±— — , und wenn man die von B in der Legirung ent- haltene Menge mit y bezeichnet, so ist der Gewichtsver- lust dieses Theils der Legirung im Wasser = - — Da nun der Gewichtsverlust der beiden Theile gleich dem Gewichtsverlust der ganzen Legirung sein muss, und da ferner x -f- y = a gegeben ist, so hat man zur Bestim- mung von x und y die beiden Gleichungen: 132 Drummer, 1) -£S- + -^— = b und 2) x -f y = a. Die Gleichung (1) lässt sich auch so schreiben: r . s a x : — + y : ~r = a : ~r ' r oder wenn man der Kürze wegen für — — p', für t' und für a b' sei b 3) - X p' ' t' b' Da man das spec. Gewicht eines Körpers erhält, wenn man mit seinem Gewichtsverlust im Wasser in sein abso- lutes Gewicht dividirt, so sind die Werthe p', t' und b' die spec. Gewichte der betreffenden Körper, und werden x, y und a durch die Aequivalentzahlen derselben darge- stellt, so wird die Gleichung durch Worte ausgedrückt heissen: „Die Summe der Aequivalentvolumina zweier Stoffe ist gleich dem Aequivalentvolum ihrer Verbin- dung." — Wenn in der Gleichung (3) alle Werthe mit Aus- nahme von p' bekannt sind, und man löst sie daher nach p' auf, so ist der gefundene Ausdruck dasjenige speci- fic sehe Gewicht, welches x Theile von A haben müssen, um sich mit y Theilen von B, welche das spec. Gewicht t' besitzen, zu a Theilen eines Körpers vom spec. Gewicht b' zu verbinden. Nimmt man nun an, dass in den Schwefelmetallen die Metalle dieselbe Dichtigkeit haben, welche sie im unverbundenen Zustande besitzen und berechnet aus den spec. Gewichten derselben die Dichtigkeit des Schwe- fels, so bekommt man aus Hg S 2,2956 Cu2 S 2,5877 Sb S3 2,7124 Ag S 2,0536 Pb S 2,3272 Zn S 2,0435 *). *) Die zu den Rechnungen benutzten spec. Gewichte und Aequi- valentzahlen sind aus Dr. E. Reichardt's chemischen Verbin- Verhalten der Essigsäure beim Verdünnen mit Wasser. 133 Die vier ersten dieser Werthe sind unter sich sehr verschieden und stehen zu dem durch den Versuch gefun- denen spec. Gewicht des krystallisirten Schwefels = 2,0454 in keinem durch einfache Zahlen ausdrückbaren Verhält- niss; die aus Schwefelzink und Schwefelsilber erhaltenen Zahlen zeigen indessen nur eine kleine Differenz, sowohl unter sich, als auch von dem oben angeführten spec. Ge- wichte des freien Schwefels, und man kann daher wohl annehmen, dass sich die Dichtigkeit, sowohl des Schwefels als auch der Metalle, bei der Bildung dieser beiden Schwe- felmetalle nicht geändert hat, dass also die Verbindung gerade wie bei den Gasen in einfachen Volumverhältnissen vor sich gegangen ist. Es muss aber auffällig erscheinen, dass die übrigen Schwefelmetalle, welche sich sonst in so mancher Hinsicht den beiden zuletzt genannten analog verhalten, gerade in diesem Puncte ganz wesentlich von denselben abweichen, so dass, während bei diesen das einfachste Verhältniss statt zu haben scheint, bei jenen sich die Volumina in scheinbar ganz willkürlichen und unregelmässigen Verhältnissen mit einander verbinden. Nimmt man daher zum Versuch einmal an, dass sich die übrigen Schwefelmetalle in Bezug auf Volum Verhältnisse gerade so wie Schwefelzink und Schwefelsilber verhalten, und nimmt man weiter an, dass der Schwefel in ihnen auch dasselbe spec. Gewicht von 2,045 besitze, so muss das spec. Gewicht der Metalle in ihren Verbindungen ein anderes sein, als im freien Zustande, und die spec. Ge- wichte, welche die Metalle in ihren Verbindungen besitzen, wären diejenigen, welche aus den resp. Schwefelmetallen berechnet werden, indem man das spec. Gewicht des Schwe- fels = 2,045 setzt. Man erhält auf diese Weise für Zink 7,19, für Silber 10,53, für Blei 12,736, für Kupfer 11,671, für Platin 41,366 (2.20,683). Betrachtet man nun weiter düngen der anorganischen Chemie, Erlangen 1858" entnommen. Wenn zwei Werthe angegeben sind, ist das Mittel aus beiden angewendet worden. 134 Drummer, das salpetersaure Silberoxyd AgO, NO 5 als zusammenge- setzt aus Ag und NO 6 und berechnet aus demselben das spec. Gewicht vom Complex NO 6 , so findet man für die- sen 2,1550; und nimmt man an, dass NO 6 in KO, NO 5 und AgO, NO 5 gleichen Raum einnehme, so erhält man aus KO, NO 5 für das spec. .Gewicht des Kaliums den Werth 1,6616 (=2.0,83083). Berechnet man, wie oben aus den Schwefelmetallen das spec. Gewicht des Schwefels, so aus den Chlormetal- len das spec. Gewicht des Chlors mit Anwendung der durch den Versuch gefundenen spec. Gewichte der Me- talle, so ergiebt sich aus: PbCl 2,3381, aus AgCl 2,2248, ausHgCl 2,0093, ausHg2Cl 1,9499, aus KCl, wenn man annimmt, dass in den Verbindungen das Kalium sein spec. Gewicht verdoppele, 2,2542, aus Na Cl unter gleichen Bedingungen 2,3100. Wird auf gleiche Weise das spec. Gewicht des Jods aus den Jodmetallen berechnet, so findet man aus: AgJ 3,7439, aus HgJ 6,9586 (=2.3,4793) und bei Anwendung des doppelten spec. Gewichts von Kalium aus KJ 3,3822. Aus diesen Resultaten scheint hervorzugehen, dass das Kalium bei der Verbindung sein spec. Gewicht ver- doppelt, und berechnet man nun weiter aus KO, SO 3 das spec. Gew. vom Complex SO 4 , indem man für K 1,6616 setzt, so erhält man für SO 4 3,8812. Betrachtet man ZnO, SO 3 -f- 7 HO als bestehend aus SO 4 -f (Zn + 7 HO) und berechnet zuerst, indem man das für SO 4 gefundene spec. Gewicht als bekannt einsetzt, das spec. Gewicht von Zn -j- 7 HO, so findet man 1,6429 und hieraus findet man weiter das spec. Gewicht des chemisch gebundenen Was- sers zu 1,1748. Berechnet man auf gleiche Weise das spec. Gewicht desselben aus CuO, SO 3 -f~ 5 HO, jedoch unter Anwendung des aus Cu 2 S berechneten spec. Ge- wichts des Kupfers = 11,671, so bekommt man 1,1321; das Mittel aus diesen beiden Werthen ist 1,1534. Das durch Wägung gefundene spec. Gewicht der wasserfreien schwefelsauren Magnesia ist 2,6066, das der Verhalten der Essigsäure beim Verdünnen mit Wasser. 135 mit 7 HO krystallisirten schwefelsauren Magnesia 1,674; berechnet man hieraus die Dichtigkeit des chemisch ge- bundenen Wassers, so findet man 1,2464, einen Werth, der nur um 0,0930 von dem Mittel der beiden oben be- rechneten Werthe abweicht. Berechnet man das spec. Gewicht des Natriums aus NaCl, NaO, NO und NaO, CO 2 -f- 10 HO, nachdem man zu der Gleichung für das koh- lensaure Natron das spec. Gewicht vom Complex CO 3 aus AgO, CO 2 berechnet hat, und indem man die Dichtigkeit von HO zu' 1,1534 annimmt, so bekommt man aus: NaCl 2,4941, aus NaO, NO 5 2,3305 (=2.1,1652) und aus NaO, CO 2 + 10 HO 2,2298. Das spec. Gewicht des Chlors, aus Chlorkalium be- rechnet, ist 1,9722 ; in seinen flüssigen Verbindungen scheint dagegen das Chlor ein niedrigeres spec. Gewicht zu haben, denn man bekommt aus : S 2 Cl = 1,4561, aus SCI 1,4806, aus SnCl 2 1,4519. Für das spec. Gewicht des Ammoniums bekommt man aus H 4 N Cl (mit Anwendung des mittleren Werthes aus 1,45 und 1,53 == 1,49) 1,0057, aus H^NO, NO* 0,99485. — Bekanntlich hat das Essigsäurehydrat die Eigenschaft, beim Verdünnen mit Wasser an spec. Gewicht zuzuneh- men, und zwar steigt dasselbe nach einigen Angaben bis zu 1,079, nach Mohr aber nur bis zu 1,0735, und eben so verschieden sind auch die Angaben über das spec. Gewicht des Essigsäurehydrats. Gewöhnlich findet man in den Lehrbüchern der organischen Chemie 1,063, Mohr (Commentar zur 6. Auflage der preuss. Pharmakopoe) glaubt aber, das spec. Gewicht sei nur 1,0575. — Auffällig ist die Erscheinung, dass die Zunahme des spec. Gewichts beim Verdünnen mit Wasser nur ungefähr so lange statt findet, bis das dritte Hydrat der Essigsäure gebildet ist. Die Schwefelsäure zeigt bekanntlich ein ähnliches Ver- halten, indem die Summe der Volumina des mit einander gemischten Wassers und der Schwefelsäure grösser ist, als das Volnm der erhaltenen Mischung. Nimmt man an, dass ein Theil des zugesetzten Wassers chemisch gebun- 136 Drummer, den werde, so muss es auch die Dichtigkeit annehmen, die dem chemisch gebundenen Wasser eigen zu sein scheint, und es entsteht bei der Essigsäure eine Zunahme des spec. Gewichts, weil das Wasser schwerer als das Essigsäurehydrat wird. Berechnet man das spec. Gewicht, welches eine Flüs- sigkeit haben muss, die aus 78 Theilen einer Flüssigkeit 1,063 und aus 22 Theilen einer Flüssigkeit von 1,1534 besteht, so bekommt man 1,0821. Dieser Werth weicht von dem gewöhnlich in den Lehrbüchern enthaltenen 1,079 nicht sehr bedeutend ab, dagegen ziemlich stark von dem höchsten der Mohr'schen Tabelle 1,0753. Nimmt man das von Mohr angegebene spec. Gewicht für Essig- säurehydrat 1,0575 an und berechnet, welches spec. Ge- wicht eine Flüssigkeit haben muss, die aus 76,91 Theilen einer Flüssigkeit von 1,0575 und 23,09 Theilen einer Flüs- sigkeit von 1,1534 besteht, d. h. genau aus den Mengen, die zur Bildung des dritten Hydrats der Essigsäure er- forderlich sind, so erhält man 1,0757, und wenn man das aus CuO, SO 3 -f- 5 HO berechnete spec. Gewicht des Wassers = 1,1321 anwendet, 1,0738; diese beiden Werthe weichen von dem höchsten Werth der Mohr'schen Tabelle nur ganz unbedeutend ab. Die Gewichtsabnahme beim weitern Verdünnen mit Wasser muss aus dem Grunde erfolgen, weil die Essig- säure, nachdem das dritte Hydrat gebildet ist, kein Was- ser mehr chemisch bindet, sondern sich nur noch mit dem- selben mischt, wobei es das spec. Gewicht 1,0 behält und es darf daher, wenn diese Erklärung richtig ist, beim Mischen von Essigsäure welche schon mehr Wasser ent- hält, als zur Bildung des dritten Hydrats nöthig ist, mit noch mehr Wasser in graduirten Gefässen keine Contrac- tion sichtbar werden. Vergleicht man eine nach diesen Angaben berechnete Tabelle mit der von Mohr durch Versuche gefundenen, so darf man, da die grösste Dichtig- keit der Mohr'schen Tabelle bei 80 Proc. liegt, während sie Verhalten der Essigsäure beim Verdünnen mit Wasser. 1.37 in der berechneten Tabelle bei 77 Proc. liegen muss, nicht die Säuren von gleichem Procentgehalt zusammenstellen, sondern man muss die Säuren der berechneten Tabelle zum Vergleiche nehmen, deren Procentgehalt um 3 (= 80 — 77) kleiner ist; — denn wenn das spec. Gewicht des Essig- säurehydrats zu 1,0575 angenommen wird, so muss das erste Glied der Mohr'schen Tabelle vom spec. Gewicht 1,0635 schon mehr Wasser enthalten, als zur Bildung des ersten Hydrats nothwendig ist, und zwar 3 Proc, wenn man annimmt, dass gerade das dritte Hydrat das höchste specilische Gewicht besitze. — Gehalt an Berechnete Tabelle. Essigsäure- Spec. Gew. des Essig- hydrat säurehydrats = 1,063. in 100 Theil. des Wasserst 1,1534. 100 98 95 90 80 78 70 00 54 50 40 30 20 10 1,0635 1,0647 1,0677 1,0719 1,0804 1,0821 Gehalt an Berechnete Tabelle. Mohr'sche Essigsäure- Sjiec. Gew. desEssig- Tabelle. hydrat säurehydi ats =r 1 ,0575, in 100 Theil. des Wassers = 1 1534. 1,0635 100 1,0575 1,067 97 1,0602 1,070 95 1,0619 1,073 92 1,0646 1,0735 87 1,0691 1,0732 77 1,0757 1,070 75 1.0715 1,067 67 1,0634 1,063 57 1,0534 1,060 51 1,0491 1,0513 47 1,0435 1,040 37 1,0340 1,027 27 1,0246 1,015 17 1,0154 10 1,0090 7 1,0063 Wenn man annimmt, dass das Wasser in der Essig- säure das spec. Gewicht 1,00 beibehalte, so muss natür- lich letztere ihr spec. Gewicht ändern und zwar, um die Zahlen der Mohr'schen Tabelle hervorzubringen, in fol- gender Weise : 138 Thallium als Begleiter von Cäsium und Rubidium. Procentgehalt an ~ . . , Dichtigkeit des _, . .. 6 . , • Spec. Gewicht. „ . .. ,, . Essigsaurehydrat. JtL.ssigsaurehydrats. 100 1,0635 1,0635 08 1,067 1,0685 95 1,070 1,0739 90 1,073 1,0818 80 1.0735 1,0936 78 1,0732 1,0958 70 1,070 1,1031 60 1,067 1,1169 54 1,063 1,1233 50 1,060 1,1253 40 1,0513 1,1389 30 1,040 1,1471 20 1,027 1,1514 10 1,015 1,1738 Wenn diese letztere Annahme die richtige ist, so muss beim Vermischen von Essigsäure, welche mehr als 23 Proc. Wasser enthält, mit Wasser immer noch Contraction statt finden, da das spec. Gewicht des Essigsäurehydrats ja höher wird. Es wäre nun in diesem Falle auch noch möglich, dass sich Essigsäurehydrat und Wasser zu glei- cher Zeit und entweder nach demselben oder nach ver- schiedenen Verhältnissen verdichten, die auf diese Weise natürlich nicht gefunden werden können. Vorstehende Entwicklung enthält zwar verschiedene Hypothesen, da aber die bei den Rechnungen erhaltenen Zahlen ziemlich gut übereinstimmen, so kann man die- selbe wohl als einen Versuch zur Erklärung des eigen- thümlichen Verhaltens der Essigsäure gelten lassen. Thallium als Begleiter von Cäsium und Rubidium in Mineralwässern. Herr Prof. Böttger in Frankfurt, der unermüdliche Forscher der Quellen des Thalliums hat so eben eine neue ergiebige Quelle entdeckt. Nach einer Mittheilung in der Thallium als Begleiter von Cäsium und Rubidium. 139 Neuen Frankfurter Zeitung und daraus im Journ. für prakt. Chemie, Bd. 89, Heft 5 und 6 ist es Böttger gelungen, das Thallium als einen fast steten Begleiter des Cäsiums und Rubidiums in verschiedenen salinischen Mineralwässern unzweifelhaft nachzuweisen. In dem Nauheim er Mutter- laugensalze, welches besonders in der Winterkälte leicht aus dem Wasser sich abscheidet, aus welchem das Koch- salz schon gewonnen ist und welches meist aus Chlorka- lium und Chlormagnesium mit etwas Chlornatrium besteht und sehr dem Carnallit des Stassfurther Steinsalzwerkes gleicht, hat uns Böttger das wohlfeilste, ergiebigste und geeignetste Material zur Gewinnung von Cäsium und Rubi- dium nachgewiesen. Beide Metalle sind nebst dem Thal- lium als Chlorverbindungen darin enthalten. Spuren aller drei Metalle hat Böttger auch im Badesalze der Orber Quelle gefunden. Das Thalliumplatinchlorid ist im Wasser sehr schwer löslich und so eignet sich das Platinchlorid vorzugsweise zur Abscheidung des Thalliums aus den Soolen. Profes- sor Böttger wird darüber eine weitere Mittheilung bal- digst geben. Da das Oxyd des Thalliums leicht löslich und ätzend, das kohlensaure Thallion gleichfalls löslich ist und alkalisch reagirt, das phosphorsaure Thallion im Wasser löslich, der Thaliionalaun octaedrisch krystalli- sirt, das Thallium als Begleiter des Kaliums, Natriums, Cäsiums und Rubidiums auftritt, so scheint die Behaup- tung, dasselbe gehöre zu der Classe der Alkalimetalle, gerechtfertigt. Nach einer schriftlichen Mittheilung an Prof. Erd- mannist es Böttger gelungen, das Thallium von dem Cäsium und Rubidium, mit welchen es in verschiedenen salinischen Wässern gleichzeitig vorkommt, auf einfache Weise zu scheiden. Wenn man nämlich eine in der Kälte bereitete wässerige Lösung verschiedener Mutterlaugensalze salinischer Wässer, darin der Hauptbestandtheil Chlorka- lium ist, z. B. Nauheim, Orb mit einer unzureichenden Menge Platinchloridlösung versetzt, so entsteht zunächst 140 Thallium als Begleiter von Cäsium und Rubidium. ein ganz blassgelber Niederschlag, der nach wenigen, nicht selten schon nach 4—6 maligen Auskochungen mit etwa dem 3 fachen Volum destillirten Wassers, im Spectral- apparate, neben der noch nicht ganz entfernten Kaliumlinie, ganz scharf die schöne smaragdgrüne Thalliumlinie, fer- ner die Cäsium- und Rubidiumlinien (besonders schön bei Anwendung einer Wasserstoffgasflamme statt der Leucht- gasflamme) auf das Brillanteste zeigt. Wenn man diesen gelben Niederschlag, also die Ver- bindung von Chlorkalium, Cäsium, Rubidium und Thallium- Platinchlorid mit schwacher Kalilauge kocht, der man beim Kochen einige Partikel unterschwefligsaures Natron beigefügt hat, so erfolgt schnell eine klare Auflösung: wird dazu etwas Cyankalium gefügt und von neuem einige Minuten lang gekocht, dann durch die Flüssigkeit ein Strom gewaschenen Schwefelwasserstoffgases geleitet, so scheidet sich alles Thallium (besonders leicht nach minu- tenlangem Erhitzen) in Gestalt von flockigem sich am Boden des Gefässes schnell zusammenballenden Schwe- felthalüum ab, nach dessen Ueberführung in das Sulfat und Einlegen einer Stange Zink das reine Metall abge- schieden wird. Sonach ist Professor Bottger der Erste gewesen, weicher das Thallium als einen fast steten Begleiter des Cäsiums und Rubidiums in Salzsoolen erkannt hat. Dieser interessanten Notiz hat Professor Er d mann noch einige Bemerkungen, bezüglich der Stellung des Thal- liums zu den übrigen Metallen, beigefügt. Die alkalische Natur des Thalliumoxyds und seine Uebereinstimmung mit Kali und Natron ist überraschend, nur das kohlensaure Thalliumoxyd stimmt insofern mit den kohlensauren Salzen nicht überein, als es durchaus nicht alkalisch reagirt. Schreibt man z. B. mit einem Stück Thallium auf rauhes Papier, so laufen die metallisch glänzenden Züge bald gelb an und äussern alkalische Reaction. Legt man ein feines genässtes Curcumapapier darauf, so erscheinen die Züge gelbbraun auf dem gelben Harms, über das Marrubiin. 141 Papier. Dasselbe geschieht, sobald man auf Curcuma- papier schreibt und dann mit Wasser befeuchtet. In dem JVlaasse aber, als das Thalliumoxyd Kohlensäure anzieht, verblassen die gerötheten Schriftzüge und nach kurzer Zeit sind sie vollständig verschwunden. Schwefelwasser- stoff auf das befeuchtete Papier geleitet, lässt sie wieder mit dunkelbrauner Farbe hervortreten. Bald aber ver- schwinden auch die Züge des Schwefelthalliums an der Luft, wenn man nur Sorge trägt, das Papier feucht zu -erhalten, indem das Schwefelthallium sich an der Luft zu schwefelsaurem Thaliion oxydirt. (Nach einem Vortrage des Prof. Böttger in der chemischen Section der Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Stettin. — Mittheilungen im Journale für prakt. Chemie 1863. 13 und 14.) B. Ueber das Marrubiin; von Ed. Harms, in Stollhamm im Oldenburgiscben. Im Archiv der Pharm., 2. R., Bd. 83. August 1855. S. 144 veröffentlichte ich eine kurze Notiz über das vom Apotheker Mein in Neustadtgödens entdeckte Marrubiin. Seitdem hat Dr. Kromayer sich mit demselben Ge- genstande beschäftigt und Resultate erhalten, welche im Decemberheft des Archivs 1861 S. 257 mitgetheilt sind. Dr. Kromayer bediente sich zur Isolirung des Marrubiins der Knochenkohle. Ich habe einen anderen Weg eingeschlagen, der freilich kostspielig ist, aber doch zum gewünschten Ziele führt. Es wurden nämlich 25 Pfd. trocknen Krautes dreimal nach einander mit heissem Was- ser extrahirt, die vereinigten Auszüge zur Syrupsconsistenz eingedampft und sodann wiederholt mit Alkohol behandelt. 142 Harms, Die spirituose, dunkelbraun gefärbte Lösung wurde nun unter Zusatz einer reichlichen Menge Kochsalz mit etwa dem Drittel ihres Volumens Aether vermischt und mit demselben häufig durchgeschüttelt. Die oben schwimmende, nur schwach gefärbte, ätherische Flüssigkeit enthielt allen Bitterstoff; durch freiwilliges Verdunsten derselben wur- den grosse tafelförmige Krystalle des Marrubiins erhalten, welche mittelst einer Pincette ausgehoben wurden und sich nach zweimaligem Umkrystallisiren aus Weingeist als rein erwiesen. Die in Arbeit genommenen 25 Pfund Herb. Marrubii lieferten circa 2 Grm. Bitterstoff. Die Mutterlauge von der Darstellung des Marrubiins schmeckt noch sehr bitter, sie löst sich leicht in Alkohol und aus dieser Lösung schiesst beim langsamen Verdun- sten salpetersaures Kali an. Krystallisirter Bitterstoff konnte nicht daraus gewonnen werden. Im Allgemeinen habe ich die von Dr. Kromayer angegebenen Reactionen bestätigt gefunden. Bei der Elementaranalyse, welche mit dem von Mein erhaltenen Marrubiin angestellt wurde, lieferten 0,313 Grm. (bei 90 — 1000 getrocknet) — 0,240 Grm. HO == 8,52 Proc. H. Die Kohlenstoffbestimmung ging leider verloren ; es zeigte sich aber, dass das Marrubiin mehr als 69 Proc. C. enthält. Beim Umkrystallisiren des Marrubiins aus heissen Lösungen nimmt ein Theil desselben stets den amor- phen Zustand an. Löst man diesen amorphen Bitterstoff in Weingeist und lässt die Lösung bei gewöhnlicher Tem- peratur an der Luft stehen, so geht er wieder in die ursprüngliche Form über und scheidet sich in krystalli- nischen warzenförmigen Massen ab. Das Marrubiin kry stallisirt leicht, am besten, wenn man eine siedende alko- holische Lösung bis zur beginnenden Trübung mit sieden- dem Wasser vermischt und dann langsam erkalten lässt. Stollhamm im Oldenburg., den 13. September 1863. Ed. Harms. Seemuschel- Dünger der Granatguano - Fabrik in Varel. 143 Den Rest des von ihm dargestellten sehr schönen Marrubiins hat Herr Ed. Harms dem Unterzeichneten gütigst übersandt, wofür Demselben hiermit bestens dankt H. Ludwig. Seemuschel - Dünger der Granatguano • Fabrik in Varel; von Demsel ben. Die an der Küste des Jahdebusens angehäuften See- muscheln werden seit kurzer Zeit von der Granatguano- Fabrik in Varel zu einem Düngungsmittel verarbeitet und als solches in den Handel gebracht. Man verfährt bei der Fabrikation in der Weise, dass die frischen Weich- thiere möglichst rasch getrocknet und hierauf unter Mühl- steinen zu einem gröblichen Pulver zermahlen werden. Eine Probe dieses Düngungsmittels lieferte bei der chemischen Analyse die nachstehenden Resultate: Kohlensauren Kalk 56,33 Schwefelsauren Kalk (CaO, S03 + 2 HO) . . 3,59 Phosphorsaures Eisenoxyd 0,48 Chlornatrium 1,06 Chlorkalium 0,17 Magnesia 0,27 Lösliche Kieselsäure 0,60 Anorganische, in verdünnter Salzsäure un- lösliche Substanz 28,03 Stickstoffhaltige organische Substanz 7,33 Hygroskopisches Wasser 2,14 100,0(T~ (Ueberschuss 0,87). Demnach besitzt das Muschelmehl von Varel nur einen geringen Handelswerth. Im Departement Finisterre und im Departement de la Manche wird das aus Seemuscheln erzeugte Dünge- mittel mit gepulverten Seesternen, Polypen, Fischen etc. 144 Harms, Analyse der Asche von Artemisia maritima L. vermischt. Durch die nämlichen oder durch ähnliche stickstoffreiche Zusätze würde auch das Vareler Fabrikat leicht zu verbessern sein. Analyse der Asche von Artemisia maritima L; von Demselben. Die der Analyse unterworfene Artemisia maritima L. stammt von einem dem Meere zugänglichen Boden ; sie wurde um die Mitte des Monats Juni, ungefähr 10 Wochen vor dem Blühen, gesammelt. Die grünen Th. Die Wurzel. Wassergehalt in 100 Theilen 86,8 55,3 Aschenprocente der frischen Pflanzentheile 2,6 1,7 Aschenprocente der trocknen Pflanzentheile 19,4 3,9 Kali , 16,04 13,77 Natron 7,32 19,91 Kalk 8,31 10,89 Magnesia 2,24 3,32 Phosphorsaures Eisenoxyd ........ 2,66 10,73 Phosphorsaure Thonerde 3,49 3,07 Schwefelsäure 4,79 15,41 Phosphorsäure 1,83 2,45 Kieselsäure 5,06 7,67 Kohlensäure 7,69 9,98 Chlornatrium 40,57 2,80 100,00 100,00. /Kohle und Sand 4,71 12,51 \ \ Verlust 0,79 0,93 j Die Aschen enthalten ausserdem Spuren von Mangan- oxydoxydul. Die Zusammensetzung des Bodens, auf welchem der Seewermuth gewachsen ist, wurde Bd. 88, Heft 2, S. 186 dieser Zeitschrift ausführlich mitgetheilt. Kali und Natron betreffend, so zeigte sich, dass 100 Theile des ange- schwemmten Landes (bei 100° getrocknet) enthalten: Aufbewahrung des Chloroforms. 145 Kali Natron in Wasser löslich 0,009 0,098 in verdünnter Salzsäure löslich 0,132 0,283 durch conc. Schwefelsäure aufschliessbar 1,053 0,449 1,194 0,830. An Chlornatrium fanden sich 1,19 Procent. Aufbewahrung des Chloroforms. Es ist schon öfters beobachtet, dass das Chloroform mit der Zeit zuweilen eine stark saure Reaction von Salz- säure annimmt. Eine solche Veränderung ist besonders bei Anwendung desselben zu Inhalationen sehr unange- nehm, ja gefährlich. Sie wird durch das Licht bewirkt. Im directen Sonnenlichte tritt sie schon nach wenigen Ta- gen, im zerstreuten Tageslichte zwar später, aber doch ganz entschieden ein, dagegen im Dunkeln aufbewahrt hielt sich das Chloroform vollkommen neutral. Wp. üeber die Farben der Banknoten. Vor mehreren Jahren ereignete es sich, dass die griechischen Banknoten, die je nach ihrem Geldwerthe verschiedene Farben hatten, welche jedoch unglücklicher Weise organischen Ursprungs waren, einer sehr strafbaren Verfälschung unterlagen. Diese Banknoten -Verfälscher wussten die Farbe der 10 Drachmen Werthhabenden mit- telst verdünnter Salpetersäure in eine röthliche umzuwan- deln, eine Farbe, welche die 25er hatten, mittelst Benzin oder Terpentinöl die lithographische Tinte auszulöschen und statt 10 — 25 einzuschreiben. Die Staatsbank verlor damals ungefähr gegen 100,000 Drachmen. Es handelte ßich damals darum, neue Banknoten zu machen, und diese neuen wurden einer amerikanischen Gesellschaft übertra- Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 2.Hft. 10 146 lieber diö Farben der Banknoten. gen. Als Mitglied der Commission in Betreff der Bestim- mung der Farben, die diese nun haben sollten, der Em- bleme, der Kreise und der Zahlen etc., schlug ich die Chromfarben vor und so geschah es auch, dass theils Chromgrün und Chromzinnober dazu gewählt wurden, welche Farben tief in die Masse des Papiers eingedruckt sind; so blieben die neuen Banknoten seit vielen Jah- ren vor jeder Art von Verfälschung gesichert und die griechischen Banknoten sind zu den schönsten zu zählen. Ein sonderbarer Zufall, in jeder Beziehung interessant, giebt mir Anlass, diesen Gegenstand zur Sprache zu brin- gen und die Aufmerksamkeit der Bank- Dir ection auf diesen Gegenstand zu lenken. In den Tagen der Furcht und Angst, den 19., 20. und 21. Juni, wo man in Sorge stand, durch eine allgemeine Plünderung Alles zu verlie- ren, versteckten die Leute alle ihre Kleinode, Geld und Banknoten an die nächst besten Plätze. So traf es sich, dass eine Familie mehr als 30 Stück 100 Banknoten in einen alten Wasserkrug steckte und diesen in einen Korb, der mit Pferdemist gefüllt in einen Stall ge- stellt wurde. Da während eines ganzen Monates Furcht obwaltete, als möchten sich diese traurigen Scenen von Neuem wiederholen, so blieb der Korb mit seinen darin versteckten Banknoten an seiner Stelle. Nach ungefähr einem Monate wurde der Korb entleert, die Banknoten herausgenommen, jedoch alle rothen Embleme und Verzierungen zeigten sich tief braunschwarz und auch vollkommen schwarz; nur die durch das Chromgrün ge- zeichneten Stellen behielten ihre grüne Farbe. Da ich von Seite der Staatsbank -Direction zu Rathe gezogen wurde, so gab ich die einfache Erklärung, dass in Folge des sich entwickelten Schwefelwasserstoffgases und Schwe- felammoniums auf das chromsaure Bleioxyd — Bleizinnober, schwarzbraunes und schwarzes Bleisulfuret sich'gebildethabe, und durch Gegenversuche auf andere Staats - Papiere mit diesen Reagentien lies3 sich die Richtigkeit dieser Erklä- rung bestätigen. Die Bank löste diese Papiere ein. Ueber die Farben der Banknoten. 147 Da sich solche Fälle vielleicht in einem Jahrhundert nicht wieder ereignen dürften, hielt ich es der Rücksprache mit Chemikern nicht unwerth zu bestimmen, welche Farben wohl die geeignetsten zu Banknoten seien, um nun diese Sache der Oeffentlichkeit zu übergeben. Dr. X. Landerer. Nachdem es Mathieu Plessy ( Repert. de Chimie appl. Dcbr. 1862. — Dingler's Polyt. Joum. 167. 397.) gelungen ist, durch Lösen von 1 Kilogrm. zweifach - chromsaurem Kali in 10 Kilogrm. kochenden Wassers, Zusatz von 3 Liter zweifach-phosphorsaurem Kalk und 1 Kilogrm., 250 Grm. Kassonade und öftern Zusatz von kaltem Wasser, um die Reaction zu massigen, und Absetzen ein schönes Grün zu erzeugen, das am Lichte unveränderlich, durch Schwefelwasserstoff nicht verändert werden soll, welches auch Säuren nicht leicht zerstören, so würde durch Anwendung desselben Lande- rer 's Wunsch erreicht werden. B. 10 148 II. Monatsbericht. Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer und Beobachtungen über die Bedeutung der Koh- lensäure, des Stickstoffs und Sauerstoffs in den süssen trinkbaren Wässern. Physikalische und chemische Eigenschaften derselben; von Lefort. — Bericht von Poggiale. Wohl kein Gegenstand ist des Studiums würdiger als das trinkbare Wasser. Dieses ist so nothwendig für unsere häuslichen Bedürfnisse, spielt eine so bedeutende Rolle in der Industrie, in der Ernährung der Menschen und Thiere, seine hygienischen Eigenschaften sind von so grossem Einflüsse auf die Gesundheit der Bevölkerung, dass diese Frage stets die bedeutensten Hygienisten und auch die Givilverwaltungen in Anspruch genommen hat. Von Hippokrates bis auf unsere Tage hat man die der Gesundheit zuträglichsten Wässer untersucht. Die zahl- reichen Wasserleitungen in Rom, welche jedem Einwoh- ner täglich 1000 Liter Wasser geliefert haben sollen ; die, welche die Römer in allen ihrer Herrschaft unterworfenen Ländern anlegten; die Sorge der Municipalverwaltung von Paris, stets gutes Wasser den Bewohnern zu liefern; die Arbeiten zu Lyon, Marseille, Bordeaux, Toulouse etc. ; die zahlreichen Untersuchungen von Chemikern, Aerzten, hygienischen Commissionen beweisen, dass Nichts die Wissenschaft und die Verwaltung mehr interessiren kann, als die Wahl und die Menge des Trinkwassers. Die Arbeit Leforts beschäftigt sich in grossem Um- fange mit den Erfordernissen eines guten Wassers. Physikalische Charaktere der Trinkwässer. Das Wasser muss klar, farblos, geruchlos, lufthaltig, von frischem und durchdringendem Geschmack sein. Heute wie vor 2000 Jahren weisen selbst die ärmsten Leute trübes und warmes Wasser zurück, es gilt hier der von Arago citirte Ausspruch eines englischen Ingenieurs : Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. 149 das Wasser muss wie Cäsars Gattin erhaben sein über jeden Verdacht. Klarheit der Trinkwässer. Die Klarheit ist ein wesentlicher Charakter des Trink- wassers, ist aber zur Erkennung der guten Qualität un- zulänglich: destillirtes Wasser, Eis- und Schneewasser, gypshaltiges Brunnenwasser sind als Trinkwässer unbrauch- bar, trotz dem sie farblos und transparent sind. Nach Dupasq uier können trübe, erdige Theile enthaltende Wässer die Functionen der Verdauung stören ; es ist sicher, dass der Gebrauch trüber Wässer Ekel erregt, und dass man sie durch Filtration klären muss. Quellwasser und Wässer, welche aus Felsen sprudeln, sind meistens zu allen Zeiten klar; Flusswässer namentlich beim Anschwellen trübe, so der Nil, die Seine, Marne, Rhone, Saone, Loire. Das Nilwasser enthält im Liter bis 8 Gramm erdige Theile suspendirt, die Seine ist jährlich während 179 Tagen trübe, *17 von Poggiale angestellte Analysen ihres Wassers zu verschiedenen Jahreszeiten aus vollem Strome am Pont d' Ivry (also beim Eintritt des Flusses in die Stadt) geschöpft ergaben: 1) das Maximum der suspenclirten Stoffe ist im Liter 0,118, das Minimum 0,007 Grm. ; 2) die Quantität dieser Stoffe ist dem Wasserstande proportional ; 3) die grössten Zahlen wurden während des Winters nach reichlichem Regen gefunden. Boutron und Boudet finden als Maximum in der Marne (Pont de Charenton) 0,180 Grm., in der Seine (Pont d'Ivry bis Chailiot bis zum Austritt des Flusses aus der Stadt) 0,120 Grm. suspendirte Stoffe im Liter. Der Schlamm der Seine besteht aus organischer Sub- stanz 3,39; Carbonaten von Kalk und Magnesia 60,31: Kieselsäure 35,60. Die organische Substanz vermehrt sich beträchtlich während langer Trockenheit und wäh- rend der warmen Jahreszeit, daher im Sommer die Not- wendigkeit, das Wasser völlig zu klären und die Reser- voirs sorgfältig zu reinigen. In geringer Quantität und nicht verändert sind die organischen Substanzen nicht schädlich, in grössere Menge und in Gährung machen sie das Wasser ungesund und gefährlich. Bei 10 — 20° C erleiden sie noch keine Veränderung, steigt aber die Tem- peratur von 20 — 25°, und ist das Wasser in Reservoirs 150 Untersuchungen über den Luftgelialt der Wässer etc. eingeschlossen, so entsteht Fäulniss und schädliche Gas- entwickelung, wie es einige Male bei den Reservoirs von Passy bemerkt wurde, die einen ekelhaften Geruch aus- strömten. Das Wasser darf nicht gebraucht werden, ohne dass es vorher filtrirt ist; das Klären durch Absetzen- lassen ist unzureichend, wie viele Versuche zeigten : 10 Tage lang ruhig hingestelltes Wasser war noch nicht klar. Die bedeutend erhöhte Temperatur lässt in dem Wasser Infusorien entstehen, die das Wasser inticiren. Man hat zur Filtration des Wassers eine grosse Menge Methoden angegeben; es sind, sagt Arago, in England Millionen dafür verausgabt, und diese Versuche sind der Ruin vieler bedeutender Compagnien geworden. Die ingeniösesten Apparate sind die zu Chelsea in England, die von Fonvielle, Souchon, Nadault de Buffon. Eine Hauptsache ist die schnelle und billige Reinigung der Filter, indem der auf der filtrirenden Sandschicht sich bald anhäufende Absatz ein grosses Hinderniss der Filtra- tion ist Sandiges Erdreich kann man als natürliche Fil- ter benutzen, wie es bei dem Wasser von Toulouse der Fall ist, welches durch eine an den Ufern der Garonne sich hinziehende Bank von Sand und Kiesel fliesst; man muss jedoch auch hier seine Zuflucht oft zu künstlichen Filtern nehmen. Die Filtrirgalerien zu Toulouse liefern schon seit mehreren Jahren eine nicht wenig beträchtliche Menge Wasser. Dasselbe hat man bei Glasgow beobachtet, wo man am Ufer des Clyde ebenfalls Galerien in einer Sand- bank ausgegraben hat, indessen vermindert sich allmalig die Wassermenge, so dass man neue Galerien anlegen muss. Es ist jedoch zu erwähnen, dass das Wasser nach und nach Substanzen aufnimmt: so hatte das durch das zweite Filter von Toulouse erhaltene Wasser einen leichten Schlammgeschmack; ebenso fand Terrae, dass aus der Rhone filtrirtes Wasser in einem reinen Behälter eine von dem Flusswasser differirende chemische Zusammensetzung hatte. Die mit dem Wasser der Seine in gleicher Weise angestellte Filtration ergab gypshaltiges und dem Pariser Brunnenwasser ähnliches Wasser. Lefort fand einige Male, dass Wasser, welches reichlich über den Platz des neuen Opernhauses floss, einen Rückstand von 2,04 Grm. pro Liter gab und 99 hydrotimetrische Grade zeigte. Die gebräuchlichen Filter aus Sand, Kies, Wolle etc. entfernen nur mechanisch die im Wasser suspendirten Stoffe, absorbiren jedoch nicht faulige organige Substanzen und Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. 151 die aus ihrer Zersetzung entstehenden Gase; es existirt aber wegen des hohen Preises kein achtes Kohlenfilter. Lefort erwähnt die Bedeutung der freien oder ge- bundenen Kohlensäure in den Wässern und giebt die Ursache der Elimination derselben in süssen Wässern an, die filtrirt sind und im Haushalte aufbewahrt werden. Man filtrirt in den Haushaltungen das Wasser durch dünne und poröse Kalksteine. Das süsse Wasser, welches immer einen leichten Ueberschuss von Kohlensäure ent- hält, giebt diese an den Kalk ab. Bewiesen wird dieses, wenn man gewöhnliches Wasser bis zur sauern Reaction mit Kohlensäure sättigt: nach dem Filtriren durch Kalk- stein ist das Wasser völlig neutral, während es vorher Lackmuspapier lebhaft röthet. Aus demselben Grunde schmeckt Quellwasseraus Granitboden angenehm, filtrir- tes Flusswasser fade. Um zu untersuchen, ob die Elimi- nation der Kohlensäure eine chemische oder eine physi- kalische Ursache habe, behandelten Lefort und Lam- bert feinen Sand mit Salzsäure, um die Carbonate zu entfernen, und wuschen mit destillirtem Wasser, bis dieses Lackmuspapier nicht mehr röthete. Es wurde mit dem natürlichen Mineralwasser von Condillac operirt, das gas- haltig ist, und sauer reagirt. Es wurde mit destillirtem Wasser verdünnt, durch den präparirten Sand filtrirt und verlor seine Kohlensäure. Die Versuche, ob ebenso durch Sand filtrirtes Was- ser Elemente der Luft verliere, ergab Folgendes: Nicht filtrirtes Wasser. 1. 2. 3. Mittel. Stickstoff 14,92 14,92 14,53 14,79 c.c. Sauerstoff 7,18 7,18 6,57 6,97 » iuftgehaltes 22,10 22,10 21,10 Filtrirtes Wasser. 21,76 c.c. Stickstoff 13,06 13,06 12,23 12,78 c.c. Sauerstoff 5,91 5,91 5,77 5,86 V Summe des Luftgehaltes 18,97 18,97 18,00 18,64 C.C. Das filtrirte Wasser hat demnach 3,12 C.C. Luft vom Liter verloren in Folge einer einfachen physikalischen Action, indem es poröse Stoffe passirte. Man weiss ja von der Kohle schon lange, dass sie sehr bedeutende Mengen 152 Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. Gas absorbirt. Vor fast einem Jahrhundert hat Parmen- tier bei dem Wasser der Seine ähnliche Beobachtungen gemacht. Temperatur. Schon Hippokrates sagt: „die besten Wässer seien im Winter temperirt, im Sommer frisch. " Frisches Wasser löscht schnell und anhaltend den Durst und befördert die Verdauung, dagegen Wasser, welches fast die Temperatur der Atmosphäre annimmt, erregt Ekel und stört die Ver- dauungsfunctionen. Kaltes Wasser im Winter ist unange- nehm und hat schlimme Folgen. Bei einer Temperatur von 0° C. oder etwas darüber oder darunter sind die Schleim- häute der Luftwege zu Entzündungen geneigt, so dass kaltes Wasser Lungenkrankheiten erzeugen kann. Gue- r ar d hat in den Annales d'hygiene et de medecine legale eine Arbeit über die Gefahr des kalten Wassers veröffentlicht. Die Temperatur des Wassers ist eine wesentliche Gesundheitsbedingung, und man kann sagen, ein Wasser sei gut, das 10 bis 14° C. zeigt, es erscheint frisch, wenn die Atmosphäre 20 bis 25° C, temperirt, wenn diese 0° C. oder darunter zeigt. Quellwasser hat gewöhnlich 12 bis 14° C, Flusswasser variirt mit der Luftwärme. Dupas- quier fand das Wasser der Rhone im Winter 0° C, im Sommer bis 25° C. warm; Grell ois constatirte die Schwan- kungen der Temperatur der Mosel 1857 von 0°, 1° bis 24,3<> C. Im August 1856 zeigte die Seine 24,500 C, 1857 25,500 C, im Juni 1858 270 C, im Juli 1859 270 C. Es schwankte die Temperatur dieses Flusses in zwei Jahren zwischen 0° und 26,8° C. Deshalb versorgen sich viele Städte unter grossen Ausgaben mit Quellwasser, so Rom, Brüssel, Glasgow, Edinburgh, Metz, Strasburg, Besancon, Dijon, Grenoble, Montpellier, Bordeaux, Narbonne, Havre etc., denn ein Mittel, um beträchtliche Wassermengen frisch zu erhalten, besitzen wir noch nicht. Der Vorschlag Terme's: Wasser durch langes Zurückhalten in den Re- servoirs abzukühlen, würde beinahe ein Jahr dazu erfor- dern: die im Frühling gefüllten Reservoirs würden im Herbste endlich eine Temperatur von 12° C. haben. Die Bewohner der Städte, welche nur Flusswasser haben, trin- ken im Sommer lauwarmes, im Winter eisigkaltes Wasser. Rougier und Glenard fanden in Lyon die Temperatur der Rhone im Sommer zwischen 20 und 25° C., im Winter zwischen 2 und 3° C., am 21. und 22. Juni 1861 war es 17 bis 20° C. warm trotz eines langen Laufes durch ein Kieslager. Untersuchungen Über den Luftgehalt der Wässer etc. 153 Die Temperaturuntersuchungen des Seinewasser gaben folgende Resultate : Im Flusse. In den Reservoirs von Chaillot mit bedeckten Bassins. Au der Fontaine von Boule rouge 5Kilom. Reservoirs August 1856 1857 24,500 C. 25,50 „ 24,700 C. 25,00 „ 23.600 C. 24,00 „ Juni 1858 27,00 „ 27,20 „ 25,20 „ Juli 1859 27,00 „ 26,20 „ 25,00 „ Es ergiebt sich hieraus, dass durch die der heutigen Industrie zu Gebote stehenden Mittel, eine Erfrischung des Wassers, das eine grosse Stadt versorgen soll, un- möglich ist. In gut eingerichteten Wasserleitungen von gehöriger Tiefe bleibt die Anfangstemperatur des Quellwassers die- selbe. Die Keller des Pariser Observatoriums haben seit 1783 ihre Temperatur von 11,820 C. behalten. Die Phy- siker geben an, dass die Temperatur in einer Tiefe von 8 — 10 Meter invariabel sei. Quetelet hat bewiesen, dass die täglichen Maxima und Minima nicht einmal zu 1 Meter Tiefe einen Einfluss äussern ; dass die Maxima und Minima eines Monats sich in der Tiefe allmälig ab- schwächen bis zu einem constanten Puncte, dass sie erst nach 6 Monaten in der Tiefe von 10 Meter anlangen, und dass in den strengsten Wintern der Frost nur 50 — 60 Cen- timeter in den Boden eindringe. Man kann also folgern, dass die Sonne in der Tiefe von 1,50 — 2 Meter nur schwach wirkt. Die Quelle von Rosoir versorgt durch eine 16 Kilometer lange Leitung Dijon, das Wasser bat die Temperatur der Quelle von 10° C. Der Aquäduct ist durch ein Gewölbe abgeschlossen, welche das Eindringen der äussern Luft hindert, ebenso ist es mit dem Wasser von Arcueil. Commaille und Lambert, zwei Militär- Apotheker, haben gefunden, dass die Quellwässer, welche Rom versorgen, das ganze Jahr frisch sind ; so Aqua Feiice, das seine Quelle etwa 20 Kilometer von Rom hat und zum Gipfel des Quirinal geleitet wird. Seine Temperatur ist 16° C., während im Schatten 28° C. sind, und ist fast stets dieselbe trotz des langen Laufes in einem über dem Boden befindlichen Aquäduct. Aqua Vergine in einer unterirdischen etwa 14 Miglien (3 l ! 2 deutsche Meile) lan- gen Leitung durch die Villa Borghese nach Rom schmeckt sehr angenehm, ist völlig klar und zeigt 14° C. ; eau argen- tine, eau de soleil sind klar, im Sommer frisch, angenehm, 154 Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. mit 15° C. ; Aqua Paulinahingegen, das grösstentheils aus den Seen Bracciano und Martignano kommt und nach dem Janiculus geführt wird, hat eine variable Temperatur, warm im Sommer, kalt im Winter; es zeigte im Juli 28 C, die Luftwärme stieg bis 35° C, war aber in dem Augen- blicke des Versuches auf dem Janiculus 22,5° 0. Am 25. September 1861 zeigte die Quelle des Wassers von Narbonne 15° C, amAusfluss der Leitung am Hotel de Ville 20° C. ; dies lag an der mangelhaften Leitung, die gegen atmosphärische Einflüsse nicht abgeschlossen war. Luftgehalt der Wässer. Schon im frühesten Alterthume hat man Gewicht ge- legt auf die Anwesenheit von Luft in den zum Trinken bestimmten süssen Wässern. Diese enthalten variable Mengen von Sauerstoff, Stickstoff und Kohlensäure. Letztere giebt dem Wasser einen angenehmen Geschmack und wirkt auf die Verdauungsorgane nützlich, eben so die atmosphärische Luft. Man weiss, dass dieser Gase be- raubte Wässer, wie das destillirte Wasser, fade und un- verdaulich sind. Sauerstoff 1 und Stickstoff stammen aus der Atmosphäre, die Kohlensäure aus dem Boden, durch welchen das Was- ser fliesst. Boussingault und Levy haben gezeigt, dass die Luft aus einem Boden, der ein Jahr nicht gedüngt wurde, 22 — 23 mal so viel Kohlensäure als die Atmosphäre enthält, und dass man in einem seit 8 Tagen gedüngten Boden 245 mal so viel davon findet. Jedoch nimmt das Wasser aus der Atmosphäre eine bedeutende Menge Koh- lensäure auf, die durch die Pflanzen nicht absorbirt wird, und trägt so zur Reinigung der Luft bei. Ueber das Volumen des Sauerstoffs, Stickstoffs und der Kohlensäure in gutem süssem Wasser angestellte Ver- suche ergaben Folgendes: t rk,^n •• ~ T3~~u -u*. Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure 1. üuellwasser. Beobachter. • T -^ • t •* • t -*. ^ im Liter, im Liter, im Liter. Am Schlachthause in Rheims, gebohr- ter Brunnen Maumene Quelle Bregille in Besancon *) Deville Quelle Arcier bei Besancon **) Deville 0,016 0,005 0,017 0,014 0,007 0,022 0,015 0,005 0,020 *) Von einem Stadtbrunnen genommen. **) An der Quelle geschöpft. Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. 155 r r\ u • r> u Ui. Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure I. Quellwasser. Beobachter. T ., T ■. . T : . Ä ^ im Liter, im Liter, im Liter. Quelle la Moulliöre bei Besancon*)... Deville 0,015 0,006 0,039 Quelle Roye bei Lyon **) Boussingault 0,015 0,006 0,031 Quelle Honzier bei Lyon Dupasquier 0,015 0,006 0,033 Quelle Fontaine bei Lyon Dupasquier 0,015 0,006 0,031 Quelle Neuville bei Lyon Dupasquier 0,015 0,005 0,039 Quelle von Sablon in Metz Langlois 0,013 0,006 0,017 Quelle von Dijon***) Deville 0,016 0,007 0,023 II. Flusswässer. Wasser der Vesle.. Maumend 0,018 0,008 0,004 „ „ Garonne Deville 0,015 0,008 0,017 „ desDoubs.. „ 0,018 0,009 0,017 Wasser der Rhone bei Genf „ 0,018 0,008 0,008 Wasser der Rhone bei Lyon Bineau 0,016 0,008 0,012 Wasser der Saone.. „ 0,013 0,006 0,012 „ „ Loire . . Janicot 0,017 0,008 0,012 „ des Rheins . Deville 0,015 0,007 0,007 13 während zweier Jahre angestellte Versuche Pog- giale's mit Seinewasser von der Ivry brücke, unter Diffe- renzen von Temperatur, Barometerstand, Wasserhöhe und Trockenheit geschöpft, ergaben: 1) es enthält das Seinewasser im Mittel in 1000 Grm. 0,023 Liter Kohlensäure, 0,009 Sauerstoff, 0,020 Stickstoff; 2) die Verhältnisse der Gase und speciell der Luft variiren sehr; 3) der Gehalt an Luft und Kohlensäure ist beträcht- licher im Winter als im Sommer; 4) es enthält weniger Sauerstoff im Sommer als im Winter ; 5) der Gehalt an Sauerstoff ist im Mittel 31,03 in 100 Theilen Luft; 6) es absorbirt eine grosse Menge Sauerstoff, wenn man es mit diesem in Contact bringt. Gutes Quellwasser enthält also auf 1000: 5 — 7 C.C. Sauerstoff, 13— 16 C.C. Stickstoff, 17 — 39 C.C. Kohlen- säure ; Flusswasser 6 — 9 C. C. Sauerstoff, 13 — 20 C. C. *) An der Mündung eines unterirdischen Kanals geschöpft. **) Aus einem Stadtreservoir genommen. ***) Aus einem Stadtreservoir genommen. 156 Untersuchimgen über den Luftgehalt der Wässer etc. Stickstoff, 7 — 23 C. C. Kohlensäure : ersteres hat dem- nach weniger Sauerstoff und mehr Kohlensäure als letzteres. Der atmosphärische Druck übt auf das in den Wäs- sern enthaltene Volumen Luft und Kohlensäure einen grossen Einfluss aus. Boussingault fand in dem Strom von Basa in den Cordilleren 3000 Meter über dem Mee- resspiegel nur 3 C.C. Kohlensäure und 11 C.C. atmo- sphärische Luft, bei 3600 Meter enthielt das Wasser nicht mehr genug Luft, um Fischen das Leben zu erhalten. Endemische Kankheiten in diesen Bergen, wie der Kropf, sind durch den Gebrauch dieses Wassers verursacht. Alle trinkbaren Wässer von guter Qualität enthalten Kohlensäure; Peligot fand im Seinewasser 22,6 C.C. dieses Gases, in den Monaten December, Januar, Februar und März steigt nach Lefort der Gehalt auf 24 oder 25 C.C. Man hat den Quellen aus krystallinischem Boden den Vorzug geben wollen vor solchen aus sedimentären Schichten, weil diese viel Kiesel und wenig kohlensauren Kalk enthalten. Lefort hält gerade die letzteren für die besseren, weil sie durch den langen Contact mit der Luft eine grosse Menge Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff haben und Seife lösen, ohne sie zu coaguliren, so dass sie sowohl zum Trinken als zum häuslichen Gebrauch nichts zu wünschen übrig lassen. Wenn man von der Natur und Quantität der Mineralbestandtheile, von der Temperatur und Klarheit der süssen Wässer absieht, so müssen sie, um trinkbar zu sein, im Mittel 17 C.C. Stick- stoff und 8 C.C. Sauerstoff enthalten. Das sicherste Mit- tel, Wasser mit Luft zu versehen, ist die Circulation in der freien Luft oder Erneuerung der Oberfläche durch Fall und Abfluss. Lefort beschäftigt sich mit Beantwor- tung der Fragen: wie langer Zeit bedarf es, um Quell- wasser mit den Luftelementen zu sättigen von dem Augen- blicke an, wo es zu Tage tritt, bis zu seiner Verwendung? welches sind die günstigsten Bedingungen, unter welchen diese Wässer in Bezug auf Luftgehalt den fliessenden Wässern ähnlich sein können? Leicht mit Schwefelsäure angesäuertes Wasser wurde durch Kochen von aller Luft befreit, noch kochend in ein Sandsteingefäss gebracht und sorgfältig verschlossen. Dieses luftfreie Wasser wurde dann eine bestimmte Zeit einer fortgesetzen Filtration unterworfen, damit es wieder Luft absorbirte. An der Concordiabrücke geschöpftes Seinewasser ent- hielt im November im Liter 60 C. C. Kohlensäure frei und Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. 157 gebunden, 14,61 C.C. Stickstoff, 7,69 C.C. Sauerstoff. Dasselbe Wasser durch Kochen luftfrei gemacht enthielt nach dem Contact mit der Luft: Nach 1/2 St. Nach ISt. Nach 2 St. Nach 6 St. C.C. C.C. C.C. C.C. Freie und gebun- dene Kohlensäure 24,75 24,20 25,05 25,41 Stickstoff 12,36 12,74 12,94 13,20 Sauerstoff 4,90 5,32 6,07 6,57 Summe des Luftgehalts 42,01 42,26 44,06 47,18 Es war also fast der ganze durch das Kochen ent- standene Luftverlust gedeckt. Eine zweite von Poggiale und Lambert in der- selben Weise unternommene Versuchsreihe ergab : Nach 1/2 St. Nach V/ 2 St. Nach 2V 2 St. C.C. C.C. c c Stickstoff 13,44 12,40 12,79 Sauerstoff 5,63 6,51 6,87 Summe 19,07 18,81 19,66 Die Temperatur des Wassers war im Augenblicke des Versuches 170 C. Wasser absorbirt im Sommer we- niger Gase als im Winter; im Juli und August 1853 bei einer Temperatur zwischen 19 und 26,30 C. enthielt Seine- wasser 5 — 7 C.C. Sauerstoff, dagegen im Winter 10,11 selbst 12 C.C. Ein schon altes Experiment Bineau's mit einer Quelle vom Gipfel des Pilatus bestätigt diese Resultate. Er fand bei einer Temperatur von 80 C. und 0,657 M.M. Druck : Wasser von der Wasser von mehreren Gier -Quelle Fällen C.C. C.C. Kohlensäure. ..." 5,9 1,6 Sauerstoff 4,9 7,5 Stickstoff 4,0 16,1 Summe 14,8 25,2. Die verlorene Kohlensäure wird durch Sauerstoff und Stickstoff ersetzt, zugleich bildet sich kohlensaurer Kalk. Lefort ermittelte das Volumen Luft, welches das Wasser des artesischen Brunnens von Paris in einer bestimmten Zeit absorbirt. Dieses hat einen etwas schwefli- 158 Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. gen Geruch, 27° C. Temperatur, ist eisenhaltig und alka- lisch und enthält nach Poggiale und Lambert in 1000 C. C. 7 C. C. freie oder an Bicarbonate gebundene Koh- lensäure und 17,10 C.C. Stickstoff. Lef ort findet 33,84 C.C. Kohlensäure gebunden und frei. Es muss also das Was- ser von Passy, ehe es zum Trinken tauglich ist, lufthal- tig gemacht werden. Der Luft ausgesetzt und eine bestimmte Zeit in Bewegung erhalten enthielt es : Nach 1/2 St. Nach ISt. Nach 2 St. Nach 5 St. Nach 10 St, Kohlensäure 33,89 33,92 33,98 34,05 34,55 Stickstoff... 19,90 19.08 18,38 17,30 15,55 Sauerstoff.. 5,70 7,30 8,61 8,90 9,17 Summe 59,49 60,30 60,97 60,22 59,27. Die erste Veränderung, welche Quellwasser an der Luft erleidet, ist Verlust an gebundener Kohlensäure und Substitution durch Stickstoff und Sauerstoff; mit Ver- grösserung der Oberfläche nimmt es aus der Atmosphäre Kohlensäure auf, die dann eine entsprechende Menge Stickstoff und Sauerstoff eliminirt; je mehr Kohlensäure ein süsses Wasser enthält, desto weniger von den andern Gasen. Dasselbe Phänomen der Deplacirung zeigt sich auch zwischen Sauerstoff und Stickstoff. Die in dieser Hinsicht angestellten Versuche von Poggiale und Lam- bert ergaben: Stickstoff Sauerstoff Summe C.C. C.C. C.C. Wasser in einer Röhre, letztere central in mit Kohlensäure gefüllter Flasche 17 17 Wasser in einem Hahne (22. Februar 1862) 14 2 16 Wasser am 26. December 1861 der Luft ausgesetzt 12 5 17 Lef ort und Jutier haben diese Deplacirung eines Gases durch ein anderes schon in ihrer Arbeit über die Mineralwässer von Plombieres beobachtet. Daraus ein Beispiel : Gasvolumen Sauerstoff Stickstoff im Liter inlOOTh. inlOOTh. Quelle Nr. 5 der Leitung des Thal- weg, Temperatur 65,21« C 12,6 15,9 84,1 Quelle Nr. 5, Wasser während 21 Stunden im Bassin der Quellen- temperatur ausgesetzt 13,5 27,7 72,3 Quelle Nr. 5 der Seifengalerie bei 40,460 C 16,4 25,1 74,9 Quelle Nr. 5, im Bassin der Quellen- temperatur 21 Stunden ausgesetzt 16,3 27,9 70,3 Untersuchungen über den Laftgehalt der Wässer etc. 159 Man sieht hieraus, dass der Luft ausgesetztes Mineral- wasser schnell Sauerstoff absorbirt und Stickstoff verliert, bis beide Gase sich wie 28 : 70 verhalten. In welcher Weise die Ingenieure den Luftgehalt der Wässer reguliren, gehört nicht hierher; sie besitzen sehr wirksame Mittel, die bei bestimmten Leitungen angewen- det werden. Dugue, Oberingenieur des Marne -Departe- ments, giebt an, dass die Kohlensäure über dem Wasser keineswegs eine beständige Decke bilde, die allen Con- tact des Wassers mit der atmosphärischen Luft J hindere. Aus den Untersuchungen von Lefort, Bineau und Herve-Mangon geht hervor, dass die Quellwässer mit gut construirten Leitungen leicht die ihnen fehlende Luft- menge absorbiren. Commaille und Lambert haben gezeigt, dass das Wasser von Rom hinlänglich lufthaltig sei. Es enthält im Liter: Kohlensäure Stickstoff Sauerstoff c.c. c.c. c.c. Aqua Feiice 24,70 23,55 6,90 „ Vergine 24,44 15,75 7,89 „ Pauline 7,78 16,06 8,92 Tiber 16,00 20,00 8,00 Das Wasser der Tiber ist jedoch stets trübe, ent- hält 0,456 Grm. feste Stoffe, zeigt 29° am Hvdrotimeter und variirt in seiner Temperatur ; ist also nicht trinkbar. Feste Substanzen und organische Stoffe in den Wässern. Man hat behauptet, dass die reinsten Wässer die besten seien, so das Wasser des See's von Gerardmer in den Vogesen, bei welchem weder Chlorbaryum, noch oxalsau- res Ammoniak oder salpetersaures Silberoxyd eine Reac- tion zeigt und das nur Spuren alkalischer Salicate ent- hält; die Wässer von Chalet de Compas bei Allevard, die aus Protogynfelsen entspringen und im Liter nur einige Milligramme fester Substanz haben; das Wasser der Loire an der Quelle, das nur geringe Quantitäten Salze ein- schliesst. — Es ist diese Ansicht eine irrthümliche. Nach Jolly sind die salzigen Stoffe zur Erhaltung des Lebens nothwendig, sie werden wie die Nahrungsmit- tel absorbirt, bilden die Knochen und spielen eine bedeu- tende Rolle im Organismus. Dasselbe giebt Dupasquier an. Boussigault sagt: „wir tranken auf dem Pic von Tolima Schneewasser, das uns und unsern Begleitern unangenehm erschien trotz seiner völligen Reinheit." 160 Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. Chossat stellte Versuche an über die Wirkung eines Nahrungsmittels; das nicht genug Kalk enthielt; die Resul- tate werden durch Boussingault bestätigt durch die Beobachtung der Knochenbildung des Schweines. Er zeigte, dass die assimilirte Menge Kalk 268 Grm. betrug, obgleich die consumirten Nahrungsmittel nur 98 Grm. Kalk enthielten, das inzwischen genossene Wasser enthielt 179 Grm. Kalk, Summe 277 Grm. Dupasquier theilt die in den Wässern enthaltenen Salztheile in nützliche und schädliche. Chlornatrium, dop- pelt-kohlensaurer Kalk sind sehr nützlich, sogar unersetz- lich, die nützlichen Salze sind die, welche man auch im Organismus findet; schädlich sind, wenigstens bei Ueber- maass, Gyps, Chlorcalcium, Kalksalpeter, die sich in klei- nen Mengen im Wasser finden. In Wässern von guter Qualität findet man 1 bis 3 Decigramme feste Bestandteile, darunter 5 bis 15 Centi- gramme kohlensauren Kalk; bei einem Gehalte unter 1 Decigramm nähern sie sich dem destillirten Wasser, über 3 Decigramme sind sie nach Beigrand incrustirend, kochen schlecht Hülsenfrüchte und zersetzen Seife ; steigt die Menge der Salztheile über 5 Decigramme, so bedient man sich dieses Wassers nur im Nothfalle. Nach Lefort muss ein trinkbares Wasser 10 — 24° am Hydrotimeter zeigen, (nach Boutron und Boudet), genug Mineralsalze enthalten, um an der Knochenbildung Theil nehmen zu können, muss viel reicher sein an alka- lischen und erdigen Bicarbonaten als an Gyps und zu allen Jahreszeiten gleiche Zusammensetzung zeigen. Er theilt die s. g. trinkbaren süssen Wässer in zwei unter- schiedene Gruppen: 1) Bach- und Flusswasser, 2) Quellwasser, a. Quellwasser aus sedimentärem Boden, b. „ „ krystallinischem Boden. Bach - und Flusswasser zeigt variirende physikalische und chemische Charaktere, es ändert seine Temperatur mit der Atmosphäre, ist oft trübe und ändert seine gasi- gen und mineralischen Bestandteile bei verschiedenen Einflüssen, wie Schmelzen des Schnee's und Regen. Durch eine grosse Anzahl Analysen fand Poggiale im Seine- wasser: 1) dass das Maximum der festen Bestandteile im Liter 0,277 Grm., das Minimum 0,190 Grm. sei, im letzten Falle war durch Schneeschmelze der Fluss gestiegen; Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. 161 2) dass es im Allgemeinen im Sommer an löslichen Theilen reicher sei als im Winter. — Bei der Rhone ist es umgekehrt. — Von der Quelle bis zur Mündung eines Flusses beobach- tete man folgende Unterschiede : an der Quelle hell, klar, frisch, enthält es mehr Kohlensäure und eine geringe Menge Salztheile, wird im Sommer trübe und weniger frisch, greift Silicatgesteine leicht an, löst durch die Kohlensäure verschiedene Salze, namentlich Kalk und Magnesia-, in dem Maasse aber, als der Fluss von der Quelle sich ent- fernt, nimmt er Sauerstoff und Stickstoff auf, verliert Kohlensäure, Kieselerde, Kalk- und Magnesiacarbonate. So enthält die Seine viel weniger feste Theile bei Rouen als bei Paris. Die Menge der organischen Substanzen ändert sich im Flusswasser durch Regengüsse, Pflanzen, Abflüsse, in welchen der Fäulniss unterworfene Stoffe enthalten sind, durch die Abgänge und Unrath grosser Städte ; sie erthei- len dem Wasser einen unangenehmen Geruch und Ge- schmack und influiren ungünstig auf den Gesundheits- zustand der Bevölkerung. Die Analyse des Flusswassers auf Ammoniak führt man am besten nach der Methode von Boussingault aus (Compt. rend. 36, 814. — Pharm. Centralbl. 1853. 369. — Fresenius, quant. Anal. 4. Aufl. 589) , nach welcher man noch 1 — 2 Hundertel Milligrm. Ammoniak im Liter bestimmen kann. Nach Poggiale (1853 und 1854) enthält das Seinewasser an der Austerlitzbrücke am lin- ken Ufer mehr Ammoniak, wegen des Zuflusses der Bievre, als am rechten Ufer: das Mittel aus drei Analy- sen war für das linke Ufer 135, für das rechte 20 Hun- dertel Milligrm. Ammoniak. Boudet fand 1859 in dem bei der Leitung von Asnieres geschöpften Wasser 513, dagegen mitten im Flusse nur 28 ; Bussy am Port An- glais 17, bei Passy 43 Hundertel Milligrm. Ammoniak. Nach Dumas ist die genaue chemische Analyse der Wässer in Bezug auf organische Stoffe unnöthig. Man stellt in einem Krug das zu untersuchende Wasser einen Monat an einen warmen Ort; verändert es weder Geruch noch Geschmack, so enthält es höchstens nur Spuren organischer Materien. Weit von Städten entferntes Flusswasser ist zum Trinken wie zu Industriezwecken brauchbar; es ist sehr lufthaltig, leicht zu verdauen und enthält im Ganzen un- erhebliche Quantitäten Mineralsubstanz: die Seine 0,241; Arch . d. Pharm. CLX VI. Bds. 2. Hft. 1 1 162 Untersuchungen über den Luftgehalt der Wässer etc. Loire 0,134; Garonne 0,136; Rhone 0,182; Saone 0,171; Isere 0,187; Rhein 0,231; Mosel 0,116. Die süssen Wässer aus kristallinischem Boden, die aus den Tiefen primitiver, Uebergangs - und vulkanischer Gesteine kommen, haben eine mehr gleichmässige Tempe- ratur als die oberflächlichen Quellen. Sie sind weniger lufthaltig als die laufenden Wässer und die aus sedimen- tärem Gestein, sind sehr klar und haben frischen, ange- nehmen Geschmack das ganze Jahr hindurch, zeigen oft unter 20° Hydrotimeter, enthalten viel Kohlensäure und Stickstoff, wenig Sauerstoff. Der geringe Salzgehalt ver- ursacht schlechte Ernährung und endemische Krankhei- ten ; die Analysen ergaben, dass die reinsten Wässer aus krystallinischem Boden kommen. Die Quellen aus sedi- mentären Schichten schliessen erdige Substanzen ein, des- halb ist ihre Zusammensetzung variabel, schmecken weni- ger angenehm, zeigen oft über 20° und enthalten wenig Sauerstoff und Stickstoff. Man hat für Besancon gefunden : Quelle Bregille 0,279 Grm. feste Bestandtheile, Moulliere 0,308 Grm., Billecul 0,330 Grm., Arcier 0/283 Grm.; für Lyon: Quelle Roye 0,264 Grm., Ronzier 0,263 Grm., Fontaine 0,265 Grm., Neuville 0,230 Grm.; für Paris: Quelle Arcueil 0,527 Grm., Dhuis 0,293 Grm.; in dem Wasser der Quelle von Dijon 0,260 Grm. Nach Langlois enthält die Quelle des Thaies von Monveaux bei Metz 0,170 — 0,211 Salztheile. Fleury findet den hydrotime- trischen Grad des Brunnenwassers auf dem Camp de Chälons 8 — 22. Commaille und Lambert finden in Rom im Aqua Feiice 0,270 Grm., Aqua Vergine oder de Frevi 0,263 Grm., ersteres zeigt 21,5», letzteres 18,250 Hydrotimeter. Die Menge der festen Bestandtheile über- steigt bisweilen 0,50 Grm. Es giebt also gutes und schlech- tes Quellwasser ebenso wie gutes und schlechtes Fluss- wasser. Welchem von beiden, ob Quelle, ob Fluss, man zur Versorgung einer grossen Stadt den Vorzug geben soll, darüber lässt sich nach Michel Levy und Tardieu a priori kein Urtheil fällen, die chemische Analyse und die ärztliche Erfahrung können allein entscheiden. Man kann beide Arten Wässer zum Hausgebrauche verwenden, wenn sie klar sind, im Sommer frisch, im Winter temperirt, einen angenehmen Geschmack haben, 10, 18 oder 25° am Hydrotimeter zeigen, lufthaltig sind und so viel Mineralbestandtheile enthalten, dass sie an der Knochenbildung Theil nehmen können und keine Ueber die trinkbaren Wässer. 163 endemische Krankheiten erzeugen. (Journ. de Pharm. etdeChim. Janvr.y Feur., Mars 1863). Dr. Reich. Ueber die trinkbaren Wässer. Bei einer Discussion der Academie de medecine über die trinkbaren Wässer standen sich mehrere Ansichten gegenüber : 1) nach Robinet und Bouchardat schadet die Gegenwart (bis zu einer gewissen Grenze) der verschie- denen Kalk-, Magnesia- und anderer Salze in den trink- baren Wässern nicht der Gesundheit; 2) nach Jolly üben diese Salze und besonders die Kalksalze einen gefährlichen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung aus ; 3) nach Bouchardat veranlassen gleichzeitig in den Wässern vorhandene vegetabilische Stoffe und Salze aus dolomitischem Boden die Kropfbildung und den Creti- nismus. Versuche haben ergeben : dass das im Wasser ge- löste Kalkbicarbonat beim Kochen Kalkcarbonat fallen lässt, das sich den Nahrungsmitteln beimengen kann, aber auf dieselben weder physisch noch chemisch einwirkt; dass Gyps bei 100° C. mit Casein, einem der Hauptbe- standteile der Milch, mit Legumin eine unlöslich Verbin- dung eingeht und diese Stoffe der Ernährung entzieht, weniger das Verhältniss von 50 — 60 Centigrm. im Liter Wasser übersteigt ; dass in grossen Flüssen das Kalk- bicarbonat nicht in einem grössern Verhältniss sein kann als 18 Centigrm. im Liter = 18 hydrotirnetrischen Gra- den; dass diese Grade in den Flüssen und grossen Bächen Frankreichs im Mittel 12 — 15 betragen, nie über 250 hinausgehn; dass demnach die Bicarbonate und Sulfate des Kalks und der Magnesia die Bereitung der Nahrungs- mittel nicht beeinträchtigen können, was die hundert- jährige Erfahrung der Bevölkerung bestätigt. Aus zahlreichen Analysen von Poggiale geht her- vor, dass das Seinewasser im Mittel im Liter, in runder Zahl bei 0<> C. und 0,76 M.M. Druck enthält: Kohlensäuregas 23 C. C. Stickgas 20 „ Sauerstoffgas 9 „ 11* 164 Ueber die trinkbaren Wässer. Kohlensauren Kalk 0,18 Grm. „ Magnesia 0,02 „ Schwefelsauren Kalk etwa 0,01 „ Lösliche Kalk-, Magnesia- und Na- tronsalze 0,02 „ Stickstoffhaltige Verbindungen . . . 0,01 „ Ammoniak 0,00015 „ also noch nicht 24 Centigrm. im Liter. Zahlreiche hydro- timetrische Versuche ergaben im Mittel 18°. Das Dhuis -Wasser enthält im Liter: Kohlensäuregas 29,00 C. C. Stickgas 14,78 „ Sauerstoffgas 5,00 „ Kohlensauren Kalk 0,2100 Grm. „ Magnesia 0,0240 „ „ Natron 0,0100 „ Schwefeisauren Kalk 0,0010 „ Chlornatrium 0,0110 „ Stickstoffhaltige Verbindungen . . . 0,0130 „ Ammoniak 0,0000 „ Es befinden sich also in Lösung 293 Milligrm. oder 29 Centigrm., das Wasser zeigt 24° am Hydrotimeter, enthält nur Spuren organischer Stoffe und kein Ammoniak. S ch 1 ü s s e. 1) Gutes Trinkwasser muss drei Bedingungen erfül- len : angenehm schmecken, geeignet sein zur Darstellung der Nahrungsmittel und zur Wäsche. 2) Die Qualität der Trinkwässer, woher sie auch stam- men, ob aus Fluss, Quelle oder Bach, hängt wesentlich ab von ihren chemischen und physischen Verhältnissen. 3) Die Charaktere guter Trinkwässer sind: sie müs- sen hell und klar sein, ohne Geruch und besondern Ge- schmack, dürfen weder Rohrleitungen noch Gefässe in- crustiren. Am Hydrotimeter dürfen sie nicht mehr als 25° zeigen, müssen gehörig lufthaltig sein d. h. im Liter in Lösung haben 20 — 22 C. C. Stickstoff, 9 — 10 C.C. Sauerstoff, 20 — 25 C. C. Kohlensäure, dürfen nur Spuren organischer Materien und kaum 1 Centigrm. Nitrate, 10 — 15 Hundertel Milligrm. Ammoniak enthalten. Alles Wasser, das zersetzte oder im Zersetzen begriffene orga- nische Stoffe enthält, ist zum Hausgebrauche zu verwerfen. Organische Bestandtheüe des Brunnenwassers. 165 4) Das Seinewasser an der Ivrybrücke (beim Eintritt der Seine in die Stadt) ist als der Typus eines vorzüg- lichen Trinkwassers zu betrachten. (Felix Boudet; Joum. de Pharm, et de Chim. Avril 1863.) Dr. Reich. lebcr die organischen Bestandtheüe des Brunnen- wassers; von Aug. Vogel. Die Wichtigkeit, reines Wasser zum häuslichen Ge- brauche in genügender Menge verwenden zu können, die Schwierigkeit, dies in grossen Städten zu bewerkstel- ligen und dass die Verunreinigungen sich meistentheils auf organische Verunreinigungen beschränken, setzen wir als genügend bekannt voraus und wenden uns sofort zu den Proben, die Aug. Vogel in München angestellt hat, wobei derselbe bemerkt, dass das Wasser aus verschie- denen Pumpbrunnen in quantitativer Hinsicht nur geringe Verschiedenheit zeigte. Die Probe mit Uebermangansäure (Polytechn. Joum. Bd. CLX. S. 55) ergab, dass das Wasser eine 10 Milli- gramm Uebermangansäure zersetzende Menge organischer Substanzen per Liter enthielt, wogegen gutes Brunnen- wasser nur 1 bis 2 Milligramm Uebermangansäure zer- setzen darf. Das untersuchte Wasser hinterliess beim Abdampfen einen Rückstand (zwischen 0,4 und 0,5 Grm. per Liter) von gelber Farbe und eigenthümlichem unangenehmen Geruch, welcher beim Erhitzen im Platintiegel mit stark rossender Flamme brennt und den charakteristischen Ge- ruch brennender stickstoffhaltiger Substanzen zeigt. Die zurückbleibenden mineralischen Bestandtheüe wurden als unwichtig nicht weiter untersucht. Beim Erhitzen des bei 120° C. getrockneten Rück- standes in einem Glasrohre entwickeln sich erst saure Dämpfe. Diese rühren von Buttersäure, Propionsäure, Essigsäure und Ameisensäure in sehr geringer Menge her. Später entwickelt sich Ammoniak, welches beim Erhitzen des mit Natronkalk vermengten Rückstandes sogleich von Anfang an sehr deutlich auftritt und zwar enthält erwähnter Rückstand durchschnittlich 33,4 Proc. organischer Bestand- theüe. Der Stickstoffgehalt des Rückstandes wurde durch Verbrennung mit Natronkalk und Auffangen der Producte in titrirter Schwefelsäure bestimmt und ergab sich als Mittel derselben der Stickstoffgehalt zu 0,657 Proc, was 166 Gegen Kesselstein anwendbare Mittel. auf die organischen Bestandtheile allein berechnet 1,9 Proc. Stickstoff beträgt. Dies entspricht 12,2 Proc. albuminar- tiger Substanzen und die organischen Bestandtheile des Wasserrückstandes enthalten daher über ein Drittheil derartiger Beimengungen. Der Verfasser stellt in Frage, ob die Dejectionen der in der Nähe der Brunnen befindlichen Bierbrauereien ein mitwirkendes Moment zur Erklärung dieses Wasser- verderbens bilden, so wie derselbe auch bemerkt, dass die organischen Beimengungen des Wassers in einer bestän- digen Umsetzung begriffen sind. {Dingler s Journ. Bd. CLXVIL Heft 2. S. 134). Bkb. lieber die gegen Kesselstein anwendbaren Mittel. Dr. Bischof hat sich der Mühe unterzogen, Unter- suchungen der Kesseispeisewasser und der aus denselben abgesetzten Kesselsteine anzustellen und die Resultate in einer Abhandlung niedergelegt, worin so ziemlich alle bis jetzt gegen den Kesselstein angewandten oder vorgeschlage- nen Mittel angeführt und dieselben in drei Klassen getheilt sind, nämlich: 1) in chemische, 2) in mehr mechanische, welche die Bildung einer festen Masse an den Kesselwänden verhindern, und 3) in solche mechanische Mittel, welche das Fest- setzen oder Festbrennen des gebildeten Kesselsteins an den Kesselwänden verhindern. Von den Mitteln der ersten Klasse kommen nur Soda und Salmiak in Betracht. Beide Salze zersetzen die aus schwefelsaurer Bittererde und schwefelsaurem Kalk beste- henden festen Bestandtheile des Kesselwassers in der Weise, dass sich im Kessel entweder nur ein zarter Schlamm (kohlensaurer Kalk und Talkerde) niederschlägt, oder dass sich lauter leichtlösliche Salze bilden. Unter den Substanzen der zweiten Klasse (gerbstoff- haltige, schleimige und zuckerhaltige Substanzen, Harz, Pech, Thon etc.), bei deren Anwendung sich im Kessel statt eines festen Steines nur ein zarter Schlamm bildet, empfiehlt sich besonders Catechu wegen seiner Billigkeit, seiner energischen Wirkung und wegen seiner Eigen- schaft, sich vollständig im Wasser aufzulösen, ohne letz- teres zu verunreinigen. Die Mittel der dritten Klasse (Kohlenpulver, Graphit und Talg), erscheinen deshalb weniger empfehlenswerth als die bisher betrachteten, weil sie die Kesselsteinbildung Gegen Kesselstein anwendbare Mittel. 167 nicht verhindern und eine neue Schicht zwischen dem Kesselstein und der Kesselwand bilden, den Durchgang der Wärme aus dem Feuerkanale in den Kessel notwen- diger Weise erschweren und den Heizeffect des letzteren verringern müssen. Demnach bleibt unter den probaten Mitteln nur die Wahl zwischen Soda, Salmiak und Catechu. Dr. Bischof rechnet auf 20 Kubikfuss Speisewasser im Durchschnitt 1 Pfd., also auf 100 Kubikfuss Speise- wasser etwa 5 Pfd. der erwähnten Salze. Ein Pfund Soda kostet im Ganzen 2 Sgr. 10 Pf. und 1 Pfund Salmiak 6 Sgr. Der Zusatz von Soda oder Salmiak zu 100 Kubik- fuss Speisewasser kostete also 14 Sgr. 2 Pf., resp. 1 Thlr. Auf dasselbe Quantum Speisewasser wird dagegen nach den bereits gemachten Versuchen höchstens J / 2 Pfund Catechu verbraucht, welches 1 Sgr. 0,6 Pf. kostet. Wegen der bedeutend höheren Kosten, welche die Anwendung von Soda oder Salmiak im Vergleiche zu der an Catechu verursacht, hat Bischof noch von den Versuchen mit den beiden ersteren Abstand genommen, dagegen mit Catechu auf verschiedenen Gruben unter Aufsicht der Werkmei- meister sorgfältige Versuche anstellen lassen. Folgende Tabelle enthält die Resultate dieser Versuche, nämlich diejenigen Quantitäten Catechu, welche zur Verhinderung der Kesselsteinbildung auf je 100 Kubikfuss Kesselspeise- wasser kommen. Auf 100 Kubikfuss Namen der Gruben. Speisewasser Pfund Catechu. Heinitz 0,5 Duttweiler, Skalleyschacht Nr. 1 und 2 0,55 „ Gegenortschacht 0,29 „ Mellinschächte 0,16 Kronprinz 0,26 von der Heydt 0,25 Die für je 100 Kubikfuss Speisewasser erforderlichen Mengen von Catechu schwanken also zwischen 0,16 und 0,55 Pfd., eine Erscheinung, welche nicht befremden darf, wenn man berücksichtigt, dass nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität der festen Bestandtheile der Kesselspeisewasser die Bildung von Kesselstein beeinflusst. Welche Vortheile die Anwendung von Catechu den Maschinenanlagen mit schlechten Speisewassern, abgese- hen von der längeren Conservirung der Kessel und grösse- ren Sicherheit vor Explosionen gewährt, kann aus folgen- 168 Pulver zur Bereitung von Schwefelwasser. der Angabe erhellen. In einem Dampfkessel auf den Skalley schachten der Grube Duttweiler verdampften in 3 Wochen 4524 Kubikfuss Wasser mit einem Aufwand von 25 Pfund Catechu. Dies beträgt: Catechu ä 2 Sgr . 1 Thlr. 22i/ 2 Sgr. Das Reinigen des Kessels kostete 4 Tage Zeit, rund 2 „ — „ Summe 3 Thlr. 22»/ 2 S g r - Ohne Anwendung von Catechu erfordert eine Kessel- reinigung 8 Tage Zeit und kostet 4 Thlr. Im ersteren Falle wurden demnach 7 1 2 Sgr. an Geld und 4 Tage an Zeit erspart. Diesen Erfahrungen zufolge hält Bischof das Catechu für ein ganz vorzügliches und billiges Mittel gegen die Kesselsteinbildung und lässt dasselbe in grossen Quanti- täten beschaffen und auf allen Maschinenanlagen mit schlechten Kesselspeise wassern verwenden. (Zeitschr.f. cl. Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preuss. Staate, Bd. 8. u. a. 0.) B. Mittel zur Verhütung des Kesselsteinabsatzes; von Dr. Sauerwein. Das von dem Verf. untersuchte Mittel besteht aus 88 Proc. Chlorbaryurn und 14 Proc. Kohle, und zwar Knochenkohle wie sie in den Zuckerfabriken beseitigt wird. Das Chlorbaryurn setzt sich mit vorhandenem Gyps in Chlorcalcium und schwefelsauren Baryt um und der Niederschlag desselben soll nicht zusammenhängend sein, sich daher am Kesselblech nicht steinartig festbrennen. Am besten dürfte es sein, schon dem Speisewasser vor dem Eintritt in den Kessel Chlorbaryurn zuzusetzen um die gebildeten Niederschläge gehörig absetzen zu lassen, bevor das Wasser in den Kessel kommt. Neu ist das Mittel nicht. (Monatsbl. des haunov. Gewerbevereins. Beehr. 1862. S.92.) Bkb. Pouillet's Pulver zur schnellen Bereitung von Schwe- felwasser zum Getränk. Nachstehende Vorschrift ist von der französischen Akademie der Medicin approbirt, und wird in die nächste Ausgabe des Codex aufgenommen werden. Natronquelle zu Weilbach. 169 Rec. Calcii sulfurati, Natrii bicarbonici, Natrii sulphurati, Kalii §ulfurati, Gummi arabici, Acid. tartaric. ana. Diese Bestandtheile werden einzeln gut getrocknet, gepulvert und gemengt. 50 Centigrm. dieses Pulvers in einem Liter kalten Wassers gelöst geben, nachdem man die Lösung eine Viertelstunde lang der Ruhe überlassen hat, ein von den natürlichen Schwefelwässern nicht zu unterscheidendes Wasser. Die Vorschrift hat therapeutischen Werth, namentlich für die Armen -Praxis. (Bullet.de Therap.und Journ. de Pharm. d'Anvers. Mars 1861. S. 140.) Hendess. Chemische l ntersnchung der neuen Natronquelle zu Weilbach im Herzogt hu m Nassau. Fresenius hat eine erst vor Kurzem gefasste, übri- gens schon lange bekannte Quelle in der Nähe des Bades Weilbach untersucht. Dieselbe ist eine Natronquelle. Das Wasser erscheint vollkommen klar, riecht schwach nach Schwefelwasserstoff, schmeckt weich, gar nicht un- angenehm. Freie Kohlensäure enthält es sehr wenig. Das spec. Gewicht des Wassers bei 14,5° bestimmt, ergab sich = 1,00259. Der Analyse zufolge enthält die Quelle: a) Die kohlensauren Salze als einfache Carbonate berechnet: 1. In wägbarer Menge vorhandene Bestandtheile: In 1000 Th. Im 7 J n f £ nde = 7680 Urm. Schwefelsaures Kali 0,05512 0,42332 „ Natron 0,22360 1,71725 Chlomatriuin 1,25882 9,66774 Bromnatrium 0,00073 0,00560 Jodnatrium 0,0000118 0.00009 Kohlensaures Natron 0,96026 7,37480 „ Lithion 0,00588 0,04516 „ Eisenoxydul 0,00251 0,01928 „ Manganoxydul 0,00050 0,00384 „ Kalk 0,09771 0,75041 Talkerde 0,07243 0,55626 Kieselsäure 0,01228 0,09431 Summe der nicht flüchtigen Bestandtheile 2,6898518 20,65806 170 Natronquelle zu Weilbach. Transport 2,6898518 20,65806 Kohlensaures Ammoniak 0,01134 0,08709 Kohlensäure, welche mit den einfachen Carbonaten zu Bicarbonaten verbun- den ist 0,48937 3,75836 Kohlensäure, völlig freie 0,28607 2,19702 Schwefelwasserstoff 0,00034 0,00261 Summe aller Bestandteile 3,4769718 26,70314 2. In unwägbarer Menge vorhandene Bestandteile : Phosphorsaure Thonerde, Borsaures Natron, Salpetersaures Natron, Kohlensaurer Baryt, „ Strontian, Fluorcalcium. b) Die kohlensauren Salze als Bicarbonate berechnet : 1. In wägbarer Menge vorhandene Bestandteile : In 1000 Th. ]li F g = Schwefelsaures Kali 0,05512 0,42332 Natron 0,22360 1,71725 Chlornatrium 1,25882 9,66774 Bromnatrium 0,00073 0,00560 Jodnatrium 0,0000118 0,00009 Doppelt -kohlensaures Natron 1,35886 10,43604 „ Lithion 0,00938 0,07204 „ „ Eisenoxydul 0,00346 0,02657 „ „ Manganoxydul .. 0,00069 0,00530 „ Kalk 0,14070 1,08058 Talkerde 0,11037 0,84764 Kieselsäure ._.. 0,01228 0,09431 Summe 3,1740218 24,37648 Doppelt -kohlensaures Ammoniak 0,01654 0,12703 Kohlensäure, völlig freie 0,28607 2,19702 Schwefelwasserstoff 0,00034 0,00261 : 3,4769718 ' Auf Volumina berechnet, beträgt bei Quellentempe- ratur und Normal - Barometerstand : a) die völlig freie Kohlensäure in 1000 C.C. 151,7 C.C. im Pfunde = 32 C.-Z. 4,85 C.-Z. b) die sogenannte freie (freie und halbgebundene) Kohlensäure: in 1000 C.C. 413,3 C.C. im Pfunde == 32 C.-Z. 13,16 C.-Z. (Jahresb.für Naturk. im Herzoglih. Nassau.) B. Chem. Untersuchung der Mineralquellen zu Wildungen. 171 Chemische Untersuchung der Mineralquellen zu Wil- dungen; von R. Fresenius. Die fünf Quellen von Wildungen, nämlich die 1) Georg-Victor-Quelle, Stadt- oder Sauerbrunnen, 2) Badequelle, 3) Helenenquelle oder Salzbrunnen, 4) Stahlquelle (früher Brückenbrunnen), 5) Thalbrunnen, •wurden von Fresenius chemisch untersucht. Die Georg -Victor- und die Badequelle entspringen in der Nähe des Kurhauses, 10 Minuten von den Städten Niederwildungen und Altwildungen entfernt. Die Hele- nenquelle ist östlich eine halbe Stunde von dem Kur- hause gelegen, die Stahlquelle und der Thalbrunnen aber südlich eine Stunde vom Kurhause entfernt. Diese Quellen entspringen am Fusse oder in den Thälern des Waldeckschen Rothlagergebirges aus Thon- schiefer, neben welchem sich Grünstein und hier und da Eisenerz findet. Physikalische Verhältnisse der Quellen. 1) Die Georg- Victor-Quelle entspringt aus einem 9 Fuss tiefen Schachte. In der Minute liefert die Quelle 6,6 Li- ter Wasser. In grösserer Menge erscheint das Wasser schwach opalisirend. Es ist von angenehmem Geschmack; da es viel Kohlensäure enthält. Auch kommen geringe Mengen von Schwefelwasserstoff darin vor. Die Tempe- ratur der Quelle war am 8. October 1859 bei 19° C. Luftwärme 10,4» C. Spec. Gew. == 1,00143 bei 19<>C. 2) Badequelle, aus einem 5 Fuss tiefen Schachte entspringend, giebt in der Minute 13,2 Liter Wasser, welches dem der vorhergehenden in den physikalischen Eigenschaften sehr ähnlich ist. Bei 14° C. Luftwärme war die Temperatur des Wassers 10,2° C. Spec. Gew. bei 190 C. — 1,00176. 3) Helenenquelle mit einem 11 Fuss tiefen Schachte, lieferte 5,3 Liter Wasser pr. Minute. Klares, sehr gas- haltiges Wasser von angenehmem Geschmack. Viel Koh- lensäure, wenig Schwefelwasserstoff. Bei 140 C. Luft- temperatur betrug die Wärme des Wassers 11,5°C. Spec. Gew. bei 190 C. = 1,00401. 4) Stahlquelle. Das Wasser sammt einer bedeuten- den Menge freien Gases quillt aus einer Felsspalte und sammelt sich in einer viereckigen Höhlung von 2 Fuss 172 Chem. Untersuchung der Mineralquellen zu Wildungen. Tiefe. Die Quelle gab 2,2 Liter Wasser in der Minute, dasselbe ist gasreich, von angenehmem Geschmack, ent- hält wenig Schwefelwasserstoff. Bei 12° C. Luftwärme 9,9° C. Quellentemperatur. Spec. Gew. bei 19 ° C. = 1,00051. 5) Thalbrunnen. Die Quelle ist sehr mangelhaft in einem hölzernen Fasse von 2 3 / 4 Fuss Tiefe gefasst. Die- selbe lieferte etwa 1,5 Liter Wasser in der Minute. Viel frei austretendes Gas (Kohlensäure). Schwach opalisirend. Temperatur bei 14° Luftwärme 9,4° C. Spec. Gew. bei 190 C. == 1,00105. Chemische Verhältnisse. Die Quellen zerfallen in chemischer Hinsicht in drei Gruppen, zu deren erster die Georg -Victor -Quelle und die Badequelle, zur zweiten die Stahlquelle und der Thal- brunnen, und zur dritten die Helenenquelle gehören. Die qualitative Analyse des Wassers der ersten Quellengruppe ergab die Anwesenheit folgender Bestand- teile : Basen. Natron, Kali, Ammoniak, Kalk, Magnesia, Baryt, (Strontian), (Thonerde), Eisenoxydul, Mangan- oxydul. Säuren. Schwefelsäure, Kohlensäure, (Phosphor- säure), Kieselsäure, (Salpetersäure), (Borsäure), Chlor, (Brom), (Schwefelwasserstoff). Sehr wenig Stickstoff und organische Materie. Von den eingeklammerten Bestandteilen sind nur Spuren vorhanden. Auch die Analyse des im Abzugscanal abgesetzten rothen Ockers ergab keine weiteren Bestandtheile. Zur quantitativen Analyse wurde eine bestimmte Menge Wasser eingeengt, filtrirt, der zurückgebliebene Ocker gut ausgewaschen, im Filtrate das Chlor durch Silber bestimmt. Der Ockerabsatz wurde in Salzsäure gelöst und diese Lösung sammt der vom Silber befreiten Flüssigkeit, die bei der Chlorbestimmung erhalten, zur Trockne eingedampft. Nach Entfernung der Kieselsäure wurde die Flüssigkeit mit Ammoniak neutralisirt, in einem Kölbchen mit Schwefelammonium versetzt, der Kolben mit Wasser gefüllt, 24 Stunden stehen gelassen. Der so er- haltene Niederschlag wurde in Salzsäure gelöst, die Lö- sung mit Salpetersäure gekocht und das Eisen nach Zu- satz von kohlensaurem Natron mit essigsaurem Natron in der Siedhitze gefällt. Aus dem Filtrate wurde das Chem. Untersuchung der Mineralquellen zu Wildungen. 173 Mangan wieder durch Schwefelammonium gefällt und die davon abfiltrirte Flüssigkeit zu dem die Hauptmenge Kalk und Bittererde enthaltenden Filtrate, das vom ersten Schwefelammoniumniederschlage abfiltrirt war, zugefügt. Der erhaltene Eisenoxydniederschlag wurde in Salz- säure gelöst, durch Ammoniak gefällt, der Niederschlag geglüht und gewogen. Zur Controle wurde das Eisen- oxyd nochmals in rauchender Salzsäure gelöst und durch Titriren bestimmt. Diese Resultate fielen stets um ein Weniges geringer aus, als die durch Wägung erhaltenen, da das Eisenoxyd noch Spuren von Thonerde, die theils aus den Porcellanschalen stammten, enthielt. Ausser die- sen Eisenbestimmungen wurde der Eisengehalt noch un- mittelbar an der Quelle durch Titriren bestimmt. Der Schwefelmangauniederschlag wurde wieder in Salzsäure gelöst, mit kohlensaurem Natron gefällt, das kohlensaure Manganoydul zur Verwandlung in reines Oxydoxydul geglüht und gewogen. Diese Bestimmung wurde nur dann als zuverlässig betrachtet, wenn sich dasselbe in Salzsäure klar löste, wenn aus der Lösung durch Ammoniak und Schwefelammonium reines Schwefelmangan mit seiner eigenthümlichen Farbe gefällt wurde und wenn die da- von abfiltrirte Flüssigkeit beim Verdunsten keinen Rück- stand hinterliess. Die Kalk und Magnesia enthaltenden vereinigten Filtrate wurden mit Salzsäure angesäuert, eingedampft, der Schwefel abfiltrirt und das Filtrat mit Ammoniak und überschüssigem oxalsaurem Ammoniak gefällt. Da viel Magnesia zugegen war, so musste der Oxalsäure Kalk etwas Oxalsäure Magnesia enthalten; man goss da- her die überstehende Flüssigkeit durch ein Filter ab, wusch den Niederschlag durch Decantation aus, löste in Salzsäure, fällte ihn wieder mit Aetz -Ammoniak und oxalsaurem Ammoniak und bestimmte ihn schliesslich als kohlensauren Kalk. Die die Magnesia enthaltenden Fil- trate wurden erst eingedampft, die Ammoniaksalze durch Glühen entfernt, der Rückstand mit Salzsäure und Was- ser aufgenommen und die Magnesia als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia gefällt. Die Bestimmung der Kieselsäure, Schwefelsäure und der Alkalien wurde ganz nach Fresenius. Quantitative Analyse, 4. Aufl. §. 211. 2. ausgeführt. 174 Chem. Untersuchung der Mineralquellen zu Wildungen. Zur Gewichtsbestimmung der kleinen Menge vor- handenen Baryts wurde der in Wasser unlösliche Theil des Abdampfrückstandes einer grossen Wassermenge be- nutzt. Derselbe wurde mit Salzsäure behandelt und mit ein wenig Schwefelsäure stark eingedampft. Nach lan- gem Stehen filtrirte man den Niederschlag ab, entfernte die meiste Kieselsäure durch Auskochen mit reiner Kali- lauge, schmolz den Rückstand mit kohlensaurem Natron- kali, kochte die Schmelze mit Wasser und löste den Rückstand in Salzsäure. Diese Lösung gab mit schwe- felsaurem Kali einen weissen feinpulverigen Niederschlag, der abfiltrirt, gewogen und als schwefelsaurer Baryt be- stimmt wurde. Bei genauerer Prüfung zeigte es sich, dass derselbe noch eine Spur Strontian enthielt. Das Ammoniak wurde genau nach Fresenius' Quant* Analyse, 4. Aufl. §. 209. 8. bestimmt. Zur Bestimmung der Gesammtkohlensäure wurden bestimmte Mengen des frisch der Quelle entnommenen Wassers in Flaschen gebracht, die eine gekochte klare Mischung von Chlorbaryum und Ammoniak enthielten. Nach längerem Erhitzen wurden die Niederschläge abfil- trirt, ausgewaschen und die niedergeschlagenen kohlen- sauren Alkalien nach oben erwähntem Werke §. 209. 6. maassanalytisch bestimmt. Zur Feststellung des Gehaltes an kohlensaurem Na- tron wurden directe Bestimmungen vorgenommen. Hier- bei erhält man nur richtige Bestimmungen, wenn man eine gewogene Wassermenge in der Platinschale ganz zur Trockne verdampft, den Rückstand massig glüht, mit Wasser auskocht und aus dem Filtrate den Gehalt an kohlensaurem Natron maassanalytisch bestimmt. Controlebestimmungen der Gesammtmengen der Be- standtheile, die befriedigend waren, wurden erhalten durch Glühen des Abdampfrückstandes des Mineralwassers bis zur Austreibung der Kohlensäure und Vergleichung der so erhaltenen Zahlen mit der Summe der einzelnen Be- standteile, wobei der Kalk als kohlensaurer, die Magne- sia als reine Magnesia in Rechnung kam. Bestandtheile der fünf untersuchten Wil- dunger Mineralquellen. Gehalt an Granen im Pfund = 7680 Gran. Chem. Untersuchung der Mineralquellen zu Wildungen. 175 Gruppe I. Gruppe II. Gruppe III. Schwefels. Kali . . „ Natron Chlornatrium.. . . Doppelt- kohlens. Natron Doppelt- kohlens. Eisenoxydul. . . Doppelt- kohlens. Manganoxydul Schwefels. Kalk.. Doppelt- kohlens. Kalk Doppelt - kohlens. Magnesia Kieselsäure Doppelt - kohlens. Ammoniak .... Doppelt - kohlens. Baryt Doppelt - kohlens. Strontian Phosphors. Natron Borsaures Natron Bromnatrium .... Salpeters. Natron Georg- Vict.-Q. 0,083620 0,527962 0,059635 0,494054 0,161449 0,019753 Bade- quelle 0,125599 0,492389 0,056847 1,029734 0,214349 0,017341 Thal- brunnen 0,059366 0,122673 0,058998 Stahl- quelle 0,054559 0,043784 0,054021 Helenen- quelle 0,213788 0,107259 8,016308 — — 6,494200 0,304297 0,585270 0,143777 0,114847 0,069426 0,009953 0,067515 0,077460 5,471539 6,971243 4,336389 0,984753 9,753446 4,113285 0,150374 0,011635 0,002373 höchst geringe Sp Spur Spur sehr ge- ringe Sp. Spur 5,054054 0,164198 0,011635 0,002335 desgl. Spur Spur sehr ge- ringe Sp. Spur 3,124838 0,073882 Doppelt - kohlens. Lithion — — Thonerde höchst höchst ger. Sp. ger. Sp. Organ. Materie . . Spur Spur vor- läufig noch nicht be- stimmt 1,383698 10,474061 0,084618 0,238541 0,057039 0,005361 höchst ger.Spur Spur deutliche Spur deutliche Spur deutliche Spur deutliche Spur vor- läufig noch nicht be- stimmt Spur deutl. Sp. Summe... 11,095679 FreieKohlensäurel9,267492 Schwefelwasser- geringe stoff Spur Stickstoff Spur 14,139724 8,262805 18,719816 15,431270 geringe Spur — Spur Spur 3,337589 35,513733 18,069873 19,555507 geringe geringe Spur Spur Spur Spur Summe aller Bestandtheile.. 30,703171 32,859540 23,694075 21,907462 55,069240 Die Versendung des Wildunger Mineralwassers fin- det in grossem, stets wachsenden Maassstabe statt. Nach meinen Erfahrungen hat dieses Wasser sehr geringe Nei- gung, durch Schwefelwasserstoffbildung zu verderben. Das Eisenoxydul in den von mir geöffneten Flaschen hatte sich meistens niedergeschlagen. Diesem Uebel- stande, der darauf beruht, dass beim Füllen der Flaschen die Einwirkung der atmosphärischen Luft nicht hinrei- 176 Soolquelle zu EgestorffsTiall. — Stahlquelle in Doberan. chend abgeschlossen wurde, kann vorgebengt werden da- durch, dass man die Flaschen vor dem Füllen mit Koh- lensäure anfüllt und Auffüllen des leeren Raumes mit Kohlensäure, und zweitens dadurch, dass man die Fla- schen unter dem Wasserspiegel der Quelle füllt und eine mit einer kleinen Pumpe verbundene Röhre einsenkt und so lange pumpt, bis ein dem Inhalt der Flasche ungefähr gleiches Volumen Wasser ausgeflossen ist. Die nun mit luftfreiem Wasser gefüllte Flasche wird jetzt heraus- genommen, der obere Theil von Wasser entleert, mit Kohlensäure gefüllt und verstöpselt. Man wird durch Versuche feststellen, welche dieser beiden Methoden für die Wildunger Wässer die geeignetste ist. (Journ. für prakt. Chemie. 79. Bd. 7. Heft.) B. Soolquelle zu Egestorffshall. Die Soolquelle Egestorffshall bei Badenstedt im Amte Linden (Königreich Hannover) ist von Ernst Lenssen untersucht worden. Diese Quelle gehört von allen, die aus der Triasformation Hannovers entspringen, zu den kochsalzhaltigsten. In 1000 Theilen Wasser sind ent- halten : Schwefelsaurer Kalk 2,87620 Schwefelsaure Magnesia 4,26385 Brommagnesium . . . . 0.01847 Chlormaguesium 1,48022 Chlorkalium 3.62800 Chlornatrium 253,24226 Doppelt-kohlensaures Eisenoxydul 0,01172 265,52072. Spuren organischer Materie, Phosphorsäure, Borsäure, Salpetersäure, doppelt-kohlensaurer Kalk. Das spec. Ge- wicht der Soolquelle ist bei 16° C. 1,2083. {Journ. für prakt. Chemie. 80. Bd. 7. Heft.) B. Die Staklquelle iu Doberan, welche eine Temperatur von -\- 6,56° R. besitzt, ent- hält nach Dr. F. Schul ze's in Rostock Untersuchung in 1 Pfund = 8250 Gran W T asser bei einem spec. Gew. von 1,0007 bei 13<>R.: Kohlensaures Eisenoxydul 0,5370 Gran Kohlensauren Kalk 2,0359 „ Kohlensaure Talkerde und Manganoxydul 0,2145 „ Doppelt kohlensaures Natron 0,3620 9 Chemische Untersuchung des Mineralwassers St. Achaz. 177 Kieselsaures Natron 0,1542 Gran Doppelt-kohlens. Kali mit Spur von Lithion . . . 0,6822 „ Chlornatrium 0.3456 „ Freie Kieselerde 0,0057 „ Thonerde mit etwas Phosphorsäure 0,0478 „ Organische Substanz nebst Spur von Schwefel- säure, Salpetersäure und Ammoniak 0,3373 „ 4,7222 Gran Freie Kohlensäure 46,7 Cub.-Cent. oder 2,6 Cub.-Zoll. (Archiv der Baineolog. v. Spengler. I. 1862. S. 96.) B. Chemische Untersuchung des Mineralwassers St. Achaz bei Wasserburg am Inn. Eine kleine Viertelstunde von dem freundlichen Städtchen Wasserburg entfernt, liegt in südlicher Rich- tung dicht an der nach Salzburg führenden Strasse, welche sich an dem das rechte Ufer des Inn bekränzenden Berg- zuge hinaufschlängelt, das Mineralwasser St. Achaz, so genannt nach einer früher dort gestandenen, dem heiligen Achaz (Achatius) geweihten Kapelle. Die Mächtigkeit der Quelle ist sehr bedeutend, nach Wittsteins vorgenommener Messung liefert nämlich die Quelle in 24 Stunden 2160 Kubikfuss == 851 Eimer = 95712 Pfund = 21048 Maass = 53592 Liter Wasser. Nach Wittstein 's chemischer Untersuchung zeigt das Wasser folgende Constitution: In 16 Unzen. In 1000 Th. Schwefelsaures Kali 0,027989 Grm. 0,003644 Th. „ Natron 0,067905 „ 0,008842 „ Phqsphorsaures Natron 0,010665 „ 0,001388 „ Borsaures Natron Spuren Spuren Chlornatrium 0,019986 „ 0,002602 „ Doppelt-kohlens. Natron 0,072146 „ 0,009394 „ „ „ Ammoniumoxvd . 0,034289 „ 0,004465 „ „ „ Kalk . . . . 3,183750 „ 0,414811 „ „ „ Magnesia 0,760947 „ 0,099081 „ „ „ Eisenoydul 0,008224 „ 0,001071 „ Freie Kohlensäure 1,375222 „ 0,179065 „ „ Kieselsäure 0,095312 „ 0,012412 „ Stickstoffhaltige organ. Substanz . . 0,625000 „ 0,081380 „ Summe~6,281435 Grm. 0,817895 Th. ( Witsttein's Vierteljahrsschr. Bd. 10. Heft 4.) B. Aren. d. Pharm. CLXVI. Bds. 2. Hft. 1 2 178 Verhalten der schivefligen Säure. Das Mineralwasser von Czigelka in Ungarn. Die jodhaltige muriatisch - alkalische Ludwigsquelle zu Czigelka bei Eperies in Ungarn enthält nach einer vom Professor Dr. E. v. Koväcs unternommenen Analyse des versendeten Wassers folgende Bestandtheile in einem Pfunde zu 32 Loth in Wiener Granen: Schwefelsaures Natron 0,0967 Chlornatrium 30,3521 Jodnatrium 0,1989 Borsaures Natron 3,1334 Doppelt- kohlensaures Natron 83,0254 „ „ Kalkerde 1,3240 „ „ Magnesia 1,8731 „ „ Eisenoxydul 0,3855 Basisch phosphorsaure Thonerde 0,0238 Kieselsäure 0,3525 Fluor Spuren Summe... 120,7654 Freie Kohlensäure im versendeten Wasser 28,7000 Dieser Nachweis von der Reichhaltigkeit an heil- kräftigen Bestandteilen in qualitativer und quantitativer Beziehung zeigt zur Genüge, dass diese jodhaltige Lud- wigsquelle grosse Beachtung verdient. {Wittstein' s Vier- teljahrsschr. 1863. 3.) B. Verhalten der schwefligen Säure. Wird nach Wöhler's Beobachtungen mit schwefli- ger Säure gesättigtes Wasser in einem zugeschmolzenen Glasrohr längere Zeit bis zu 200° erhitzt, so zerfällt die Säure in Schwefelsäure und in Schwefel, der sich in ge- schmolzenen Tropfen abscheidet. Ist zugleich ein Metali gegenwärtig, so entsteht Schwefelmetall. Unterschwefel- säure bildet sich nicht. (Annalen der Chem. und Pharm, CXXIV. 128.) G. Mittel künstliche Färbungen des Johannisbcersyrups zu erkennen, und die Natur des unter diesem Namen verkauften Productes: von Gaultier de Claubry. Die Syrupfabrikation hat seit einigen Jahren eine enorme Ausdehnung gewonnen, und täglich kommen in diesem Fache Verfälschungen vor. Man hat nicht nur durch verschiedene Mittel die Farbe erhöht, sondern es Künstliche Färbungen des Johannisbeersyrups etc. 179 sind Syrupe vorgekommen, die nur so viel des eigentlichen Fruchtsaftes enthielten, dass der ihm eigenthümliche Ge- ruch bewahrt blieb, sogar einige, die nur aus Weinstein- säure und verschiedenen Farbenmaterialien bestanden. Besonders bediente man sich zur Prüfung der Syrupe bei Visitationen der Fabrikanten und Krämer des Kalis Ader des Ammoniaks, und, obgleich die Farbe schon Mischungen argwöhnen lässt, wofern nicht die Reagentien durch Farbenveränderung in Violet Orseille anzeigen, so entgingen doch die Kunstproducte der Beschlagnahme. Um den Verfälschungen auf die Spur zu kommen, hat Gaultier de Claubry mehrere reine Johannis- beersyrupe, die nur mehr oder weniger in der Lebhaf- tigkeit der Farbe variirten, als Norm genommen, fügte diesen verschiedene färbende Stoffe zu und präpa- rirte sich auch den im Handel vorkommenden Syrupen analoge aus Weinsteinsäure und eben denselben Farben- materialien. Mit allen stellte er vergleichende Versuche an und überzeugte sich, dass die natürliche Farbe des Johannisbeersyrupes die Reactionen nicht hindert, so dass man immer dem Syrup zugesetzte färbende Stoffe entdecken kann. Er wählte zu seinen Reactionen: Provinzrosen, blasse und schwarze Stockrosen, mit welchen sich die Syrupsfabrikanten in grossen Mengen versehen, Klatsch- rosen, Päonien, Blätter von rothem Weine, Granatblüthen, Hollunderbeerensaft, Kirschsaft, Orseilleextract und ein unter dem Namen r Colorant" bekanntes Product, von der Kräuterfrau Soupe angefertigt. Es könnten sich die Fabrikanten auch versucht füh- len, die im Handel häufig vorkommenden Farbstoffe Indisin und Fuchsin anzuwenden, möchten sich jedoch dadurch einer bedeutenden Gefahr aussetzen. Die Resultate der Untersuchungen sind in der auf Seite 180 — 181 folgenden Tabelle enthalten. Man kann auch den Johannisbeersyrup mit dem Safte der Kermesbeeren färben, dieser wird nach Braconnot leicht durch die schön gelben Farben erkannt, welche durch Alkalien entstehen. 12 180 Künstliche Färbungen des Johannisbeersyrwps etc. Reagentien. Johannis- beersyrup. Provinz- rosen. Blasse Stockro- sen. Schwarze Stockro- sen. Klatsch- rosen. Päonien. Ammoniak grauviolet 1 schön grüngelb werdend grün, dann gelb graugrün- lich grauro- senroth hellholz- farben Kali grau- rosenroth grau, dann gelb grün, dann gelb blaugrün grau- grünlich hellholz- farben Alaun nichts nichts schwach orange- roth purpur- violet nichts nichts Schwefelsaures Eisenoxydul nichts graugrün- lich nichts violet nichts holz- farben Schwefelsaures Eisenoxyd nichts braungelb dunkel- holzfarben röthlich- holzfarben schmutz, orange- roth gelblich- grün Eisenchlorid nichts braungelb dunkel- holzfarben rothholz- farben orange- roth grauro- senroth Zinnchlorür nichts nichts nichts kirschroth nichts nichts Zinnchlorid Johannis- beerroth orange- roth nichts Johannis- beerroth nichts nichts Schwefelsaures Kupferoxyd die Farbe ver- schwindet orange- gelb nichts violet nichts nichts Schwefelsaures Kupferoxyd - Ammoniak die Farbe ver- schwindet schön grau, dann gelb hellgrau violet grauro- senroth grau- grünlich Kupferchlorid grau- rosenroth violet nichts nichts nichts nichts Kupferchlorid - Ammoniak blaugrau grau, dann gelb Myrthen- grün violet blaugrau schmutz grün Chromsaures Kali orange orange- roth orange- gelb olivenfar- big nichts holz- farben Saures chrom- saures Kali orange orange- roth orange- gelb orange- roth nichts holz- farben Künstliche Färbungen , des Johannisbeersyrups etc. 181 Blätter von rothem Wein. Granat- blüthen. Orseille- extract. Colorant (Soupe). Indisin. Fuchsin. Saft von Hollunder- beeren. Kirsch- syrup. Kirsch- saft. grün, Iann gelb miss- farbig violet violet nichts Entfär- bung grünlich- gelb olivenfar- big 1 olivenfar- big grün miss- farbig violet violet röth- lich- blau Entfär- bung grünlich- gelb olivenfar- big holzfar- big nichts nichts holz- farben nichts nichts nichts nichts nichts violet holz- farben röthlich holz- farben nichts nichts nichts nichts nichts nichts nichts dunkel- holz- farben grün- gelblich nichts nichts nichts nichts dunkel- holzfarben nichts Farbe der Wein- hefe nichts oliven- farbig nichts nichts nichts nichts dunkel- holzfarben nichts holz- farben nichts nichts nichts nichts gelb nichts dunkel- holzfarben nichts violet nichts nichts nichts nichts nichts nichts orange- roth nichts violet nichts holz- farben holz- farben violet nichts nichts orange- roth nichts Farbe der Wein- hefe chmutz.- grün grau- rosenroth nichts nichts nichts nichts dunkel- holzfarben graugrün nichts nichts nichts violet violet nichts nichts nichts nichts grau »laugrün graugrün blau- grün blau- grün nichts nichts dunkel- holzfarben blaugrün blau holz- farben orange- roth nichts nichts oran- geroth nichts schmutzig- orange- roth nichts gelbroth holz- farben orange- roth nichts nichts oran- geroth nichts schmutzig- orange- roth nichts holz- farben 182 Fortpflanzung der lnfusionsthierchen. Ueber die Methode der Untersuchung wird angege- ben: man verdünnt den zu untersuchenden Saft mit dem 3 — 4 fachen Volumen Wasser und beschränkt sich zunächst auf die Reagentien Ammoniak, Kali, Eisenchlorür oder schwefeis. Eisenoxyd, Kupferchloridammoniak. Die Farben- veränderungen lassen nach derTabelle die Verfälschungen er- mitteln. Handelt es sich darum, als Experte einen Ausspruch zu thun ; so muss man sich über Alles vergewissern, was die Tabelle bietet. Im letzten Falle fällt man den verdünn- ten Syrup mit einem geringen Ueberschuss von Bleizucker, filtrirt, wäscht aus und zersetzt den im Wasser vertheil- ten Niederschlag durch Schwefelwasserstoffgas. Das zur Austreibung des Gases erhitzte, dann concentrirte Filtrat wird auf Citronensäure geprüft, wenn nur die Farbe des Johannisbeersyrups durch Zusätze erhöht war; auf Citro- nensäure und Weinsteinsäure, wenn letztere dem Syrup zugesetzt war ; auf Weinsteinsäure allein, wenn der ganze Syrup als Kunstproduct sich erwiesen hatte. Das Gesagte bezieht sich auch auf den Kirschsyrup, auf Coniitüren aus Johannisbeeren und Kirschen, so wie auf alle künstlich gefärbten Syrupe. {L'union pharmaceutique). H. Reich. Fortpflanzung der lnfusionsthierchen. Nach den Untersuchungen von Balbiani, welche mit dem Preise für 1862 gekrönt Wurden, pflanzen sich die Infusorien durch sexuelle Generation (geschlecht- liche Zeugung) fort und machen in dieser Beziehung keine Ausnahme von dem allgemeinen Gesetze, welches die Reproduction der übrigen Reihen der organisirten Wesen regelt. Als Beispiel diene Paramecium bursaria (Loxodes bursaria Ehrenberg). Nimmt man diese Paramecien aus den Pfützen, in denen sie leben, und bringt sie mit Pflan- zentheilen, von denen sie sich nähren, in Gefasse, so zer- theilen sich diese Pflanzentheile bald und bilden eine Infusion, welche zur Nahrung der Paramecien tauglich ist. Unter dem Einfluss dieser reichlichen Nahrung vermehren sich die Paramecien durch Spaltung (Theilung, scission) mit wunderbarer Raschheit. Jedes Thierchen theilt sich in zwei, darauf jede Hälfte abermals in zwei Theile und so fort bis ins Unzählbare. Während dieser Fortpflanzung durch Theilung (generation par divisiori) functioniren die Geschlechtsorgane Fortpflanzung der lnfusionsthierchen. 183 des Iufusoriums, Kern oder K e r n ch e n (noyeau et nucleole, nucleus und nucleolus) nicht, sie sind im Ruhezustande. Im Augenblicke der Spaltung des Infusoriums theilen sich jedoch der Kern und das Kern che n, welche den Eier- stock (ovarium) und Hoden (testicule) darstellen, in der Weise, dass jedes neue Thierchen die Hälfte davon erhält. Diese Vermehrung durch Spaltgeburt {scissiparite) kann verschieden lange dauern; aber sei es nun, dass man diese Vermehrung durch Scissiparität als einfaches Wachsthum ansieht, was an seiner Grenze angelangt ist, sei es dass man eine Analogie mit dem Generations- wechsel annimmt, immer kommt ein Zeitpunct, bei welchem die Scissiparität erschöpft ist. (Vielleicht in Folge des Mangels an passender Nahrung. Ludwig). Alsdann erscheinen die Paramecien der letzten Thei- lung wie verschmachtend (languissantes), kleiner im Um- fang und suchen sich alle innerhalb eines oder zweier Tage zu verkuppeln. Die Verkuppelung (accouplement) ge- schieht so, dass die Mundöffnungen an einander gela- gert sind. Nur in diesem Augenblicke beginnt die B r u n s t (le rut) oder der Zustand, in welchem die Zeugungorgane in Thä- tigkeit gerathen {Vetat de function des organes genitaux). Von Anfang der Verkuppelung an beobachtet man nach u % «d nach in dem Kerne Aenderungen im Ansehen und Volumen; er theilt sich, zerfällt in Bruchstücke und man bemerkt vollständig ausgebildete Eier, die dieselbe Fundamentalzusammensetzung zeigen wie die der andern Thiere. Nach 2 bis 6 Tagen ist der Kern des Infusoriums unter den Augen des Beobachters zu einem wahren Eierstock geworden. Diesen parallel erleidet auch das Kernchen, der Nucleolus, Veränderungen ; es vergrössert sein Volumen und auf Kosten der körnigen Masse, welche es enthält, bildet sich das charakterische Product der Testikel, Samenthierchen (Spermatozo'ides). Die Eier werden alsdann durch einen Austausch der Samenflüssig- keit befruchtet. Diese lnfusionsthierchen sind also vollständige Zwitter (hermaphrodites), dessen ungeachtet sind immer zwei Individuen zur Befruchtung nöthig und dienen sich gegen- seitig sowohl als Männchen und Weibchen. Nach der Ver- kuppelung werden die Eier in die Flüssigkeit gelegt und der Zeugungsact ist beendigt. (Compt. rend. 29. Decbr. 1862. p. 965.) H. Ludwig. 184 III« Literatur und Kritik. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie und ver- wandter Theile anderer Wissenschaften, von Her- mann Kopp und Heinrich Will. Für 1861. Zweite Hälfte. Giessen, J. Ricker'sche Buchhand- lung. 1862. Indem wir uns auf die Anzeige im Archiv, CXIV. pag. 85 be- ziehen, in welcher wir das Erscheinen der ersten Hälfte des Jah- resberichts pro 1861 meldeten, bemerken wir, dass durch längere Krankheit des Dr. Hall wachs, der die Redaction übernommen hat, die Ausgabe der jetzt vorliegenden zweiten Hälfte des Berichts verzögert ist. Durch diese Verzögerung hat der Bericht indessen keineswegs an Umfang und Bedeutung verloren, und wir müssen mit besonderer Befriedigung auf den die organische Chemie betref- fenden Abschnitt blicken. Nicht minder erfreulich ist ein Blick auf die Leistungen in der technischen Chemie, und sind hier be- sonders die die Anilinfarben betreffenden Mittheilungen höchst be- friedigend zusammengenstellt, wie denn überhaupt nirgends in dem Berichte der ordnende Geist vermisst wird, der die neuen Ent- deckungen und Forschungen der Wissenschaft und dem Leben gewinnbringend macht. Mit Sorgfalt sind auch die von Professor Knop herrührenden Berichte über Mineralogie und chemische Geologie verfasst und dem Ganzen Autoren- und Sachregister bei- gefügt, die nichts zu wünschen übrig lassen und den Werth, wie der früheren Jahrgänge, so auch dieses Jahrgangs bedeutend er- höhen, der fast 80 Bogen umfasst. Wenn es zu bedauern ist, dass der Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für das Jahr 1861 so spät erst hat erschei- nen können, so erfordern doch die hindernden Umstände eine bil- lige Rücksicht und entschuldigen es hinlänglich, dass die zweite Hälfte des Jahresberichts erst am 8. Mai 1863 hat ausgegeben wer- den können. Das Erscheinen des Jahresberichts für das Jahr 1862 in seiner ganzen Vollständigkeit wird für das laufende Jahr (1863) mit Bestimmtheit verheissen und so die Fortsetzung der Berichte garantirt, die einen unschätzbaren Werth haben und deren An- schaffung wir, wie allen Chemikern, so vor Allen den Pharmaceu- ten dringend empfehlen. Dr. Geiseler. Anweisung zur Prüfung chemischer Arzneimittel, als Leit- faden bei Visitationen der Apotheken, wie bei Prü- fung chemisch-pharmaceutischer Präparate überhaupt von Adolf Duflos, Dr. der Philosophie und Medi- Literatur. 185 ein, ordentlichem Öffentlichem Lehrer an der Univer- sität zu Breslau. Zweite umgearbeitete und ver- mehrte Auflage. Breslau, Verlag von Ferdinand Hirt, Königl. Universitäts- Buchhändler. 1862. Der Werth der Duflos'schen pharmaceutischen Schriften ist bereits so allgemein anerkannt, dass eine Anpreisung derselben überflüssig erscheint. Indessen verdient das vorstehend bezeich- nete Buch wegen seiner grossen Brauchbarkeit eine ganz beson- ders warme Empfehlung, denn es giebt nicht nur die zweckmäs- sigsten Prüfungsmethoden chemischer Arzneimittel an, sondern nimmt auch auf Umstände Rücksicht, die in der Praxis nament- lich bei Apothekenvisitationen leider oft unbeachtet bleiben. In vielen Fällen üben die Mengen der der Prüfung zu unterwerfen- den Stoffe, die Grade der Verdünnung, die Zeiträume der Beob- achtung u. s. w. einen bedeutenden Einfluss auf die Resultate aus, Bestimmungen dieser Art fehlen aber in dem vorliegenden Buche nirgends und machen dasselbe brauchbar auch für alle Diejenigen, die in chemischen Arbeiten weniger geübt sind. So kann es sich, wie auch in der Vorrede angeführt ist, z. B. ereignen, dass eine Phosphorsäure als untauglich gerügt wird, wovon etwa 1 Drachme mit einigen Tropfen verdünnter Chlorbaryumlösung versetzt, nach einiger Zeit eine schwache Opalisirung wahrnehmen lässt, also möglicher Weise eine unbedeutende Spur Schwefelsäure enthält, während eine andere Phosphorsäure, welche diese Reaction nicht zeigt und wovon auch 1 Drachme beim unmittelbaren Vermischen mit Schwefelwasserstoffwasser keine gelbliche Färbung annimmt, als tauglich gilt, obwohl, wenn 1 Unze der letzten Säure mit dem doppelten Volum Schwefelwasserstoffwasser versetzt und lose be- deckt längere Zeit hingestellt worden wäre, dieselbe einen deut- lichen Arsengehalt zu erkennen gegeben haben würde. Man er- kennt hieraus die Wichtigkeit näherer und genauerer Bestimmun- gen bei der Prüfung der Arzneistoffe. Aber der Verf. hat auch nur solche Erkennungs- und Prüfungsmethoden aufgenommen, welche den geringsten Aufwand an Zeit und Mitteln erfordern und doch den Zwecken, um deren willen sie unternommen werden, vollkom- men entsprechen. In dieser Beziehung will ich hier nur die be- kannte Feststellung des Cyangehalts in der Aqua Amygdat. amarar. durch den Verbrauch an Silbernitrat und die Ermittelung von Sal- peter in Kali carbovicum durch Indigolösung anführen. Die chemischen Arzneimittel, deren Prüfungsweisen das Buch enthält, sind alphabetisch nach ihren lateinischen Namen geordnet und zwar entsprechend der Nomenclatur der sechsten Ausgabe der Preussischen Pharmakopoe mit ihren chemischen Formeln, bei de- nen H = 1 gesetzt ist. Die aufgeführten charakteristischen Kenn- zeichen der Präparate folgen in besonderen Abtheilungen, die ver- schiedenen Reactionen bei den bestimmt angegebenen Verunreini- gungen oder Verfälschungen, und häufig sind da, wo dies über- haupt nöthig ist, Anmerkungen beigegeben, theils zur Erläuterung der Reactionen, theils zur Anleitung, die Mittel zu reinigen oder rein und leicht darzustellen. Beispielsweise sei hier auf die Prü- fuugsweise des Chlorwassers auf seinen Chlorgehalt mittelst Jod- kaliums und unterschwefligsauren Natrons, so wie auf die Reini- gung des concentrirten Essigs hingewiesen. Man könnte es bedauern, dass das Buch vor der Herausgabe 186 Literatur. der siebenten Auflage der Preussischen Pharmakopoe erschienen, ist, es wird dadurch aber keine Mangelhaftigkeit bedingt, indem die Verschiedenheit der Nomenclatur für Pharmaceuten bedeu- tungslos ist, und indem kein chemisch -pharmaceutisches Arznei- mittel der siebenten Auflage der Preussischen Pharmakopoe fehlt, ja sogar eine grosse und lange Reihe solcher abgehandelt ist, die in der siebenten Auflage der Preuss. Pharmakopoe nicht enthalten sind. Ausser sä min Hieben in der 7ten Auflage der Preuss. Phar- makopoe aufgeführten chemisch - pharmaceutischen Arzneimitteln enthält das Buch noch folgende: Acidum boricum, Acid. hydro- cyanatum, Acid. citricum, Acid. formicum, Acid. lacticum, Acid. stibicum, Acid. valerianicum, Aconitin, Aether anaestheticus Ara- nii, Alloxan, Alumina, Amygdalin, Amylen, Aqua Magnesiae car- bonicae, Atropinum, Atrop. valerianicum, Baryum chloratum, Bis- muthum valerianicum, Brucinum, Cadmium, Cadmium sulfuricum, Calcaria hypophosphorica, Calc. sulfurica, Calc. stibiato - sulfurata, Calcium chloratum, Calcium sulfuratum, Chinium, Chiuium hydro- chloratum, Chiniurn valerianicum, Cinchonium, Cinch. hydrochlo- ratum, Codeinum, Colchicinum, Coniinum, Digitalin, Ferro-Kalium cyanatum flavum, Ferrum jodatum saccharatum, Ferrum oxydato- oxydulatum, Ferrum oxydato oxydulatum arsenicicum, Ferrum phos- phoricum, Ferrum reduetum, Hydrargyrum cyanatum, Hydrarg. oxydulatum aceticum, Hydrarg. oxydulatum nigrum, Hydrarg. et Stibium sulfurata, Indicum, Kali picronitricum, Kali stibicum, Ka- lium bromatum, Kalium cyanatum, Lapis calaminaris, Liquor Am- inonii benzoiei, Liq. Ammon. carbonici, Liq. Amnion, pyro-oleosi, Liq. Ferri oxydati sulfurici, Liq. Ferro-Natri phosphorici, Liq. hol- landicus, Liq. Stibii chlorati, Magnesia citrica, Magn. tartarica, Morphium, Morph, aceticum, Natrium chloratum, Natrum chlora- tum, Natrum chloricum, Natrum cholcinicum, Natrum hrypophos- phorosum, Natrum nitricum, Natrum pyrophosphoricum, Natrum santonicum, Natrum subsulfurosum, Nicotinum, Nihilum album, Oxalium, Spiritus Aetheris acetici, Spir. Aeth. chlorati, Spir. Aeth. nitrosi, Spir. Ammoniaci caustici Dzondii, Spir. pyro-aceticus (Ace- ton), Stibio-Calcium sulfuratum, Stibio-Natrium sulfuratum, Stibium sulfuratum rubeum, Strychnium, Urea, Zincum cyanatum, Zincum ferro-eyanatum. Diese Reichhaltigkeit des Inhalts lässt die Brauchbarkeit des Buches für alle deutschen Pharmaceuten, welche Landes-Pharma- kopöe auch ihr Gesetzbuch sei, leicht erkennen, namentlich aber dürfen die Preussischen Pharmaceuten die Anschaffung des Buches nicht etwa deshalb scheuen, weil es vor dem Erscheinen der sie- benten Auflage ihrer Landes-Pharmakopöe geschrieben ist; es ge- nügt nicht nur ihren Ansprüchen, sondern gewährt noch viel mehr. Das Buch entspricht dem Zwecke, zu dem es geschrieben ist, so vollständig, nach allen Seiten hin, dass wir dasselbe zur Anschaf- fung allen Pharmaceuten empfehlen zu müssen glaubeu. Dr. Geisel er. Führer in das Reich der deutschen Pflanzen. Eine leicht verständliche Anleitung, die in Deutschland wild- wachsenden und häufig angebauten Gefässpflanzen schnell und sicher zu bestimmen, von Dr. Moritz Literatur. 187 Willkomm, Professor der Naturgeschichte an der Königl. Akademie für Forst- und Landwirthe zu Tha- rand. Mit 7 lith. Tafeln und 645 in den Text ein- gedruckten Holzschnitten und Zeichnungen des Ver- fassers. Leipzig, Hermann Mendelson. 1863. Die vorliegende Schrift ist eine Bearbeitung der deutschen Flora, wie wir bis jetzt noch keine besitzen, und im Interesse der Wissenschaft war es von Wichtigkeit, dass der berühmte Rei- sende der pyrenäischen Halbinsel und Bearbeiter der mediter- ranen Flora sich dieser Aufgabe unterzogen und nach meistens sebstständigen Anschauungen, wie wohl Wenige, durchgeführt hat. Der bescheidene Verfasser nennt das Buch einfach „Führer in das Reich der deutschen Pflanzen" ; nach Durchsicht desselben sind wil- der Ansicht, dass das Werk in kurzen, aber scharf wissenschaftlich begrenzten Umrissen ein dem Zweck entsprechendes Handbuch der Botanik und eine vollständige Flora von Deutschland enthält. In dem Vorworte bespricht der Verf. die Begrenzung seines Florengebiets, indem er bemerkt, dass die Begrenzung eines sol- chen, im Innern eines Continents gelegenen Ländercomplexes immer sehr schwierig sei, Avenn man sich nicht streng an politische Grenzen binden will ; aber bei einer umfassenden Flora müssten doch noth- wendig möglichst natürliche Grenzen gesucht und gezogen werden. Der Verf. hat nun diese Grenzen für seine Flora gegen Norden in den Küsten der Ost- und Nordsee und gegen Süden in dem Südabhange der deutschen Alpen gefunden und diesen in dem Buche Rechnung getragen. Der Führer bewegt sich demnach in den Grenzen eines fast rein deutschen Gebiets, obwohl der Verf. das ganze Elsass (da die Vogesen im Westen die natürlichen Gren- zen zwischen der deutschen und der französischen Flor bilden), die ganze Provinz Preussen, einen Theil von Posen, dann ferner ausser Holstein auch noch ganz Schleswig und einen Theil von Belgien in dieses Florengebiet gezogen hat. Ausgeschlossen wur- den die ganze Schweiz, das ganze österreichische Littorale des adriatischen Meeres und alle übrigen nichtdeutschen Kronländer des österreichischen Kaiserstaats, für welche Abrundung der Verf. seine Gründe entwickelt. Bei Bearbeitung des Führers bat der Verf. vorzugsweise die classischen Werke von Koch und Reichenbach, dann Garke's Flora von Nord- und Mitteldeutschland, 2. Aufl. Berlin 1851, Gre- nier und Godron, Flore de France, Paris 1848— 1855, undMaly, Flora von Deutschland, Wien 1860 etc. benutzt. Um einen Ueberblick der in dem Buche abgehandelten Ge- genstände zu erhalten, folgt hier die Einleitung. I. Die Pflanze und ihre Theile. 1) Wurzel. 2) Achse. 3) Knospe. 4) Blätter. 5) Blüthe. 6) Frucht und 7) Samen. IL Alphabetische Aufzählung der erklärungsbedürftigen Kunst- ausdrücke. III. Systemkunde und Pflanzenbeschreibung. Uebersicht der Classen des Linne'schen Systems und Uebersicht des natürlichen Systems. IV. Kurze Anleitung zum Gebrauche des Buches oder zum Be- stimmen der Pflanzen. Erklärung der in den folgenden Tabellen gebrauchten Abkürzungen und Zeichen, wie auch eine Anleitung zur Anlegung eines Herbariums. 188 Literatur, A. Tabellen zum Bestimmen der Gattungen. 1) Sporenpflan- zen. 2) Samenpflanzen. B. Tabellen zum Bestimmen der Arten. l.Abth. Sporenpflan- zen (Kryptogamen). 2. Abth. Samenpflanzen (Phanerogamen). Die Einleitung giebt nun eine populäre, doch wissenschaftlich gehaltene Beschreibung der Pflanze im Allgemeinen in allen ihren Theilen und Vorgängen, von dem Keimen des Samens bis zur Frucht (Samenreife). Pag. 19 sind die botanischen Kunstausdrücke kurz, aber vollständig und in jeder Beziehung fasslich erklärt. Pag. 45 handelt der Verf. die Systemkunde ab und giebt eine Uebersicht der Hauptabtheilungen des in dem Buche benutzten Systems. I. Sporenpflanzen (Sporophyta), von welchen nur die Ge- fäss-Kryptogamen beschrieben. IL Samenpflanzen (Sperrnato- phyta). Diese zerfallen a) in nacktsamige Gewächse (Gymnosper- mae), b) in bedecktsamige Gewächse (Angiospermae), und sind in 3 Classen getheilt, . nämlich Gymnosperrnae^ Monocotyledonae und Dicotyhdonae und bei jeder Classe sind Unterclassen und die Fa- milien untergebracht. Pag. 50 sind praktische Anleitungen zum Bestimmen der Pflan- zen und zur Anlegung eines Herbars gegeben: mit Recht sagt der Verf. U.A.: um eine Pflanze sicher bestimmen zu können, ist es nothwendig, dass man vollständige Exemplare hat, Gräser und Kräu- ter sind mit der Wurzel auszuheben, bei den Holzgewächsen sind die Blätter und blüthentragenden Zweige einzulegen, denn abge- rissene Exemplare seien zum Bestimmen nichts werth. Nun folgen Anleitungen zum Sammeln und Trocknen der Pflanzen. Nach den Erfahrungen des Verf. soll sich geleimtes Papier zum Einlegen und Trocknen meistens besser eignen, als un geleimt es Druck- papier: sie sollen in ersterem leichter trocknen und ihre natürliche Farbe erhalten, als in dem letzteren, und nur bei saftigen Pflan- zen, Orchideen, Crassulaceen, müsste man ungeleimtes Papier zum Trocknen anwenden. Dieses stimmt nicht ganz mit den Erfahrungen des Referenten überein, indem ihm das Trocknen fast aller phanerogamischen Pflanzen in ungeleimtem Druckpapier immer besser gelang, als in Schreibpapier, man rnuss aber, wenn man die Pflanzen schön haben will, das Papier besonders im Anfange öfters wechseln und zuletzt mit etwas erwärmtem Papier operiren. Saftige Pflanzen werden am schönsten und haltbarsten, wenn man sie bei wechselnden Papier- lagen mit einem heissen Glätteisen trocken macht. Referent hat auf diese Weise getrocknete Orchideen und Crassulaceen, welche sich über 30 Jahre im Herbarium gut erhalten haben. Es soll aber hierdurch nicht behauptet werden, dass geleimtes Papier zum Trocknen der Pflanzen ganz zu verwerfen ist, indem dasselbe in vielen Fällen, besonders bei grasartigen und mehr trock- nen Pflanzen, wohl eben so zweckmässig ist: nur wollte Referent bemerken, dass bei den vielen Tausenden Pflanzen, die er getrock- net, ihm das ungeleimte Papier meistens günstigere Resultate ge- liefert hat. Will man ein schönes und haltbares Herbar haben, was den Anforderungen der Wissenschaft entsprechen soll, so lege man voll- ständige und gut. getrocknete Exemplare hinein und sorge für ein ziemlich grosses Papierformat; Referent hat die Erfahrung gemacht, dass starkes ungeleimtes Papier auch zur Aufbewahrung im Her- bar zweckmässiger ist, als geleimtes Schreibpapier, man mache nur Literatur. 189 die Packe nicht zu dick und umschliesse dieselbe 2 mal kreuzweise mit Bindfaden, so dass die Ränder möglichst aneinander schliessen und stelle sie dann in Mappen in einem verschlossenen Schranke an einem etwas luftigen Orte auf. Referent gebraucht aber noch die Vorsicht, alle eingetauchte oder angekaufte Pflanzen für's Her- bar einer sogenannten Quarantaine zu unterwerfen, um sich zu ver- gewissern, ob darin schon Insekten vorhanden sind; denn ohne diese Vorsicht kann ein ganzes Herbar zu Grunde gehen und ist auch schon manches unbrauchbar geworden. Der Verf. schlägt als ein gutes Präservativmittel vor, in jedes Packet ein getrocknetes Exemplar von Melilotus caerulea zu legen, deren Geruch die Insekten abhalten soll; dann fleissiger Gebrauch des Herbars und bei schon inficirten Pflanzenpacketen Backofen- wärme oder in einem Blechkasten Schwefelalkohol auf sie einwir- ken zu lassen etc. Pag. 57. A. Tabellen zur Bestimmung der Pflanzengattungen. Von den 813 aufgeführten Gattungen gehören 24 den Sporenpfian- zen und die übrigen 789 den Samenpflanzen an. Diese Gattungen hat der Verf. nach eigener Ansicht geordnet und nach einer leicht fasslichen analytischen Methode in jeder Beziehung ausreichend beschrieben und die wichtigsten Charaktere mit 115 in den Text eingedruckten Figuren versinnlicht. Pag. 145. B. Tabellen zur Bestimmung der Arten, welche den grössten Theil des Werkes bis pag. 672 einnehmen. Es sind hier 3406 deutsche Pflanzenarten aufgenommen, von welchen 63 zu den Gefäss-Kryptogamen und die übrigen zu den Phanerogamen gehö- ren. Die systematische Anordnung dieses Theiles des Führers ist mit Versetzungen von Familien und sonstigen Abweichungen in der Hauptsache nach dem De Candolle Systeme in Abtheilungen, Classen, Unterclassen und 145 Familien eingetheilt, mit dem Unter- schiede, dass der Verf. mit den niedrigsten Pflanzengebilden, den Polypodiaceen R. Br., Osmundaceen R. Br. etc. anfängt und mit den Ranunculaceen Juss. und Magnoliaceen DC. endet. Die Arten sind mit kurzen, aber vollständigen, oft von dem Verf. nach der Natur entworfenen Diagnosen versehen und um- schrieben; die Hauptcharaktere sind wie bei den Gattungen mit 529 in den Text des Buches eingedruckten Zeichnungen und Figu- ren bildlich dargestellt, welche dem Werke nicht allein einen wis- senschaftlichen, sondern auch einen sehr praktischen Werth geben. Die Beschreibungen enthalten ferner nur die allerwichtigsten Va- rietäten, welche, wie die nur sehr sparsam angegebenen Synonyme, nach unserer Ansicht bei einem solchen Werke etwas mehr Berück- sichtigung verdient hätten, da der Verf. dieselbe doch etwas zu stiefmütterlich behandelt hat; dann folgen Ausdauer, Blüthezeit, gewöhnliche Fundorte und eine allgemeine Verbreitungssphäre, näm- lich: Süd-, Mittel-, West- und Norddeutschland, Rheingegend und die verschiedenen Berg- und Alpenländer von Deutschland. In weitere Einzelnheiten des Führers einzugehen, halte ich für eine Recension nicht geeignet, indem die mehr oder minder genaue Bearbeitung des Ganzen sich erst am ersichtlichsten bei dem mehr- fachen Gebrauche herausstellen wird. Referent erlaubt sich des- wegen nur noch einige Bemerkungen und Berichtigungen hinzu- zufügen, welche ihm bei Durchsicht des Buches hin und wieder, besonders in Bezug der Rheingegend, aufgefallen sind. Pag. 151. Equisetum variegatum Schleich. Wächst nicht allein 190 Literatur. in Süddeutschland und in den Rheingegenden, sondern auch am Harze, in Schlesien und in Preussen. Pag. 168. Elymus arenarius L. Findet sich nicht allein in der Rheinpfalz, sondern auch am Niederrhein bei Cleve. Pag. 112. Festuca arenaria Osb. Flugsand an der Ostsee. Ist nach Garke's Flora von Nord- und Mitteldeutschland, 1863, nur Festuca rubra ß arenaria Osb. Pag. 176. Scleropoa rigida Griesb. Sclerochloa rigida Lk. Fin- det sich auch in der Rheingegend bei Aachen und Eupen. Pag. 184. Aira uliginosa Weihe. Wächst auch am Niederrhein. Pag. 192. Alepecurus utriculatus L. Ist auch an der West grenze von Deutschland im Mosel- und Saarthale zu finden. Pag. 197. Carex pauciflora Light/. Wächst auch in der Rhein- gegend. Pag. 209. Carex laevigata Sm.. Ist auch am Niederrhein in der Flora von Cöln aufgefunden worden. Pag. 211. Carex Marssoiii Auerswald. Waldsümpfe bei Wol gast. Soll nach Garke's Flora von Nord- und Mitteldeutschland, 1863, nur Synonym sein von Carex flava L. Pag. 212. Heleocharis multicaulis Koch. Findet sich auch in der Gegend von Miihlheim. Flora von Cöln. Pag. 213. Scirpus caespitostis L. Wächst nicht allein in Nord deutschland, sondern auch in Mittel- und Westdeutschland. Pag. 216. Eriophorum gracile Koch. Findet sich auch in West- deutschland und am Niederrhein. Pag. 222. Stratiotes aloides L. Auch am Niederrein bei Cleve; Pag. 224. Orchis sambucina L. Auch im südwestlichen Deutsch- land in den Nahegegenden. Pag. 226. Ophrys aranifera Huds. Findet sich auch in West- deutschland in den Rhein- und Moselgegenden. Pag. 227. Aceras anthropophora R. Br. Findet sich nicht am Niederrhein, sondern am Mittelrhein und an der Westgrenze der Obermosel bei Trier. Pag. 290. Petasites albus Gaertn. Ist auch in Westdeutsch- land bei Olsdorf, Flora von Trier, aufgefunden worden. Pag. 300. Filago neglecta DC. Namur liegt nicht am Nie- derrhein, sondern in Belgien an der Maas. Pag. 304. Artemisia borealis Polin. Ist für Tyrol neu. Ge- röll an Alpenbächen, Grossglockner etc. Pag. 345. Hieracium Hausmanni Rclib. Alpentriften in Tyrol, ist nach Neil reich eine hybride Form von H. Pilosella auran- tiacuin Hegetsch u. Heer. Es sind hier an 64 Hieracium-Arten beschrieben, von welchen 10 für Bastarde erklärt werden. Pag. 365. Campamda patula L. Ist nicht überall in Deutsch- land eine geraeine Pflanze, dieselbe ist u. a. auf der linken Rhein- seite sehr selten. Pag. 370. Galium Wirtgeni Fr. Schltz. Wiesen im Rhein- und Nahethale. Ist als Art aufgenommen. Pag. 379. Ledum palustre L. Das Vorkommen dieser Pflanze auf Torfmooren der Ebenen und Gebirge als häufig wachsend an- zugeben, ist nicht correct und kann wohl nur theilweise für Nord-, deutschland maassgebend sein; denn in Süd-, West- und Mittel deutschland ist die Pflanze sehr selten und oft in ganzen Provin zen und Ländern nicht zu finden. Literatur. 191 Pag. 381. Armeria purpurea Koch. Ist als Var. ß purpurea M. et K. zu Armeria elongata gezogen. Pag. 399. Pidmonaria saccharata Mill. Die Pflanze in der Provinz Preussen ist nach Garke's Flora von Nord- und Mittel- deutschland nicht die echte Pflanze, sondern P. officinalis foliis maculatis. Pag. 404. Echinospermum deßexum Lehm. Ist für das südwest- liche Deutschland sehr zweifelhaft und der Fundort Birkenfelcl beruht auf einer Verwechselung. Pag. 415. Anarrhinum bellidifolium Des/. In der Flora von Trier sind genau die Grenzen angegeben, wo und wie weit diese seltene Pflanze wachst, nämlich vorzugsweise an den Abhängen des bunten Sandstein- und Thonschiefer-Gebirges der oberen Mosel und der unteren Saar bei Trier und in der Gegend von Trier, Mosel abwärts bis zum Ruwerthal, aber nicht bei Berncastel, welches circa 10 Stunden tiefer liegt. Die Exemplare, welche der Apothe- ker Brewer von Berncastel seiner Zeit an Koch sendete, waren nicht dort, sondern bei Trier gesammelt. Pag. 426. Evphrasia lutea L. Findet sich auch zerstreut durch die Rheingegenden. Pag. 432. Anagallis tenella L. Ist auch am Niederrhein auf- gefunden worden. Pag. 435. Pritnuht acaidis Jacq. Ebenso. Pag. 458. Meum athamanticum Jacq. Wächst auch in der Rheingegend, Westeifel und auf dem hohen Venn häufig. Pag. 479. Tillaea muscosa L. Kommt auch am Niederrhein bei Cleve vor. Pag. 481. Sedum trevirense Rosbach (nicht Roxb.). Ist von dem Verf. als S. reßexum ß intermedium Willd. aufgenommen. Pag. 509. Rubus. Diese sind nur mit einigen Arten vertre- ten, obwohl ausser den wirklichen hybriden Formen doch noch manche gute Art beschrieben worden ist. Pag. 510. Potentilla splendens Ramond. Im Steiger bei Erfurt und bei Nordhausen. Soll nach Garke's Flora 1863 nicht die erse Pflanze Ramond's, sondern P. splendens der Autoren, P. hy- brida Wattr. ein Bastard von P. alba sterilis Garke sein. Pag. 578. Althaea hirsuta L. Findet sich auch auf dem Kalk- gebirge der Obermosel bei Trier. Pag. 585. Illicebrum verticillatum L. Ist auch am Nieder- rhein von Cöln abwärts verbreitet. Pag. 615. Helianthemum guttatum Mill. Ist als Tuberaria va- riabilis Wiük. beschrieben. Pag. 626. Sisymbrium austriacum Jacq. S. midtisiliqnosum Hoffm. Findet sich auch an mehreren Stellen in der Pr. Rhein- provinz an Abhängen im Rhein- und Moselthale. Pag. 627. Sisymbrium acutangulum DC. Auch vom Verf. als selbstständige Art aufgenommen; kommt auch in der Gegend von Aachen und, Eupen vor. Pag. 650. Polygcda Lejeunii Boireau. Blüthen rosenroth, Blü- thentraube abgerundet, armblüthig, locker. Rosettenblätter sehr klein, meist kürzer als die lineal-lanzettlichen Stengelblätter. %. 6. Auf Galmeiboden bei Aachen. — Nach der Diagnose ist die Pflanze, welche ich früher auf Galmeiboden an kahlen Bergstellen bei Aachen gesammelt habe, wohl nur Varietät der P. vulgaris, und zwar C. procumbens Kaltenbach in seiner Flora des Aachener Beckens, 1844. 192 Literatur, Pag. 652. Nymphaea Kosteletzki Palliardi. Ist vom Verf. als selbstständige Art aufgenommen, mit der Diagnose: „Fruchtknoten dicht, zottig u . 2J.. 6 — 8. Böhmen. Obige Bemerkungen, die bei einer späteren Auflage, welche wir ohne Zweifel von einem solchen Werke erwarten können, sind leicht zu berichtigen, sie haben auch im Allgemeinen auf den Werth des Buches keinen erheblichen Einfluss, und man kann demnach mit vollem Rechte dasselbe dem Botaniker, wie jedem Freunde dieser Wissenschaft besonders für den Bereich unserer vaterländischen Flora nur empfehlen. Nun folgt noch ein vollstän- diges Register der lateinischen und deutschen Gattungsnamen und das Ganze schliesst würdig mit 7 Tafeln Abbildungen, welche zur Erläuterung der botanischen Kunstsprache dienen. Dr. Löhr. Professor Kerl's Anleitung zum Löthrohrprobiren. Welchen hervorragenden Theil der Analyse die Löthrohr- probirkunst einnimmt, wissen die Mineralogen und Metallurgen wohl zu schätzen ; doch wäre es wüuschenswerth, wenn sie auch von den Pharmaceuten mehr, als es bisher geschieht, geübt wird, da dieselben durch ihre Stellung gerade so häufig um Untersuchun- gen angegangen werden. Der in Clausthal in zweiter sehr ver- mehrter Autlage erschienene Leitfaden bei qualitativen und quan- titativen Löthrohr- Untersuchungen vom Professor Bruno Kerl, Lehrer an der Bergschule daselbst, giebt ihnen Gelegenheit, sich, selbstständig in dieser Kunst weiter zu bilden, giebt ihnen ein Schema, zusammengesetztere Körper in kurzer Zeit qualitativ zu untersuchen; ferner genaue Vorschriften, den Gehalt der wich- tigeren Metallverbindungen mittelst des Löthrohrs schnell quan- titativ zu bestimmen, eine Kunst, die vielen Pharmaceuten noch durchaus unbekannt ist. Trotz seiner ausserordentlichen Reich- haltigkeit ist es bei weitem nicht so voluminös und deshalb über- sichtlicher, als Platt ner's bekanntes Werk. Die Ausstattung des Büchleins ist vortrefflich. Haben wir auch keinen Mangel an An- leitungen zum Löthrohrprobiren, so empfiehlt sich doch dies Werk des berühmten Verfassers ganz besonders durch seine Klarheit für solche, welche auf das Selbststudium angewiesen sind. H. H. Hofbachdruckerei der Gebr. Jänecke zu Hannover. ARCHIV DER PIIAMIACIE. CLXVI. Bandes drittes Heft. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Ueber die dem Rose'schen Verfahren bei Nachwei- sung von Blutspuren vindicirte Bedentnng; von Dr. R. Kemper zu Bissendorf bei Osnabrück*). Der Herr Land-Physicus Dr. Erpenbeck zu Mep- pen hat Ansichten über Nachweisung von Blutspuren mit- getheilt, welche sich auf Versuche stützen, deren Resultate mit allbekannten und als richtig anerkannten Thatsachen im Widerspruch stehen. Durch zahlreiche Prüfungen glaubt Herr Erpenbeck z. B. dargethan zu haben, dass bei Anwendung des von Rose empfohlenen Verfahrens viele stickstoffhaltige Substanzen kein Berlinerblau bilden; die Mehrzahl dieser Substanzen lieferten Herrn Erpenbeck gelbe oder braune Niederschläge, die bei längerem Stehen der sauren Flüssigkeit wohl dunkler, aber nie blau wurden. Wenngleich es auch für diejenigen Leser, welche sich nur oberflächlich mit Chemie beschäftigt haben, kaum eines Hinweises auf die Lehrbücher der organischen Che- mie**) bedarf, um erkennen zu lassen, dass die Versuche Herrn Erpenbeck 's ein Resultat gegeben haben, welches bei richtiger Ausführung derselben nicht hatte erhalten werden können, so möchten doch vielleicht Einige der Ansicht sein, dass Versuche nur durch Versuche wider- legt werden können ; ich werde mir daher erlauben, spä- *) Vom Hrn. Verfasser im Separatabdruck eingesandt. **) Gmelin's Handbuch IV, 128. Gorup-Besanez, Zoochem. Analyse (1854) S. 53. Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 3. Hft. 13 194 Kemper 7 ter einige der von mir vorgenommenen Prüfungen anzu- führen, welche den Ausspruch unseres verehrten Rose, dass durch das von ihm empfohlene Verfahren nur die Gegenwart einer stickstoffhaltigen organischen Substanz angezeigt werde, vollständig bestätigen. Nach Herrn Erpenbeck soll es nicht zu be- zweifeln sein, wie wichtig und forderlich zur Erzie- lung eines blauen Niederschlages die Anwesenheit des Eisens, und zwar eines qualificirten Eisenantheils, während des Verbrenn ens der verdächtigen Flecke im Glasrohr sei. — Dieser Ansicht kann ich nicht beistimmen, da beim Rose'schen Verfahren durch Schmelzen im Glas- rohr nicht Blutlaugensalz oder die ihm analoge Natrium- verbindung, sondern einfach Cyannatrium sich bilden soll; wird die Lösung der Schmelze darauf mit Eisen- oxyduloxydlösung versetzt, so werden diese Oxyde durch das gleichfalls vorhandene Aetznatron gefällt, und erst jetzt bildet sich aus dem Cyannatrium und dem Eisen- oxydul die dem Blutlaugensalz entsprechende Natriumver- bindung, welche, nach dem Uebersättigen mit Säure, mit dem zugesetzten Eisenoxydsalze Berlinerblau erzeugt. Wie man,, wenn richtig gearbeitet wurde, nach hin- reichendem Säurezusatz einen gelben oder braunen Nieder- schlag erhalten kann, der nach öfterm Uebergiessen mit frischem Wasser dunkler werden soll, ist mir ein Räth- sel; man kann nur einen blauen Niederschlag oder, bei Abwesenheit von Stickstoff, eine klare Flüssigkeit erhal- ten, welche nur dann weissliche Flocken absetzt, wenn durch heftiges Schmelzen Kieselerde aus dem Glase oder den Asch enbestandth eilen der organischen Substanzen auf- genommen wurde. Ist eine Reaction auf Entstehung eines Niederschlages gegründet, so richtet sich die Schärfe derselben nach der Auflöslichkeit des Niederschlages in dem angewand- ten Menstruum; absolut unlöslich möchten wohl wenige Stoffe sein. Wenn nun auch bei vorsichtiger Ausführung des Schmelzens stickstoffhaltiger organischer Substanzen mit Natrium stets eine entsprechende Menge Cyanna- Rose'sches Verfahren bei Nachweisung von Bhttspuren. 195 trium sich bildet, so kann dieselbe doch unter Umständen so gering sein, dass nach dem Eisenzusatze und Ueber- sättigen mit Säure weder ein Niederschlag von Berliner- blau, noch eine grünliche Färbung entsteht. In diesem Falle ist jedoch der Stickstoffgehalt so unbedeutend, dass er für die Praxis keine Wichtigkeit hat, wie ich aus dem weiter unten aufzuführenden Versuche mit Urin schliessen zu dürfen glaube. Zu beachten ist aber, dass auch stickstoffreichere Substanzen bei Anwendung dieses Verfahrens kein Berlinerblau erzeugen, wenn 1) durch Benutzung eines zu weiten Glasrohrs und bei zu anhaltendem Glühen das Cyannatrium in cyansaures Natron verwandelt ist, und 2) man nicht Sorge trägt, dass das schmelzende Natrium mit der organischen Substanz oder, richtiger, der stickstoffhaltigen Kohle in innige Berührung kommt. Herr Erpenbeck nennt eine Anzahl der von ihm untersuchten Substanzen, welche nach der angeführten Behandlung keinen blauen Niederschlag lieferten; ich wählte von diesen verschiedene und prüfte dieselben nach dem Rose'schen Verfahren, nachdem ich mich zuvor überzeugt hatte, dass das Leinen, auf welchem die Stoffe eingetrocknet wurden, keinen Stickstoff enthielt. Blut, Nasenschleim, Trachealschleim, Käse, Rahm, Urin gaben theils sofort, theils nach etwa halbstündigem Stehen einen deutlichen, rein berlinerblauen Niederschlag; Speichel er- zeugte erst nach einiger Concentration durch Verdampfen einen geringen, Milchkaffee und Cochenilledinte keinen Niederschlag. Wollenzeug (Tuch), mochte dasselbe nun grün oder schwarz gefärbt sein, lieferte bei Behandlung nach Rose 'scher Weise augenblicklich einen Niederschlag von Berlinerblau. Diese Versuche beweisen vollständig, dass Herrn Erpenbeck's Angaben irrig sind, und bin ich über- zeugt, dass der geehrte Herr aus den meisten der von ihm mit negativem Resultate untersuchten Substanzen einen rein berlinerblauen -Niederschlag erzielen wird, wenn derselbe auf folgende Weise verfährt. Stückchen 13* 196 Kemper, Leinen werden durch einmaliges Eintauchen oder Be- streichen mit den zu prüfenden Stoffen versehen und von dem so präparirten Leinen ein 3 Millim. breites und 4 Millim. langes Stückchen zu einem Versuche benutzt. Die unten zu einer kurzen Spitze ausgezogenen Glasröhrchen, in welchen ich das Schmelzen vornahm, waren 7 — 8 Centim. lang und hatten 3 Millim. innere Weite; es wurde zunächst ein Stückchen Natrium in das Rohr gegeben, dann das zu untersuchende Leinen und dieses wieder mit einem oder zwei Stückchen Natrium bedeckt. Nachdem anfangs über der einfachen Weingeistlampe geglüht war,' wurde später die Hitze durch Anwendung eines Löthrohrs ver- stärkt, um das überschüssige Natrium zu verflüchtigen. 0,300 Grm. Natrium reichen für 15 Versuche aus. Um die Schärfe der Reaction darzuthun, wurde ein 65 Millim. breites und 70 Millim. langes Stück Leinen gewogen, dann in Urin getaucht und wieder gewogen; es hatte 1,250 Grm. an Gewicht zugenommen. Nach dem Trocknen wurde ein 3 Millim. breites und 4 Millim. langes Stückchen, also etwa 1 I^qq, abgeschnitten und aus diesem ein deutlicher Niederschlag von Berlinerblau erhal- ten. Nimmt man an, 1000 Th. Urin enthalten 20 Th. Harnstoff, so würden in dem zum Versuche benutzten Stückchen 25 / 3 go Milligrm. Harnstoff oder ,6 /3go (etwa J / 2 4) Milligramm Stickstoff vorhanden gewesen und letzterer nachgewiesen sein. Da nun aber Harnstoff nicht der alleinige stickstoffhaltige Bestandtheil des Harns ist, und man einwenden könnte, dass durch ungleichmässiges Ein- trocknen des Urins gerade der zum Versuche benutzte Theil des Leinens reicher an Stickstoff gewesen, so erhellt, dass freilich obige Zahlen keine absolute Richtigkeit in Anspruch nehmen können, aber dennoch einigermaassen die Schärfe der Reaction erkennen lassen. Es ist demnach der von Hrn. Erpenbeck aufgestellte Satz: „Wo das Rose'sche Verfahren des Glühens des verdächtigen Fleckes mit Natrium in der Glasröhre sofort oder doch bald ohne Weiteres einen berlinerblauen Landererj über Salicin im Harne. 197 Niederschlag giebt, während die unbefleckte Substanz selbst es nicht thut, da rührt der Fleck sicher von Blut her. Es ist vorzüglich dort anzuwenden, wo die Flecke klein und im Wasser schwer löslich sind", durchaus unhaltbar; es muss heissen: so kann derselbe von Blut herrühren. Dass Fettflecken bei der Rose'schen Probe kein Berlinerblau geben, ergiebt sich aus ihrem Mangel an Stickstoff. Ueber Salicin im Harne; von Dr. X. Land er er. Ein mir sehr befreundeter junger Mann, der jedes Jahr am Wechselfieber litt und dagegen viele Unzen Chinin und China-Präparate genommen, hatte eine solche Abneigung gegen dasselbe erhalten, dass er sich nicht mehr entschliessen konnte, solches zu nehmen. Man rieth, diesem Patienten Salicin zu geben, und sei es nun der Glaube, dass dieses ihm nützen würde, er nahm es und das Fieber blieb aus. Der Patient nahm später noch mit Vergnügen jeden Morgen einige Gran Salicin, um sich vor dem Fieber zu schützen. Da ich in frühe- ren Jahren Gelegenheit hatte, die Gegenwart von Chinin im Harne der Fieberkranken aufzufinden, so untersuchte ich auch diesen Harn auf einen Salicingehalt. Der Pa- tient hatte ungefähr 2 Quentchen Salicin in Pulverform zu sich genommen. Zur Auffindung desselben hatte ich 3 Pfund dieses Harns, der einen sehr bittern Geschmack besass, im Wasserbade mit der grössten Vorsicht zur Honigconsistenz abgedampft, diese dicke syrupähnliche Harnflüssigkeit in Weingeist geschüttet und mit demsel- ben auf Zusatz von sehr verdünnter Schwefelsäure meh- rere Stunden in Digestion gesetzt. Die erhaltene wein- geistige Lösung, welche jedoch noch sehr gelb gefärbt war, wurde von Neuem mit Thierkohle digerirt und nach einer mehr oder weniger bewirkten Entfärbung zur Trockne verdampft. Dieser Rückstand gab mit concentrirter Schwe- 198 Ludwig, Vorkommen von Saligenin im Biere. feisäure eine röthliche Färbung, die jedoch nicht so in- tensiv hervortritt als bei dem reinen Salicin, was den mit aufgelösten Extraktivstoffen zuzuschreiben ist. Ein anderer Theil dieses Rückstandes mit Salzsäure längere Zeit gekocht, verursachte eine bedeutende Trübung und nach dem völligen Erkalten bildete sich ein feinkörniger krystallinischer Niederschlag, den ich für das Saliretin hielt, so dass ich aus diesen Erscheinungen, wie aus dem bittern Geschmack an der Existenz des Salicins in dem untersuchten Harne nicht den geringsten Zweifel hege. Vorkommen von Saligenin im Biere; von Dr. H. L u d w i g. Von einem befreundeten Apotheker wurde mir eine kleine Menge von Flüssigkeit, welche aus 1 Seidel ver- dächtigen Bieres durch Fällen desselben mit Bleizucker, Behandeln des Filtrats mit HS, Eindampfen, Ausziehen des Rückstandes mit Weingeist und Verdampfen des Wein- geistes gewonnen war, zur Prüfung auf einen etwaigen Gehalt an Strychnin oder Pikrotoxin zugesendet. Mit Natronlauge alkalisch gemacht, dreimal hintereinander mit Aether geschüttelt, die abgehobenen Aetherauszüge ver- dunstet, blieb eine geringe Menge farblosen Rückstandes, der empfindliches geröthetes Lackmuspapier nicht bläute, mit concentrirter Schwefelsäure zusammengerieben sich deutlich röthete, welche Röthung aber nach Zusatz eini- ger Körnchen chrom sauren Kalis sich nicht in Violett ändert, aber nicht von Strychnin herrührte. Die mit Aether geschüttelte Flüssigkeit wurde mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, aber noch mit Aether ge- schüttelt, der abgehobene Aether verdunstet, der farblose, sauer reagirende Rückstand mit Kupfervitriollösung, dann mit überschüssiger Natronlauge vermischt und gekocht Es trat keine Reaction zu Kupferoxydul ein, womit die Abwesenheit des Pikrotoxins dargethan war. Die ur- sprüngliche Flüssigkeit schmeckte anfangs kaum bitter, Verunreinigungen des metallischen Wismuths. 199 erst nach einiger Zeit trat ein bitter kratzender Nach- geschmack auf. Ich vermuthete deshalb in dem frag- lichen Biere Sa Hein und Saugen in; letzteres löst sich in Aether und wird von concentrirter Schwefelsäure ge- röthet. Das fragliche Bier ist anstatt mit Hopfen mit Weidenrinde gekocht worden, um ihm bitteren Geschmack zu geben. Verunreinigungen des metallischen Wismuths; von Dr. X. Land er er. Da ich viel Gelegenheit hatte, mich mit der Berei- tung des Wismuth-Subnitrats zu beschäftigen und mir bei der Lösung des Metalls Erscheinungen vorkamen, die ich mir nicht zu erklären im Stande war, so überzeugte ich mich, dass ich es oftmals mit Wismuth zu thun hatte, das vielleicht entweder absichtlich oder auch zufällig Bei- mengungen hatte. Beimengungen von Silber oder Kupfer, die mir vorgekommen, sind gewiss keine absichtlichen und lassen sich leicht erklären, da die meisten Wismuth- erze, aus denen das metallische Wismuth theils durch einen Saigerungs-, theils durch einen Schmelzprocess ge- wonnen wiid, silberhaltig sind. Vor allem glaube ich nun der folgenden wahrscheinlich absichtlichen und straf- baren Beimengungen zu gedenken. Ich löste das Wis- muth, das mir schon von Anfang an wegen der mehr grauen Farbe, des matten Glanzes, der weniger blätteri- gen Structur, des starken Rauches vor dem Löthrohre u. s. w. als verdächtig vorkam, in Salpetersäure, es bil- dete sich unter dem ungelösten Metalle ein starker Ab- satz eines weissen Pulvers, dessen Menge zunahm, je mehr Salpetersäure ich zur Lösung anwendete, so dass ich mir diese Erscheinung gar nicht erklären konnte. Diesen unlöslichen Rückstand, den ich auf ungefähr 25 bis 30 Proc. schätzte, legte ich bei Seite, um ihn genauer zu untersuchen. Derselbe bestand theils aus ungelöstem Wismuth und wurde mit dem in Rede stehenden weissen Pulver vermengt, durch Kochen in Salzsäure aufgelöst, 200 Landerer, über Phosphoroxyd. und diese Lösung gab durch alle auf Antimonium gege- benen Reagentien die Gegenwart dieses Metalles zu er- kennen. Auf Zusatz von Schwefelammonium zu der mit Ammoniak genau gesättigten Flüssigkeit zeigte sich der für dieses Metall charakteristische pomeranzengelbe Nie- derschlag, und auch durch die Marsh'sche Methode wur- den die Antimonflecken erhalten. Dem zu Folge war dieses Bismuthum metallicum antimonhaltig und die dem Wismuth beigeschmolzene Menge auf ungefähr 20 bis 30 Proc. anzunehmen. Dass aus einer solchen strafbaren Verfälschung mit- telst Antimonium bei den von Tag zu Tag sich steigern- den Preisen des Wismuths dem Verfälscher ein bedeuten- der Gewinn zukommt, ist leicht einzusehen. Da ich nicht weiss, ob diese Art der Beimengung des Antimons zum Wismuth auch anderen Collegen schon vorgekommen und ob solche zur Sprache gekommen ist, so hielt ich es für nützlich, die vorstehende Mittheilung zur allgemeinen Kunde zu bringen. Bemerken will ich dabei noch, dass nach dem Oriente nicht die reinsten Producte des Aus- landes kommen, theils des Gewinnstes wegen, theils in der Ueberzeugung, dass der Besteller, der sein Augen- merk besonders auf die Wohlfeilheit richtet, diese Pro- ducte, mögen sie nun Kunst- oder Naturproducte sein, nicht genau kennt und nicht zu untersuchen versteht. Ueber Phosphoroxyd; von Dem selben. Ich wollte mir nach der allbekannten Methode phos- phorige Säure darstellen, legte mehrere Phosphorstangen in eine sehr weithalsige Flasche und stellte sie an einen feuchten Ort. Ein unglücklicher Zufall wollte es, dass die heissen Strahlen der Mittagssonne auf das Glas fielen, der Phosphor begann nun zu brennen und statt phospho- riger Säure erhielt ich phosphorsaures Phosphoroxyd. Diese Entzündung ereignete sich in meiner Abwesenheit ; Rammeisberg, chemische Natur des Roheisens etc. 201 als ich am andern Tage das Glas aufsuchte, sah ich zu meinem Schrecken die innern Wände des Glases mit den verschiedensten und prächtigsten Schattirungen von Roth und Gelb und mit den vielfältigsten warzenförmigen baumähnlichen Formen aus diesem Oxyd bedeckt; was mich aber am meisten interessirte, waren Formen, die den kryptogamischen Pflanzen ganz ähnlich sahen, und ein grosser Theil des Glases war einem Moire ähnlich, wie ich dieses einmal bei brennendem Schwefel beob- achtet hatte. Die durch die Sonnenstrahlen entwickelte Hitze dürfte ungefähr 36 — 400 R. gewesen sein. Ueber die chemische Natur des Roheisens und die Heteromorphie der Metalle in ihren isomorphen Mischungen; von Rammeisberg*). Durch die Untersuchungen Karsten 's ist es ausser Zweifel gesetzt, dass der Kohlenstoff im Roheisen theils in chemischer Verbindung, theils als Graphit beigemengt vorkommt. Jener, der chemisch gebundene, nimmt beim Auflösen des Roheisens in Säuren (Chlorwasserstoffsäure) an der Zersetzung Theil, der letztere ist indifferent. Der gebundene Kohlenstoff verhält sich ähnlich dem Schwefel, Phosphor und vielleicht auch dem Silicium, von welchem sich beim Auflösen ihrer im Roheisen enthaltenen Ver- bindungen mit Eisen flüchtige Verbindungen mit Wasser- stoff bilden, so zwar, dass der Schwefel dadurch voll- ständig, der Phosphor theilweise entfernt wird, und selbst der Kiesel beim Auflösen von Kieseleisen nach Calvert eine, jedoch jedenfalls nur kleine Menge Sicilium Wasser- stoff bilden soll. Wenn die zum Auflösen des Kohlen- stoffeisens dienende Säure concentrirt ist, wird von dem chemisch gebundenen Kohlenstoff nichts im freien festen amorphen Zustande abgeschieden, sondern derselbe ver- *) Vom Verfasser im Separatabdruck eingesandt. D. R. 202 Rammeisberg, wandelt sich vollständig in jene stark riechende flüchtige ölartige Verbindung, die grossentheils in dem freien Wasser- stoff verdunstet, und nur in kleiner Menge in der sauren Flüssigkeit sich auflöst. Karsten hatte aus vielfachen Versuchen den Schluss gezogen: die beiden in ihren physikalischen Eigenschaf- ten verschiedene Arten des Roheisens, das graue und das weisse, seien hauptsächlich chemische Verbindungen von Kohlenstoff und Eisen, aber das graue ist mit aus- geschiedenem Kohlenstoff (Graphit) gemengt. Daher hinter- lasse weisses Roheisen beim Auflösen in Säuren keinen kohligen Rückstand. Als der leider so früh verstorbene C. Bromeis die Eisenhüttenproducte der Werke von Mägdesprung (Anhalt- Bernburg) untersuchte*), fand er nichts desto weniger in allen dortigen Arten weissen Roheisens eine nicht unbe- deutende Menge Graphit, und zwar in der ausgeprägte- sten Art, dem Spiegeleisen, sogar etwas mehr als in den übrigen. Nach C. Bromeis ist nämlich der Gehalt an Kohlenstoff im Mägdesprunger gebunden Graphit in Summa grellen weissen Roheisen 3,518 Prc. 0,500 Prc. 4,018 Prc. gaaren „ „ 2,908 „ 0,550 „ 3,458 „ Spiegeleisen 3,10 „ 0,72 „ 3,820 „ so dass etwa l j 5 des Kohlenstoffs in diesen Eisenarten als Graphit vorhanden ist. Aber das Spiegeleisen von Mägdesprung steht in dieser Beziehung nicht allein da. Ich habe neuerlich dasjenige von der Lohhütte bei Musen (Siegen), welches nach Karsten 5,8 Proc. gebundenen Kohlenstoff enthält, näher geprüft, und darin ebenfalls Graphit gefunden, den man in der That schon durch eine Loupe hie und da in den Höhlungen der silberweissen Blätter erkennen kann**). Als 108,266 Grm. in concentrirter Chlorwasserstoffsäure *) Ann. der Chemie und Pharm. Bd. 43. S. 241. **) In meiner vor 13 Jahren erschienenen Metallurgie habe ich schon bemerkt, dass beim Erkalten grösserer Massen von Spiegeleisen die Graphitbildung wohl nie ganz zu verhindern ist. chemische Natur des Roheisens etc. 203 bei Luftabschluss aufgelöst wurden, blieb ein dunkler Rückstand, der, nach wiederholtem Kochen mit frischer Säure und Auswaschen, in einer Platinschale mit massig starker Kalilauge übergössen, eine heftige Entwicklung von Wasserstoffgas zeigte, indem sich das Siciliumoxyd, welches mit dem Graphit gemengt war, als Kieselsäure auflöste, (und der vorher schwache Geruch der flüchtigen Kohlenstoffverbindung stark hervortrat). Nach dem Digeri- ren wurde die alkalische Flüssigkeit abfiltrirt, die Wasch- wässer gingen trübe hindurch, und als die Ursache dieser Trübung ergab sich Titansäure, welche allerdings nur bei Anwendung so grosser Mengen Material im Roheisen selbst nachzuweisen ist*). Der rückständige Graphit färbte Aether und Alkohol beim Kochen schwach gelblich; er wurde schliesslich noch mit Säure und W 7 asser ausge- waschen und scharf getrocknet. Er hatte nun ein ganz reines Ansehen und wog 1,848 Grm., d. h. er betrug 1,707 Proc. des Roheisens. Beim Verbrennen in Sauer- stoff hinterliess er 5,56 und 5,85 — im Mittel 5,7 Proc, so dass seine wahre Menge, wenigstens annähernd, 1,742 Gramm =±= 1,61 Proc. des Roheisens ist. Nimmt man nun den gesammten Kohlenstoffgehalt dieses Roheisens mit Karsten zu 5,8 Proc. an, so macht der chemisch gebundene Kohlenstoff nur 4,2 Proc. aus. Ungeachtet, wie hiernach erwiesen ist, zwischen den blättrigen Massen des Spiegeleisens sich Ausscheidungen von Kohlenstoff finden können, wird doch Niemand be- zweifeln, dass das Spiegeleisen selbst ein homogener und physikalisch wohl charakterisirter Körper ist. Aber höchst selten gelingt es, wirkliche Krystalle zu finden, denn die Masse stellt nur ein Aggregat blättriger polyedrischer Theile. dar (gleich dem Zink), deren Neigungen nichts Constantes haben. Nur einmal habe ich in Höhlungen *) Die aufgelöste Kieselsäure wurde = 1,345 = 0,628115 Kiesel = 0,58 Proc. gefunden, wobei die in der sauren Auflösung des Eisens enthaltene nicht in Anschlag gebracht ist. Kar- sten giebt im Ganzen nur 0,524 Proc. Kiesel an. 204 Rammeisberg, kleine Krystalle gefunden, rechtwinklig vierseitige Tafeln, die an zwei gegenüberstehenden Seiten eine Zuschärfung von 112° 24' zeigten (Winkel der Zuschärfungsfläche gegen die Tafelfläche = 123%0) # Die unvollkommene Ausbildung lässt nicht entscheiden, ob diese Krystalle zweigliederig sind, wie es den Anschein hat. Es ist also gewiss gerechtfertigt, das Spiegeleisen als eine chemische Verbindung von Kohlenstoff und Eisen zu betrachten (die freilich etwas Kieseleisen und Phos- phoreisen gleich wie die entsprechenden Manganverbin- dungen einschliesst), und Karsten hat es in der That für das Roheisen mit dem Maximum des Kohlenstoffge- halts angesehen, der nach ihm stets 5 — 6 Proc. beträgt. Allein diese Ansicht ist ganz unbegründet; das Spie- geleisen kann sehr ungleiche, grössere oder kleinere Mengen Kohlenstoff enthalten, ohne in seinen äusseren Eigenschaften verändert zu werden. Will man nicht die älteren Versuche Berthiers anführen, der im Spiegel- eisen höchstens 3,6 Proc. Kohlenstoff fand, so muss doch das Mägdesprunger Spiegeleisen, welches nach C. Brom- eis gar nur 3,1 Proc. gebundenen Kohlenstoff enthält, Karsten 's Ansicht mindestens zweifelhaft erscheinen lassen. Um aber Gewissheit über diesen Punct zu erlangen, habe ich selbst das Spiegeleisen von Mägdesprung zu verschiedenen Zeiten auf seinen Kohlenstoffgehalt unter- sucht. Verbrennung mit chromsaurem Bleioxyd = 3,823 Prc. Methode von Weyl — 3,90 Zerlegung durch Kupferchlorid =' 3,786 „ Bromeis hatte gefunden = 3,82 „ Es wäre denkbar, dass im Spiegeleisen ein anderer electronegativer Körper gleichsam als Vertreter des Kohlen- stoffs vorhanden wäre. Dies könnte wohl nur der Kiesel sein. Allein die Analysen zeigen gerade das Umgekehrte: die kohlenreichen Spiegeleisen (Musen, Sayn) sind auch die kieselreichen, und umgekehrt. In jenen ist mehr als '/ 2 Procent Kiesel enthalten, in dem Mägdesprunger chemische Natur des Roheisens etc. 205 nur 0,17 Proc, und in den steirischen, die nach Buch- ner auch nur 3,75 — 4,14 Proc. Kohlenstoff enthalten, soll gar nur 0,01 — 0,27 Proc. Kiesel sich finden. Vor längerer Zeit suchte Gurlt zu beweisen*), dass es zwei bestimmte Carburete des Eisens gebe, Viertel- und Achtel -Carburet, Fe 4 C und Fe 8 C, und das Spiegel- eisen das erstere, das octaedrisch krystallisirte graue Roheisen das letztere sei. Die Berechnungen aber, wor- auf diese Annahmen sich stützen sollen, sind ganz hypo- thetisch, selbst wenn die Zusammensetzung des Spiegel- eisens constant wäre, was sie nicht ist. Man kann aller- dings die Hypothese aufstellen, dass die Verbindungen des Kohlenstoffs mit Eisen im Roheisen analog zusam- mengesetzt seien dem Kieseleisen, Phosphoreisen und Schwefeleisen, die darin vorkommen, und dass das Mangan isomorph dem Eisen sei. Berechnet man aber das Atoni- verhältniss jener electronegativen Körper zu dem dieser electropositiven, so erhält man für das Spiegeleisen von Musen 1 : 4,5 Mägdesprung .... 1 : 5,3 mithin keineswegs das Verhältniss von 1 At. : 4 Atomen. Aber eben so wenig existirt das angebliche Achtel- Carburet, Fe 8 C, von dem Gurlt behauptet, es erscheine als krystallisirtes graues Roheisen. Nicht selten tritt bekanntlich der Fall ein, dass graues Roheisen deutliche Octaeder bildet, die zwar nicht messbar, höchst wahr- scheinlich jedoch regulär sind. Ich stelle hier vier Ana- lysen solchen krystallisirten Roheisens zusammen: 1. Vom Harz (wahrscheinlich von Rothehütte). Von mir untersucht. 2. Von Lauchhammer; spec. Gew. = 6,39 — 6,43. Eben- falls von mir untersucht. (Aus Wiesenerzen erblasen.) 3. Von Gleiwitz. Von Gurlt analysirt. 4. Von der Lölling in Kärnthen. Von R. Richter analysirt. fe ) Bergwerksfreund Bd. 18. 206 Rammeisberg, 1. 2. 3.*) 4. Graphit 2,604 2,519 2,84 2,122 Kohlenstoff 0,201 0,373 2,46 0,967 Kiesel 1,896 1,148 0,26 0,972 Phosphor . . 0,065 0,406 ? 0,021 Schwefel.. . 0,069 0,043 ? 0,008 Arsenik — — — 0,005 Das Atomverhältniss dieser electronegativen Körper und des Eisens (Mangans) ist in 1 = 1 : 19 2 = 1 : 21 3 = 1: 8 4 = 1: 12,5 also nur in der von Gurlt selbst untersuchten Probe so, wie allgemein von ihm vorausgesetzt. Auch die Berech- nung anderweitiger guter Analysen grauen Roheisens lehrt, dass stets auf 1 At. Kohlenstoff (Kiesel, Phosphor) weit mehr als 8 At. Eisen kommen. Wir sehen also : weisses und graues Roheisen sind unter günstigen Umständen fähig, in bestimmten Formen zu kry stallisiren ; eine Einlagerung frei ausgeschiedenen Kohlenstoffs verhindert die Bildung der Krystalle oder die krystallinisclie Ausbildung der Masse nicht. Beide bestehen aus Kohleneisen, Kieseleisen und Phosphoreisen, deren Zusammensetzung nicht immer dieselbe, überhaupt im Einzelnen nicht zu ermitteln ist. Wenn aber die Zusammensetzung d. h. das Verhältniss der Bestandtheile in krystallisirten Körpern schwankend ist, ohne dass die .Form sich ändert, so darf man den Grund sicherlich nur in der Isomorphie der Körper suchen, und eine solche dürfte beim Roheisen als einzig mögliche Erklärung seiner Constitution gelten. Das Eisen, im reinen metallischen Zustande, kennt *) Gurlt 's Angabe von 2,46 Proc. gebundenem Kohlenstoif er- scheint nicht weniger problematisch, als die, dass nur Spuren von Phosphor vorhanden seien. chemische Natur des Roheisens etc. 207 man zwar nicht krystallisirt, allein Stabeisen und Meteor- eisen haben die Structur regulär krystallisirter Körper. Der Kohlenstoff krystallisirt als Diamant regulär. Der Kiesel oder das Silicium krystallisirt regulär. Der Phosphor krystallisirt regulär. Die wesentlichen Bestandtheile des Roheisens treten also für sich in denselben Kry stall formen auf, und wenn diese auch regulär sind, so hat es doch nichts Unwahr- scheinliches, dass alle diese Elementarstoffe isomorph sind, so dass ich glaube, man könne das Roheisen als eine isomorphe Mischung seiner Bestandtheile ansehen, woraus dann die Wechsel in seiner Zusammensetzung sich erklären. Der Kohlenstoff ist, meiner Ansicht nach, als chemisch gebundener, in einem regulär krystallisirten Roheisen in der Diamantmodification enthalten. Ueberhaupt giebt es ja eine Anzahl regulär krystal- lisirter isomorpher Mischungen von Metallen, theils solcher, welche aus zwei regulären Metallen bestehen, wie die Legirungen von Gold und Silber, von Blei und Silber (Werkblei) und Silber und Quecksilber (die natürlichen Amalgame AgHg 2 und AgHg 3 ), theils solcher, deren eines Metall für sich gewöhnlich nicht regulär auftritt. Aber offenbar ist die Heteromorphie eine durchgreifende Eigenschaft elementarer Körper, und eben so gut bei den Metallen wie beim Schwefel und Kohlenstoff vorhanden. Die sechsgliedrigen (Antimon, Arsenik, Tellur, Wismuth, Zink, Palladium, Iridium, Osmium, und das viergliedrige dem Bor isomorphe Zinn sind sicherlich unter Umständen fähig, in den Formen des regulären Systems aufzutreten*), gleichwie Gold, Silber, Kupfer, Blei u. s. w., oder auch das Zinn sechsgliedrig sein können. Schon vor längerer Zeit**) führte ich (regulär) kry- stallisirtes Messing aus je 1 At. Kupfer und Zink bestehend, an, und dasselbe ist später auch von Herrn G. Rose *) Ueber regulär Jtrystallisirtes Arsenik s. Eisner im J. f. pr. Ch. Bd. 22. S.344 und Cooke ebend. Bd. 84. S. 479. **) S. mein Lehrbuch der Metallurgie S. 20. 208 Rammelsberg, bestätigt worden *). Besonders interessant aber sind die regulär krystallisirten isomorphen Mischungen von ge- wöhnlich regulären und sechsgliedrigen Metallen, welche die Mineralogen mit den Namen Speiskobalt, Tesseral- kies und Weisnickelkies bezeichnen. In ihnen ist das Arsenik als regulär krystallisirtes enthalten. Ihre che- mische Zusammensetzung ist dermaassen variabel, dass sie ganz allgemein nur als R m As n zu bezeichnen sind, eine Folge jener zweifachen Isomorphie, einerseits der electropositiven Metalle (Nickel, Kobalt, Eisen), anderer- seits dieser und des Arseniks. Kommen auch Mischungen RAs unter den Speiskobalten und als Weissnickelkies vor, so tiberwiegen doch eben so oft die electropositiven Metalle (R^AsS) gleich wie das Arsenik (R3As*,R2As 3 ). Ferner giebt es sechsglie drig krystallisirte iso- morphe Mischungen von Metallen, und zwar nicht bloss solche, deren beide Bestandtheile gewöhnlich sechsglie- derig sind, wie das Tellurwismuth, vielleicht auch das Osmiridium, sondern auch solche, deren eines Metall für gewöhnlich eine andere Form zeigt. Hierher muss man Rothnickelkies (Ni 2 As) und Antimonnickel (Ni 2 Sb) rech- nen, und gewiss krystallisiren manche Legirungen eben- falls sechsgliedrig, wiewohl es selten gelingt, ihre Form näher zu bestimmen. Unter den Hüttenproducten von Schlackenwalde in Böhmen habe ich eine solche Legirung gefunden, die äusser- lich von schöner Goldfarbe, innen aber weiss ist. Die langprismatischen Krystalle sind nur insofern messbar, als man sich überzeugen kann, dass sie sechs Flächen haben, deren Neigung sammt und sonders = 120° ist (die Winkel waren oft sehr nahe 120°, im Ganzen zwischen 1180 un d 1210). Das spec. Gew. ist = 6,994 und die Zusammensetzung Zinn 80,83 Kupfer. . . 18,91 ~99,74 ' *) Poggend. Ann. Bd. 107. S. 448. chemische, Natur des Roheisens etc. 209 was am genauesten der Mischung Cu 3 Sn 7 entspricht, sich aber auch nicht weit von CuSn 2 entfernt*). Diese Thatsachen finden ihre Bestätigung in anderen schon länger bekannten. Eine krystallisirte gelblichweisse Kupfer-Zinnlegirung, deren spec. Gew. = 7,53 und welche aus 77,63 Proc. Zinn und 21,88 Proc. Kupfer besteht, d. h. CuSn 2 ist, krystallisirt nach Miller in regelmässig sechsseitigen Prismen, die senkrecht zur Axe spaltbar sind**). Diese Legirungen sind isomorphe Mischungen von sechsgliedriger Form, entstanden aus dem gewöhnlich regulären Kupfer und dem gewöhnlich viergliedrigen Zinn. Von viergliedrigen Legirungen sind mehrere be- kannt. Schmilzt man Zinn mit Gold zusammen, so ent- stehen gut messbare Krystalle, deren Goldgehalt von 27,5 bis 43 Procent schwankt, d. h. welche = Au Sn 9 bis AuSn 5 sind. Sie sind von Miller gemessen wor- den***), und stellten nach ihm durch Vorherrschen der Endfläche tafelartige Combinationen von Quadratoctaedern beiderlei Ordnung dar, die nach der Endfläche vollkom- men spaltbar sind. Unter den Octaedern kommen mehrere den beim Zinn beobachteten so nahe, dass diese Legirun- gen offenbar mit dem Zinn isomorph sind, und das Gold darin ebenfalls viergliedrig krystallisirt ist. Unter den Hüttenproducten von Schlackenwalde habe ich eine Legirung von Zinn und Eisen in feinen Nadeln von hellgrauer Farbe gefunden, die zum Theil bunt ange- laufen sind. Nach meinen Messungen sind es quadratische Prismen mit gerader Abstumpfung der Kanten, so dass Winkel von 90° und 135° immer wiederkehren. Das spec. Gew. ist = 7,534. Die Analyse gab Zinn 92,01 Eisen. . . . 8,05 100,06 *) Kocht mau eine solche Legirung mit Chlorwasserstoffsäure, so entsteht eine farblose Auflösung, welche Kupferchlorür und Zinnchlorür enthält. **) Poggend. Ann. Bd.36. S.478. ***) J. f. pr. Chem. Bd. 84. S.319. Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 3. Hft. 14 210 Ramnielsberg, chemische Nattir des Roheisens etc. entsprechend FeSn 5 oder FeSn 6 , welche Formeln 91,3— 92,64 Proc. Zinn verlangen. Schon früher hat Lassaigne die Mischung Fe 3 Sn, von spec. Gew. — 8,733 als quadratische Nadeln beschrie- ben, und kürzlich theilte Nöllner mit*), dass beim Auf- lösen von Bankazinn mikroskopische Krystalle = FeSn 2 zurückbleiben, deren spec. Gew. == 7,446 ist. Die einzige bis jetzt bekannte zinnfreie Legirung, welche hierher gehören dürfte, ist das Goldamalgam von Mariposa in Californien, welches nach Sonnen- schein**) = AuHg 3 ist, ein spec. Gew. === 15,47 hat, und mikroskopische quadratische Prismen bildet. Gewiss würde es sehr interessant sein, wenn sich die viergliedrige Form des Goldes und Quecksilbers an dieser isomorphen Mischung beider constatiren Hesse. Wir kommen endlich zu den zweigliedrigen Legi- rungen, welche aus der isomorphen Mischung von Metal- len hervorgehen. Hierher gehört zuvörderst das Anti- mons über, dessen ältere Analysen auf verschiedene Mischungen, Ag 4 Sb undAg 6 Sb, hindeuten. Durch Zusam- menschmelzen von Antimon und Zink erhält man in krystallisirter Form theils Zn 2 Sb, theils Zn 3 Sb, welche offenbar dem Antimonsilber isomorph sind***). Eine Wismut hlegirung, nahe = CuNi 3 Bi 5 , deren spec. Gew. — 9,46 zeigt, wie Miller fandf), dieselben Rhombenoctaeder wie Zn 2 Sb. Vielleicht stimmt auch die Form des Arsenikeisens damit überein. Hier finden wir also einerseits Antimon (Arsenik) und Wismuth, andererseits Silber, Zink, Nickel und Kupfer (Eisen) in zweigliedriger Form. Ist das Spiegeleisen zweigliedrig, so gehört es zu diesen isomorphen Mischungen, und die Formverschieden- heit des weissen und grauen Roheisens ist Folge der Heteromorphie ihrer isomorphen Constituenten. *) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 115. S. 233. **) Zeitschrift d. d. geol. Gesellsch. Bd. 6. S. 243. ***) S. Cooke in Poggend. Ann. B. 96. S. 584. t Phil. Mag. 1856. Juli. 211 II. Matui'gescliiclite und Pharma- kognosie. Ueber die Stamrapflanze des Euphorbium. Das Euphorbium war schon gegen den Anfang unse- rer Zeitrechnung den Naturforchern und Aerzten bekannt. Nach Dioskorides stammt es von einem in Libyen einheimischen Baume, von der Tracht einer Ferula, der auf dem Berge Tmolus in Mauritanien gefunden werde und dessen Entdeckung zur Zeit des Königs Juba von Numidien gemacht sei. Plinius nennt die Stammpflanze ein Kraut, welches jenseit der Säulen des Herkules auf dem Atlasgebirge zu Hause sei, dem Acanthus ähnliche Blätter habe und den Namen von dem Euphorbios, Arzt des Königs Juba, trage. Leo Africanus beschrieb in der Mitte des 16ten Jahrhunderts die Stammpflanze ziemlich kenntlich als eine Euphorbia, die Dodoens später zuerst abbildete, sie ist Linne 's Euphorbia officinarum. Dodoens berich- tigte zugleich auch einen Fehler in den Ausgaben des Dioskorides, denn da weder in Libyen noch in Mau- ritanien von den Geographen ein Berg Tmolus genannt werde, dieser vielmehr in Lydien, also in Kleinasien, vor- komme, so sei in den Exemplaren des Dioskorides fürAtlas irrthümlich Tmolus untergeschoben. Auch Ruysch und Kiggelaer geben in Commelin's Hort. Amst. an, dass sie mehr als einmal an dieser aus den Wüsten Afrikas übersendeten Pflanze Gummistücke gefunden hätten, und Linne nahm in seiner Materia medica (1749) diese als Stammpflanze an. 14* 212 Ueber die Stammpflanye des Euphorbium. Später (1762) änderte Linne seine Ansicht und schrieb der in Ostindien einheimischen Euphorbia anti- quoimm und ihrer Var. ß. (Euphorbia trigona Haworth) nach dem Zeugnisse der beiden Commelyne die Dro- gue zu. Einige Jahre später (1768) kam nach einer Angabe in der 8ten Auflage von Miller's Gardiners Diction., wonach das Euphorbium von den Kanarischen Inseln nach England eingeführt werde, noch Euphorbia Canari- ensis L. als Stammpflauze in Betracht. Zuletzt führte noch Pereira in seiner Materia medica Euphorbia tetra- gona Haw. als muthmassliche Stammpflanze auf. Dies sind also die Quellen für die bisher angenom- mene Abstammung des Euphorbium, die nun zunächst zu prüfen sein werden. Wie wir oben gesehen haben, so wurde schon zu den Zeiten des Dioskorides und Plini us das Euphorbium eben dort gesammelt, woher wir es auch heute noch erhalten, nämlich in den Bergen des Atlas. Es fallen daher ohne Weiteres die in Ostindien einheimischen Euph. antiquorum L. und E. trigona Haw. als Stammpflanzen, die überdem kein anderes Zeugniss für sich haben als die Angaben des Commelyne, dass ihre Blüthen und Früchte denen der Drogue ähnlich sind, was gar nichts sagen will. Euphorbia tetragona, welche am Cap einheimisch ist, woher kein Euphorbium kommt, möchte wohl nach der Beschreibung verglichen mit den in der Drogue vorkom- menden Fragmenten der Stammpflanze ziemlich nahe stehen, ist dennoch aber, wie weiter unten gezeigt wird, speciell verschieden. Mehr für sich hat die Annahme der Euphorcia offi- cinarum L. als Stammpflanze, da sie in der nördlichen Hälfte des tropischen Afrikas einheimisch ist und viel- leicht auch noch 7 — 8 ° nördlicher bis Marokko geht; dazu kommt, dass sie von Ruysch, Kiggelaer, Do- doens, Linne, Murray u. a. m. für die Stammpflanze erkärt wurde. Allein nie findet man in der Drogue die Ueber die Stammpflanze des Euphorbium. 213 Aeste dieser Art, die sieh durch ihre grössere Anzahl von Kanten leicht erkennen liesse; so dass ihre Annahme unstatthaft ist. Was die Euphorbia Canariensis L. anbelangt, so lässt sich nicht leugnen, dass die in der naturellen Dro- gue vorkommenden Aeste, Blüthenstände und Früchte die grösste Aelmliehkeit mit den entsprechenden Tiieiien der Euph. Canariensis zeigen und es wäre sehr wohl möglich dass, wenn auch von ihr auf den Kanarischen Inseln kein Euphorbium gesammelt werde, sie auf dem benach- barten gebirgigen Festlande vorkomme und somit den- noch die Drogue liefern könne. Hier konnte natürlich nur eine subtile Vergleichung beider Pflanzen die Ent- scheidung geben. Der freundlichen Mittheilung des Herrn Prof. H. Schacht in Bonn verdanke ich seine auf den Kanarien von Euph. Canariensis aufgenommenen Abbildungen und habe mich durch diese überzeugt, dass beide Pflanzen sich zwar sehr nahe stehen, dennoch aber verschieden sind. Da die eigentliche Stammpflanze noch nicht beschrieben ist, die in der Drogue vorkommenden Fragmente hinreichen, um sie zu charakterisiren, so habe ich sie in meiner Darstellung der off. Gew. als Euphor- bia resinifera aufgestellt und abbilden lassen. Sie ge- hört zu den strauchigen, blattlosen, mit kurz-stachlichten Blattpolstern versehenen Arten, hat schlanke, 4seitige Aeste; ziemlich ebene Flächen; ziemlich langgestielte, gabeltheilige, 3-, seltener 6 — 7-köpfige Trugdolden; becherförmige Kelehkätzchen mit abstehenden, breit keil- förmigen, gelben äusseren Zipfeln oder Drüsen; lang ge- stielte, von einem kleinen, .Seckigen Perigon unterstützte, niedergedrückte, tief dreiknöpfige Kapseln und rundliche, mit äusserst kleinen Schüppchen besezte Samen, ohne Schwiele. Es unterscheiden sich Euph. Canariensis: durch fast 3mal dickere blühbare Aeste; mehr erhabene Blattpolster; sitzende oder kurzgestielte, zu 1 — 3 vor- handene Kelchkätzchen; quer- oder schmallängliche, rothe äussere Zipfel oder Drüsen; Euph. tetragona: durch fast 214 Botanische Aphorismen. sitzende, 3kÖpfige, zahlreiche, mit viel kleineren Kehl- kätzchen versehene Trugdolden und kleinere Kapseln; Euph. antiquorum und trigona: durch 3seitige, mit aus- geschweift-gezähnten, flach zusammengedrückten Kanten versehene Aeste; Euph. officinarum: 'durch 9 — 13kan- tige, mit stumpfen Furchen versehene Aeste. Berlin, den 1. August 1863. O. Berg. Botanische Aphorismen von Dr. L. Die früheren (vorweltlichen) Entstehungs - Perioden der Erde liefern uns nach den, noch vorhandenen und erforschten Ueberresten, aus den verschiedenen Tiefen der Gesteinformationen der Erdrinde den Beweis, dass die vorweltlichen Pflanzengebilde in Familien und Klassen, den jetzt noch auf der Erde wachsenden Pflanzenformen ähnlich waren oder doch diesen Formen entsprochen haben ; aber die Sippen und Arten der früheren Perioden (mit Ausnahme der Neuesten), scheinen in der Jetztzeit nicht mehr vorhanden zu sein. Die Erklärung dafür liegt wohl darin, dass in den früheren Epochen der Erd- bildung, auch grosse Einförmigkeit in der Vegetation statt gefunden hat und da die Erhebungen nur nach und nach erfolgten, so konnten die damaligen Pflanzengebilde auch nur auf sehr beschränktem Räume, inselartig auf- treten und wir sehen auch heute noch, dass die Vege- tation der Inseln meistens einförmiger ist, als die auf ausgedehnten Continenten. Es ist mit den Pflanzen, wie mit den ur weltlichen Thierorganismen, je älter die Perioden ihrer Entstehung, desto mehr entfernen sich auch die Pflanzengebilde von den noch jetzt vorhandenen Pflanzen-Typen und je näher diese der Jetztzeit rückt, desto ähnlicher werden sie den jetzigen Arten und Pflanzenformen. Bekanntlich gehören die Gewächse der älteren Zeitperioden zum grössten Theile den baumartigen Gefäss-Kryptogamen, den Lyco- Botanische Aphorismen. 215 podiaceen, Schachtelhalmen, Laubfarnen etc. an und dann waren es Palmen- und Nadelholzwälder. Diese Urwal- dungen sind in unsern Steinkohlenlagern, als unter sehr hohem Drucke allmälig verkohlten Resten erkannt worden und die zarteren Gewächsformen dieser Perioden sind in Abdrücken der die SteinkohlenflÖtze begleitenden Koh- len- oder Thonschieferschichten etc. nachgewiesen worden. Diese vegetabilischen Petrefacten haben die meiste Aehnlichkeit mit den noch vorhandenen Pflanzenformen der südlichen Erdzonen und man hat daraus geschlossen, dass die Temperatur zu jener Zeit eine höhere und auf dem ganzen Universum eine gleichförmigere gewesen sein müsse. Die Braunkohlen, welche einer späteren Zeit ange- hören als die Steinkohlen, scheinen wie diese, aber unter vermindertem Drucke in die verkohlte Masse, (besonders in den älteren Braunkohlenlagen) übergegangen zu sein, aber die Wälder dieser Perioden bestanden aus anderen Nadelholzarten und in den jüngeren Schichten der Braun- kohlenformation, besonders in den Lettenablagerungen finden sich auch schon Reste von Laubholzstämmen, die Verwandten dieser Baum- und Pflanzenreste gehören dem wärmeren wie auch unserem Klima an. Die Vegetation der früheren Zeitperioden ist, je naher sie unserer Zeit angehört, artenreicher und man- nigfaltiger geworden und haben dann auch immer mehr Aehnlichkeit mit den jetzt noch vorhandenen Pflanzen- gebilden. Die Beobachtung, dass die Vegetation in den heissen Zonen von dem Fusse der hohen Gebirge bis zu dem Gipfel, auf dieselbe Weise abändert, wie vom Aequator gegen die Pole hin, beweiset, dass das Pflanzenwachsthum und Leben im Wesentlichen von der Temperatur abhängig ist und die Erfahrung lehrt uns, dass, je minder die Temperatur, desto niederer und einförmiger erscheint die Vegetation und je höher sich diese steigert, desto gross- artiger und formenreicher entwickelt sich das Pflanzenleben. 216 Botanische Aphorismen. Man hat gefunden, wenn auch die Wärme in Tagen und Jahreszeiten ungleich vertheilt ist, dass der Ort durchschnittlich jedes Jahr doch die gleiche Mitteltempe- ratur hat und dass diese, von mehreren Jahren zusammen- gestellt, immer nur unbedeutend differire. Die Abnahme der Wärme von dem Aequator gegen die Pole findet mit * zunehmendem Breitegrade nicht immer gleichmässig statt, denn dieses hängt von den mitbestimmenden Fac- toren des Klimas ab; z. B. die Mehresnähe, die Beschaf- fenheit der Oberfläche bewirken, dass oft Orte unter gleichem Breitegrade doch verschiedene Mitteltemperatur haben können. Alex. v. Humboldt verband die Orte von gleicher Mitteitemperatur rings um die Erde durch Linien; man erhält für diese Temperaturen krumme Linien, welche die Breitegrade schneidend, bald nördlich und bald süd- lich abweichen und nannte sie Isothermen. Die Linien, welche Orte mit gleicher Sommerwärme verbinden, heissen Isotheren und die Linien, welche die Orte gleicher Winterten) peratur verbinden, Isochimenen. Jede Pflanze hat demnach ihre Verbreitungssphäre auf der Erde, welche hauptsächlich durch ihre Nord- und Südgrenze, dann aber auch durch ihre Ost- und Westgrenze bestimmt wird, mit Ausnahme nur weniger Gewächse, die auf der ganzen Erde vorkommen und sich auch meistens mit und durch den Menschen verbreiten! Analog hiermit hat man die Oberfläche der Erde auch in botanischer Hinsicht von den Polen gegen den Aequa- tor nach mit bestimmendem Breitegrade und Temperatur in einander allmälig übergehende Zonen (Pflanzen- regionen, Pflanzengürtel) eingetheilt; da aber das Klima eines speciellen Landes durch örtliche Ursachen manchen Schwankungen unterworfen ist, so haben auch diese Pflanzenregionen nicht immer scharf begrenzt werden können; indem sie vielfach variirend dem Beobachter oft nur undeutliche Anhaltepuncte ihres wirklichen Vor- handenseins geben. Botanische Aphorismen. 217 1. Polarzone unter dem 90sten bis 72sten Breitegrade, nur einige Puncte im höchsten Norden mit einem Som- mer von wenigen Wochen und einer jährlichen Mittel- temperatur von circa — 15,0 ° R. Das vegetabilische Leben ist, wo oft nur die Schneealge wächst, sehr arm ; indem die Hauptvegetation aus Flechten und Moosen besteht, denen sich einige niedere Hochalpengewächse und" zwerg- artige Weidenstämmchen anschliessen. 2. Arktische Zone unter 72° bis 66 ° nördlicher Breite, vorzugsweise Lappland und Nord -Sibirien mit einer jährlichen Mitteltemperatur von circa -f- 1,4 ° R. In dieser Region gedeihet noch kein hochstämmiger Baum, mit Flechten und Moosen wachsen hier schon meh- rere Alpenpflanzen, niederes Gesträuche mit zwergartigen Weiden und Birken etc. 3. Subarktische Zone unter 66° bis 58° nörd- licher Breite mit einer Mitteltemperatur von -f- 4,0 ° R. ; sie erstreckt sich von Scandinavien bis zur Nordgrenze des Weizenbaues in Russland und Asien. Dieses ist die eigentliche Region der Nadelholzbäume 5 indem die Niede- rungen von Kiefer-, Fichten- und Lärchen- Waldungen weithin eingenommen sind, zwischen denen an feuchten Stellen niederes Laubholz, Weidenarten, Birken, Erlen etc. gemischt vorkommen. Weiden und Torfmoore meist mit Binsen und Rietgräsern, dann mit beerentragendem Ge- sträuche Wachholder, Brombeere, Heidelbeere, Stachel- beer -Arten bewachsen, ziehen sich weite Strecken hin, indem sattgrüne Wiesen noch selten sind. Diese Region wird auch schon von einer mannigfaltigen Flor von vielen bunten Blumen geschmückt. 4. Kältere — gemässigte Zone, unter dem 58 ° bis 45 ° Breitegrade mit einer jährlichen Mitteltem- peratur von circa -[- 5 ° bis -\- 10 R. Hauptsächlich die Länder der Nord- und Ostsee bis zum adriatischen Meere, die Schweiz, Norditalien, Ungarn etc. Diese Re- gion zeichnet sich besonders durch hochstämmige Laub- holzwaldungen, theilweise unterbrochen von Nadelholz- 218 Botanische Aphorismen. wäldern aus. Weit hinziehende grüne Wiesenteppiche sind mit einer sehr reichen Blumenflor, aus fast den meisten Familien des Gewächsreiches geschmückt; Hei- den und Moore sind mit Heidekraut, Ginster, Wach- holder und vielem anderen Gesträuche bedeckt und mit der Waldrebe, dem Epheu etc. treten die ersten strauch- artigen Schlingpflanzen auf. Mehr von der nördlichen Grenze zieht die deutsche Eiche und die schöne Buche gesellig wachsend in grossen Waldungen mit Nadelholz- beständen hin ; mehr im Osten der Region tragen Linden, Ulmen, Birken mit Pappeln, Erlen etc. zur Waldbildung bei, und im Süden erscheint schon die zahme Kastanie als Waldbaum. 5. Wärmere — gemässigteZone, unter dem45sten bis 34sten Breitegrade mit einer Mitteltemperatur von circa + 9,7 R. bis -f- 13,7 R. In Europa sind es die Länder des Mittelmeeres, besonders die Länder des adriatischen Meeres. Die Region charakterisirt sich auffallend, dass die sommergrünen Laubholzbäume durch immergrüne (wintergrüne) Laubhölzer meistens ersetzt werden, um welche sich die Weinrebe schlingt, die im Osten dieser Zone heimisch ist. Zusammenhängende Hochwälder, gesellig wachende Baumarten, wie in voriger Zone fehlen hier ganz, indem sich meistens nur 4 bis 8' hohe, baumartige Sträucher waldähnlich ausdehnen, Heiden und Moore sind mehr mit Moosen verschiedener Arten, und krautartigen Pflanzen, als mit Gesträuchen bewachsen. Es finden sich hier Bestände von immergrünen Eichenarten und Lorbeerbäumen, dann erscheinen Laurus Tinus, Götterbäume (Arbutus Unedo) y Granaten, Myrthen, Pistacien, Cistrosenarten, lippenblüthige, nelkenblütige und schmetterlingsblütige Pflanzen oft strauchartig. Cul- tivirt werden der Oelbaum, die Feige, die Orange, die Citrone, der Reis; im Freien angepflanzt sieht man die Agave und hin und wieder die Zwergpalme und die Dattelpalme und die ganze Vegetation tritt schon im Botanische Aphorismen. 219 ersten Frühlinge mit fremdartigen Formen, mit Nar- eissen, Hyacinthen etc. auf. 6. Subtropisehe Zone, sie erstreckt sich vom 34sten bis zum 23sten Breitegrade, oder bis zum Wendekreise mit einer jährlichen Mitteltemperatur von circa -|- 13,4° R. bis -\- 18,4 ° R. Der Hauptcharakter dieser Zone ist die immm ergrüne Vegetation der Myrthen- und Lorbeerarten, welche sich baumartig erheben; dann das erste wilde Auftreten der Palmen, besonders der Dattelpalme und das Erscheinen der Drachenbäume und vieler anderen baumartigen Liliengewächse. In Arabien und Persien sind unter andern vorzugsweise vertreten die Familie der Mimosen (Sinnpflanzen), in China: Camelien und Theesträucher, auf dem x\ustral-Continente: baumartige Myrtben, Casuarinen und Mimosen etc. Die eigenthüm- lichste Vegetation dieser Zone erzeugt das Capland auf der Südpitze von Afrika in den verschiedenartigsten Pflanzenformen aus der Familie der Ericaceen (Heidenge- wächse), der parasitischen Orchideen undderProteaceenetc. 7. Tropische Zone, sie geht von den Wende- kreisen unter dem 23sten bis zu dem löten Breite- grade, innerhalb der beiden Wendekreise und hat eine mittlere Temperatur von circa -f- 18,4 ° R. bis -f- 22 R. Diese Zone zeichnet sich von der folgenden durch geringere Wärmegrade und grössere Mannigfaltigkeit der Pflanzenarten und Vegetationsformen aus. Sie charakteri- sirt sich sehr auffallend durch zahlreiche Palraenarten, baumartige Farne, Brodfruchtbäume, Cactusarten, ver- schiedenartige Feigengewächse und besonders durch die Mangle- oder Leuchterbäume- W r älder (Rhizophora-Arten) an den Küsten und auf den Alluvionen der Fluss-Delta's. 8. Heisse Zone, (Asquatorial-Zone) vom löten Breitegrade bis zu 0°; mit einer jährlichen Mitteltempe- ratur von circa -f 21,8 ° R. bis -f 24,ö R. Es ist dieses die Region der Bananen- Arten (Musa), der Palmen-, der Bambus- und Mangle - Wälder mit baumartigen Nessel- gewächsen und Malvaceen etc. Der Aequatorialzone 220 Botanische Aphorismen. gehören noch viele andere kleinere Pflanzenfamilien wie die Sapotaceen, Melastomeen, Sapindaceen, Büttneriaceen und parasitischen Orchideen etc. an. Wachsthum und Leben der Pflanze. Das Wachsthum und lebensfrische Gedeihen der Pflanze ist nach ihrem allgemeinen Charakter abhängig von der Gestalt der Oberfläche, worauf sie wächst und von den klimatischen Verhältnissen, die sie umgeben. Uebersieht man aber die verschiedenartigen Einflüsse auf das vegetabilische Leben von dem Standpuncte unse- rer physiologischen Kenntnisse, so nimmt man bald wahr, dass wir bis jetzt nur erst einen geringen Theil derje- nigen physikalischen Kräfte erkannt haben, welche un- streitig dabei thätig sind ; . vorzugsweise Elektricität, Licht und Luftdruck. Die beiden ersteren wirken be- kanntlich bei jedem chemischen Processe ein und der Luftdruck ist von entschiedener Bedeutung in allen Vor- gängen zwischen Gasarten und Dünsten-, da nun das Pflanzenwachsthum und Leben von der Keimung des Samens in seinen verschiedenen Vegetations- Stadien in einem fortwährenden Kreislaufe von chemischen Verbin- dungen und Trennungen, in Aufnahme und Ausschei- dungen von Gasen und Dünsten besteht, so muss dasselbe folgerichtig von obigen Einflüssen sehr afficirt werden* aber über das Wie und in welcher Ausdehnung diese Agentien auf das Leben der Pflanzen einwirken, wie über die, uns noch bis jetzt nicht erklärlichen Verhält- nisse in Verbreitung und Vertheilung der Pflanzen, wer- den wir vielleicht später, wenn die Wissenschaft tiefer- gehende Erfahrungen in Erkenntniss dieser Naturkräfte ge- macht haben wird, eine weitere Erklärung finden können. Die Nahrung der Pflanze besteht theils aus Wasser und der darin gelösten Bestandtheile, theils aus den Dünsten und Gasarten der atmosphärischen Umgebung, demnach ist das erklärliche Leben der Pflanze im Wesent- lichen Bildung des organischen Stoffes aus unorganischen Botanische Aphorismen. 221 Verbindungen, indem dieselbe durch ihre Wurzel die Stoffe, welche sie zu ihrem Wachsthume braucht, aus dem Boden zieht und dieselben in dem sie umgebenden atmosphärischen Dunstkreise rindet und nachdem die Zer- sersetzung (Stoffwechsel) der aufgenommenen Stoffe statt gefunden hat, das, was sie nicht zum Wachsthume noth- wendig in umgesetzter Form durch die dazu geeigneten Organe wieder abgiebt. Die Pflanze wird dadurch im weiteren Sinne auch abhängig von der geognostischen Beschaffenheit des Bodens, von einer gewissen Tempe- ratur und von Wasser, ohne welches überhaupt keine Vegetation denkbar ist. So wachsen z. B. die Alpen- pflanzen unter physikalischen Eigenthümlichkeiten, die in den Niederungen nicht vorhanden sind, nämlich unter vermindertem Luftdrucke, bedingt durch eine gewisse Höhe über dem Meere und geringere Regenmenge, weil die schweren Regenwolken sich in den dünneren Luft- schichten nicht halten können und immer tiefer herab- sinken müssen. Durch den verminderten Luftdruck ist auf den Hochalpen mehr Trockenheit herrschend; es entsteht dadurch eine bedeutendere Verdunstung der Pflanzengewebe, wodurch eine vermehrte Ver- dichtung der Säfte und macht so die Pflanzen gegen das Sonnenlicht und Wärme empfänglicher und wirkt in dessen Folgen so eigenthümlich auf das Wachsthum der Alpenflanzen ein, dass sie in Gestalt und Form meistens sehr verändert erscheinen von den Pflanzen der Niederungen und des Flachlandes. Die Alpengewächse sind nämlich zum grösseren Theile niedere oder niedergestreckte, fast durchgehends mit unterirdischem Stengel perennirende Pflanzen mit verhältnissmässig grösseren Blumen, welche sich meistens durch intensivere Farben auszeichnen, sie überziehen meist polsterartig ganze Felsenstrecken wie z. B. die Saxifraga-, Süene-Arten, Moehringia, Cherleria, Azalea etc. oder kriechen oft an dem Gesteine hin. Durch diese eigenthümlichen klimatischen Verhält- 222 Botanische Aphorismen. nisse der Alpen und die veränderten Einflüsse, welche dort auf die Vegetation influiren, erscheint es auch naturgemäss, dass Pflanzen, welche unter ganz entgegen- gesetzten Verhältnissen gewachsen sind, sich nicht dauernd in niederen Gegenden Wohlbefinden können, obschon auch Pflanzen der Alpen, welche zufällig mit Flüssen in die Thäler herabkommen unter ihnen günstigen Local- verhältnissen vegetiren oder durch Kunst erhalten werden, aber auch oft an dem ungewohnten Standorte nach und nach ihre Alpennatur abstreifen. Feuchtigkeit und Wärme, die wesentlichsten Vege- tations-Bedingungen sind aber nicht in gleichem Maasse auf der Oberfläche der Erde verbreitet, indem mit Ab- nahme oder Zunahme der Breitegrade die Temperatur gesteigert oder vermindert wird, welches in einem Conti- nentalklima, mit Ausschluss der Alpen, weniger hervor- tritt, als in einem Seeklima. In Gegenden mit abweichen- dem Breitegrade, welche mehr nach Süden oder mehr nach Norden rücken, müssen demnach auch andere Vege- tationsverhältnisse statt finden, verschiedenartigere Pflan- zen auftreten, weil wohl fast jede Pflanze ein anderes Maass an Wärme von bestimmter Stärke Und Dauer er- fordert, um entstehen und leben zu können ; aber die jährliche Mitteltemperatur ist dazu nicht allein maass- gebend, sondern vorzugsweise die Extreme der Wärme der einzelnen Monate und Jahreszeiten. Jede Pflanze hat auch deswegen auf der Erde eine bestimmte Grenze, wo sie ursprünglich wild wächst und diese bestimmt den Bezirk ihrer geographischen Verbreitung mit Ausnahme derjenigen Pflanzen, welche fast überall wachsen, wie Alsine media, Senecio vulgaris etc. und in allen Klimaten zu finden sind. Das Erscheinen von Pflanzenarten ist nicht aus- schliesslich von klimatischen Beziehungen abhängig, son- dern auch von der Beschaffenheit der Oberfläche und von manchen besondern Oertlichkeitsverhältnissen, weiche unstreitig mehr oder minder Einfluss darauf haben; Botanische Aphorismen. 223 weshalb oft ganze Pflanzengruppen fast ausschliesslich auf gewisse Landstrecken beschränkt sind und in anderen Landstrichen mit gleichen klimatischen Verhältnissen diese Pflanzen nicht vorkommen. Wir sehen auch oft Pflanzen im Bereiche ihres Verbreitungsbezirkes unter allen Umständen häufig auftreten, wie besonders die Gräser, während andere wieder auf beschränktem oft sehr beschränktem Räume wachsen und dieses hängt auch von der Individualität der Pflanze ab, ob sie nur vereinzelt oder in Masse vorkommen. Wanderung und Verbreitung der Pflanzen. Die Pflanzen sind belebte Wesen ohne wirkliche Empfindung und freie, selbstständige Bewegung, denn jede Pflanze ist an den Boden gebunden, worin sie ihre Wurzel schlägt und schon in den ältesten Sprachen, wie der Sanskritsprache wird der Baum „Aga u im Gegensatze zu den Fortbewegungen der Thiere der „Ungehende" genannt. Fassen wir aber die Pflanze und ihr Leben im Ganzen nach Gattungen und Arten auf, so findet man, dass die Pflanzennatur auch noch eine andere Seite hat, nämlich das Streben nach Fortbewegung und Ortsveränderung. Das Gesetz der Pflanzenwanderung ist in der Natur derselben begründet und durch die pflanzengeographischen Forschungen auch auf das Bestimmteste nachgewiesen; nur muss man die, von der Natur bedingte (abhängige) Wanderung von der unbedingten (zufälligen) unterschei- den. Alle Pflanzen, welche an ihrem Entstehungsorte keimfähigen Samen hervorbringen, sind meistens schon von der Natur angewiesen, den reifen Samen in ihre nächsten Umgebungen auszustreuen, hierdurch wird sich der Keimling von der Stammpflanze entfernen und die später folgenden Sprösslinge können mit der Zeit dem Räume nach eine weite Strecke von der ursprünglichen Pflanze entfernt werden. Eine andere Art der Orts- veränderung, nicht so auffallend wie bei dem Ausstreuen 224 Botanische Aphot^ismen. des Samens, hat die Natur bei den Pflanzen, wo meistens keine Selbstvermehrung durch die Samen statt findet, z. B. bei den Zwiebeln- und Knollengewächsen, durch die Zwiebel- und Knollenbildung gesorgt; bekanntlich tragen diese Pflanzenarten zwei Zwiebel- oder Wurzelknollen, von welchen jedes Jahr die eine Zwiebel oder der eine Knollen abstirbt und es ist nun naturgemäss, dass es von der Lage des keimfähigen Knollen abhängig bleibt, wo im folgenden Jahre die neue Pflanze ihren Aufgehe- punct hat. Durch diese sich jährlich erneuernde Zwiebel- und Knollenbildung muss mit der Zeit die Pflanze immer mehr von dem früheren Standorte der Urpflanze entfernt werden, was man leicht bei unseren Culturpflanzen in den Gärten z. B. Crocus, Tulipa, Scilla, Galanihus etc. beobachten kann. Da aber dieses Fortschreiten der Pflanzen immer nur noch langsam erfolgt, so bietet die Natur, ohne dass der Mensch dabei thätig wäre, noch mancherlei Mittel zu grossartigeren und rascheren Verbreitungsarten; in der Be- wegung der Luft, welche der immerwährende Träger der dazu geeigneten Samen, besonders Compositen, Vale- rianeen etc. ist, wodurch diesen Gewächsen ein unbe- grenztes Gebiet offen steht. Dann die Strömungen und Bewegungen des Wassers in Bächen, Flüssen und Meeren bringen nicht allein Samen und Früchte, sondern auch oft ganze Pflanzen von ihrem Entstehungsorte nach ganz fremden Gegenden. Dem aufmerksamen Beobachter wird es nicht ent- gehen, wenn er an dem Ufer eines Flusses hinwandert, dass er oft eine und dieselbe oder auch wohl einige Pflanzen, wenn auch zuletzt nur sporadisch von der Quelle bis zur Mündung verfolgen kann. Alpen und Gebirgswasser bringen die Pflanzen der Höhen oft weit in die Niederungen und tief in das Flachland herab, und die Strömungen der Meere vermitteln das Erscheinen mancher Gewächse von Insel zu Insel und von Continent zu Continent. Botanische Aphorismen. 225 In noch grösserem Maassstabe wird die Pflanzen Ver- breitung durch das Thierleben befördert, besonders Vögel und Säugethiere verschleppen auf die verschiedenartigste Weise Samen, theils instinctmässig als Nahrungsmittel, theils zufällig Samen in ihrem Gefieder oder hackige Früchte und Samen in ihrer Wolle und tragen dadurch einzelne Pflanzen in die entlegendsten Gegenden. Wenn solche verschiedene Verbreitungsarten der Gewächse in vielen Jahren eine merkliche Umgestaltung in dem Vegetationscharakter einer Gegend hervorbringen können ; so wird im Allgemeinen doch der ursprüngliche Vegetationstypus immer noch ein bleibender sein — denn die fremden Eindringlinge, welche meistens nur sporadisch auftreten, wohl zuweilen auch massenhaft erscheinen können, werden doch nur so lange ihr Da- sein fristen, als die Lebensbedingungen für sie aus- reichen; denn bei ungünstigen Verhältnissen, seien es Bodenveränderungen, Meereshöhe, Temperaturwechsel oder verminderte Feuchtigkeit, welche störend in das Wachs- thum der eingewanderten Pflanzen eingreifen, werden diese entweder nach und nach, oder auch ebenso plötz- lich wie sie oft erscheinen, wieder verschwinden. Der Hauptfactor der Pflanzen Verbreitung (besonders jähriger Pflanzen) wird immer der Mensch bleiben ; da er durch seine Culturen und Culturversuche wohl den bedeutend- sten Einfluss auf den Vegetationscharakter einer Gegend ausüben wird und die Pflanzen, welche bekanntlich den Menschen und seinen Ansiedelungen folgen, werden von ihm in die entferntesten Welttheile getragen. Wenn nun die Aus- und Einwanderungen der Ge- wächse aus den frühesten Zeiten in so bedeutender und umgestaltender Weise, seit den ersten Culturversuchen des Menschengeschlechtes statt gefunden haben, was wir doch annehmen müssen, so ist es begreiflich, dass die frühere Vegetation einen veränderten Charakter ange- nommen hat, viele früher vorhandene Pflanzenarten ver- schwunden sind, ohne dass wir dieselben gekannt haben, Arch. d. Pharm. CLXVI. Bds. 3. Hft. 1 5 226 Botanische Aphorismen. wodurch es auch unmöglich wird, die ursprüngliche Flor eines Landes nach den jetzigen uns anschaulichen Vege- tationsverhältnissen auch nur annähernd zu bestimmen und können uns deswegen nur darauf beschränken, die in einem zusammenhängenden Florengebiet, nach ihren gewöhnlichen Wohnorten, allgemein verbreiteten oder auch zerstreut durch die ganze Gegend vorkommenden Pflanzenarten (besonders ausdauernde), als die schon früher heimische Vegetation anzusehen, ohne Rüksicht dar- auf, ob diese eingewandert sind oder nicht, wenn ihre Einwanderung nicht so bestimmt ermittelt ist, wie die von Oenothera biennis, Erigeron canadense und vieler Aster -Arten etc. Am auffallendsten treten diese fremden Einwande- rungen in den näheren Umgebungen grösserer Städte hervor, wo diese Eindringlinge zuweilen die ursprüng- liche Physiognomie der Flora verwischen können; indem fremde Pflanzen durch Einschleppung von Culturen oder aus Gärten etc. die Gegend bevölkern und dadurch oft viele früher einheimischen Pflanzen verdrängen. Ein überraschendes Beispiel von Einschleppungen fremder Pflanzen hat in neuerer Zeit Dr. A. Godron, Rector der Akademie zu Montpellier, durch die Ver- öffentlichung seiner Florida Juvenalis in campeslribus Portus Juvenalis prope Montpellium etc. 1853 geliefert. In dem Letzflusse bei Montpellier wird bekanntlich die aus den entlegendsten Ländern dort eingeführte Schaf- wolle gewaschen und an dem Ufer dieses Flusses ge- trocknet; wodurch wohl schon seit vielen Jahren fremde Samen jener Länder in der Schafwolle verschleppt und auf dem Brachfelde, welches dem Botaniker als Port Juvenal bekannt ist, abgesetzt dort gedeihlich vege- tiren und sich fortpflanzen. An dem Port Juvenal hat nun Dr. Godron an 380 fremde Einwanderer nachgewiesen und unter diesen 54 neue Pflanzen entdeckt, von welchen das Vaterland noch nicht ermittelt war. Beiträge zu diesen einge- Botanische Aphorismen. 227 schleppten Pflanzen lieferten vorzugsweise die Inseln des Mittelmeeres, Italien, Sicilien, Spanien, Syrien, A egy pten, Kaukasus, Kleinasien, Algerien, Marokko etc. Diese Zusammenstellung hat ein wesentliches Interesse für die geographische Botanik, und giebt uns einen Beweis für die Accomodationsfähigkeit gewisser Pflanzen entfernter Himmelsstriche mit ganz verschiedenen klimatischen Ver- hältnissen. Das Nichtvorhandensein einer Pflanze in einer be- stimmten Gegend ist demnach noch kein vollgültiger Beweis, dass sie dort nicht wachsen und vegetiren könne, und selbst der Norden hat in dieser Hinsicht keine scharfbegrenzte Linien. Die Hauptsache des Vorkommens einer Pflanze, weiche» in einer Gegend nicht einheimisch ist, wird wohl immer davon abhängen, ob die Verhält- nisse von der Art sind, dass die Pflanze dorthin gelangen konnte ; ob das Klima dafür geeignet, hauptsächlich nicht zu kalt ist; ob die orographisch-geognostischen Bodenbe- schaffenheiten, wie die physikalischen Einwirkungen für die Pflanze in richtigem Zusammenhange stehen und ob das geeignete Maass von Feuchtigkeit und Beleuchtung zum Wachsthume vorhanden ist. 15 228 III. Monatsbericht. Chemische Analyse der Heilquelle und der Ainazonen- quelle des Kaiserbades zu Ofen in Ungarn. Prof. Dr. J. Pohl hat im Sitzungsberichte der Aka- demie der Wissenschaften zu Wien, Bd. 38. S. 497— 542, Folgendes darüber veröffentlicht. Die sämmtlichen Quellen des Kaiserbades entsprin- gen am Fusse des als Ausläufer des Gaisberges anzu- sehenden Josephsberges, dessen Gipfel 244,58 Meter über dem Meeresniveau und 148,15 Meter über dem alten Ofe- ner Donau- Pegel (Seehöhe 96,431 Meter) liegt. Eben- daselbst befindet sich auch das Kaiserbad. I. Die Heilquelle. Das Wasser dieser Quelle erscheint sowohl im Bassin, als in einem weiten Glas- gefässe vollkommen klar und farblos; es ist scheinbar in beständigem Kochen begriffen, das aber bloss von dem ungleichförmigen und stossweisen Wasserzuflusse herrührt. Von der Oberfläche des Wassers entweichen zahlreiche ziemlich grosse Glasblasen, welche aus einem Gemenge von Kohlensäure mit' sehr wenig Stickstoff und etwas Schwefelwasserstoff bestehen. Das Wasser riecht ent- schieden nach Schwefelwasserstoff, dessen Geruch auch in der ganzen Halle verbreitet ist, an deren Boden sich das Quellenbassin befindet, und beim Schütteln in halb- gefüllten Flaschen tritt geringe Gasentwickelung ein. 20 Minuten lang in einem Glaskolben von 850 C.C. Inhalt, der mit einem Quetschhahn verschlossen war, gekocht, verschwindet der Schwefelwasserstoffgeruch des Wassers gänzlich. Das Wasser reagirt alkalisch und besitzt einen etwas hepatischen, faden, erdigen Geschmack. Die Tem- peratur der Quelle betrug am 29. August 1856 bei 23<>,93 Lufttemperatur im Schatten, im Mittel aus vier Ablesun- gen 59°,87 für Wasser vom Boden des Bassins, hingegen nur 59°,35 an der Wasseroberfläche. Offenbar ist die erstere Temperatur die richtigere. Diese Temperatur- bestimmungen geschahen in der Weise, dass das Queck- silberthermometer, dessen Gefäss ein hohler Metallcylin- der als Wasserreservoir umgab, auf den Boden des Bas- sins zunächst der Stelle, an welcher die Hauptquelle em- porbrodeln soll, gebracht, dort 5 Minuten belassen, dann Heilquelle u. Amazonenquelle des Kaiserhades zu Ofen. 229 möglichst rasch emporgezogen und an der "Wasserober- fläche abgelesen wurde. Nach eben so sorgfältigen Beobachtungen, die Pohl am 22. September 1859 vornahm, war die Temperatur der Atmosphäre 10°, die der Quelle hingegen am Boden 57°,83. Da frühere, ja selbst spätere Temperaturbeob- achtungen, als diese, nicht mit vollkommen berichtigten Thermometern und mit theilweiser Ausserachtlassung der eben erwähnten Vorsichten angestellt sind, so lässt sich leider bis jetzt kein sicheres Urtheil über die etwaige Unveränderlichkeit der Quellentemperatur im Laufe von Jahren abgeben. Eine Abhängigkeit der Quellentempe- ratur von der Atmosphäre deuten aber Pohl's Beobach- tungen auf das Bestimmteste an, und die folgenden Daten Schmidl's mögen zur weiteren Erhärtung dieser That- sachen dienen. Seh midi fand nämlich die Temperatur der Heil- quelle : 1857, November zu 56<\88 1858, 22. März, nach Ablassen des Fischteiches, zu 58°,12 1858, 6. April zu 570,75 Am Boden des Quellenbassins bildet sich ein gerin- ger etwas schmutzig-weisser, grobkörniger Absatz, dessen Zusammensetzung später angeführt wird. Nach wenig Tagen Aufbewahrung in wohlverstopften Flaschen verschwindet der Schwefelwasserstoffgeruch voll- ständig und das Wasser wird geruchlos. Das spec. Ge- wicht dieses Wassers (bei 15°) wurde gefunden zu 1,001202 und 1,001185. Zur Analyse, die hiernach folgt, wurde das Wasser am 29. August 1856 der Quelle entnommen. Die Ana- lyse gab: 1. Die kohlensauren Salze als einfach -kohlensaure Verbindungen berechnet. — a) In wägbarer Menge vor- handene Bestandteile : In 1000 Gewth. Im Pfunde zu 7680 Gran Schwefelsaures Natron 0,27344 Theile 2.10002 Gran Chlornatrium 0,25972 „ 1,99465 „ Kohlensaures Natron 0,13528 „ 1,03895 „ Lithion 0,01384 „ 0,10629 „ Kohlensaurer Kalk 0,28854 „ 2,21598 „ Kohlensaure Talkerde 0,03360 „ 0,25805 „ Phosphorsaure Thonerde 0,00131 „ 0,01006 „ Kieselsaure Thonerde 0,00340 „ 0,02611 „ Kieselsäure 0,03155 „ 0,24230 „ Organische Substanzen 0,00402 „ 0,03087 „ Summe der festen Bestandtheile 1,04470 Theile 8,02328 Gran. 230 Heilquelle u. Amazonenquelle des Kaiserbades zu Ofen. In 1000 Gewth. Im Pfunde zu 7680 Gran Kohlensäure, welche mit den koh- lensauren Salzen zu Bicarbo- naten verbunden ist 0,20893 Theile 1,60485 Gran Wirklich freie Kohlensäure .... 0,06156 „ 0,47270 „ Schwefelwasserstoff 0,00023 „ 0,00177 „ Stickstoff 0,00019 „ 0,00146 „ Summe aller wägbaren Bestand- teile. . . 1,33561 Theile 10,10406 Gran. b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandteile: Schwefelnatrium deutliche Spur Unterschwefligsaures Natron .... Spur Schwefelsaures Kali deutliche Spur Borsaures Natron deutliche Spur Kohlensaurer Baryt Spur Kohlensaures Manganoxydul .... Spur „ Eisenoxydul deutliche Spur. 2) Die kohlensauren Salze als Bicarbonate berechnet, und zwar in wasserfreiem Zustande. — a) In wägbarer Menge vorhandene Substanzen: In 1000 Gewth. Im Pfunde zu 7680 Gran Schwefelsaures Natron 0,27344 Theile 2,10002 Gran Chlornatrium 0,25972 „ 1,99465 „ Zweifach-kohlensaures Natron 0,19156 „ 1,47118 „ „ Lithion.... 0,02208 „ 0,16957 „ Zweifach-kohlensaurer Kalk 0,41550 „ 3,19104 „ Zweifach-kohlensaure Talkerde... 0,05120 „ 0,39322 „ Phosphorsaure Thonerde 0.00131 „ 0,01006 „ Kieselsaure Thonerde 0,00340 „ 0,02611 „ Kieselsäure 0,03155 „ 0,24230 „ Organische Substanzen 0,00402 „ 0,03087 „ Summe der nicht -flüchtigen Bestandteile . . . 1,25358 Theile 9,62902 Gran. Wirklich freie Kohlensäure 0,06156 „ 0,47370 „ Schwefelwasserstoff 0,00023 „ 0,00177 „ Stickstoff 0,00019 „ 0,00146 „ Summe aller wägbaren Bestand- teile 1,31561 Theile 10,10506 Gran. b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandtheile : Die in 1. b) angeführten Verbindungen. Auf Volumina berechnet, beträgt die Menge der im Wasser enthaltenen Gase für den Normal-Barometerstand von 760 Millimeter: Die wirklich freie Kohlensäure: Bei der Quellen- Bei 0° temperatur 59,87° In 1000 Grm. Wasser 38,122 C.C. 31,262 C.C. 1 Pfund === 7680 Gran 2,031 C.Z. 1,710 C.Z. Heilquelle u. Amazonenquelle des Kaiserbades zu Ofen. 231 Die sogenannte freie Kohlensäure: Bei der Quellen- Bei 0° temperatur 59,87° In 1000 Grm. Wasser 167,905 C.C. 137,725 C.C. 1 Pfund = 7680 Gran 9,185 C.Z. 7,536 C.Z. Der Schwefelwasserstoff: In 1000 Grm. Wasser 0,182 C.C. 0,150 C.C. 1 Pfund = 7680 Gran 0,010 C.Z. 0,008 C.Z. Der Stickstoff: In 1000 Grm. Wasser 0,185 C.C. 0,151 C.C. 1 Pfund = 7680 Gran 0,009 C.Z. 0,008 C.Z. IL Die Amazonenquelle. Das Wasser dieser durch den Zusaramenfluss der sogenannten Gang- und Bogenquelle entspringenden Quelle zeigt sich sowohl flies- send als in einem grossen Glasgefässe vollkommen klar und farblos, nach einstündigem Stehen erscheinen an den Glas- wänden Gasblasen. Es riecht äusserst unbedeutend nach Schwefelwasserstoff, und dieser Geruch tritt noch am deut- lichsten hervor, wenn man das Wasser in einer verschlosse- nen Flasche einige Male stark schüttelt. Nach längerem Schütteln in einer halbgefüllten Flasche verschwindet jedoch der Schwefelwasserstoffgeruch gänzlich. Das Wasser der Amazonenquelle reagirt sehr schwach alkalisch und besitzt einen faden, kaum merklich hepa- tischen Geschmack. Die in gleicher Weise wie von der Heilquelle am 29. August 1856 bestimmte Tempera- tur der Quelle betrug im Mittel aus fünf fast überein- stimmenden Versuchen 28°, 20 bei 240,14 Lufttemperatur. Am 22. September 1859 fand Pohl hingegen dieselbe bei 160 Lufttemperatur === 300,60. Alle früher schon bei dieser Quelle angestellten Tem- peraturbeobachtungen sprechen dafür, dass die Tempera- tur dieser Quelle von der Jahreszeit sehr abhängig ist. Das spec. Gewicht fand Pohl für Wasser von 20° == 1,000798 und 1,000800. Das zur Analyse bestimmte Wasser war am 29. August 1856 gesammelt. Zufolge der Analyse enthält die Amazonenquelle: 1. Die kohlensauren Salze als einfach - kohlensaure Verbindungen berechnet. — a) In wägbarer Menge vor- handene Bestandtheile : 232 Heilquelle u. Amazonenquelle des Kaiserbades zu Ofen. In 1000 Gewth. Im Pfunde Wasser zu 7680 Gran Schwefelsaures Kali 0,00884 Theile 0,06789 Gran Schwefelsaures Natron 0,12558 „ 0,96445 „ „ Lithion 0,02566 „ 0,19707 „ Chlorammonium 0,00143 „ 0,01098 „ Chlorlithium 0,03844 „ 0,29522 „ Chlormagnium 0,02204 „ 0,16927 „ Phosphorsaure Thonerde 0,00202 „ 0,01551 „ Kohlensaures Eisenoxydul 0,00037 „ 0,00284 „ Kohlensaure Talkerde 0,11401 „ 0,87560 „ Kohlensaurer Kalk 0,24893 „ 1,91178 „ Kieselsäure 0,01608 „ 0,12349 „ Organische Substanzen 0,06238 „ 0,47908 „ Summe der festen Bestandtheile 0,66578 Theile 5,11318 Gran Kohlensäure mit den kohlensau- ren Salzen zu Bicarbonaten verbunden 0,16939 „ 1,30092 „ Wirklich freie Kohlensäure . . . 0,17718 „ 1,36134 „ Stickstoff 0,01439 „ 0,11051 „ Summe aller wägbaren Bestand- theile 1,02674 Theile 7,88595 Gran b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandtheile : Borsaures Natron deutliche Spur Salpetersaures Kali Spur Kohlensaures Manganoxydul .... deutliche Spur Kohlensaurer Baryt deutliche Spur Schwefelwasserstoff Spur. 2. Die kohlensauren Salze als Bicarbonate berechnet und zwar im wasserfreien Zustande. — ä) In wägbarer Menge vorhandene Substanzen: In 1000 Gewth. Im Pfunde Wasser zu 7680 Gran Schwefelsaures Kali 0,00884 Theile 0,06789 Gran „ Natron 0,12558 „ 0,96445 „ „ Lithion 0.02566 „ 0,19707 „ Chlorammonium 0,00143 „ 0,01098 „ Chlorlithium 0,03844 „ 0,29522 „ Chlormagnium 0,02204 „ 0,16927 „ Phosphorsaure Thonerde... 0,00202 „ 0,05151 „ Zweifach - kohlensaures Eisen- oxydul 0,00051 „ 0,00392 „ Zweifach -kohlensaure Talkerde. 0,17373 „ 1,33425 „ Zweifach- kohlensaurer Kalk.... 0,35846 „ 2,75297 „ Kieselsäure 0,01608 „ 0,12349 „ Organische Substanzen 0,06238 „ 0,47908 „ Summe der gelösten festen Be- standtheile 0,83517 Theile 6,41410 Gran Freie Kohlensäure 0,17718 „ 1,31634 „ Stickstoff 0,01439 „ 0,11051 „ Summe aller wägbaren Bestand- theile 1,02674 Theile 7,88595 Gran. Was Chemikern begegnen kann. 233 b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandteile : Dieselben wie in 1. b) Auf Volumina berechnet beträgt die Menge der im Wasser enthaltenen Gase für den Normalbarometerstand von 760 Millimeter: Die wirklich freie Kohlensäure: Bei der Quellen- Bei 0° temperatur 28°,2. In 1000 Grm. Wasser 09,772 C.C. 90,381 C.C. 1 Pfund = 7680 Gran 5,458 C.Z. 4,944 C.Z. Die sogenannte freie Kohlensäure: In 1000 Grm. Wasser 193,964 C.C. 175,794 C.C. 1 Pfund = 7680 Gran 10,611 C.Z. 9,617 C.Z. Der Stickstoff: In 1000 Grrn. Wa